Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Beiwort d. Hermes
Band VI,1 (1907) S. 468469
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Eriunios, Eriunes. Ἐριούνης (Hom. Il. XX 34; Od. VIII 322 am Versende), in der Regel jedoch Ἐριούνιος (Hom. Il. XX 72. XXIV 457. [469] 679. Hom. hymn. III 3. 28. 145. 551. V 407. XVIII 3. XIX 28. 40), Beiwort des Hermes, das auch als selbständiger Name für diesen Gott gebraucht wird (Hom. Il. XXIV 360. 440). Beide Arten des Gebrauchs von Ἐριούνιος finden sich nach Homers Beispiel in der späteren Poesie oft wiederholt; Belege bei Bruchmann Epitheta deorum 106. E. von ἐρι- ὀνίνημι abgeleitet, kennzeichnet Hermes als Segenspender, als δώτωρ ἐάων (Hom. Od. VIII 335. Hom. hymn. XVIII 12. XXIX 8); vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I 403. Mehlis Grundidee des Hermes 12ff. Doch wird darüber verschieden geurteilt, auf welchem speziellen Gebiet seiner Wirksamkeit Hermes dies Beiwort zuerst erworben hat. Die Homerische Dichtung fand das Beiwort schon als ein fest ausgeprägtes vor und verwendet es demgemäß zumeist ohne besondere Anspielung auf die Grundbedeutung; gelegentlich aber scheint der Dichter speziell an die nützliche Tätigkeit des Hermes E. als Götterboten (Hom. hymn. III 3. 551. V 407. XVIII 3. XIX 28) und Geleiters (Hom. Il. XXIV 360. 440. 457. 679) zu denken. In der Phoronis (frg. 5 Kinkel = Etym. M. 374, 18) heißt es, Zeus habe dem Hermes den Namen E. gegeben, weil er sich vor allen Göttern und Menschen auszeichnete durch listige Anschläge (κέρδεσι κλειπτοσύνῃσι τ' ἐκαίνυτο τεχνηέσσαις); ähnlich schon bei Hom. Il. XX 34f.; vgl. Aristarch. in Schol. Aristoph. Ran. 1144. Dagegen sahen die Tragiker in E. vor allem den freundlichen Geleiter der Verstorbenen (Schol. Hom. Il. XX 33 οἱ δὲ τραγικοὶ τὸν καταχθόνιον. Eustath. Hom. Il. 1194, 41), und sie umschrieben den ,Gang zum Hades‘ mit dem euphemistischen ἐριούνιος πόρος (Hesych.); Aischylos bezeichnet bei Aristoph. Frösche 1144 den Hermes Chthonios als E. und hatte vielleicht in den Choeph. 118 Hermes als Ἐριούνιε Ἑρμῆ χθόνιε anrufen lassen (Nauck TGF2 S. 956). Diese Bezeichnung des Todesgottes Hermes als E. kehrt wieder in den Epigrammen, Kaibel Epigr. Gr. 815, 11 = CIG 2569 (παντοκράτωρ Ἐριούνης). Kaibel 272, 9 = CIG 2347 o add.; vgl. auch Anth. Pal. VI 28, 7, und bei Antonin. Lib. 25 werden Hades und Persephone selbst ἐριούνιοι θεοί genannt.

Den drei Haupterklärungen des E. als 1) μεγαλωφελής, 2) κλέπτης, 3) χθόνιος fügen Spätere zum Teil noch weitere wertlose Deutungen hinzu. Vgl. Schol. Hom. Il. XX 33. Eustath. Hom. Il. 1194, 39. 1354, 37. 1599, 20. Cornut. 16. Hesych. Suid. Etym. M. Etym. Gud. Aristid. or. II p. 106. Das Richtige aber dürfte die Auffassung der Tragiker und der Grabepigramme sein. Man scheute sich, den Namen des Todesgottes auszusprechen und nannte ihn euphemistisch Eriunios; erst als E. zum festen Beiwort des Hermes geworden war, suchte man andere Erklärungen. Anders urteilen Mehlis a. a. O. und Roscher Hermes der Windgott 6. 80, welche E. auf das weite Gebiet beziehen, auf dem sich Hermes als φιλανθρωπότατος καὶ μεγαλοδωρότατος (Aristoph. Fried. 391) den Menschen nützlich macht.

[Jessen. ]