Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Militär. Amt
Band III,2 (1899) S. 22752276
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Chiliarchos, Χιλίαρχος (so gewöhnlich Aischyl. Pers. 302. Arrian. an. I 22, 7. IV 30, 5. VII 14, 10. Diodor. XVIII 48, 4 u. ö.), selten χιλιάρχης (wie bei Herodot. VII 81. Aelian. tact. IX 6), auf Inschriften meist χειλίαρχος (CIG 4342 b = Lanckoroński Pamphylien p. 168. Revue de phil. XIX 131. Inschr. v. Olympia 447 u. ö.), davon abgeleitet das Subst. χιλιαρχία und das Verbum χιλιαρχεῖν, dessen Aorist χειλιαρχήσας (Arch.-epigr. Mit. XVIII 231 u. ö.) oder Perfect κεχιλιαρχηκώς (Cass. Dio LXVII 11, 4) jemanden bezeichnet, der das Amt eines Ch. bekleidet hat. Seiner Ableitung nach ist natürlich Ch. jemand, der tausend Mann anführt, an der Spitze von tausend Mann steht, ein Ausdruck, der auf militärischem Gebiet heimisch ist. In Griechenland findet sich, soviel wir wissen, χιλίαρχος nur bei den Makedonen und bei den Ptolemaeern in Ägypten, deren Heerwesen auf makedonischer Grundlage beruhte. Hier ist die kleinste tactische Einheit die 16gliedrige Rotte (Arrian. anab. VII 23, 3; tact. 10 = Aelian. tact. IX 6); nach den Taktikern bilden dann 64 Rotten eine Chiliarchie, die also 1024 Mann hat und deren Anführer Ch. heisst. Aber während bei den Taktikern 8 Rotten (= 128 Mann) τάξις heissen, kommt in Alexanders Heer als Anführer einer Taxis Chiliarch vor – Arrian. anab. I 22, 4: τήν τε Ἀδδαίου καὶ Τιμάνδρου ἅμα οἷ τάξιν ἄγων vgl. mit I 22, 7: ἀπέθανον ... καὶ Ἀδδαῖος χιλίαρχος οὗτος – oder es ist eine Truppengattung wie die Toxoten einmal in Chiliarchien einmal in Taxen geteilt – Arrian. anab. IV 24, 10, vgl. mit V 23, 7. Es wird also das Wort τάξις in Alexanders Heer einen anderen Wert gehabt haben, als bei den Taktikern, denn dass Chiliarchie und Ch. mit Hintansetzung ihrer ursprünglichen Bedeutung auf eine taktische Einheit von 128 Mann angewandt wären, ist mir nicht glaublich; diese Annahme wird auch nicht durch das übrige Vorkommen dieser Wörter empfohlen. Von anderen Truppengattungen sind die Hypaspisten in Chiliarchien eingeteilt, deren Führer Chiliarchen heissen, Arrian. anab. III 29, 7. 30, 5. V 23, 7. Als Alexander im Sterben lag, standen Chiliarchen und Pentakosiarchen vor den Thüren (Arrian. VII 25, 6). Ebenso finden sich im ptolemaeischen Heere neben Chiliarchen auch Pentakosiarchen (s. Mahaffy in Cunningham Memoirs of the R. Irish Academiy VIII nr. XIII 3 und XV). Darnach war also Ch. der Commandeur einer etwa 1000 Mann starken Truppenabteilung. Ad. Bauer (Die griech. Kriegsaltertümer in Iwan Müller Handbuch IV 1, 432) glaubt, dass Alexander die Teilung seiner Truppengattungen in Chiliarchien nach persischem Muster vorgenommen habe, bei denen es nach dem Kyrosroman Xenophons Hekatontarchen, Chiliarchen, Myriarchen gegeben habe. Aber die Teilung in Chiliarchien wächst, wie die griechischen Taktiker zeigen, aus der 16gliedrigen Rotte heraus, deren Vielfaches sie sind, und diese letztere ebenfalls für etwas den Persern Entlehntes zu halten, liegt doch gar kein Grund vor. Ausserdem begegnen in Alexanders Heer Chiliarchen und Chiliarchien sowohl im thrakisch-illyrischen Feldzug als auch auf dem Zug nach Baktrien – also zu einer Zeit, wo Alexander an eine Reorganisation seines Heeres, wie er sie später in Susa und Babylon vornahm, noch gar nicht dachte (Beispiele s. o.). [2276] Aber freilich in einem Falle ist persische Hofsitte wohl massgebend gewesen für Alexander; nämlich während die bisher genannten Chiliarchen immer mehr oder weniger untergeordnete Chargen bekleideten, ist unmittelbar nach des grossen Königs Tode die Chiliarchie das bedeutendste und ansehnlichste Amt, das seinem Träger seine Stelle unmittelbar um den König anweist. In den Auszügen des Photios aus Arrians Diadochengeschichte heisst es: Περδίκκαν δὲ χιλιαρχεῖν χιλιαρχίας ἧς ἦρχεν Ἡφαιστίων. τὸ δὲ ἦν ἐπιτροπὴ τῆς πάσης βασιλείας. Derselbe Arrian nennt auch in der Anabasis (VII 14, 10) Hephaistion, der vorher Hipparch genannt war (III 27, 4. V 12, 2), χιλίαρχον und dessen Reiterregiment Chiliarchie, während sonst immer die Hetaerenreiterei in Hipparchien und diese in Ilen geteilt sind. Hier ist offenbar χιλίαρχος in einem anderen Sinne gebraucht als oben, wo, wie wir sahen, untergeordnetere Führer damit bezeichnet wurden. Jedenfalls wurde doch Perdikkas, als er Chiliarch wurde, mit der höchsten Würde bekleidet, wie Arrian es auch sagt. Und als Antipatros seinen Tod nahen fühlte, machte er Polyperchon zum στρατηγὸς αὐτοκράτωρ, seinen Sohn Kassander aber zum χιλίαρχον καὶ δευτερεύοντα κατὰ τὴν ἐξουσίαν. ἡ δὲ τοῦ χιλιάρχου τάξις καὶ προαγωγὴ τὸ μὲν πρῶτον ὑπὸ τῶν Περσικῶν βασιλέων εἰς ὄνομα καὶ δόξαν προήχθη, μετὰ δὲ ταῦτα πάλιν ὕπ’ Ἀλεξάνδρου μεγάλης ἔτυχεν ἐξουσίας καὶ τιμῆς ὅτε καὶ τῶν ἄλλων τῶν Περσικῶν νομίμων ζηλωτὴς ἐγένετο. So Diodor. XVIII 48. Bei den Persern hatte der Commandeur des Leibregiments, der 1000 μηλοφόροι, deren Speere am Fusse vergoldete Äpfel hatten, eine besonders hervorragende Stellung; er hatte den Verkehr mit dem Hofe direct zu überwachen, dem Könige Rapport täglich zu überbringen, auch die Einführung von Gesandten und Bittstellern zu besorgen (s. J. Marquart Philologus LV 227. Justi ZDMG L 659). Wo in griechischen Quellen dieser persische Beamte genannt wird, heisst er χιλίαρχος, was eine Übersetzung des persischen hazahrapatiš ist (s. Aeschyl. Pers. 302. Pherekyd. frg. 113). Wenn also Alexander einen Hipparchen seiner Hetaerenreiterei, den Hephaistion, zum Chiliarchen ernannte, so lag darin sicher eine Nachahmung persischer Hofsitte; aber bald starb Hephaistion, dann Alexander selbst, sodass diese neue Charge es zu keiner Bedeutung brachte, auch Perdikkas ist nur kurz Chiliarch gewesen und hat als Reichsverweser einen anderen Titel geführt. Kassander wollte überhaupt von Anfang an diese Würde nicht haben. In den späteren Zeiten findet sich keine Spur dieses Amtes. Wie χιλίαρχος die Übersetzung und Bezeichnung eines persischen Amtes ist, so wird ebenfalls damit ein römischer Würdenträger bezeichnet. Hier wird der tribunus militum bei griechischen Schriftstellern durch χιλίαρχος wiedergegeben, und zwar sowohl der gewöhnliche tribunus militum in der Legion (Bull. hell XIV 233. Inschr. v. Olympia 447. Revue arch. I 1883 p. 207) als auch in früherer Zeit die Consulartribunen (Dionys. Halikarn. XI 60. Cass. Dio XL 45. Diod. XIV 90 u. ö.). Daher ist tribunus laticlavius χειλίαρχος πλατύσημος, CIG 3990. 4022 und öfters.