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Das Rittergut erhält jährlich 12 Gulden Wasserzins von der Freiberger Muldeflösse. Dies schreibt sich noch aus jener Zeit her, wo der Hauptholzrechen hier war, d. i. bis zum Jahre 1569. Diesen Wasserzins übernahm 1624 der Churf. Johann Georg I. sammt der Flösse vom Freiberger Rathe, dann fiel er für immer der Regierung zu Last. Bemerkenswerth ist von Weissenborn, dass auf dem Dorfgebiet an verschiedenen Stellen ehemals Bergbau getrieben wurde. Jetzt werden zwar noch 2 Gruben gebaut, aber sie können nicht sehr ergiebig sein, weil nur sehr wenige Bergleute darinnen arbeiten und kostspielige, vielleicht fördernde Baue unterbleiben müssen.

Im siebenjährigen Kriege hatte Weissenborn unsäglich zu leiden und eben so im letzten Kriege von den Jahren 1811–1813.

In der Nacht des 26. Juli 1786 ereignete sich hier ein schauderhafter Raubmord. Christian Gottlieb Hirschbach, herrschaftlicher Schafmeister und seine Ehefrau, wurden während eines furchtbaren Gewitters von dem Schäfer zu Wegefahrt, Johann Christoph Weinhold ihres baaren Geldes beraubt und mit einer Axt auf die unmenschlichste Art erschlagen und zerhackt. Der Mörder war früher in Diensten bei Hirschbach’s gewesen, hatte auch dieselben zu Gevattern gebeten; aber doch konnte dieser Bösewicht, welcher wusste, dass Hirschbach’s Geld hatten, seinen Mordgedanken nicht widerstehen. Hirschbach’s Ehefrau erkannte ihn bei dem Leuchten des Blitzes und rief: „Ach, Gevatter, Du wirst uns doch das nicht thun?“ Allein der Grausame ging nicht in sich. Ein Donnerschlag soll ihm sogleich auf dem Rückwege das Gewissen gerührt haben: Er wurde durch seine eigenen Kinder verrathten und bei Wegefahrt hingerichtet.

Ein stattlicher Leichenstein auf dem gemeinschaftlichen Grabe der braven Hirschbach’schen Eheleute verkündigt die schreckliche That.

Die Kirche steht in der Mitte des Niederdorfes. Die Nachrichten über dieselbe fehlen. Vielleicht sind solche im Jahre 1715, wo das hier befindliche Erbgericht mit dem Gerichtsarchiv ein Raub der Flammen wurde, mit verbrannt.

Die Kirche enthält übrigens viele steinerne Epitaphien der von Hartitzschischen Familienglieder, auch hängen in derselben noch 3 alte Trauerfahnen mit Inschriften und Wappen, zum Andenken an mehre Kirchenpatrone von Hartitzsch, zum Theil aus dem 16. Jahrhundert.

Ein an der Decke befindliches Bild enthält eine Darstellung der Dreieinigkeit und der Hölle. Dieses Bild hätte ein Mal beinahe den Untergang der Kirche herbeigeführt. Weil nämlich auf demselben, in der Hölle der Papst und ein Cardinal, an ihrer Kopfbedeckung kenntlich, zu erblicken sind, so wollten im Jahre 1630 kaiserliche Soldaten die Kirche in Brand stecken und hatten schon alle Vorbereitungen dazu getroffen. Die Gemahlin eines Obersten, welche im herrschaftlichen Betstübchen in Wochen lag, erfuhr und vereitelte den gefährlichen Anschlag.

Am 14. und 15. October 1762 wurde das Dorf von den Oesterreichern, welche glaubten, es wären Preussen darinnen‚ mit brennenden Bomben beschossen, wodurch die Wirthschaftsgebäude des Ritterguts eingeäschert und die etwa 20 Ellen davon abstehende Kirche sehr beschädigt wurde, welche aber durch einen günstigen Wind vom Feuer verschont blieb.

Eine herrliche Zierde erhielt diese Kirche in der neuem Zeit durch zwei wohlgelungene, in vergoldete Rahmen gefasste Copieen, der im Sessionszimmer des vormaligen Oberconsistoriums zu Dresden befindlichen Cranach’schen Brustbilder Luther’s und Melanchthon’s, welche der Oberhofmarschall von Reitzenstein hat fertigen lassen.

Luther ist von Vogel von Vogelstein gemalt. Nur ist diesen herrlichen Gemälden ein besserer Standpunct zu wünschen, als den solche einnehmen.

Der erste evangelische Pfarrer zu Weissenborn war Bernhardt aus Döhlen. Dieser und seine zwei Nachfolger, Horn und Aegidius Karstorf, sollen von dem damaligen Bischof zu Meissen vertrieben worden sein.

Weissenborn mit Süssenbach hat 83 bewohnte Gebäude, 130 Familienhaushaltungen und 700 Einwohner. Der Ort gehört jetzt zum Gerichtsamt und zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden.

Die Einwohner leben meist von Viehzucht, wozu sie eine ansehnliche Flur besitzen. Doch giebt es auch Handwerker, viel Tagelöhner, einige Bergleute hier, und das weibliche Geschlecht spinnt nicht allein den in Menge gewonnenen Flachs, sondern klöppelt auch zum Theil. Im Ganzen ist der Ort wohlhabend und gut gebaut, und dies erhöht noch die Schönheit der Ansicht, welche ihm, von den Berthelsdorfer Höhen betrachtet, seine Lage und das Rittergut ohnedem geben würden. Das Dorfgebiet grenzt südlich mit Lichtenberg, östlich mit Oberbobritzsch, nördlich mit Hilbersdorf, westlich an die Mulde. Das Gebirge nordöstlich vom Dorfe wird der Rammelsberg genannt. Ueber die Mulde führt hier eine sehr schöne Brücke.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/177&oldid=- (Version vom 11.6.2017)