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Von dem wendischen Ursprunge des Dorfes zeugen ausser dem Namen auch noch 7 Hühnenbetten mit Steinkreuzen, welche 10 Minuten vom Orte nördlich auf einer Anhöhe mit weitem Gesichtskreise am sogenannten Winkelholze gelegen und im Munde des Volkes Wachhügel genannt, schon im Aeussern dem Kenner ihre wendische Herkunft bezeugen und im Innern dem Alterthumsforscher gewiss eine lohnende Ausbeute bieten werden, da der Pflug hier schon öfter Urnen ausgewühlt hat.

In Röcknitz selbst befinden sich 47 Wohnhäuser und 332 Einwohner, welche zum Gerichtsamt Wurzen gehören.

Schönau liegt 1½ Stunde von Leipzig gegen Westsüdwest, nördlich an der Chaussee nach Naumburg, 1 Stunde von Markranstädt, ¾ Stunde von der preussischen Grenze; die Lage des Ortes selbst kann nicht uninteressant genannt werden, da er von der einen Seite von einem recht schönen Park umgeben ist.

Das Rittergut ist nicht allzugross, aber dasselbe gewährt einen schönen Ertrag an der in Leipzig wohlbekannten Brauerei.

Es hat ein schlossähnliches Gebäu mit einem daranstossenden hübschen Garten.

Der Bürgermeister zu Leipzig Wolf Widemann und sein Bruder Benedict besassen es nebst Leutzsch und Barneck im 16ten Jahrhundert viele Jahre hindurch, von welchen es 1537 der Stadtrath zu Leipzig kaufte.

Im Jahre 1613 war Schönau Eigenthum des Bürgermeisters Doctor Theodor Möstel zu Leipzig. Dann finden wir es im Besitze der Braun’schen Familie, welche es an Franz Schwendendörfer verkaufte. Dessen Familie wurde in den Freiherrnstand erhoben und ein Johann Leonhard Freiherr von Schwendendorf kommt bis 1747 als Erbherr von Schönau vor. Ihm folgte die Familie Winkler, auf welche zugleich Name und Stand überging. So war im J. 1755 Jakob Benedict Winkler Freiherr von Schwendendorf auf Groitzsch, Sellerhausen u. s. w. auch Herr von Schönau.

Später acquirirte es der Kaufmann Schmidt in Leipzig (der sogenannte holländische Schmidt genannt), nach dessen Ableben es dessen Frau Wittwe überkam, eine würdige, wohlthätige Frau, die manchem armen Studenten das Studiren erleichterte und seine Nahrungssorgen abnahm.

Nach dem Ableben der verwittw. Frau Kaufm. Schmidt, die nie hätte sterben sollen, um stets der Menschheit als wahres Muster der Tugend voranzuleuchten, wurde mit Schönau deren Tochter Madame Vater und nach deren Tode deren einzige Tochter Constanze, Ehegattin des Herrn Dr. Hermann Müller, beliehen.

Herr Doctor Hermann Müller ist viele Jahre in Schönau aus- und eingegangen und war mehrere Wochen und Sonntage der Gesellschafter der Schmidt’schen Familie, bis derselbe den treuen, häuslichen Sinn der Constanze Vater erkannte und als Bewerber um ihre Hand auftrat, die derselbe auch erhielt, und es ist ein glückliches Ehepaar geworden, die im Sinne der Mutter und Grossmutter ebenfalls nur Gutes thun und helfen, wo sie können. Gott erhalte sie zum Glücke ihrer Kinder noch lange.

Bis 1815 gehörte Schönau in’s Merseburger Stiftsamt Schkeuditz, von welcher Zeit an das Gut bei dem Lehnhof zu Dresden die Lehn zu suchen hatte.

Die dasige Kirche gehörte schon im Pabstthum in den Schkeuditzer Sprengel, wie seit der Reformation bis zur Theilung Sachsens 1815, wo es zur Leipziger Inspection kam.

Ein hiesiger Pfarracker wurde im Jahre 1562 vererbt.

Die Kirche ist Filialkirche von Leutzsch; eine besondere Schule ist ebenfalls im Orte und ausserdem eine Windmühle, ein Gasthaus südlich von der Strasse und einige Landhäuser mit schönen Gärten für Leipziger Familien.

Im Ganzen sind 26 Häuser mit 217 Einwohner, die dem Gerichtsamte Leipzig II. unterworfen sind.

Wahren mit Stahmeln. 1¼ Stunde nordwestlich von Leipzig, links an der Chaussee nach Halle, nördlich an dem zu Leutzsch und Barneck gehörigen Rathsholz, von dem es durch die Elster geschieden ist, welche ¼ Stunde weiter oben die Pleisse aufgenommen hat, überhaupt in einer schönen Aue mit trefflichen Eichen, Buchen und üppigen Wiesen gelegen; dessenungeachtet gewährt aber die Gegend selbst gar keinen Reiz.

Der Ort selbst mit seinem Rittergute aber ist durch sein Alter berühmt.

Schon in den Jahren 1185 kommt ein Heinrich von Wahryn oder Warin vor: Ebenso in den darauffolgenden Jahren 1200, 1206, 1213, 1215, 1220 u. 1222 in seiner hohen Stellung als Begleiter der Landgrafen.

Dieses Geschlecht von Wahryn blühte sehr lange in Sachsen. Denn Einer dieses Geschlechts besass noch 1612 das Gut Wedelwitz bei Eilenburg, sowie 1639 Adam Eberhard von Wahren, Schwanditz bei Altenburg.

Wahren selbst hatten aber schon Anfang des 16ten Jahrhunderts die Blanke auf Hausdorf und 1612 besass es die Wittwe Blank, von welcher es der leipziger Rath acquirirte und zwar mit Ober- und Erbgerichten innerhalb der Zäune, jedoch das zugehörige Stahmeln auch mit Flur.

Von dem Rathe zu Leipzig kam das Gut an die von Stammer’sche Familie und ist nun schon lange bis auf heutigen Tag ein von Stammer’sches Familiengut. Der erste derselben war der Conferenz-Minister Hieronymus Friedrich von Stammer, auch Domprobst zu Meissen. Ihm folgte Friedrich Adam von Stammer, Kammerherr und Domherr. Dann folgten Hieronymus und Heinrich Adam von Stammer; dann nahmen deren Herrn Söhne Herrmann Eckardt von Stammer, preuss. Kammerherr auf Grölsdorf und Carl Adam von Stammer, Churf. Kammerherr auf Waltersdorf das Gut und seit 1858 besitzen Herr Reg. Referendar D. Hieronymus Karl Rudolph von Stammer und Lieutenant Karl Adam Theodor von Stammer das Familiengut Wahren mit Stahmeln.

Das Gut gehörte bis 1815 zum Merseburger Stiftsamte Schkeuditz und demselben steht die Collatur über dasige Kirche und Schule zu; in die Kirche ist Stahmeln gepfarrt, welches mit seinen einigen zwanzig Häusern ⅛ Stunde unterhalb Wahren liegt. Das Filial Lindenthal ist ½ Stunde entfernt und dazu Breitenfeld gepfarrt.

In Folge der Leipziger Schlacht, insbesondere der Möckern’schen Schlacht litt Wahren schrecklich und ein Theil des Dorfes ist von dieser Zeit her neu auferbaut.

Es erhielt damals vom Leipziger Unterstützungsverein 1135 Thlr. 16 Gr. zugetheilt.

Die Einwohner (659 nach der letzten Volkszählung von 1859 in 52 Häusern wohnend), die sich theils vom Ackerbau und Viehzucht nähren, theils in dem nahen Leipzig Beschäftigung und Unterhalt finden, sind dem Gerichtsamte Leipzig II. unterworfen.

Wildenhayn gehörte als Enclave bis 1815 zum Stiftsamte Zeitz, wurde aber dann zum Leipziger Kreis und zum Amte Borna gezogen.

Der Ort liegt über 2 Stunden südwestlich von Borna, 1½ Stunde von Lobstädt, 1 Stunde westlich von Regis, 2½ Stunde von Altenburg, ⅞ Stunde von Lucka, am linken Ufer des Schnauderbachs, welcher hier einen sehr gekrümmten Lauf hat, in einer milden, fruchtbaren Aue.

Die Gegend ist durch und durch nicht ganz unangenehm, wenn auch die vielen Holzungen manches Gemüth düster stimmen. Denn östlich beginnt der Cammerforst und südwestlich der Luckaer Wald nicht gar weit; das Eichholz nördlich, das Burgholz südlich, sind nahe beim Dorfe.

Die nächsten Orte sind Hagenest, das zu Wildenhayn gehörige Ruppersdorf. Einen herrlichen, tiefergreifenden Anblick gewährt Wildenhayn von den Höhen östlich bei Ramsdorf, wo man die schönen, imposanten Rittergutsgebäude vor sich liegen hat, zugleich in die Seele Erinnerungen alter vergangener Zeiten senkend.

Zum Gute selbst gehört noch eine bedeutende Dampfbrennerei und Torfgräberei.

Die Schäferei, die sich seit Jahren eines grossen Rufes erfreut, liegt nicht weit vom Gute.

Die früher zum Gute gehörige Mühle ist jetzt in Privathänden.

Das hiesige Rittergut wurde mit einem Ritterpferd verdient und war Stift Naumburger Mannlehn. Der Besitzer desselben besuchte die Stiftstage als Stand der Ritterschaft.

Es gehörte schon im 15. Jahrh. der Familie von Bünau, dann kam es zu Anfang des 17ten Jahrhunderts in die Hände des D. Hans Röling, allein nach dem Tode desselben, welcher 1641 erfolgte, kam es wieder an das Bünauische Geschlecht und war Besitzthum desselben noch 1763 nebst Ruppersdorf.

Nicht lange nachher kam es in die Hände derer von Milkau, dann wurden die Hörnig damit beliehen, welche es der Familie Joseph überliessen.

Seit dem Jahre 1858 ist als Besitzer von Wildenhayn mit Ruppersdorf Herr Carl Wilhelm Kraaz eingetragen, welcher zugleich Patronatsherr über die Kirche und Schule zu Ramsdorf ist, dessen Vorbesitzer noch über Wildenhayn und Ruppersdorf die Unter- und Obergerichte hatten. Ein weitrer Ort gehörte nicht dazu.

Denn das nahe Löschütz ist ein starkes Mühlengrundstück an der Schnauder am Wege nach Lucka und ist nur nach Ramsdorf mit eingepfarrt.

Wildenhayn bildet eben besondern Heimathsbezirk. Die Einwohner, welche in 34 Häusern wohnen, betragen 200 Seelen, die neben der Feldarbeit auch Beschäftigung und Unterhalt in der herrschaftlichen Torfgräberei und im Wollkämmen finden.

Die sämmtlichen Bewohner von Ramsdorf, Ruppersdorf, Wildenhayn und Löschütz gehören jetzt dem Gerichtsamte Borna an.

Witznitz. Bei Nennung dieses Namens werden wir recht lebhaft an die Schrecknisse des 30jährigen Kriegs und an die 1637 grassirende Pest erinnert. Alle die Schrecknisse des gedachten Kriegs und die Drangsale solcher Krankheiten hat der Ort durchmachen müssen, so dass es sich hier ereignete, dass eine Frau ihren Mann allein begraben musste, dass viele Tode unbeerdigt liegen blieben und von Thieren verzehrt und angefressen wurden.

Und dieser Ort liegt in einer so herrlichen schönen Gegend, rings von fruchtbaren Feldern und Wiesen umgeben, die durch dichte Laubhölzer eingeschlossen, von Westen und Süden ein wahres Panorama geben.

Zwei kleine Flüsse, die Eyla und Wyhre, welche sich unterhalb des Dorfes vereinigen und in geringer Entfernung von da in die Pleisse fallen, vervielfältigen Leben und Anmuth dieser Gegend.

Das Rittergut zu Witznitz hatte zwar die Ober- und Untergerichte und ihm steht jetzt noch das Patronatrecht über Kirche und Schule zu; doch hat es gar keine Feldgrundstücke und bezieht seine Einkünfte nur von der Jagd, von der Fischerei und den Laudemial-Nützungen. Das Rittergut ist nicht gross und kleiner als manche hiesige

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/388&oldid=- (Version vom 9.4.2019)