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dass eine Frau, die diesen Titel sich erwarb, viel mehr verliere als gewinne. Die Männer lieben eine solche Frau nicht, und das eigene Geschlecht kritisiert sie. Sind ihre Arbeiten schlecht, so spottet man über sie, und man tut gut daran, sind sie gut, so spricht man sie ihr ab.

Einer ihrer Bekannten, Saint-Lette, mit dem sie gerne verkehrte, da er weit gereist war, viel gesehen hatte, und interessant zu erzählen verstand, sagte ihr eines Tages: „Fräulein, Sie können sich wehren wie Sie wollen, Sie werden dahin kommen, ein Werk zu verfassen!“ „Das wird aber unter fremdem Namen erscheinen,“ antwortete Manon, „denn ich würde mir eher die Finger abbeissen, als Schriftstellerin zu werden.“

Im Dezember des Jahres 1775 war Manon noch in Trauer um die verstorbene Mutter, sie befand sich in jener mild-melancholischen Stimmung, die auf heftigen Kummer folgt. Ein Herr überbrachte einen Empfehlungsbrief von Sophie Cannet; wer immer auch von dieser Seite kam, konnte eines freundlichen Empfanges sicher sein, die Freundin schrieb: „Dieser Brief wird dir durch den Philosophen Herrn Roland de la Platière, von dem ich dir oft erzählte, überreicht werden. Er ist ein aufgeklärter Mann von reinen Sitten, dem man bloss seine zu grosse Bewunderung der Alten auf Kosten der Modernen, die er unterschätzt, vorwerfen kann, und überdies die Schwäche, gerne von sich selbst zu reden.“

Manon fand, dass dieses Bild weniger als eine Skizze war, aber die Züge waren richtig und gut aufgefasst. Herr Roland war damals im Beginn der Vierziger, er war gross von Wuchs, etwas vernachlässigt in seinem Aeussern, und von einer gewissen Steifheit, die man sich in der Studierstube angewöhnt. Sein Benehmen war einfach und ungezwungen, ohne den Schliff der Welt zu haben, es war die Höflichkeit des Wohlerzogenen, verbunden mit dem Ernst des Philosophen. Er war mager, die Hautfarbe gelblich und die Stirne bereits sehr durch fehlendes Haar vergrössert,