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werde: so siehet man, daß es auch mit diesem Wercke geschehe, welches, ungeachtet sich GOttes Hand bey demselben so gnädig beweyset, dennoch von vielen theils mündlich theils schriftlich sehr niedergeschlagen wird, und an keinem Ende recht ist, also daß man sich über die harten Urtheile nicht gnug verwundern kan. Es ist unsere Gelegenheit und intention gar nicht, solche unbillige und unbescheidene Urtheile zu erzählen, noch in gründlicher Untersuchung ihre Ungerechtigkeit zu zeigen; gleichwol finden wir nöthig den Christlichen und des HERRN Hand in diesem Werck erkennenden Leser in Liebe zu warnen, daß er sich, wenn auch ihm solche ungütige Urtheile zu Ohren oder Gesichte kommen, dadurch ja nicht irre machen lasse, diß Werck gleichfals zu verwerfen, das er bisher als ein Werck GOttes nach der Wahrheit erkannt hat. Er erwege nur wie schwer, wo nicht gar unmüglich, es seyn würde, daß GOtt sich einiges Menschen zu seinem Dienste gebrauchen könte, die Heyden, anderer zu geschweigen, durchs Evangelium zu seinem Sohn zu bekehren, weil ja keiner auf Erden ist, der, nach solchem Urtheil der Leute, nicht verwerflich seyn würde, ungeachtet aller von GOTT habenden Gnade. Denn, wenn er Z. E. noch jung, ungeübt, von andern Menschen unterwiesen, in einer gewissen Religion (welche sie eine Secte heissen) erzogen ist, so ist er ihnen nicht recht; ja wenn er nur ein Christ ist, so ist er eben darum tadelhaftig, weil auch der Christen-Name selbst, gegen das Heydenthum gesetzt, nach ihrem Urtheil sectirisch und also verwerflich ist. Sein Beruf, seine Art zu reden, sein Lehren ist nichtig, und diß zwar, weil auch Christus selbst seine Jünger bey seiner sichtbaren Gegenwart nichts gründliches soll haben lehren können. Will von andern Dingen, insonderheit seiner mitleydigen und liebreichen Sorge für die Armen nicht sagen, es muß ihnen alles nichts taugen. Ja man kan nicht sehen, daß die Leute selbst wissen, was sie denn endlich wollen. Daher man groß Recht hat sich an ihre ungleiche Urtheile nicht zu kehren, sondern vielmehr das Werck, so wie es GOTT zu führen beliebet, zu

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Bartholomäus Ziegenbalg: Herrn Bartholomäus Ziegenbalgs Ausführlicher Bericht. Halle: Verlegung des Wäysenhauses, 1710, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:36_Ausf%C3%BChrlicher_Bericht.jpg&oldid=- (Version vom 15.8.2018)