Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Comes dispositionum, Angestellter in einer der 4 kaiserlichen Kanzleien
Band IV,1 (1900) S. 647648
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22) Comes dispositionum. Das scrinium dispositionum ist eine der vier grossen Kanzleien, die in nachconstantinischer Zeit unter dem Magister officiorum stehen (Cod. Iust. XII 19, 11. Not. dign. or. XI 16; occ. IX 11). Zuerst wird es erwähnt im J. 362 (Cod. Theod. VI 26, 1). Von seinen Beamten sagt Kaiser Arcadius (Cod. Theod. VI 26, 9): a quibus dispositionum nostrarum norma seriesque servatur; sonst ist über seinen Geschäftskreis nichts bekannt. Vielleicht führte es die Listen, nach denen die Geschäftsordnung des Hofes, die Einladungen zur Tafel, die Stationen der kaiserlichen Reisen (Hist. Aug. Alex. Sev. 45) und ähnliche Dinge mehr bestimmt wurden. Dass diese Thätigkeit kaum genügen konnte, um eine Kanzlei zu beschäftigen, würde nichts dagegen beweisen, da es am Hofe angestellte Müssiggänger in Überfülle gab. Was dieses Scrinium von den drei andern unterscheidet, so dass sie ihm gegenüber eine abgesonderte Stellung einnehmen (Cod. Theod. VI 26, 4. 7. 16. 17. 35, 1. Cod. Iust, XII 19, 10. 15), ist namentlich, dass sein Vorstand nicht durch Codicilli angestellt wird, weshalb er auch in der Notitia dignitatum nicht verzeichnet steht (s. Codicilli Nr. 5), sondern sich aus dem Kanzleipersonal empordient, bis er als Ältester an seine Spitze tritt (Cod. Theod. VI 26, 10. 11. 12. 14. 2, 18). Er ist kein Mann, von dem man, wie von den Mitgliedern der anderen Scrinia, namentlich von ihren Magistri, litterarische Bildung verlangt, sondern ein aufgedienter Subalternbeamter, bei dem man nur Ehrlichkeit und Pflichteifer beanspruchen kann (Cod. Iust. XII 19, 8). Daher geniessen anfangs nicht nur die Magistri, sondern auch die Proximi der andern drei Kanzleien einen Vorzug vor ihm; erst im J. 397 wird er den letzteren an Rechten und Würde gleichgestellt (Cod. Theod. VI 26, 9. 10). Noch bis zum J. 381 führte er den Titel magister dispositionum (Cod. Theod. VI 26, 2); aber da es üblich wird, die Inhaber des Amtes zu C. anfangs tertii ordinis (Cod. Theod. VI 26, 10. 17), dann secundi ordinis zu ernennen (Cod. Theod. VI 26, 17. 18), heissen sie später comites dispositionum (Cod. Theod. VI 2, 18. 26, 12. 14. 18. XI 18, 1. Cod. Iust. XII 19, 8; vgl. Comes sacri stabuli, unten Nr. 88).

Der Comes dispositionum wird 381 an Rang den Vicarii gleichgestellt (Cod. Theod. VI 26, 2. 4. 10. 11. 17. 2, 18), führt also den Titel vir spectabilis; doch kommt ihm, da er in den Senatorenstand eintritt, auch der Titel vir clarissimus zu (Cod. Theod. VI 26, 2. 10). Seine Dienstzeit ist anfangs wohl unbegrenzt gewesen; doch um die jüngeren Mitglieder des Scriniums schneller aufrücken zu lassen, wurde sie erst auf zwei Jahre, dann auf eines herabgesetzt (Cod. Theod. VI 26, 6. 11). Nach seinem Austritt erhält er seit der Mitte des 5. Jhdts. den Titel eines comes consistorianus (Cod. Iust. XII 19, 8). Das Amt befreit ihn selbst und seine ganze Familie vom Decurionat, auch wenn er ihm von Geburt angehört (Cod. Theod. VI 26, 1). Er wird zwar Senator, braucht aber nicht die Last der Praetur auf sich zu nehmen (Cod. Theod. VI 26, 13). Von der Senatorensteuer (collatio glebalis) zahlt er [648] seit 401 unabhängig von seinem Vermögen nur das niedrigste Mass von 7 Solidi (Cod. Theod. VI 26, 12) und wird wenig später ganz davon befreit (Cod. Theod. VI 26, 14. 2, 18). Auch die Lieferung von Recruten (Cod. Theod. VI 26, 14. XI 18, 1), Pferden (Cod. Theod. VI 26, 3. 14. 15. XI 18, 1) und alle ausserordentlichen Leistungen werden ihm im Laufe der Zeit erlassen (Cod. Theod. VI 26, 14). Auch nach seiner Abdankung hat er das Recht, jederzeit bei Hofe zu erscheinen (Cod. Theod. VI 26, 14). Gothofredus zum Cod. Theod. VI 26, 1. Böcking Notitia dignitatum II 305.

[Seeck. ]