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eine geharnischte Entgegnung und erklärte, ein Geschenk könne den Anschein erwecken, als sei durch Verordnungen die Sache erschwert worden und der Kurfürst zur Vergütung verbunden. Nach Ferbers Abgang stellte der Kurfürst 1783 ein Gnadengeschenk in Aussicht, aber erst wenn er „von der gewissen­haften und nutzbaren Verwendung der unter unserer Vergünstigung schon erhobenen beträchtlichen Summe überzeugt“ sei. Immer und immer wieder zog er die Gewährung hinaus. Erst lange nach Fertigstellung der Kirche hat er zugunsten der Kreuzschule einen Betrag aus der Staatskasse überweisen lassen. Fast scheint es, als ob er, der erste sächsische Fürst, dessen beide Eltern katholisch geboren waren, mit Absicht einen Zuschuß zum Bau der protestantischen Hauptkirche der Stadt vermied.[1]

Die Schwierigkeit der Geldbeschaffung läßt einen Einfluß auf die Bauverhandlungen und die Baugestaltung erwarten. Trotz der Notlage der Stadt begnügte sich der Rat nicht mit bloßer Er­neuerung der gotischen Reste. Die Kreuzkirche sollte hinter dem prächtigen Gebäude, das die propa­gierende katholische Konfession an markantester Stelle dem Stadtbild aufgenötigt hatte, zum mindesten nicht zurückstehen. Nur so ist auch die bedeutende Erweiterung des ersten Schmidtschen Planes (der bereits 500 Plätze mehr hatte als die alte Kirche) verständlich. Die Bevölkerungsziffer der Zeit vor 1760 war auf lange hinaus nicht zu erwarten. (Erst 1830 etwa ist sie wieder erreicht worden.) Aus dem Bedürfnis nach monumentaler Betätigung protestantischer Bekenntnistreue heraus begann der Rat als Vertreter der Kreuzparochie das „seine Kräfte weit übersteigende Werk“. In der Zeit der Kämpfe wirkte der Geldmangel weder auf die Entschlüsse des Rates noch auf die der Regierung ein. Ja Xaver schrieb 1768 bewußt einen teureren, aber „schöneren“ Plan vor. Gleichzeitig wurde dem Rat, um ihn gefügig zu machen, bedeutet, daß er bei der Geldbeschaffung auf das Wohlwollen der Regierung an­gewiesen sei (S. 93). Die höheren Kosten des Exnerschen Planes wurden 1769 für den Kurfürsten der Hauptgrund, ihn zurück zu nehmen, während der Rat vor allem die zu befürchtende Verstümmelung des protestantischen Kirchenbauzweckes betonte.

In der Periode der eigentlichen Bauausführung von 1769 an, rückte die Kostenfrage bestimmend in den Vordergrund. Gegen die Wiederaufnahme des Attiquegedankens wurde die Erhöhung der Kosten geltend gemacht, während der Rat ihrer ungeachtet die genügende Beleuchtung der Kirche er­strebte. Erst beim zweiten Vorschlag eines flachen Daches war für ihn die wesentliche Verbilligung des Baues ein Hauptargument. Schmidt hatte für sein Streben beim Rate auch Verständnis gefunden. Unter Eigenwilligs Bauleitung schwand der hohe Bausinn des Rates. Kleinliche Geldbedenken wurden immer maßgebender und führten ihn schließlich dazu, sich vom Kurfürsten die Erlaubnis zur Weglassung allen äußeren Zierats zu erbitten. Das Fortschreiten des Baues wurde gänzlich abhängig von den jeweilig vorhandenen Mitteln. Die kurzen Bewilligungsfristen der Anlage gestatteten nicht die beab­sichtigte Kapitalaufnahme. Die Folge war eine lange Bauzeit, der Rat mußte sich alle Ausgaben für den Bau erst bewilligen lassen und somit seine Selbständigkeit ziemlich aufgeben. So kümmerte sich die Regierung auch um die Führung der Baurechnungen seit 1760. Obgleich sie der Rat justifiziert hatte, wurden sie nochmals durch einen besonderen Rechnungsprüfer, Kalkulator Tiermann, durchgesehen, ob nichts „zu erinnern wäre“. Tatsächlich ergaben sich „Defekte“ und führten zu einer kurfürstlichen Resolu­tion (1783). Der Rat solle, da eine genaue und sorgfältige Verwaltung der mit vieler Beschwerde aufzubringenden Gelder von dem 86 jährigen Bürgermeister Bormann nicht zu erwarten sei, diesem ein Ratsmitglied zur Unterstützung beigeben. Haftbar bleibe der Rat trotzdem. An Bormanns Ehrlichkeit dürfen wir trotz der „Monita“ und trotz der Zurückweisung seiner Verantwortung nicht zweifeln, da auch der Rat seine Rechtfertigung für hinreichend hielt.[2] Freiwillig trat Bormann 1784 von seinen Ämtern zurück, nachdem er 49 Jahre Ratsmitglied, achtmal und gerade in entscheidenden Jahren der

Baugeschichte consul regens gewesen und 21 Jahre die Baukasse ohne besondere Vergütung geführt


  1. Vergl. Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte XVIII, S. 77.
  2. Zumeist beziehen sich diese Monita auf weit zurückliegende Baujahre und sind mehr formeller Natur. Einzelne entschuldigt die Sitte der Zeit, z. B. die Nutznießung der Bauholzabfälle, die damals selbst bei Staatsbauten dem betreffenden Baubeamten zufiel. Bormann starb 1787. Seine Erben ließen sich auf einen Vergleich ein und zahlten 1000 Taler heraus.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/117&oldid=- (Version vom 22.4.2024)