Sclavenleben in Nordamerika

Textdaten
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Autor: Theodor Griesinger
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Titel: Sclavenleben in Nordamerika
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, 20, S. 265-267, 298-301
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[265]
Sclavenleben in Nordamerika.
Erster Artikel.

Ueber das Institut der Sclaverei in den nordamerikanischen Freistaaten herrscht in Deutschland und vielleicht in ganz Europa unter den Gebildeten nur eine Stimme: die Stimme der Verdammniß. Man rechnet es der Union geradezu als Verbrechen an, daß sie die Sclaverei fortbestehen lasse, im Widerspruch gegen die unveräußerlichen Rechte der Menschen, der schwarzen, wie der weißen, der rothgelben, wie der rothbraunen. Andererseits aber werden auch vielfache Gründe geltend gemacht, warum es unmöglich sei, die Sclaverei in Nordamerika überhaupt oder wenigstens sofort aufzuheben, und wenn man die Gründe dieser Vertheidiger – nichte der Sclaverei an sich, sondern der Sclaverei, wie sie einmal besteht, mit unparteiischem Ohre anhört, so wird man wenigstens zweifelhaft, ob man das Recht hat, den Stein der Verdammniß auf die Unionisten in Amerika zu werfen oder ob nicht Entschuldigungsgründe da sind, denen man beizupflichten selbst genöthigt ist. Doch lasse ich diese Frage hier dahingestellt, denn es ist dies mehr eine politische Frange, wobei man auf den Gegensatz zwischen „Norden und Süden“ in den amerikanischen Freistaaten tief eingehen muß.[1]

Warum also die Sclaverei in dem „Lande der Freiheit“ existirt, ob sie mit „scheinbaren Recht“ oder mit „unwiderleglichem Unrecht“ existirt, dies will ich hier nicht untersuchen, sondern mein Endzweck geht dahin, die Leser darüber aufzuklären, wie die Sclaverei in Amerika existirt.

Jenes „Warum“ ist vielleicht schon oft erörtert worden, und von Bessern, als ich bin; dieses „Wie“ aber noch wenig, und – von deutschem oder unparteiischem Standpunkte aus – noch selten oder gar nicht. Darum circuliren auch unter uns (nicht selten sogar in Büchern und Zeitschriften) die haarsträubendsten Geschichten von dem Leben, zu dem die Sclaven in Amerika verdammt seien, und man bekreuzt sich ordentlich, wenn man nur das Wort „Plantage“ oder „Nigger“ hört, weil man gewöhnlich der Ansicht, daß, wo die Sclaverei beginne, die Civilisation, ja das Menschenthum selbst ein Ende nehme. Ich erlaube mir daher, den Leser mitten in das Sclavenleben hineinzuführen, damit er sich sebst sein Urtheil bilde und nicht mehr gezwungen sei, dem oberflächlichen Beobachter mit seinem nachgeplapperten, absprechenden Urtheile durch Dick und Dünn zu folgen.

In den nördlichen Staaten, in Newyork, Massachusets, New-Hampshire, New-Jersey, Pennsylvanien, Connecticut, Vermont, Rhode-Island, Ohio, Indiana, Illinois, Maine, Iowa, Michigan, Wisconsin und Californien (jetzt auch noch Minnesota und Oregon) existirt die Sclaverei längst nicht mehr, sondern sie herrscht nur in den südlichen Staaten: in Delaware, Maryland, Virginien, Missouri, Tennessee, Kentucky, Nord- und Süd-Carolina, Georgia, Arkansas, Alabama, Louisiana, Mississippi, Florida und Texas (jetzt auch in Utah und Kansas). Sie ist nur zu Hause, wo das Klima der Anbau von Tabak, Reis, Baumwolle und Zucker gestattet oder vielmehr gebietet, weil die gewöhnlichen Feldgewächse der Ackerbau treibenden Staaten der Hitze wegen nicht mehr gedeihen. Mit dem Bau obiger vier Erzeugnisse ist aber schon ein großer Unterschied in der Art der Sclaverei oder vielmehr in der Art, wie die Sclaverei gehandhabt wird, gegeben. Wo nämlich Tabak gepflanzt wird, da ist es auch möglich, Mais, Weizen und süße Kartoffeln zu pflanzen, denn der Tabak kommt in allzu warmem Klima nicht fort. Wo aber der Reis, die Baumwolle und der Zucker zu Hause sind, da kommt der Weizen und die Kartoffel nicht mehr leicht fort; die Glühhitze ist zu stark. Ueberdies wäre es eine Sünde an der Natur, einen Acker mit Mais zu bepflanzen, auf dem Zucker oder Baumwolle gezogen werden kann; Mais kommt fast überall fort, Zucker und Baumwolle aber blos in besonders auserlesenen Ländern. Zu den Letzteren sind zu rechnen: Florida, Mississippi, Nord- und Süd-Carolina, Georgia, Louisiana, Alabama, Arkansas und ein Theil von Texas (der tiefgelegene); die Tabaksstaaten aber sind: Delaware, Maryland, Virginien, Tennessee, Kentucky, Missouri und das gebirgige Texas. Hier, in diesen Staaten, haben sich auch viele weiße Farmer angesiedelt, und es gibt daher nicht wenige Gutsbesitzer (Kaufleute und Handwerker ohnehin), die keine Sclaven halten. Weiße Bauern siedeln sich überall an, wo sie Mais, Weizen und Kartoffeln planzen können und dem Tabaksbau sind sie wegen seiner Einträglichkeit ohnedies nicht abhold. Natürlich ist also hier, in diesen Staaten, der Grund und Boden mehr in kleinere Parcellen vertheilt, denn der amerikanische Farmer liebt es nicht, mehr Feld zu haben, als er mit ein paar Knechten übersehen kann. Somit gibt’s weniger große Plantagen, als im Süden, wo sich der Bauer nicht ansiedeln kann, – des Klima’s und der Bodenerzeugnisse wegen. Daraus folgt, daß auch diejenigen, welche in Missouri, Delaware, etc. Sclaven halten, nur wenige haben. Der „Herr“ braucht also keinen Sclavenaufseher, sondern macht diesen selbst. Natürlich sind Sclaven, die unter der Aufsicht des Herrn selbst arbeiten, ganz anders daran, als solche. die der Aufseher unter sich hat, und ohnehin würden es die vielen weißen Farmer, die keine Sclaven halten, nicht zugeben, daß die Sclaven ihres Nachbars schlecht und grausam behandelt würden. Ueberdies: in Maryland, Delaware, Virginien, Tenessee, Kentucky, Missouri und dem größten Theil von Texas planzt jeder Gutsbesitzer seinen Bedarf an Feldfrüchten selbst; folglich darf er weder Kartoffeln, noch Mais, noch Weizen kaufen und – aus diesem Grunde haben seine Sclaven im Vollauf und gut zu essen. Um es also mit einem Worte zu sagen, der Sclave ist hier weniger Sclave, als Knecht; den er hat gerade dasselbe zu thun, was der Knecht des weißen Farmers thun muß und wird auch gerade so behandelt, nur daß er keinen Lohn bekommt, aber dafür in seiner Jugend und seinem Alter von seinem Herrn erhalten wird. Gäbe es demnach keine andere Sclaverei in Amerika, als die Sclaverei in den Tabaksstaaten [266] (in welchen allen nur ganz wenig Baumwolle gepflanzt wird, weil nur die heißesten Niederungen dazu passen), so würde das Gehässige derselben nicht so sehr hervortreten und man könnte sogar dafür einstehen, daß in wenigen Jahrzehnten das ganze Institut verschwunden wäre, weil der Weißen Arbeit erwiesenermaßen billiger, praktischer und nutzbringender ist, als Sclavenarbeit. Etwas ganz Anderes aber ist es in den Reis-, Zucker- und Baumwollenstaaten, wo Arbeit von Weißen der Hitze wegen radical unmöglich ist und wo also auch nicht das Land in kleinere Farmen zerspalten wird, weil sich der Bauer nicht hindrängen kann, sondern Alles in den Händen der „Reichen“, der „Plantagenbesitzer“ lassen muß. Nach Mississippi, Louisiana, Georgia, Alabama etc. muß man gehen, wenn man wissen will, was Sclaverei ist, und ehe einer auf einer „Plantage“ war, kann er auch kein Urtheil fällen, wie es mit dem „schwarzen Volke“ gehalten wird.

Allerdings gibt es gewisse Grundzüge und Gesetze, welche allen Sclavenstaaten gemeinsam sind. Darunter ist namentlich zu rechnen, daß der Sclave gesetzlich kein Individuum ist, sondern eine Sache, so zu sagen ein „persönliches Object“, ein Ding nicht anders anzusehen, als ein Pferd oder ein Ochse! Darüber sind alle Sclavenstaaten einig, wie auch darüber, daß ein Sclave weder als Ankläger, noch als Zeuge gegen einen Weißen auftreten kann. Ferner geben die Meisten einem Jeden das Recht, einen flüchtigen Sclaven zu tödten, wo man ihn trifft. Viele erlauben dem Herrn sogar, einen blos widerspenstigen Nigger kalt zu machen. Ja, nicht' Wenige sind darüber einverstanden, daß ein Sclave schon, wenn er einen Weißen nur beleidigt, dem Tode verfallen sei. Aber – ein übereinstimmendes, in allen Einzelnheiten übereinstimmendes Sclavengesetz gibt es nicht, sondern jeder Staat macht sich seine Gesetze hierüber selbst, und je milder und sanfter die Behandlung der Sclaven in einem Staate für gewöhnlich ist, um so milder und sanfter sind auch die Gesetze. Ueberdies – in den Tabaksstaaten ist die Handhabung dieser Gesetze, die Art und Weise ihrer Ausführung eine ganz andere, als in den Baumwollen- oder gar den Zuckerstaaten. Gesetzlich ist der Sclave auch in Delaware und Missouri eine Waare, aber in der Praxis fühlt’s derselbe nicht, weil man es ihn nicht fühlen läßt, weil er generationenweise in derselben Familie lebt und mehr als Mitglied derselben angesehen wird, denn vielleicht der gemiethete weiße Söldling! Gesetzlich ist es dem Sclaven auch in Texas und Maryland nicht erlaubt, gegen einen Weißen als Zeuge aufzutreten, aber rechtlos ist derselbe deswegen in diesen Staaten doch nicht, denn die Tabaksstaaten alle haben Gesetze erlassen, welche den Sclaven vor den Mißhandlungen seines Herrn schützen, und man darf nicht daran zweifeln, daß, wo eine Mißhandlung vorkommt, auch die Untersuchung nicht ausbleibt.

Ganz anders ist’s in den Baumwollen-, Reis- und Zuckerstaaten, in welchen die schwarze Bevölkerung zum mindesten 50, oft aber auch 60 und 70 Procent ausmacht. Hier ruht alle Händearbeit (wenigstens alle Feldarbeit) auf den Sclaven und man würde ihnen auch die geistige (die des Kaufmanns, Künstlers etc.) aufbürden, wenn sie die Capacität dazu hätten. Betrachten wir einmal eine der Plantagen, wie man sie in den südlichsten Staaten vorfindet. Wie die eine, so sind sie alle. Der Unterschied liegt blos in dem größeren oder kleineren Umfange, in der mehr oder minder großen Anzahl der Sclaven, in der milderen oder strengeren Herrschaft des Aufsehers.

Die Plantage liegt in der Niederung. Vielleicht an der Sabine, vielleicht am Redriver (rother Fluß), oder am Arkansas, oder am Mississippi. Sumpf und Oede herrscht vielleicht nur eine Stunde von der Plantage, denn der Fluß mit seinen flachen Ufern überschreitet oft seine Grenze, und die Plantage unseres Baumwollenpflanzers erscheint daher im Gegensatz gegen jenen Sumpf nur wie ein Blüthengarten. Auf erhöhtem Räume, ganz versteckt zwischen dunkeln Orangen- und Granatbaumhecken liegt das Herrenhaus. Es ist ein großes, luftiges Gebäude, vielleicht noch mit einem Thurme aus den Zeiten der ersten ritterlichen Gründer von hundert Jahren her versehen, jedenfalls mit vielen kleinen, unregelmäßigen Anbauten, wie es der Zuwachs der Familie und die Liebhaberei der späteren Besitzer erheischte. Sechs Fuß breite Portale, hohe Ballone, verandaartige Vorbaue gereichen ihm zu nicht geringer Zierde. Ringsum blüht ein herrlicher Garten mit chinesischen Bäumen und sonstigen tropischen Gewächsen. Breite lange Alleen durchschneiden ihn, alle mit den eben so zierlichen, als schattigen Chinabäumen besetzt, von denen einige so groß werden, daß man seine Wohnung in den Zweigen aufschlagen und ein rundes Tischehen mit einer Bank ringsherum, nebst einer zierlichen Wendeltreppe hinauf, darin anbringen kann, so daß eine kleine Gesellschaft in dem grünen Laube, vor Sonne und Hitze geschützt, die Abende hier zuzubringen vermag. Weithin durch die Alleen sieht man ungeheuere Baumwollenfelder oder Zuckerplantagen und einen Schwarm von Schwarzen mitten darin in eifriger Geschäftigkeit.

Etwa 600 Schritte vom Herrenhause entfernt liegen die Negerhütten. Es sind ganz gleichförmige, einstöckige Häuschen, die einander, in ganz gleichmäßiges Linien gegenüber stehen. Jedes Häuschen ist mit einem kleinen, etwa 100 Quadratfuß großen Gemüsegarten umgeben und sieht in seinem weißen Anstrich freundlich und einladend genug aus. Das Ganze aber erscheint wie ein kleines Dorf am Fuße des herrschaftlichen Schlosses. Zwischen dem Herrenhause und den Sclavenhütten steht die Wohnung des Aufsehers (gewöhnlich Overseer genannt). Es ist meist ein geräumiges Haus mit einem Portico, von dem aus alle Sclavenwohnungen und der größte Theil der Plantage mit Bequemlichkeit übersehen werden kann. Das Privatzimmer des Aufsehers ist mit Büchsen und Pistolen wohl ausstaffirt, aber von außen sieht das Gebäude so unschuldig und lieblich aus, wie die ganze freundliche Umgebung, die auch das verstockteste Gemüth erheitern muh. Doch ehe wir uns mit dem Overseer und seinen Untergebenen unterhalten, gehen wir auf einen Augenblick in’s Herrenhaus, um dieses nicht blos von außen, sondern auch von innen zu betrachten.

Wir brauchen uns nicht zu geniren; im Süden ist die Gastfreundschaft zu Hause und auf den Herrensitzen der reichen Plantageninhaber hat sie ihre Lieblingsheimath. Jeder gebildete Weiße ist herzlich willkommen, sobald es kein Emancipationsprediger ist, der unter dem scheinheiligen Aeußern des Friedenshirten Aufruhr und Revolution unter die „schwarze Heerde“ zu verbreiten kommt. Wir werden mit der ausgesuchtesten Artigkeit, mit der zuvorkommendsten Herzlichkeit empfangen, sogar wenn wir Deutsche sind (jedenfalls sind Deutsche beliebter, als Irländer).

Wir finden hohe, luftige, bequeme Zimmer, die mit einem Luxus ausgestattet sind, wie man auf dem Lande keinen größeren in Anspruch nehmen darf. Es fehlt weder an Empfangs- noch Spielzimmern; Piano’s und Bücher sind nicht vergessen, und aus der Bibliothek treten wir unmittelbar in den Tanzsalon. Hier auf den Edelsitzen der südlichen Pflanzer ist die feine Bildung zu finden, die man in dem Gewühl der größeren Städte selten findet, denn der Plantagenbesitzer des Südens ist nichts anderes, als der Landedelmann Englands und Europa’s. “Wie hier die größeren Gutsbesitzer die Träger der „Gesellschaft“ sind, so auch im Süden Amerika’s die Plantagenbesitzer. Wie aber noch vor kurzer Zeit die Unterthanen dieser Edelsitzinhaber in Europa oft im tiefsten Elend schmachteten, ohne daß diese auch nur die geringste Notiz nahmen, so auch auf dem Edelsitze des amerikanischen Pflanzers. Was kümmert sich dieser um seine sclavischen Unterthanen? Dazu hat er seinen Overseer! Dieser ist sein Premierminister und Verwalter in Einer Person. Die Plantage mag blos fünfhundert Acres (ein Acre gleich 1¼ Morgen würtembergisch Maß) oder zehntausend groß sein, es mögen blos fünfzig oder tausend Sclaven darauf gehalten werden, der Oberaufseher hat die ganze Pflanzung sowohl, als auch die Arbeit der Sclaven zu leiten. Nur wenn der Arbeit zu viel für ihn ist, werden einige Unteraufseher ernannt, welche aber aller Selbstständigkeit entbehren. Der Plantagenbesitzer wird recht oft und viel seine Felder in eigener Person durchreiten, er wird vielleicht hie und da seine Sclaven sogar mit Namen kennen, aber er setzt sich mit ihnen in keine unmittelbare Verbindung, sondern seine Befehle ergehen blos durch den Mund des Overseer’s, der den ganzen Tag zu Pferde sitzt und die Arbeit der Nigger an allen Enden der Plantage beaufsichtigt, um allabendlich seinem „Herrn“ Bericht zu erstatten. Auf den Overseer kommt es also an, ob die Sclaven menschlich oder unmenschlich behandelt werden, denn sein Herr empfiehlt ihm als Richtschnur blos den Grundsatz, aus dem „schwarzen Eigenthum“ so viel Nutzen zu ziehen, als es „unbeschadet des Werthes und der Gesundheit“ dieses lebenden Eigenthums geschehen kann. Ein guter Landwirth weiß wohl, daß man einem „gut gefütterten, [267] reinlich gehaltenen und nicht überarbeiteten“ Pferde viel mehr zumuthen kann, als einem schlecht gehaltenen und ungestriegelten. Dasselbe weiß auch der Plantagenbesitzer, der nur statt der Pferde die Nigger substituirt. Natürlich also trifft ein gutmüthiger und vernünftiger Pflanzer eine andere Wahl in seinem Overseer, als ein bösartiger und kurzsichtiger!

Besuchen wir einmal die Negerhütten. Es ist ganz gleich, in welche von denselben wir gehen, denn es ist eine wie die andere.

Wir finden nur ein Gemach. Dieses ist Wohnstube, Empfangszimmer, Küche und Schlafraum zugleich. Das Ameublement ist ebenso einfach. Eine Lagerstätte, ein Tischchen, ein paar Sitze, eine Binsenmatte! Doch den Vorplatz vor dem Wohnzimmer hätten wir fast vergessen, und doch ist dieser die Hauptsache in einer Sclavenwohnung. Der Vorplatz bildet eine Art Portico. Luft und Licht sind in gleichmäßiger Fülle vorhanden, was in einem so heißen Klima, wie Louisiana oder Georgia, keine zu verachtende Beigabe ist. Im Frühjahr, Sommer und Herbst, oder eigentlich im ganzen Jahr (die kurze Regenzeit ausgenommen) ist dieser Vorplatz der Aufenthalt für die ganze Niggerfamilie. Hier wird gekocht, hier wird gespeist, hier werden Besuche angenommen. Im Wohnzimmer wird blos geschlafen.

So einfach, aber dem Klima entsprechend, die Wohnung ist, so genügt sie doch den Bedürfnissen des Negers. Ebenso ist’s mit seiner Nahrung. Doch dürfte diese sehr oft an das „Allzueinfache“ hinstreifen. Der Plantagenbesitzer im Süden braucht all sein Land für Baumwolle, Reis und Zucker. Er kann keinen Weizen pflanzen, weil dieser unter der tropischen Sonne nicht mehr fortkommt; er würde aber auch keinen pflanzen, wenn er könnte, denn das Pflanzen der Baumwolle trägt mehr ein. Darum kauft er seinen Bedarf an Mais, Mehl, Weizen, Kartoffeln u. s. w. von den nördlicher gelegenen Staaten. Allein soll er den Neger mit Weißbrod auffüttern? Oder soll er gar Schlachtvieh einführen, um den Sclaven mit Kalbfleisch zu mästen? Er selbst freilich hat der Truthühner und andern feinen Geflügels und Fleisches übrig genug. Er selbst hat volle Vorrathskammern vom weißesten Mehl; aber für den Nigger thun’s doch eben so gut Bohnen und Pökelfleisch! – In der That, wie es Regel ist, daß auf den Sclavenhaltereien in Virginien, Kentucky u. s. w. der Nigger von denselben Speisen ißt, von denen sein Herr genießt (wie er denn auch meist im selben Hause wohnt), so ist es umgekehrt in den südlicheren Staaten Regel, daß der Sclave nichts bekommt, als Bohnen und gesalzenes Fleisch, das er sich nach Belieben zurecht machen kann, und zufrieden darf er sein, wenn er nur dieses in hinreichender Fülle bekommt! Bohnen und gesalzenes Fleisch sind zwar an sich nicht theuer, aber – ein Overseer, der sich unentbehrlich machen will durch seine Aufopferung für den „Herrn,“ weiß oft auch hierin zu sparen! – Sind die Speisen einfach, so ist auch die Kocherei einfach. Abends nach neun Uhr werden die Töpfe mit Bohnen und Fleisch gefüllt und ein Kohlenfeuer darunter gemacht. Die Kohlen glühen zwar Morgens nicht mehr, aber es braucht blos eines starken Hauches, um sie wieder in’s Glühen zu bringen und das Essen für den ganzen Tag ist fertig,; denn Mittags und Abends wird blos gewärmt, was Morgens, oder vielmehr die Nacht über’ gekocht worden ist. Einige Abwechselungen in die Speisen bringt das kleine Gärtchen am Hause, denn auf diesen hundert Quadratschuhen darf der Neger pflanzen, was ihm beliebt, und natürlich pflanzt er seine Lieblingsgemüse. Freilich hat er nicht viel Zeit, seines Gärtchens zu pflegen, denn nur Sonntags ist’s ihm erlaubt, für sich zu arbeiten; aber der Garten ist doch meist in schönster Ordnung und Cultur.

In den nördlicher gelegenen Sclavenstaaten arbeitet der Neger im Hause, wie im Felde, je nachdem es die Jahreszeit mit sich bringt, denn die Cultur des Tabaks und Weizens erfordert nicht blos Feld-, sondern auch Hausarbeit. In den südlicheren Baumwollen-Cultur-Staaten aber ist die Feldarbeit die Hauptsache. Morgens in aller Frühe wird die Negerglocke geläutet. Sie hängt über dem Portico des Oberaufsehers. Das ist das Zeichen zum Ausstehen für den Sclaven. In jenen Gegenden, die sich dem Aequator mehr nähern, ist Tag und Nacht Sommer und Winter fast gleich lang. Die Sonne geht um 6 Uhr auf und um 6 Uhr unter. Die Negerglocke ertönt um 5 Uhr. Hurtig gefrühstückt. Man hat nicht lange Zeit dazu. Vor sechs Uhr beginnt die Arbeit. Sie dauert bis 12 Uhr. Eine kurze Unterbrechung, und sie beginnt wieder. Dann dauert sie bis 6 Uhr Abends, selten darüber, und nun ist Feierabend, um 9 Uhr aber müssen die Nigger im Bette sein. So ist es Jahr aus, Jahr ein. Nur die Erntezeit macht eine Ausnahme.

In dieser Zeit darf keine Minute verloren werden, besonders in den Zuckerplantagen. Es steht zu viel auf dem Spiele. Ein einziges Gewitter könnte Tausende von Dollars Werth verderben. Darum wird zur Erntezeit auch kein langer Aufenthalt über Mittag gestattet. Das Essen wird Morgens mitgenommen und kalt auf dem Felde verzehrt. So nahe es auch ist bis zu den Negerhütten, es ist doch zu weit! Um diese Zeit erweitert man die Arbeitsstunden von zwölf auf fünfzehn. Immer noch wenig gegenüber Cuba, der spanischen Sclavenstätte, wo die tägliche Arbeitszeit Jahr aus Jahr ein fünfzehn Stunden beträgt und zur Erntezeit achtzehn! Aber streng und hart gearbeitet wird in Nordamerika, wie in Cuba. Die Negerin, die vielleicht einen Säugling zu nähren hat, wird eben so wenig geschont, wie der Knabe von 12 Jahren, oder der Fünfzigjährige, der bereits über das „rüstige“ Alter hinüber ist. Die Negerin kann ja ihren Säugling mit auf’s Feld nehmen! Sie macht es dabei wie unsere Zigeunerinnen und bindet sich ein Leintuch über die Schultern, daß es auf dem Rücken eine Art Sack bildet, in welchem der Sprößling gemächlich ruht, während die Mutter thut, was ihres Amtes ist. Schreit der junge Weltbürger und verlangt nach Nahrung, so gönnt sie sich eine Minute oder zwei, um sein Verlangen zu „stillen,“ und das oft bis in sein zweites und drittes Jahr. „Entstillt“ werden die Jungen und Mädchen erst, wenn sie lustig auf dem Boden herumkrabbeln können, um sich während der Abwesenheit der Eltern vor oder in der Niggerwohnung nach eigenem Gutdünken die Zeit zu vertreiben.

Die Leitung der Arbeit ist in den Händen des Overseer’s. Er ist so früh auf, als die Sclaven, er geht aber erst lange nach ihnen zu Bette; denn oft und viel macht er sich noch einen Nachtdienst, wenn die Sclavenwohnungen längst in tiefem Schlafe begraben sind. Dann schleicht er sich zwischen den stillen Häuschen durch und horcht und lauscht, ob sie Alle schlafen! Wehe denen, die noch wachen und zeigen, daß sie wachen! Wehe denen, die noch in später Stunde plaudern, denn hinter jedem Worte wird ein „Verschwörer“ gewittert! Oder könnten nicht die armen Geplagten sich darüber zu einigen suchen, wie sie am besten der Sclaverei entrinnen wollen? Wehe ihnen! Wehe aber auch denen, die sich während des Tages träg und faul erweisen! Der Oberaufseher ist hinter ihnen, wenn sie sich’s am wenigsten vermuthen. Wenn sie glauben, er sei eben zu einer andern Partie Sclaven hinübergeritten, die am andern Ende der Plantage beschäftigt sind, und in dieser frohen Hoffnung säumend stehen und plaudern, – in demselben Augenblicke steht er hinter ihnen und schwingt drohend seine Peitsche. Der Overseer ist der alte „Ueberall und Nirgends,“ den wir schon in unsern Knabenjahren mit entzückendem Grausen kennen lernten. Von Morgens früh an sitzt er zu Pferde und bereitet die ganze Plantage. Im Sattelknopfe stecken zwei Pistolen, und am Sattelknopfe hängt die Peitsche, die Sclavenpeitsche! Seinem Blicke entgeht Nichts, auch nicht das Geringste! Seinem Gutdünken fällt es anheim, ob er die Peitsche streng oder lässig handhaben will!

Die Peitsche des Overseer’s ist ein künstliches Stück Arbeit. Sie ist sehr lang, und aus gezwirnter Seide geflochten. Wo ihre Spitze auf die bloße Haut trifft, da spritzt Blut nach, und die Neger sind wegen des heißen Klima’s zum Theil halbnackt, zum Theil blos in leichtes Baumwollenzeug gekleidet, Männer wie Weiber! Der Oberaufseher ist in der Führung der Peitsche äußerst gewandt, ein wahrer Künstler. Viele üben sich in dieser ihrer Kunst viele Monate, ja Jahre lang, bis sie es endlich zur Virtuosität bringen. Sie haben zu diesem Zwecke in ihrem Privatissimum eine ausgestopfte Figur – einen Menschen vorstellend – hängen, welcher sie Hosen von Hirschleder anziehen. Auf dem Hirschleder wird jeder Hieb sichtbar, den sie nach der ausgestopften Figur führen, so daß sie bei ihren Hiebübungen im Augenblicke wissen, ob sie fehlgeschlagen haben oder nicht. Die Figur hängt an einer Schnur und bewegt sich nach jedem Hiebe. Wenn sie nun in den Feierstunden und Sonntags sich Jahre lang an dem Pseudomenschen geübt haben, so sind sie meist so weit gekommen, daß sie im Stande sind, eine Fliege auf dem Rücken des Negers zu treffen, so sicher ist ihr Augenmaß!

[298]
Zweiter Artikel.

Die Sclaven-Aufseher leisten in der Führung der Peitsche oft mehr, als der geschickteste Pistolenschütze, der das Licht zu putzen versteht, ohne die Flamme auszulöschen. Diese Geschicklichkeit ist aber fast nothwendig zu ihrem Amte, denn wenn sie den Neger wegen Fahrlässigkeit oder Faulheit strafen wollen, so sollen sie ihn so strafen, daß er nicht arbeitsunfähig wird, daß er Nichts an seinem Werthe einbüßt! Ein ungeschickter Hieb könnte ihm das Auge ausschlagen, daß er um Hunderte von Thalern weniger Werth wäre! Ein ungeschickter Hieb könnte ihn auf Wochen in’s Bett und auf die Krankenliste bringen, und würde dem „Herrn“ bedeutenden Schaden zufügen! Das Augenmerk eines „kunstgerechten Peitschers“ (sie heißen in der That „Scientific whippers“, wissenschaftlich gebildete Peitschenführer) geht daher dahin, dem Neger blos die Haut aufzuritzen, ohne ihn arbeitsunfähig zu machen. Das „Hautaufritzen“ verursacht Schmerzen, tolle, wahnsinnige Schmerzen, aber es hindert nicht am Gebrauche der Glieder!

Außer der Peitsche gibt’s natürlich noch andere Strafarten. Sie werden aber selten angewandt, außer bei wirklichen Vergehen. Manchmal sind diese Vergehen nur Sclavenvergehen, keine allgemein menschlichen Vergehen, allein Vergehen sind’s immerhin, und der Sclave weiß, daß er ein Vergehen begeht. Darunter sind zu rechnen: das Besuchen einer andern Plantage in heimlicher Nacht (oft und viel nur aus Liebessehnsucht, um die erkorne Schönheit eines andern Sclavenbesitzers zu sehen; oft und viel aber auch, um einen Entweichungsfall vorzubereiten), oder das Stehlen eines Bootes, um auf dem nahen Flusse zu fischen oder – durchzugehen. In diesen Fällen – den Entfliehungsversuchen, oder auch den Vorbereitungen dazu, werden Fußeisen und Handfesseln angewandt. Der Overseer nennt diese Instrumente: Jewelry, Geschmeide, denn er ist ein spaßhafter Mann, und weiß seine Torturen mit Witzen zu verschönern. In gewöhnlichen Fällen, bei Diebstahl, Ungehorsam u. s. w. wendet man die Neck-Yokes oder die Stocks an. Die Neck-Yokes oder „Nackenjoche“ sind hölzerne Joche mit eisernen Ringen. Zwischen diese wird der Hals des widerspenstigen oder diebischen Niggers gesteckt, und derselbe wird, trotzdem daß das Joch seine dreißig Pfund wiegt, und trotzdem daß der Körper sich in diesem „Schmuck“ nur mühselig bewegen kann, gezwungen, seine gewöhnliche Arbeit nach wie vor zu verrichten. Die Stocks bestehen aus einem sehr dicken und breiten eichenen Brete, das aufrecht in den Boden gerammt ist. In diesem Brete befindet sich etwa 3½ Fuß vom Boden ein Loch, das groß genug ist, den Hals eines Menschen durchzulassen. Wird nun der Nacken des zu Strafenden mit dem Kopfe hier hinein gezwängt, so muß er natürlich ganz krumm gebückt stehen, und schon dieses „Gebücktstehen“ macht nach kurzer Zeit große Schmerzen. Damit ist aber der Aufseher nicht zufrieden, sondern er bringt im Rücken seines Opfers ein anderes ähnliches Bret an, das mit zwei kleineren Löchern versehen ist. Durch diese zwei Löcher werden nun die Hände des Negers gezwängt, indem ihm die Arme auf dem Rücken gebunden werden. Diese Stellung verursacht außerordentliche Schmerzen, und der Sträfling hält dieselben nur wenige Stunden aus; dann verfällt er in Convulsionen und Krämpfe, die seinem Leben bald ein Ende machen würden, wenn man ihn nicht losschnallte. Dies geschieht jedoch augenblicklich, da man den [299] Sclaven nicht tödten, sondern nur strafen will. Die Stocks werden nur bei Nachtzeit angewandt, und es muß daher ein Sclave bei dem Sträfling wachen, um den Overseer sogleich zu benachrichtigen, wenn die Krämpfe sich einstellen. Zur Nachtzeit aber werden die Stocks angewandt, weil der Neger bei Tage arbeiten muß.

Dies sind die schwersten Strafen, die vorkommen; denn die Erzählungen von anderen härteren Torturen, die hie und da in den Blättern und Parteibrochüren zu lesen sind, beruhen wohl, wenn nicht immer, doch großentheils auf Erfindung. Das Loos der Sclaven ist schon an sich hart genug; die „Antisclavereischreiber,“ die „Abolitionisten“ machen es aber in ihren Beschreibungen wahrhaft haarsträubend. So las ich einmal folgende Philippica:

„Eiserne Halsringe mit Zacken, die in’s Fleisch schneiden, winden sich um ihren Nacken (um den der Sclaven nämlich), schwere Ketten und Gewichte schleppen sie bei ihrer Arbeit auf dem Felde an den Füßen, Glocken und eiserne Geweihe tragen sie an den Kopf geschmiedet. Wochen lang werden sie. Tag und Nacht in Hundeställe gesperrt, wo sie nicht liegen und nicht stehen und nicht sitzen können. Stunden lang haben sie Knebel vor dem Munde, bis sie Schaum speien. Man bricht ihnen die Vorderzähne aus, um sie kenntlich zu machen, und peitscht sie, bis sie eine blutige Masse sind; dann gießt man Salzwasser darüber, und reibt spanischen Pfeffer in die Wunden. Man zerfleischt ihnen den Rücken mit Messern, schlitzt ihnen die Haut auf, und läßt sie von wüthenden Katzen zerreißen. Man hetzt sie mit Bluthunden, schießt sie nieder, schneidet sie in Stücke, oder hängt sie an den Beinen auf, und kitzelt sie, bis sie besinnungslos werden; dann weckt man sie, und schlägt sie, bis sie den Geist aufgeben. Man schneidet ihnen die Ohren ab, sticht ihnen die Augen aus, bricht ihnen die Glieder und brennt sie, bis sie zu Tode geröstet sind.“

Eine solche Behandlungsweise soll die gewöhnliche sein!! Ich für meinen Theil habe nie etwas auch nur halbwegs Aehnliches gesehen, abgesehen davon, daß flüchtige Sclaven mit Hunden verfolgt werden, um ihre Spuren desto leichter aufzufinden. Und daß, wie natürlich bei solchen „Treibjagden“, das Wild, besonders wenn es sich widersetzt, oft und viel sein Leben einbüßt oder, wenn lebendig gefangen, schwer mißhandelt wird, kann man sich denken. Dagegen liegt bei obigen Behauptungen die Lüge so auf platter Hand, daß wohl weiter kein Wort darüber zu verlieren sein wird. So handelt Niemand gegen einen Esel, einen Ochsen, ein Pferd, und ein Sclave hat zehn und zwanzig Mal so viel Werth! Wohl mag in der ersten Wuth schon manche Grausamkeit vorgekommen sein, aber – Mord an einem Sclaven wird mit Tod gestraft, und Niemand in der Welt ist so thöricht, daß er sein Eigenthum bei kaltem Blute vernichtet!

Im Gegentheil, die Sorge für die Sclaven ist groß, nicht etwa aus Menschlichkeitsgefühl und Mitleid, sondern weil der Sclave der Reichthum, das Vermögen des Südländers ist.

Im Süden werden jährlich über 2000 Millionen Pfund Baumwolle erzeugt, und ein gesunder Sclave im besten Alter trägt daher jährlich 350–450 Dollars ein. Bei den Zuckerplantagen ist der Ertrag eines Sclaven noch höher, oft bis zu 600 Dollars. Sollte der „Herr“ den Sclaven arbeitsunfähig zu machen suchen? Im Gegentheil, der Aufseher, der nicht für des Sclaven Leibesnothdurft so gut als möglich sorgt, hat einen bösen Stand. Bei der geringsten Kleinigkeit wird nach dem Doctor und Apotheker gesandt, und nie wird der weiße Arbeiter im Norden im besten Spitale so viel Sorgfalt auf sich verwendet sehen, als der Nigger im Süden. Und – ist es nicht eine bekannte Thatsache, daß der erwachsene kräftige Sclave seine fünfzehnhundert und noch mehr Dollars kostet? Sollte ein solch’ werthes Leben nicht gespart werden? Ist es vernünftig, zu glauben, daß es bei den Sklavenhalters Regel sei, Eigenthum von solchem Werthe zu Tode zu peinigen? – Wie es aber mit den erwachsenen Sclaven gehalten wird, so auch mit den jugendlicheren, denn mit dem vierzehnten Jahre ist ein männlicher, und mit dem zwölften ein weiblicher Sclave bereits seine tausend Thaler Werth. Nur die Alten und Gebrechlichen werden als unnützes Möbel behandelt; aber diese geben keine Veranlassung zur Strafe. Sie wissen, daß sie das Gnadenbrod essen, darum suchen sie auch nicht zu entfliehen; sie sind nicht widerspenstig, sie werden daher selten oder nie die Peitsche zu kosten bekommen. Darum ist es auch eine constatirte Thatsache, daß auf Cuba die Sterblichkeit unter den Sclaven eine doppelt so starke ist, als in den Vereinigten Staaten, weil sie dort über die Maßen angestrengt, hier aber geschont werden. Dort kann man die Todten durch den Ankauf „frisch importirter Waare“ ersetzen, in Nordamerika nicht, seil das Importiren von Negern aus Afrika streng verboten und verpönt ist. Das ist der Unterschied!

Würde für die sittliche und geistige Ausbildung des Negers so viel oder nur halb so viel gethan, wie für sein körperliches Wohlbefinden, so wäre der Nigger so übel nicht daran. Allein für das Erstere geschieht wenig oder gar nichts. Von Schulunterricht ist keine Rede. Kein Nigger, der auf einer Plantage arbeitet, soll lesen und schreiben lernen. Er könnte sich ja sonst selbst einen Paß schreiben und damit durchgehen! Ein Sclave muß nämlich, wenn er irgendwohin außerhalb der Plantage gehen will, von seinem Herrn oder dessen Aufseher einen Paß haben, als Beweis, daß er das Recht hat, vom Hause abwesend zu sein. – Von Lesen und Schreiben ist keine Rede, wohl aber vom Kirchengehen. Dem Plantagenbesitzer ist es zwar hierbei wohl auch nicht um das Seelenheil dieser „schwarzen Satanskinder,“ wie er sie heißt, zu thun, aber darum ist es ihm zu thun, daß seine Sclaven zu Gehorsam und Unterwürfigkeit ermahnt werden. Und von was predigt nun der Geistliche? Vom Esau predigt er, und wie ein Esau sein Erstgeburtsrecht verspielt habe! Die Neger aber sind nach seiner Darstellung die Nachkommen Esau’s, und demnach zu Sclaven geboren!

So wird die Bibel benutzt, um den Niggern den Segen der Sclaverei begreiflich zu machen, und nie fehlt es in einer solchen Predigt an Lobpreisungen der Güte des Plantagenbesitzers. „Läßt er ihnen (den Sclaven) doch das Leben, und gibt ihnen Nahrung und Kleidung. Straft er sie ja doch nur wie ein Vater seine Kinder, wenn sie ungehorsam und böse sind, und läßt ihnen sogar ihr Vergnügen, wenn sie lieb und folgsam waren!“

Und nicht eine Secte des in Amerika so sehr in Parteien zerfallenen Christenthums ist da, die nicht denselben gleißnerischen Predigtton anstimmte; im Gegentheile, der Anglicaner predigt dieselbe scheinheilige Lüge so gut, als der Methodist, und der Presbyterianer so gut, als der Unitarier, natürlich – ein Geistlicher, der so predigt, wird zur Tafel des „Edelherrn“ gezogen; Einer, der anders spräche, würde mit Hunden von der Plantage gehetzt; aber zur Ehre der Menschheit muß ich es sagen, es hat doch auch schon solche Männer gegeben, die so sprachen, daß sie mit Hunden fortgehetzt wurden. Sie sprachen so mit Gefahr ihres Lebens!

Auf diese Art leben, halb Thier, halb Mensch, mehr als 2,500,000 Neger im freien Amerika, drei Viertheile der ganzen Sclavenbevölkerung. Das letzte Viertheil, die andern 700,000 von den 3,200,000 Sclaven, die Nordamerika im Ganzen hat, gehören einer andern Abtheilung der Sclaverei an, der Abtheilung der „Haussclaven“ und der „ausgemietheten Sclaven.“

Die Sclaven, die am schlechtesten daran sind (in körperlicher Beziehung nämlich, die geistige ist bei allen so ziemlich gleich vernachlässigt, obgleich einige Besserung bei den höhern Classen, besonders den „ausgemietheten Sclaven“ zu bemerken ist), sind die Feldsclaven auf den Zucker- und Baumwollenplantagen, und darum sind es auch diese Sclaven, bei denen die meisten Desertionen vorkommen. Unter hundert Flüchtlingen sind immer neunzig von Zucker- und Baumwollenplantagen! Am zweitbesten daran sind die Sclaven der Staaten, die schon zu kalt sind, als daß Reis, Zucker und viel Baumwolle fortkäme. Sie sind halb Haus- halb Feldsclaven, d. h. diejenigen, die am meisten Aehnlichkeit mit weißen Knechten haben. Die dritte Classe bilden die „Haussclaven im engeren Sinne, und die vierte die „vermietheten Sclaven.“

Im ganzen Süden Amerika’s kennt man keinen weißen Diener, keine weiße Dienerin. Der Weiße müßte sich vor Scham verkriechen, der sich so weit heruntergäbe, einen andern „seines Gleichen“ zu bedienen. Ja, die „weiße Herrin“ und der „weiße Herr“ könnten sich gar nicht darein finden, von weißen Händen Dienste anzunehmen, die sich nach südlichen Begriffen „für den Freien nicht ziemen.“ So besteht die ganze Dienerschaft eines Hauses aus Sclaven. Der Bauer (Farmer) in Kentucky freilich braucht nicht viel Dienerschaft und er wird daher von seinen Sclaven keinen einzigen zum förmlichen Kammerdiener machen. Nein, er verwendet auch seinen persönlichen Diener auf dem Felde und bedient sich zur Noth höchst eigenhändig.

Aber der gräfliche Plantagenbesitzer! Nicht blos er hat seinen [300] Lieblingsdiener, auch die Frau hat einen, eben so die Tochter und der Sohn. An schwarzen Kammerzofen, Bedienten für die Gäste ist eben so wenig Mangel und die Aufwärter bei Tische sind natürlich ebenfalls alle schwarz. Es ist eine kleine Hofhaltung, nur daß alle Aemter und Aemtchen von Negern ausgefüllt sind. Natürlich gestaltet sich das Schicksal des Sclaven, der bei seinem Herrn den Kammerdiener spielt, oder der Sclavin, die als Kammerfrau fungirt, ganz anders, als das Loos des Feldsclaven, welchen der Herr kaum sieht und um den er sich auch nie bekümmert. Den Feldsclaven kauft der Herr, wenn er ihn braucht, und verkauft ihn, wenn er ihn nicht mehr braucht. Er betrachtet ihn blos vom Standpunkte der „Nützlichkeit“ aus; deshalb preßt er auch so viel „Nutzen“ aus ihm heraus, als irgend möglich ist. Ueberdies steht der Feldsclave nur mittelbar unter dem „Herrn“, unmittelbar aber unter dem Sclavenaufseher und seiner grausamen Ruthe.

Ganz anders der Haussclave. Er bekommt seine Befehle unmittelbar von seinem Herrn; er hat es nur mit diesem zu thun, der sich doch jedenfalls unter die „Gebildetsten“ der amerikanischen Union rechnet und auch fast ohne alle Ausnahme darunter zu rechnen ist. Er ist in steter, unmittelbarer Berührung mit dem „Herrn“, der „Frau“, der „Tochter“, dem „jungen Herrn“ und den „Gästen“. Seine Behandlung ist daher eine ganz andere, weil seine Stellung eine andere ist. Der „Herr“, die „Frau“, die „Miß“ (das Töchterlein des Hauses) stehen auf vertrautem Fuße mit ihm; er hört Alles, was gesprochen wird; er sieht Alles, was in der Familie vorgeht; er ist der vertraute Diener, wächst mit dem jungen Herrn auf, wie sein Vater mit dem alten, und lebt und stirbt mit ihm. Durch ganze Generationen hindurch gehören sie zu einander. Dadurch entsteht ein ganz anderes Verhältniß; der Herr und die Dame des Hauses haben sich an ihre „Diener“ gewöhnt, sie können sie kaum mehr „entbehren“; der Sclave oder die Sclavin betrachtet sich aber als „zur Familie gehörig“. Der Haussclave oder die Haussclavin sind also weniger Sclaven als Kammerdiener oder Kammerfrau, und daher kommt es, daß eine Anhänglichkeit zwischen „Herrn und Sclave“ entsteht, die im freien Norden Amerika’s (und ohnehin im freien Europa) gar nicht begriffen wird. Man hat Hunderte von Beispielen, daß ein solcher Haussclave von den „Abolitionisten“ (den Feinden der Sclaverei und den Freunden einer alsbaldigen, wenn auch gewaltsamen Befreiung der Nigger) freigemacht wurde und nun thun konnte, was er wollte, daß er aber nichts Besseres zu thun wußte, als sich bald wieder unter die Botmäßigkeit seines früheren Herrn zu begeben. Freiwillig und mit Lust und Freude kehrt er in die Gefangenschaft zurück, die ihm eine liebe Heimath ist. In der That hat es auch der Haussclave in materieller Beziehung meist weit besser, als der freie Diener des freien Herrn in den freien Staaten. Seine Arbeit ist gering, fast für Nichts anzuschlagen, sein Essen und Trinken ist gut, seine Behandlung sanft, vertraulich. Es fehlt ihm die abstracte, die theoretische Freiheit, aber die praktische Freiheit, das praktische Wohlergehen hat er in vollem Maße. Von Strafe oder gar von körperlicher Mißhandlung ist selten oder nie die Rede, und wenn eine Strafe nöthig ist, so verhängt sie der „Herr“ selbst und dieser züchtigt mit „gebildeten“ Händen. Die härteste Strafe für einen Haussclaven ist daher die, zu den Feldsclaven verstoßen zu werden. Es ist ihm dies so viel, als den Russen eine Verbannung nach Sibirien, es ist sein Tod. Selten aber kommen solche „Verstoßungen“ oder gar vollends „Verkaufe“ von Haussclaven vor, nur bei wirklichen Verbrechen (Diebstahl u. dgl.). Im Gegentheil, die ganze Familie des Haussclaven, vom Jungen bis zum Greise, vom lallenden Mädchen bis zur alten Matrone, die vielleicht die „Herrin des Hauses“ vor vierzig Jahren auf den Armen getragen, – Alles wird als „unveräußerliches Gut des Herrenhauses“ betrachtet. Es ist der Stolz des Sclaven so wie des Herrn, daß ihre Großväter schon einander angehört haben. Was bekümmert sich ein solcher Sclave um die ideelle Freiheit? Er hat gar keinen Begriff davon.

Anders steht es mit dem „ausgemietheten Sclaven.“

In den Städten des Südens (nicht auf dem Lande, den Plantagen, denn ein Mittelding zwischen Pflanzung und Stadt, also ein Dorf, gibt es nicht) leben viele Reiche, die ihr Vermögen in „Sclaven“ stecken, gerade wie ein Stallmeister sein Geld in Pferde steckt. Der Stallmeister hält die Pferde nicht, um selbst darauf zu reiten, – dazu braucht er blos eins, höchstens zwei, – sondern um sie auszuleihen. Gerade so macht es der städtische Sclavenhalter auch. An Leuten, die Sclaven miethen, ist aber nie Mangel. Im Süden gibt es, wie schon oben bemerkt, keine weißen, keine freien Diener. Der Weiße würde sich brandmarken, wollte er sich zu einem solchen Dienste hergeben. Darum sind in einem Hotel z. B. alle Bedienstete – Sclaven; die Köchin ist’s eben so gut, als der Aufwärter bei Tische, die Weißzeugverwalterin, wie der Zimmerkellner. Ja, der Oberkellner sogar ist ohne Ausnahme ein Schwarzer. Eben so ist’s in den Kaufläden, an den Werften, in den Docks und überall. Der Nigger und die Niggerin ist’s, welche die „Dienstarbeit“ verrichten. Somit fehlt es nie an Leuten, welche auf kürzere oder längere Zeit eines „gemietheten Sclaven“ bedürfen. Versteht dieser „Miethling“ ein Handwerk, z. B. das Schmiedehandwerk, oder ist er ein gelernter Barbier, Schreiner u. dgl. so ist er noch mehr gesucht als einer, der blos „arbeiten, dienen oder lasttragen“ kann. Man zahlt für solch’ einen gemietheten Sclaven, je nach seiner Tüchtigkeit, so und so viel per Tag, per Woche, per Monat. Diesen Gehalt zieht der Sclaveninhaber an sich und nicht selten steht sich der „Herr“ bei dieser Manipulation sehr gut, da ein geschickter Sclave fast nie unter dreißig bis vierzig Thalern nebst freier Station verdient. Damit aber der Sclave einen Impuls habe, fleißig zu sein und immer geschickter zu werden, nimmt ihm sein Herr nur eine gewisse, im Voraus unter ihnen abgemachte Summe ab, und den Ueberverdienst darf der Sclave einstecken. Der Herr hat das vollkommenste Recht, Alles zu nehmen, was der Sclave verdient, aber wenn er dies thäte, würde meist der Sclave am Ende lässig werden. Würde er sich bestreben, ein Uebriges zu thun? Es liegt daher nicht nur in der Billigkeit, sondern sogar im Vortheil des Herrn, dem Sclaven einen Theil des Verdienstes zu lassen. Ja oft macht er auch einen Contract mit seinem Sclaven und seiner Sclavin, daß sie ihm jährlich so und so viel abzuliefern haben, alles Uebrige aber einstecken dürfen; dabei ist dann dem Sclaven gänzlich freigestellt, zu treiben, was er will, sich nutzbar zumachen, auf welche Art es ihm gutdünkt, natürlich unter der Bedingung, daß das Geschäft, das er treibt, in der Stadt ist, denn die Stadt darf er unter keinen Umständen verlassen. Diese Art von Contract ist die größte Aufmunterung für die Nigger, so viel als möglich zu arbeiten, um so viel als möglich für sich zurücklegen zu können. Ein solcher ausgemietheter Sclave ist also in gewissem Sinne sein eigener Herr. Er hat eigenes Vermögen und kann dieses nach Belieben zu seinem Vortheil, auch zu seiner Loskaufung (der Preis der Sclaven ist bei solchen Contracten immer im Voraus festgesetzt) verwenden. Jedes Jahr weiß er, wie viel Zeit er noch arbeiten muß, um frei zu sein, und nicht selten reichen fünf Jahre hin, um dieses Ziel zu erreichen, wenn der Sclave nur irgend will. Hieraus folgt, daß der „ausgemiethete Sclave“ auf der freiesten Stufe des Sclaventhums steht, denn es bleibt ihm sogar überlassen, lesen und schreiben zu lernen und sich so auszubilden, wie es der Beruf, den er sich erwählt, mit sich bringt. Außer der Geldlieferung an seinen Herrn alle Wochen oder alle Monate, ist er in allen seinen Bewegungen ungehindert, er ist frei, so weit ein Sclave frei sein kann.

Dies sind die verschiedenen Abstufungen der Sclaverei in Amerika. Natürlich aber läßt sich eine genaue Grenzlinie zwischen denselben nicht ziehen. Es kommt zumeist dabei auf den Charakter des „Herrn“, so wie auch des „Niggers“ selbst an, ob die Sclaverei in einem gehässigeren oder milderen Lichte auftritt. Was das Erstes anbelangt, so läßt sich nicht leugnen, daß der „Amerikaner“, d. h. der in Amerika geborne Abkömmling der Anglosachsen ein bei weitem milderer und ruhigerer Herr ist, als der hitzige „Creole“, d. h. der Abkömmling von Franzosen und Spaniern, – romanisches Blut in reiner, unverfälschter Race, aber in Amerika geboren. Noch weniger läßt sich in Abrede stellen, daß, wenn auf einer Plantage der „Herr“ gestorben und die „Herrin“ die Erbin und Herrscherin ist, die grausame Behandlung der Sclaven überwiegend wird. Ich will es dem Leser überlassen, sich den Grund dieser Erscheinung herauszuklügeln; es dürfte nicht allzuschwer sein. Was ich hier zu thun habe, ist, Thatsachen, anerkannte Thatsachen zu geben, nicht Reflexionen. Als Beweis nur zwei Dinge.

[301] Die Sterblichkeit unter den Sclaven im Süden ist fast immer größer, als ihre Selbstfortpflanzungs- und Reproductionskraft. Es kommt dies von der strengen Arbeit in einem glühheißen Klima her. Die „guten Herren“ lassen daher ihre Sclaven unter sich Heirathen nach Belieben und da sie immer mehr Sclaven bedürfen, als bei ihnen geboren werden, so denken sie nicht daran, einen Sclaven zu verkaufen, sondern kaufen im Gegentheile alle Jahre noch mehr dazu. Die Familien der Nigger werden also auf solchen Plantagen nicht getrennt. Darum jedoch bekümmern sich die Creolen wenig. Sie kaufen nützliche Sclaven und verkaufen unnützliche, ganz nach Gutdünken, und kümmern sich nicht ein Jota darum, ob das Kind von der Mutter oder der Gatte von der Gattin wegverkauft wird. Das Folgende ist aber der häßlichste Punkt bei der ganzen Sclaverei. Es betrifft den geschlechtlichen Umgang der „Herren“ mit den Sclavinnen. Man wird selten viel davon hören, wo Amerikaner die Plantagenbesitzer sind; gewöhnlich aber ist er, wo Creolen herrschen. Kommt dann noch dazu, daß Kinder, die aus solchem Umgang entsprossen sind, auf Befehl des eigenen Vaters nicht blos gezüchtigt und gepeinigt, sondern verkauft werden, so sträubt sich das Gefühl des Menschen dagegen, solche Scheußlichkeiten nur zu glauben. Und doch sind sie geschichtlich constatirt! Aber auch constatirt ist’s, durch Acten constatirt, daß die meisten dieser gräßlichen Tragödien nur auf den Pflanzungen der stolzen, heißblütigen und sinnlichen Creolen spielen. Hat doch einstens (wie durch gerichtliche Untersuchung erwiesen) ein solcher Wüstling sich des Umgangs mit den Töchtern seiner Sclavinnen – seinen eigenen Töchtern – gerühmt und wurde dafür von seinen über solche Niederträchtigkeit wüthenden Nachbarn so behandelt, wie Origenes sich selbst behandelte.

Als Beweis für die Grausamkeit der Frauen gegen ihre Sclaven führe ich hier nur ein Beispiel an, obgleich es deren Hunderte gibt. In Neworleans lebte vor wenigen Jahren eine Creolenwittwe. Als sie starb, fand man die Gebeine von fünf männlichen Sclaven, die im Souterrain ihres Hauses begraben waren. Es wurde gerichtlich erwiesen, daß sie vorher ermordet, auf Befehl der Herrin ermordet wurden, die ihres Umgangs überdrüssig geworden war und ihre Schande nicht laut werden lassen wollte. Doch genug! Zum Glück sind solche Beispiele so selten und werden selbst von Sclavenbesitzern mit solchem Abscheu betrachtet, daß man sie nicht als nothwendige Folge der Sclaverei, sondern einfach als Tollhausgeburten eines verbrecherischen Wahnsinns ansehen kann. Kommen doch hier und da im freien Europa ähnliche Schändlichkeiten zum Vorschein, wobei die Schlachtopfer freie Weiße, statt halbschwarze Nigger sind.

Nun noch ein Wort über den Charakter des Niggers. Er ist ein glückliches Gemisch von Fröhlichkeit, Aberglauben und Eitelkeit. Für den Aberglauben ist der Neger vielleicht nicht verantwortlich, denn der Weiße zieht ihn mit Absicht nicht aus demselben heraus. Wird ihm auch alle Sonntage vorgepredigt, so kann doch dieses Christenthum, das ihm da gelehrt wird, ihn unmöglich aufklären. Im Gegentheil, eben diese auf seine Sinne berechneten Predigten bestärken ihn nur in seinem Aberglauben. Allerdings ist sein Glaube nicht mehr der reine Fetischglaube, den seine Ahnen hatten, sondern es sind nur noch Bruchstücke desselben, aber in schöner Amalgamation mit den europäischen Sagen von Zauberern und Hexen; sein Gemüth ist viel zu kindlich, um sich über diese geistigen Schranken erheben zu können. Mit seinem kindlichen Gemüthe hängt aber auch seine Fröhlichkeit, sein Leichtsinn zusammen. Singen und Tanzen ist seine Liebhaberei. Wenn Samstag Abends die Wochenarbeit zu Ende ist, dann versammeln sich die Sclaven alle vor einem Hause ihres kleinen Dörfleins; einer holt das Bagno, ein Mittelding zwischen Guitarre und Cither, und nun beginnt das Tanzen. Ei, wie wird da gejubelt! Alle früher erlittene Unbill ist vergessen und die Lustigkeit steigert sich oft bis zur Tollheit. Den Nigger kümmert nicht das „Gestern“, ihn kümmert nicht das „Morgen“. Was geht ihn die Zukunft an? Sein Herr hat für ihn zu sorgen. Was hat er um Kleider und Essen sich zu bekümmern? Das ist Alles Sache seines Herrn. Er ist der Mann der Gegenwart und diese sucht er sich so angenehm als möglich zu machen. Darum benutzt er alle und jede Gelegenheit, sich vergnügt zu machen, er mag Feldsclave, Haussclave oder vermietheter Sclave sein. Sein Hauptvergnügen aber besteht darin, sich zu putzen. Die Eitelkeit ist seine Hauptpassion, sie geht ihm über Alles, und nicht selten, ja meistens, verwendet der „vermiethete Sclave“ seinen ganzen Ueberverdienst in – schöne Sachen und eitlen Tand, statt an den Erwerb seiner Freiheit zu denken. Der Aufputz eines Niggers, besonders am Sonntag, ist in der That spaßhaft. Wo möglich trägt er schwarze Hosen und einen schwarzen Rock, dazu eine weiße Weste, ein schneeweißes Hemd mit weitvorstehendem Jabot, einen thurmhohen, runden schwarzen Hut, besonders aber eine weiße Cravatte mit breiter Masche und immense, himmelanstrebende, bocksteife Vatermörder, zwischen denen die Rollaugen wie zwei Feuerrädchen herauslugen; dazu wo möglich noch ein leichtes Spazierstöckchen, Ringe in den Ohren und hellgelbe Glacehandschuhe. So ist der Anzug vollkommen und er stolzirt einher, wie ein kalikutischer Hahn, und bildet sich ein, der Nobelste der Erde zu sein.

Gerade so halten’s auch die Niggerdamen, nur lieben sie statt „schwarz“ – „bunt“. Oft und viel kann es begegnen, daß man einer vorausgehenden Dame nachläuft, die in einem rothen, enganschließenden Spencer einhergeht, mit blauem, faltenreichem, ausgepolstertem, schwerseidenem Oberkleide, in weißem Atlashute mit schwankenden Federn, auf leichten, zierlichen Stiefelchen, das feinste Musselintaschentuch in der einen und einen elfenbeinernen Fächer in der andern Hand, sich drehend und wendend, wie eine kokette Pfauhenne, und wenn man dann im schnellsten Schritte vorangeht und sich umdreht, um die üppige Schönheit auch im Gesicht zu betrachten, so sieht man sich ein paar schwülstigen Lippen, einer platten Nase und einem Unterkiefer gegenüber, wie ihn kein Schwein hervorstehender und rüsselartiger aufweisen kann. Doch nicht immer war es eine „Niggerin“, d. h. eine Schwarze im vollsten Sinne des Wortes. Oft ist’s auch wohl ein Wesen, so voll und rund, so üppig und lüstern, wie kein zweites unter der weißen Race zu finden. Aber dann ist’s ein Mischling von Schwarz und Weiß schon in der vierten Generation, eine Quadronin. Die Haare sind nicht mehr wollig, die Nase nicht mehr platt, die Farbe nicht mehr schwarz. Es ist ein mattes Weiß, weißer Holzasche ähnlich, es sind feine gelockte Haare, es ist ein lächelnder Mund mit kußeinladenden Lippen, es ist ein Auge, welches das kälteste Herz durchbohrt, es ist eine Körperform, die einer Venus oder Juno entnommen zu sein scheint. Und doch ist sie eine Sclavin und ein Hauch ist über ihr Gesicht verbreitet, der die Abkömmlingin vom Negerstamme im Augenblicke verräth, – ein Hauch, der sich nicht verwischen läßt, und wenn noch vier Mischungen und vier Generationen darüber gehen. Und verriethe es die Hautfarbe nicht, so verriethe es ihr Gang, ihr Benehmen, ihr Thun und Treiben; denn auch sie ist lustig bis zur Ausgelassenheit, auch sie ist putzsüchtig über alle Maßen. Ist sie eine „ausgemiethete Sclavin“, so besinnt sie sich keinen Augenblick, wie sie das Geld am leichtesten verdienen kann, welches sie allwöchentlich ihrem „Herrn“ abgeben muß. Und dieser? Was liegt ihm daran, ob’s ehrlich und ehrbar erworbenes oder Sündengeld ist, wenn er nur sein Geld hat! Die Sclavin aber verwendet, was sie mehr verdient, was sie „Ueberschuß“ hat, auf ihren Putz; sie denkt nicht daran, sich loszukaufen. Was liegt ihr an Freiheit, wenn sie seidene Kleider hat! Dies ist Sclavenleben![2]

Th. Gries.



  1. Die Sclavenfrage zwischen dem „Norden und Süden“ wird am Ende noch zu einer Trennung der Union führen müssen, wenn nicht die Staatsmänner Amerika’s den Süden – im Interesse der Union – dahin bringen, wenigstens eine allmähliche Emancipation der Sclaven anzubahnen, womit sich der Norden zufrieden geben müßte.
  2. Den Zustand der freien Neger werde ich in dem Aufsatze „Norden und Süden“ (s. oben) abhandeln: die Frage aber, wie es möglich ist, die Sclaverei „ohne Import aus Afrika“ trotz der Sterblichkeit im Süden „fortzuerhalten“, soll in einem besondern Artikel: „der Sclavenmarkt zu Richmond“, ihre Beantwortung finden.