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Teil in früher Kindheit starben. Auch sie wurde zu fremden Leuten aufs Land zum Aufziehen gegeben, wie das in Frankreich bis zu dem heutigen Tage Sitte ist.

Als das kleine Mädchen zwei Jahre alt war, kam es zu den ihr ganz entfremdeten Eltern zurück und weinte nach seiner vermeintlichen Mutter. Es bedurfte des ganzen Verstandes und der Güte Frau Phlipons, um das Kind im Elternhause heimisch zu machen. Bald gewann sie über den sanften, weichen Charakter des Kindes den Einfluss, den sie immer nur zum Vorteil ihrer Tochter gebrauchte. Er war so mächtig, dass in den kleinen, unausweichlichen Aergernissen, die zwischen der Vernunft, die das Kind leiten soll und dem Widerstand, den es ihr entgegensetzt, entstehen, die Mutter nur nötig hatte, das Kind kalt „Fräulein“ zu nennen und es strenge anzusehen, um Folgsamkeit zu erzielen. Immer fühlte Madame Roland selbst in späteren Jahren einen gewissen Schauer, wenn sie an dieses Wort „Fräulein“ und an den strengen Blick aus den sonst so zärtlich blickenden Augen ihrer Mutter dachte.

Madame Roland hiess Manon Jeanne. Sie sagt selbst in ihren Memoiren folgendes über diesen Namen: „Ja, Manon, so nennt man mich, ich bedauere das selbst für die Liebhaber von Romanen; es ist kein vornehmer Name, er steht einer Heldin höheren Grades gar nicht an. Aber schliesslich ist er der meine und meine Geschichte ists, die ich schreibe. Uebrigens hätten sich die Empfindsamsten mit dem Namen ausgesöhnt, wenn sie ihn von meiner Mutter ausgesprochen gehört hätten, und die gesehen haben würden, die ihn trug!“

Manon war lebhaft ohne lärmend zu sein; von Natur sinnend veranlagt, forderte sie nichts weiter, als nur immer beschäftigt zu sein. Sie fasste alles rasch. Diese Begabung war so gross, dass sie mit einemmale lesen konnte, ohne sich erinnern zu können, es jemals gelernt zu haben. Als sie vier Jahre alt war, las sie schon leidenschaftlich gerne. Gleich nach den Büchern kam ihre Liebhaberei für Blumen.