Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/015

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Es war das Corps des östr. Generals Meerveld, welches hier stand und Meervelds Gefangennehmung ist der wichtigste Moment in den Vorfällen, deren Zeuge das Dölitzer Schloss in jenen merkwürdigen Tagen ward. Als der Feldmarschall Alois Lichtenstein und der General Bianchi hier die Franzosen in die Flucht geschlagen hatten, wollte der General Meerveld den 16. October über die Pleisse, um Letzteren in die Flanke zu fallen und liess deshalb einen Steg bauen. Die Franzosen, welche dies gewahr wurden, fuhren Batterien dagegen auf und General Meerveld, der die begleitenden Truppen für Preussen und Ungarn hielt, ging, von seiner Kurzsichtigkeit irregeführt, mit seinen Leuten über den Steg bis auf 20 Schritt heran, wo ihn ein feindliches Feuer empfing, das sein Pferd tödtete, ihn selbst verwundete und in feindliche Gefangenschaft brachte. Die Truppen wurden zurück gedrängt, zerstörten schnell den Steg wieder und vertheidigten das Schloss. Nach acht Uhr Abends griffen die Franzosen abermals an und begingen die Treulosigkeit, dass sie, während sie durch einen Parlamentair das Schloss zur Uebergabe aufforderten, gleichzeitig das Thor bei der hintern Brücke mit Kugeln und Kartätschen beschossen. Selbst Granaten warfen sie auf das Schloss, welche aber glücklicherweise nicht zündeten, obschon sie das Dachwerk fürchterlich beschädigten. Die Vertheidiger hielten sich, selbst als um zehn Uhr Abends der Angriff immer stürmischer wiederholt wurde, mit grosser Tapferkeit.

Noch sehen wir in dem alterthümlichen Thore des Schlosses und in dem Schlosse selbst viele Kanonen- und Kartätschenkugeln, die an der Stelle, wo sie einschlugen, eingemauert sind, und noch hält die alte danebenstehende Linde ihre Schlacht- und Siegeszeichen, manche Kanonenkugel, als Andenken aus jenen Tagen für spätere Zeiten fest. In dem sogenannten Winkelgute, der jetzigen Richterwohnung, schlief Napoleon am 18. October 1813 Abends eine Stunde, von den Anstrengungen des Tages erschöpft und steht bei dem Vorwerke Meusdorf, welches seit vielen Jahren zum Rittergute Dölitz gehört, das dem Feldmarschall von Schwarzenberg zur Erinnerung an die Schlacht bei Leipzig errichtete Monument.

Zu dem Rittergute nebst dem Vorwerke Meusdorf gehören 300 Acker vorzüglichen Feldes, 60 Acker Wiesen, 40 Acker gut bestandenes Holz, und besteht der jetzige Viehstand aus 36 Stück Rindvieh, 1000 Schaafen, 16 Stück Zugvieh u. 30–40 Schweinen.



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/015&oldid=- (Version vom 24.3.2018)