RE:Τύν(ν)ας

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Fluß Indiens
Band VII A,2 (1943–1948) S. 17941795
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Τύν(ν)ας ein Fluß Indiens bei Ptolem. VII 1, 14. 36; die Quelle liegt in den Aruaischen Bergen, die Mündung des Flusses im Gebiete der Aruarnoi. Diese beiden Namen zeigen eine solche Ähnlichkeit, daß es naheliegt, Volk und Berge in einen Zusammenhang zu bringen. Dagegen wandte sich Lassen (Ind. Alt. III 164, 2), der den Namen des Gebirges als τὰ Ὀρούδια liest und darin eine Bezeichnung der mittleren Kette der östlichen Ghat sieht, die im Norden der Mahānadī, ungefähr in der östlichen Länge der Gegend zwischen Konker (Kānkur-Staat, 80° 41’ – 81° 48’ ö. L., 20° 6’ – 20° 34’ n. Br.) und Sambalpur-Distrikt (82° 38’ – 84° 26’ ö. L., 20° 45’ – 21° 57’ n. Br.), beginnt und südöstlich von Hyderabad beinahe die Kṛṣṇā erreicht. In dem Fluß T. erkennt Lassen (I² 204f. III 166. 3. 166) die moderne Kistna (Kṛṣṇāveṇī), das Volk der Aruaioi, nach Lassen III 203f. Arvarnoi, soll im Süden der Kistna gesiedelt haben. Yule (s. Ind. Antiqu. IV 282. Mc Crindle Ancient India as described by Ptolemy 66f.) identifiziert den T. mit dem heutigen Penner (Pennār) oder Pinākā. Lassens Einwände (I² 204f. 3) sind, daß der T. mit Maisolos und Manadas (Ptolem. VII 1, 36–38) auf dem selben Gebirge entspringen; niemand konnte aber dem Ptolemaios berichten, daß die Godāvarī, die Lassen als den antiken Maisolos erklärt, und Penner aus dem gleichen Gebirge kommen; zweitens liegen die Mündungen von T. und Maisolos unweit voneinander, was auf die Entfernung von Godāvarī und Penner nicht anwendbar ist, da die Schiffer diese Entfernung ziemlich genau angeben konnten; endlich wäre bei der Gleichsetzung des [1795] T. mit dem Penner nicht einzusehen, warum Ptolemaios zwar diesen kleinen Fluß, nicht aber die Kistna erwähnt haben sollte. Yule, der den Maisolos mit der Kistna, den T. mit dem Penner identifiziert, weist bezüglich des Ubergehens der Godāvarī auf Karten des l6.–l8. Jhdts. hin, auf denen dieser Fluß noch immer ausgelassen wird; nach ihm sei ΤΥΝΝΑ als Schreibfehler für ΠΥΝΝΑ zu erklären, letzteres sei als Penn-ār leicht zu erkennen. Berthelot (L’Asie ancienne d’après Ptolémée 333. 345. 351) schließt sich der Ansicht Yules an, er sieht im Maisolos die Kistna wegen der an der Mündung des Flusses gelegenen und seinen alten Namen bewahrenden Stadt Masulipatam, im Penner den T.-Fluß; dem Gebirge der Aruaia entspreche nichts in der Wirklichkeit, das Gebiet der Aruarnoi erstreckte sich vom südlichen Penner (Poṇṇaiyāru oder Poniār, Sanskrit dakṣiṇā Pinākinī) bis zum nördlichen Penner (North Pennār, Sanskrit uttarā Pinākinī).

Eine Entscheidung über die moderne Entsprechung des antiken T. kann nur durch die Bestimmung seines Quell- und Mündungsgebietes herbeigeführt werden, ferner durch die Lokalisierung der Binnen- und Küstenstädte im Siedlungsraum des Stammes und in der Nähe des Flusses. Seine Quelle liegt nach Ptolemaios bei 133° L. und 17° Br., die Mündung bei 130° 20’ L. und 12° 15’ Br. (nach der Ausgabe von Renou, Paris 1925). Das Volk der Ἀρουάρνοι VII 1, 14 besitzt Hafenstädte zwischen 13l°–133° 30’ L. und 12°–14° 20’ Br.; in VII 1, 92 erscheint derselbe Volksnamen, die Bestimmungspunkte der Binnenstädte liegen zwischen 131° 30-136° L, und 12° 20’ – 16° 15’ Br. Das Gebirge heißt nach der Lesung VII 1, 25 τὰ Ἀρούαια mit den vv. ll. Ἀρούραια, Ὀρούδια, Ἄρουρα u. ä., lat. Orundus, Orudum, usw., seine Ausdehnung fällt zwischen 132° 30’–137° L. und 16°–18° Br.; somit deckt es sich zwar in der Längenausdehnung mit den Binnenstädten der Aruarnoi, reicht aber nördlich über diese hinaus. Die Varianten in VII 1, 36. 75. 79 weisen die gleichen Formen auf. Man kann somit nicht mit Bestimmtheit zwischen Volk und Gebirge einen Zusammenhang leugnen, wie es Lassen getan hat. In der Tamilliteratur wird ein den Nāgastämmen zugerechnetes Volk der Aruvāḷar erwähnt, mit zwei Teilen, im Aruvānāḍu und Aruvāvaḍatalai, d. i. Nord und Süd-Aruvā, denen die modernen Distrikte Süd-Arcot, Nord-Arcot und Chingleput entsprechen sollen (K. N. Sivaraja Pillai Chronology of the Early Tamils 227. Cambridge History of India I 296). Dieser Stamm wurde durch den Coḷaherrscher Karikāla, der in das 2. Jhdt. n. Chr. gesetzt wird, unterworfen (K. A. Nilakanta Sastri Studies in Coḷa History 22. 38). Ist auf diese Bestimmung des Siedlungsgebietes ein Verlaß, dann kommt für den T. nur der Pālār in Betracht, so schwer es fällt zu glauben, daß den Gewährsleuten des Ptolemaios die großen Flüsse der Ostküste unbekannt geblieben wären.