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als Baumaterial verwenden, den erwähnten Nostizischen Denkstein aber nahe bei der Sakristei einmauern. Vier Gersdorfische Leichensteine, welche zwei Männer in ritterlichem Costüm und zwei Frauen in der steifen Tracht ihrer Zeit darstellen, hat man an der Kirchhofsmauer zunächst der Schule befestigt. – Interessant ist auch der in des Pfarrers Sakristei aufbewahrte Altar, welchem Kenner ein Alter von fünfhundert Jahren zuschreiben. Es ist ein sogenannter Wandelaltar mit zwei Thüren. Sind diese geöffnet, erblickt man die heilige Maria mit dem Jesuskinde auf dem Arme und reich vergoldeter Krone auf dem Haupte, ihr zur Rechten die heilige Anna mit der ihr Haupt umgebenden Inschrift: „Santa Anna ora pro nobis!“ zu ihren Füssen ein Knabe und ein Mädchen. Der heiligen Jungfrau zur Linken steht der heilige Procopius, eine Bischofsmütze tragend, in der rechten Hand ein Buch, in der linken eine Geissel haltend, mit dem linken Fusse auf einem krokodillartigen Ungeheuer stehend, das den Rachen weit aufgesperrt hat. In der Thür zur Rechten steht der Evangelist Johannes, ein Buch und ein Lamm haltend, ferner der Apostel Petrus mit dem Kreuze. In der andern Thür zeigt sich die heilige Catharina, welche in der rechten Hand ein Buch, in der linken ein blosses Schwert hält und mit dem Fusse auf einem zerbrochenen Rade steht. Neben ihr sieht man die heilige Barbara mit einem Thurme in der linken und einem Buche in der rechten Hand. Werden die Flügel des Altars geschlossen, so zeigen sich zwei Reihen Gemälde, acht Darstellungen enthaltend. In der obern Reihe erblickt man die Heimsuchung Mariä, die Erscheinung Christi am Grabe, die Verkündigung Mariä, in der untern Reihe einen Heiligen in einem mit Schimmeln bespannten Wagen, an welchem das vordere Rad fehlt, während ein schweinähnliches Thier die Achse trägt; ferner die Erscheinung Christi vor den Weisen aus dem Morgenlande, die Flucht nach Egypten und einen Märtyrer am Kreuze. Unter dem Altartische befinden sich verschiedene vom Bildschnitzer gearbeitete Figuren, namentlich der Märtyrer Sebastian am Pfahle und ein knieender Heiliger, dem ein Nachrichter das Haupt abzuschlagen im Begriff ist. Ein drolliger Zufall hat gewollt, dass der Knieende das Haupt noch aufrecht trägt, während der Scharfrichter das seinige durch irgend einen Zufall verloren hat.

Merkwürdig ist, dass das Pfarramt zu Kittlitz mit dem Dorfe Breitendorf belehnt ist und früher Gerichtsherr über dasselbe, sowie über sieben Häusler und Gärtner in Kittlitz war. Aus Allem geht hervor, dass Breitendorf vormals ein Rittersitz war; auch giebt es dort noch jetzt drei Mannlehngüter, die aus dem ursprünglichen Herrensitze entstanden sein mögen. Ausser diesen Lehngütern waren zu Breitendorf in früherer Zeit noch elf Bauergüter, die später in kleinere Besitzungen zerspalten worden sind. Aufschluss über dieses Lehnsverhältniss giebt die schon erwähnte interessante Bulle Papst Innocents, die wir hier in der Uebersetzung wiedergeben:

„Innocentius IV., ein Knecht aller Knechte Gottes, ertheilen allen Christgläubigen, die diesen Brief kennen lernen, Heil und unsern apostolischen Segen.

Kund und zu wissen ist, dass wir aus freiwilliger Schenkung und Begnadigung gefunden haben wie das Dorf, Uyest genannt, mit aller Nutz, Dienst und Botmässigkeit zur Mutterkirche in Kittlitz gehöre. Und da sich Jemand besagtes Dorf, oder was anderes zu ermeldeter Kirche gehöriges, durch verwegenes Recht etwa unterfangen möchte anzufeinden und zu empören (das doch nicht geschehe), denjenigen wollen wir von der heiligen Mutterkirche durch apostolische Gewalt und Kraft abgetrieben, in Bann gethan, verflucht und verdammt haben. Und nicht allein dieser, sondern auch alle beipflichtende Gönner und Einwilliger sollen gleichmässiger Pein und Strafe gewärtig sein. Deswegen wollen wir diesem nach Kraft der apostolischen Schriften und wahrhaften Gehorsams gebieten und anbefehlen, dass ein jedweder Bischof des Meissnischen Bisthums über solcher gesetzten Meinung halten und ihr nachkommen solle. Gegeben zu Peruss im Jahre Christi 1252 am 26. Hornung Unsern päpstlichen Ehren im Zehnten.“

Die Kirchenbücher zu Kittlitz gehen nur bis zum Jahre 1700 zurück, und zwar soll einer unverbürgten Sage nach eine Pfarrwittwe, der man bei ihrem Wegzuge nicht Genüge that, die alten Bücher aus Rache mitgenommen haben. Eingepfarrt hierher sind Grossdehsa, Jauernick, Peschen, Eisenroda, Nechen, Breitendorf, Laucha, Unwürde, Carlsbrunn, die Hälfte von Wohla, Georgewitz, Wendisch-Paulsdorf, Wendisch-Kunnersdorf, halb Rosenhain, Zoblitz, Bellwitz, Oppeln, Kleinradmeritz, Glossen, Lautitz, Alt- und Neu-Cunnewitz, Mauschnitz und Hasenberg sammt einem neuen Anbau. Früher gehörten auch die sechs Ortschaften Nostiz, Trauschwitz, Grube, Krappe, Spittel und halb Wohla hierher, bis 1655 Joachim Ernst von Ziegler und Klipphausen auf Nostiz den Entschluss fasste, die Nostizer Capelle in eine Kirche umzuwandeln und die ihr zugehörigen sechs Ortschaften von Kittlitz zu trennen und hier einzupfarren. Die deshalb entstehenden Streitigkeiten wurden am 14. December 1660 im Oberamte zu Budissin unter dem Landvoigte Carl Reineck von Callenberg auf Musska zwischen dem Herrn von Ziegler und den Brüdern Sigismund und Wenzel von Gersdorf auf Kittlitz dahin beigelegt, dass Ersterer ein Aequivalent von 333 M. Gulden zahlte, welches unter dem Namen des Zieglerisch-Nostiz’schen Legats noch jetzt bei der Kirche zu Kittlitz existirt und dessen Zinsen Kirche und Geistlichkeit theilen.

O. Moser.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)