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(90 000 Taler zur Schuldentilgung, 50 000 Taler für die Kreuzkirche). Bis zur Tilgung dieser Summe samt Zinsen und Zinseszinsen wurde die Anlage für die kurfürstliche Rentkammer weiter erhoben. Ende 1774 war von dem Bauvorschuß fast die Hälfte verbraucht. Der Rat kam notgedrungen um die Be­willigung einer besonderen Anlage für den Kirchenbau ein. Die Berechtigung, von den Gemeinde­gliedern das Geld zum Bau einzutreiben, sei durch die „Generalartikel“ gegeben (S. 5). Die Form der direkten Abgabe oder die Kontribution, etwa von den Hausbesitzern nach dem Grundstückswert, von den Mietern nach der Höhe ihres Zinses, sei bei den noch wenig günstigen wirtschaftlichen Ver­hältnissen unzweckmäßig, ganz abgesehen von der Weitläufigkeit des Verfahrens und der Uneinbringbarkeit vieler Reste. Eine „Anlage“ dagegen bilde eine sichere Einnahmequelle, drücke weniger, treffe alle, habe keine Reste zur Folge und hebe den Kredit der Baukasse, so daß durch Kapitalienaufnahme der Bau rascher zu Ende geführt werden könne. Die Anlage solle von Getreide (auch in Form von Mehl und Backwaren) und von trockenen Zugemüsen erhoben werden und 1 Groschen auf den Scheffel (105,14 Liter) betragen. Zwei volle Jahre dauerte die Verhandlung mit den Finanzbehörden. Die Generalhauptkasse, eine im jetzigen Finanzministerium aufgegangene Behörde, die „das Wohl des Nahrungsstandes wahrzunehmen verbunden“ war, wendete sich gegen eine Verteuerung der not­wendigsten Lebensbedürfnisse der armen Bevölkerung und schlug zur Besteuerung einige ad luxum gehörige Artikel vor, nämlich Wein, Dorfbier, böhmisches Brennholz und Hafer. Der Rat bat, auch diese Waren mit zu impostieren, damit die angeseheneren und wohlhabenden Leute, wie es auch durch eine Kontribution geschehe, stärker betroffen würden, hielt aber an der Anlage auf Getreide und trockenes Zugemüse fest. Sämtliche Instanzen traten bei, da die Not eine strenge Auswahl der Mittel nicht zulasse. Vom 1. September 1777 ab wurde die Anlage probeweise auf zwei Jahre gewährt.[1]

Diese Kreuzkirchenanlage hat reichlich 17 Jahre, bis Ende 1794, bestanden. Sie wurde anfangs auf je 2 Jahre gewährt, 1783 auf 6 Jahre, dann aber nur immer auf 1 Jahr.[2] Von 1778–85 gab die Anlage einen Jahresertrag von 11 770 Talern. Die 17–18 000 Bewohner der Altstadt hatten überdies noch die Kriegsschuldenanlage zu tragen (jährlich über 14 000 Taler, 7700 Taler auf Getreide, 6300 Taler auf fremdes Bier). Als im Jahre 1785 die früheren Staatsvorschüsse gedeckt waren, bat der Rat dringend, die Schuldenanlage möge für die Kreuzkirche weiter erhoben werden. Doch wurde nur die Abgabe auf Bier überwiesen. Der Jahresertrag der erweiterten Bauanlage ging von 1789 an wieder zurück. Mit jeder Neubewilligung wurden einzelne Waren von der Steuer befreit. Im letzten Jahre 1794[3] betrug sie noch etwa 5000 Taler. Der Friedrichstadt, die nicht zur Kreuzparochie gehörte, wurde 2/3 der am dortigen Schlag erhobenen Summe für Schulzwecke zurück­gewährt.

Die gesamten Baugelder sind fast allein von Altstädter Parochianen aufgebracht worden. 30 Jahre lang hat eine durch den Krieg schwer geschädigte Bevölkerung im Durchschnitte jährlich über 6 Taler (nach heutigem Wert über 60 ) auf den Kopf aufgebracht. Die Hoffnung auf auswärtige und landesherrliche Subsidia (S. 6) hatte sich nicht erfüllt. 1775 war der Rat um ein besonderes Gnadengeschenk des Landesherrn eingekommen. Die öfter wiederholte Bitte blieb unerfüllt. Zunächst war Ferber energisch gegen ein Geschenk, da das Geheime Konsil der Ratsbitte um so mehr beitrat, „weil viel Geld und Zeit zu ersparen gewesen wäre, wenn die ersten approbierten Risse zur Aus­führung

gekommen und nicht nachmals Exner die völlige Aufsicht“ bekommen hätte usw. Ferber erließ


  1. Nur böhmisches Brennholz wurde nicht belastet, um nicht diplomatische Schwierigkeiten mit dem Wiener Hof heraufzubeschwören.
  2. Die Erhebung hoher Einfuhrsteuern zog weite Kreise in Mitleidenschaft. Schon 1781 wurde im Landtag beantragt, daß die den Städten, besonders Dresden, Leipzig, Freiberg und Pirna, verstatteten Auflagen auf Viktualien und dergleichen nach Tilgung der Schulden sofort in Wegfall kommen möchten. Die Regierung beschloß darauf, genau Obsicht zu führen, daß die erhobenen Gelder nur zu dem Zwecke dienten, für den sie bewilligt waren. Auf eine Ein­gabe eines gewissen Seyffert über die Getreideteuerung war sogar im Dezember 1788 ein Reskript des Kabinetts ergangen, das Konsil solle sehen, daß die Anlagen auf Getreide, bis wieder mittlere Preise eintreten, suspendiert werden könne. Hauptstaatsarchiv loc. 2258 vol. III. Bl. 260.
  3. Für Wiederherstellung der Diakonatsgebäude wurde die Anlage, um die Weinbelastung vermindert, noch auf weitere zwei Jahre bewilligt.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/116&oldid=- (Version vom 22.4.2024)