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Wer ein Mal auf einer Fussparthie nach Kemnitz gekommen ist, der verabsäume nicht, den kurzen Weg bis zur Ruine Burchstein hinauf anzutreten. Bald genug wird der Reisende durch eine herrliche, schöne Fernsicht entschädigt und weiter hin starren die Reste der alten Klostermauern empor, und bald tritt der Wandrer ein in die einzeln bewohnten Häuser von Burgstein. Hier soll in frühester Zeit ein Nonnenkloster gestanden haben, über dessen Thor ein in Stein gehauener Krebs die Starken um Schutz für das hilflose Geschlecht der Bewohnerinnen anflehte. Für diese Sache sprechen die Benennungen der Grundstücke, welche der Kirche und dem Pfarrlehn noch zugehören, als: das Nonnenholz, die Nonnenwiese und das Weihwieslein u. s. w.

Auch wird der Name des Dorfes Krebes in den ältesten Urkunden immer Krebs geschrieben oder Krebess.

Das aber durch die Aussprache des Voigtländers Krebs in Krebess übergeht, davon zeicht die Bennenung des Thieres dieses Namens, welches die Landbewohner hiesiger Gegend stets als Krebes kauft und verspeiset.

Im Jahre 1529 hat Burgstein eine selbstständige Pfarrei gehabt, und Krebes gehörte als Caplanei zur Pfarrei Misslareuth.

Von Burgstein kann man die Wanderung weiter fort setzen zu dem zum Rittergute Geilsdorf gehörigen Vorwerk Kandelhof, worauf ein Thurm sich befindet, von welchem man eine Rundsicht hat, wie sie nicht leicht anders wo anzutreffen sein dürfte. Von dort erblickt das Auge den Schneeberg und Ochsenkopf, das Fichtelgebirge und die Höhen bei Johann-Georgenstadt und Zwickau, so wie es nicht minder auch über Gebirgshöhen und Wälder hinweg bis in die Gegend von Lobenstein getragen wird. Von Kandelhof kann der Reisende dann bald nach Gutenfürst gelangen, um auf der Eisenbahn nach Plauen oder Hof zurückzureisen.

Kemnitz hatte früher seiner eigne Gerichtsbarkeit und Herr Advokat Blankmeister in Leubnitz bei Plauen war sein Gerichtsdirektor.

Jetzt gehört Kemnitz mit seinen 32 bewohnten Gebäuden, 38 Familienhaushaltungen und seinen 188 Einwohnern zum Gerichtsamte und zum Bezirksgerichte Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirke Zwickau.

M. G.     




Wiedersberg.


Wiedersberg liegt unweit der Bayerischen Grenze und Hofer Strasse, 11/4 Stunde nördlich von der Stadt Hof, 4 Stunden von Plauen und 3 Stunden von Oelsnitz, an dem, der Elster östlich zufliessenden Feilabache.

Viele Geschichtsschreiber haben die oberhalb Wiedersberg an einem Felsenvorsprung befindliche Burgruine als das frühere alte Schloss von Wiedersberg bezeichnet, aber wohl mit Unrecht. Richtiger ist es wohl, dass diese Ruine das Schloss von dem benachbarten zu Wiedersberg jetzt gehörigen Ebersberg war. Dieses Schloss soll der Sage nach ein Raubschloss gewesen sein und ein früherer Besitzer hier einen grossen Schatz verborgen haben, der bis zur jetzigen Stunde noch nicht gefunden ist, obschon aus dem Innern der Ruine manchmal einzelne Alterthümer zu Tage gefördert worden sind.

Viel sichrer ist, das diese Burg im 30jährigen Kriege mit zerstört und dann nicht wieder gebaut und die Besitzung selbst zu Wiedersberg und Troschenreuth geschlagen worden ist. Uebrigens bietet diese Ruine dem, der von der Ullitz auf der Strasse nach Plauen herabsteigt, einem imposanten Anblick dar. Nur das Eine muss bedauert werden, dass sie immer mehr und mehr zerfällt, so dass sie vielleicht bald nur noch in der Erinnerung existiren wird.

Das eigentliche Schloss von Wiedersberg mit einem Thurme ist in neuere Style erbaut und liegt unten im Dorfe am Feilabache, welcher knapp dabei vorüber fliesst.

Wiedersberg gab einem uralten Geschlechte den Namen. Die Herren von Wiedersberg schrieben sich oft auch die von Wiersberg. Ein Heinz von Wiersberg besass 1454 Stöckigt.

Die frühern Nachrichten über Wiedersberg sind sehr dunkel; denn die Hussitten haben hier schreckliche Verheerungen angerichtet, und die früheren Nachrichten sind zu dieser Zeit mit zu Grunde gegangen. Das hiesige Gerichtsarchiv geht blos bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts zurück und daraus erfahren wir, dass in früheren Zeiten Wiedersberg und Troschenreuth immer mit einander bis zum Jahre 1806 combinirt waren. Im Jahre 1631 besass Wiedersberg mit Troschenreuth Dr. Michael Thomas, von welchem diese Besitzungen im Jahre 1666 nebst Oelsnitz an Dr. Pfretzschner kamen. Im Jahre 1727 acquirirte Wiedersberg und Troschenreuth Gotthelf Siegmund Albert und im Jahre 1754 ein Herr von Schönfeld. Dann war die Familie Seidel damit beliehen, von welcher Wiedersberg allein der Vater des jetzigen Besitzers, des Herrn Eduard Gräf acquirirte, dessen jüngster Herr Bruder Magwitz bei Planschwitz besitzt, und dessen ältester Herr Bruder früher mit dem Rittergut Werda bei Falkenstein beliehen war.

Bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation fungirte in Wiedersberg als Gerichtsdirektor Herr Adv. Dr. Lorenz in Plauen, Besitzer des kleinen aber lieblich gelegenen Rittergutes Röttis bei der grossen Elsterthalbrücke der Sächs. Bayerschen Eisenbahn.

Herr Dr. Lorenz ist jetzt in den Staatsdienst getreten und im Gerichtsamt Adorf angestellt, obschon es demselben bei seinen tiefen Wissen, bei seiner Humanität und Menschenfreundlichkeit, bei seinen glücklichen pecuniären Verhältnissen nie fehlen konnte, eine ausgezeichnete grosse Praxis als Advokat sich zu erwerben.

Das Dorf Wiedersberg selbst ist zwischen 2 Bergen freundlich gelegen, woher es denn auch den Namen erhalten haben mag. Das kleine Thal, in welchem seine Häusser zerstreut liegen, wird von dem Feilabache durchflossen, der in seinem kurzen Laufe mehrere Mühlen treibt und an seinen Ufern einen üppigen Graswuchs erzeuget.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/181&oldid=- (Version vom 24.2.2017)