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Die Stadtkirche zu Hartenstein ist ein alterthümliches vielfach restaurirtes Gebäude, welches vor der Reformation die Frauenkirche hiess. In derselben ruhen eine Anzahl Personen aus dem Stamme der Schönburge, unter anderen auch Graf Hugo II., welchem die Kirche viele Wohlthaten zu danken hat. An der Stadtkirche lehrt ein Pastor, (welcher den Titel eines Hofpredigers führt,) der zugleich geistlicher Kirchen- und Schulinspector der Herrschaft ist, sowie ein Diakonus, der gleichfalls wegen seiner Amtsverrichtungen in der Schlosskapelle das Prädikat eines Hofdiakonus, wie auch der Cantor das eines Hofcantors führt. Der Cantor ist zugleich Gerichtsschreiber. – Das Amt befindet sich auf dem Schlosse, und unter ihm stehen ausser der Stadt Hartenstein die Dörfer Brutha, Mülsen St. Niklas, Mülsen St. Jakob, Oberaffalter, Niederaffalter, Pfannenstiel, Grüna, Oberhaselau, Raum und Thierfeld, sowie Antheile von den Dörfern Alberoda, Härtensdorf, Lenkersdorf, Niederlössnitz, Oelsnitz und Zschocken.

M.     




Sachsenburg.


Die Sage erzählt: „Im Kriege Carls des Grossen mit den heidnischen Slaven habe das Fränkische und das mit ihm verbündete Sächsiche Heer in hiesiger Gegend ein Lager aufgeschlagen und dadurch Veranlassung zur Entstehung der Ortschaften Frankenberg und Sachsenburg gegeben. Eine alte Chemnitzer Chronik versichert, Kaiser Karl habe befohlen, auf einem Berge die Sachsenburg zu erbauen; es ist jedoch wahrscheinlicher, dass dieses Schloss erst unter Heinrich dem Vogelsteller entstand und unter dem Befehle eines kaiserlichen Vogtes eine Besatzung beherbergte, welche die umliegende Gegend vor den Einfällen der bezwungenen Sorben zu schützen hatte. Eine uralte Tradition behauptet, ein Deutscher Kaiser habe Kolonisten aus den im Lande Hessen gelegenen Städtchen Frankenberg und Sachsenberg hierher verpflanzt und auf dem Schlosse Sachsenberg eine Zeitlang selbst residirt“ – aber alle diese Angaben entbehren der historischen Beweise.

Urkundlich erscheint die Sachsenburg zuerst im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts, wo sie von den Rittern von Mildenstein bewohnt war, die indessen vielleicht blos als Burgmannen darauf sassen. Bald nachher, 1254, hauste auf der Sachsenburg ein Ritter Heinrich von Schönberg, wahrscheinlich in gleicher Eigenschaft; durch alte Lehnsbriefe und Schenkungsurkunden ist aber nachzuweisen, dass bereits 1369 die Güter Schönberg und Sachsenburg erbliches Eigenthum der Herren von Schönberg waren. Kaspar von Schönberg, welcher durch die bedeutende Ausbeute, die er von dem Schneeberger Bergbau zog, grosse Reichthümer erlangte, liess das alte Schloss niederreissen und erbaute das noch jetzt stehende, welcher Bau im Jahre 1488 zu Ende geführt wurde. In der Schlosskapelle befindet sich darüber eine in Stein gehauene Inschrift folgenden Inhalts: „Dies Clos und Capelle hat der gestr. und ehrenveste Ritter Er Caspar von Schönberg bauen und machen lassen, der eine aus dem Geschlechte Maltitz, Barbara genandt zum Ehelichen Weibe gehabt und ist vollbracht nach Christi geburth 1488. Hannss Reinhardt sein Werkmeister.“

Die Familie von Schönberg blieb im Besitze von Sachsenburg bis zum Jahre 1609, wo Churfürst Johann Georg I. die Güter Sachsenburg und Frankenberg, ersteres von Heinrich und letzteres von Hans von Schönberg an sich kaufte. Aus beiden Besitzungen entstand nunmehr das Amt Sachsenburg, wozu die Dörfer Altenhain, Dittersbach, Gunersdorf, Hausdorf, Kokisch, Lauenhain, Mühlbach, Neudörfchen, Rösschen, Sachsenburg und Seifersbach gehören. Ueberdiess hat das Amt noch die Obergerichtsbarkeit über die Stadt Mittweida und die Gerichtsherrschaft Neusorge. – Nach Churfürst Johann Georg I. Tode hielt sich bisweilen dessen Wittwe, Magdalene Sibylle, auf dem Sachsenburger Schlosse auf, und da sie eine sehr wohlthätige und liebreiche Dame war, so tauften die umwohnenden Landleute ihre Töchter grösstentheils „Sibylle“, ein Name, den man noch jetzt sehr häufig bei alten Frauen der Umgegend antrifft.

Das Schloss Sachsenburg liegt einige tausend Schritte vom Dorfe gleichen Namens auf einem steilen Berge an dem Zschopauflusse. Man geniesst von hier auf das Zschopauthal hinab und über die Stadt Frankenberg, das Schloss Lichtewalde und Augustusburg hin eine entzückende Aussicht. Rechts im Thale zeigt sich das Fischerhaus, eine sehr besuchte Restauration, und eine grosse Mühle; links aber erheben sich dunkle Waldungen, begrenzt von fruchtbaren Wiesen. Vor Zeiten war das Schloss mit starken Mauern und Gräben eingefasst, die jedoch verschwunden sind, und von den drei Abtheilungen, aus welchen die Veste einst bestand, wurden eine Anzahl Gebäude

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/056&oldid=- (Version vom 9.5.2017)