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Wagen hinüber nach Unwürde. Auf dem Kirchhofe kann man noch jetzt sein steinernes Bild sehen mit der Umschrift: „Im Jahre 1552 auf den 13. October ist verstorben der edle gestrenge Herr Ulrich von Nostitz, R. K. Majestät erster Landeshauptmann in Oberlausitz dem Gott Gnade“. – Der letzte Spross aus dem Stamme der Nostitze auf Ruppersdorf, welcher in der Familiengruft beigesetzt wurde, war die am 2. August 1830 im siebenundzwanzigsten Lebensjahre verstorbene Frau Thuiska von Mayer geborene von Nostitz. – – In Ruppersdorf befinden sich zwei Schulen mit mehr als dreihundert Kindern.

Von den in Ruppersdorf vorgekommenen Denkwürdigkeiten wollen wir erwähnen, dass im Jahre 1362 die Prager, als sie in das Zittauer Land fielen, auf dem hiesigen Kirchhofe den Pfarrherrn sammt dem Schulzen erschlugen. Am 13. März 1669 wurde hier ein junger Kerl, Hans Kopf, wegen Diebstahls mit dem Schwerte hingerichtet; 1670 baute man ein neues Pfarrhaus; 1677 ward ein alter böser Mann von Strawalde, insgemein Schalk genannt, wegen Diebstahls allhier gefoltert, dass er bald darauf seinen Geist ohne einige Spuren der Busse aufgegeben, auf der Schleife abgeführt und unter den Galgen begraben; 1681 brannte das neugebaute Pfarrhaus sammt dem Kretscham nieder, wobei die Kirche in grosser Gefahr war; 1687 brannte der adlige Niederhof ab; 1688 wurde Hans Christoph Just, ein Schäferknecht, wegen Diebstahls gehenkt; 1690 und 1692 sind Dorothea Buderin und Catharine Pfeifferin wegen Kindesmordes mit dem Schwerte hingerichtet worden; 1696 bis 1697 herrschte hier eine Seuche von der gesagt wird: „es riss die armen Leute, sonderlich die Kinder, davon auch etzliche dreissig daran gestorben, an Händen und Füssen so abscheulich, dass es einen Stein in der Erde hätte erbarmen mögen, wozu theils nachher die schwere Noth kam. Andere die gleich davon kamen gehen doch ganz melancholisch umher.“ – Zu den erfreulichen Ereignissen Ruppersdorfs gehört, dass während des Cantonnements der Sächsischen Truppen im Jahre 1825 Ihre königlichen Hoheiten die Prinzen Johann und Friedrich im Schlosse zu Nieder-Ruppersdorf Ihr Hauptquartier nahmen, sowie auch im Jahre 1838 I. I. M. M. der König und die Königin bei gleicher Veranlassung fast acht Tage lang daselbst residirten.

Zu dem Gütercomplex gehört, wie schon gemeldet wurde auch das Dorf und Rittergut Ober-Oderwitz. Dasselbe kommt bis zum Anfange des siebzehnten Jahrhunderts nur unter dem Namen Oderwitz vor (slavisch Wodrinza Wadrywge, ein durch Wasser zerrissenes Thal) und liegt an der Dresden-Zittauer Chaussee. Der Ort zählt in vierhundertsiebenundsechszig Häusern über vierthalbtausend Einwohner, von denen viele sich mit Leinweberei beschäftigen, und besteht aus drei Antheilen, dem Ruppersdorfer mit dem Kirchenlehn, dem Hainewalder und dem Zittauer.

Ueber die Gründung des Ortes fehlen alle Nachrichten, doch ist es gewiss, dass derselbe bis zu dem traurigen Pönfall der Sechsstädte der Stadt Zittau angehörte. Im Jahre 1549 kam Oderwitz in Besitz des mehrerwähnten Dr. Ulrich von Nostitz, wie folgender noch vorhandener interessanter Lehnbrief beweist.

Wir Ferdinand v. G. G. Römischer Khunig etc. bekennen für unns, unnsre Erben und nachkhumenden Kunig zu Bohims und Markgrauen zu Oberlausitz hiermit diesen Brief vor Maneglich: Als wir dem etc. Ulrichen von Nostiz zu Ruppersdorf unsern Rath und Hauptmann zu Buddissin verthines Sieben un vierzigsten Jars unsere drei Dörfer, nämblich: das Dorf Oderwitz im Sittschen Weichbilde gelegen unmansen die Stadt Sittaw desselben Innhalts derselben Ihren Lehnbrieff die sie zu Unnseren Handen uberanntwurt, gebraucht und genossen (und das Dorf Gross-Schwednitz und Dorf Georgewitz im Lubischen Weichbild) alles in unnseren Markgrafthum Oberlausitz gelegen zusammt etc. – wie die im genantem unserm M. O. L. und angezaigten Iren Weichpildern gelegen und vormals beide Stat Sittaw und Lubaw und jetzo wir genossen und innegehabt umb Sechstausend Thaler, die wir Ime hievor In Ansehung seiner lang gethanen Dienst verunng unnserer derhalben Insonnderheit ausganngen Verschreibung der Datum Prag den ersten Tag Octrobis verthines Sieben und vierzigsten Jahres gestanden, gegeben, Phanndsweise eingeräumbt und volgunds dieselben durch etliche unnsere in gemelt M. Ob. L. abgefertigte Commissari dem Landsgebrauch nach auf Fünftausent Taller, der Taller zu einunddreissig weiss-Groschen gerechnet, geschätzet und taxiret worden. Da wir demnach wolbedächtlich etc. – gemelten Ulrich von Nostiz und allen seinen männdlichen Leybs Lehens Erben solche obgenannte Drey Dörfer etc. – umb obgedachte Summe der Sechstausent Taller in rechten Erblichen Kauff, Lehensweise volgen und zukhumm haben lasse. Thun solches auch hiermit wissentlich und in Chrafft dieses Brieffs etc. zv Urkhundt verfertiget mit unnserem Kuniglichen anhanngenden Innsigl. Geben auf vnnserem kuniglichen Schloss Prag am fünften Tag des monnats Maney Im funfzehnhundert und Neun und vierzigisten, unserer Reiche des Römischen im Neunzehenden und der anderen im drey und zwanzigisten Jaren.

K. Ferdinand.     


Der nächstfolgende Besitzer von Oderwitz war Christoph von Nostitz, Ulrichs Sohn, beliehen 1571. Nach ihm gehörte das Gut Hans Ulrich von Nostitz von 1595 bis 1617, dann Christoph von Nostitz der 1626

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)