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bei Feuersgefahr das einfallende Dach aufzuhalten. „So dürfte diese runde Decke flächer, leicht, ebenso schön und mit viel weniger Kosten verschalt und begipst, so wie in der Neustädter Kirche, errichtet werden.“ Bez. der Proportion: Die Türme sollen „billig etwas breiter sein, als die Fenster, welches die erste Grundregel der Baukunst bei einem jeglichen Gebäude erfordert“. Daß sie von Schmidt in eine Nische gesetzt, sei nicht hinlänglich, um sie breiter erscheinend zu machen und das Auge zu verführen. Die ganze Kirche solle etwas niedriger, das Dach flach und mit Kupfer gedeckt werden, „zur Ersparung und zur sonderbaren Schönheit“. Betr. Kolonnaden: „Wenn nirgends Säulenordnungen wegen ihrer Kostbarkeit stattfinden, so sollen sie doch allemal an Kirchen zur Zierde derselben und einer jeglichen Stadt angebracht werden. Da aber diese von dem feinsten Geschmack in der Baukunst zeugen, so wird erfordert, sie nach den strengsten Regeln der Kunst anzubringen.“ Als besser wird vorgeschlagen statt der römischen Ordnung der Umfassungen die jonische, darüber eine Attique mit römischem Kapitäl statt der „unbekannten Ordnung mit umgekehrten Schnörkeln im Kapitäl“, innen an Stelle von Schmidts römischer Ordnung die korinthische. „Da doch die noble simplicité eines Prachtgebäudes hauptsächlich darin besteht, daß nichts ohne Not und besonders wichtige Absicht im Zusammenhang unterbrochen und gestückelt sein soll“, sei es in der guten Baukunst nicht erlaubt, „ohnerachtet es heutigen Tages in Italien mode und auch in Dresden zu finden“, anderthalb Pilaster aneinander zu stoßen. Der halbe Pilaster sei ohne Not da und mache große Verwirrung in Kapitälen und Füßen. Es verstoße gegen die Definition des Architravs oder Unterbalkens und Simses, daß er um eines Pilastervorsprungs oder um der gekuppelten Säulen der seitlichen Vorlagen willen gekröpft oder über die Hauptfenster bogenweise in die Höhe gezogen werde. Weiter habe Schmidt die Hauptstirnwand gleich vom Posta­mentgesims der Balustrade ab an die Attique angeschweift und dadurch seinem oberen Pilaster wider alle Regeln eines Pfeilers eine gekrümmte Gestalt gegeben, bloß das Widerlager seines weit gekanteten Gewölbes zu stärken. Es werde scheinen, als ob die Kirche mit einem hohen Mansarddach abgedeckt sei. Wenn das kostbare schwere Gewölbe wegbleibe, könne schmales und niedriges Kupferdach ausgeführt und die gehauenen Steine der Anschweifung erspart werden. Bez. der Verzierung heißt es, die Kirchtüren sollen billig einen Sims und ein Sinnbild christlicher Religion erhalten. Die Simse der unteren Fenster seien zu sehr gewunden. Da ein Sims nichts anderes als ein Schirmdächelchen sein soll, um sie einigermaßen vor Wetter zu schützen, so soll er entweder gerade, im Bogen oder in Gestalt eines Fontons (Giebels) sein.

Schmidts Entgegnung erfolgte punktweise. Betr. der Anschweifung heißt es, Prinz Albert habe nach dero großer Einsicht in die Baukunst Änderungen in Erinnerung gebracht „und ist es an dem, daß die Anschweifung gegen die Schiffswand weit schöner und dauerhafter als das vorhergehende ausfällt“. „Die erwähnten Pfeiler der Anschweifung sind daher nichts als Gurte, ebenso wie bei der Frauenkirche und anderen Kirchen.“ „Der Sims über den Fenstern, er werde gleich gerade oder im Bogen angelegt, bleibet allemal ein Schirmdächelchen, so wie das Auge des Baumeisters zu judizieren gewohnt ist.“ Daß die anderthalb Pilaster keine Verwirrung in Kapitälen und Füßen mache, zeige die Hofkirche. Unumgänglich nötig erscheine es nicht, einen Architrav an den Vorlagen unverkröpft 11 Ellen lang, 20 Zoll ausladend ins Freie zu hängen. Die Türen wolle er eine halbe Elle breiter machen, auch den Architrav weniger verkröpfen und nicht mehr bogenförmig, sondern gerade herumführen. Das zweite Gutachten von Krubsacius bietet nichts Neues. Schmidt berücksichtigte einige seiner Wünsche bei der Ausarbeitung des dritten Neubauprojektes, ohne deshalb seine künstlerische Selbständigkeit zu opfern. „Halbe Pilaster, Fensterschnörkel und Verdachungen über den unteren Fenstern habe beibehalten, da solche bei Konsultation verständiger Baumeister nicht verworfen worden. Auch in den größten Autoribus gefunden, daß sie solche bei prächtigen Gebäuden angebracht.“ Er behielt die römische Ord­nung bei, da sie „zierlicher“ sei, ferner die innere Wölbung und die äußerliche „Ausschweifung von Stein, denn ohne dieselbe ist die erstere nicht praktikabel, auch ist diese Ausschweifung besonders durabel, indem sie keiner Fäulnis unterworfen, vor das Feuer schützt und ein schön Aussehen gibt“. (Erläuterungsbericht Schmidts von 21. IV. 06. Kab.-Akt.)

Im Bericht zu seinem Turmentwurf kam Krubsacius auf seine früheren Einwände teilweise zu­rück. Einige gab er ausdrücklich auf. So behielt er „auf Verlangen des Magistrats, des Ministeriums

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/88&oldid=- (Version vom 9.4.2024)