Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn des Zeus und der Aigina, Tochter des Flussgottes Asopos
Band I,1 (1893) S. 923 (IA)–925 (IA)
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Aiakos (Αἰακός). 1) Sohn des Zeus und der Aigina, einer Tochter des Flussgottes Asopos (Hom. Il. XXI 189. Plat. Gorg. 526 E. Apoll. III 12, 6. Diod. IV 72. Philostephanos bei Schol. Hom. Il. XVI 14. Hyg. fab. 72. Paus. II 29, 2; vgl. aber auch Serv. Aen. VI 566, wo Rhadamanthys Minos und Aiakos Söhne des Zeus und der Europa genannt werden; dazu Plat. Gorg. 523 E), Stammvater des berühmten, durch seine Stärke sprichwörtlichen Geschlechtes der Aiakiden (Hesiod bei Suidas s. ἀλκή, fr. 225 Rzach. Pind. Isthm. VI 24), das, in Thessalien, Salamis, Aigina sesshaft, wahrscheinlich aus der Gegend von Dodona eingewandert war und mit dem Dienste des Zeus (der pelasgische Zeus von Dodona als Stammgott von Achilleus angerufen Il. XVI 283; Zeus Hellanios auf Aigina, Theophrast. περὶ σημείων I 24) in enger Verbindung stand. Zeus raubte die Aigina in Gestalt eines Adlers und brachte sie nach der Insel Oinopia oder Oinone, welche seitdem nach ihr Aigina hiess (Athen. XIII 566d. Nonn. Dionys. VII 212. XIII 203. XXIV 77ff. Herod. V 46. Paus. II 29, 2; Oinopia Pind. Isthm. VII 45. Ov. met. VII 472; Zeus naht ihr als Flamme nach Ovid. met. VI 116). Auf Aigina ward A. geboren. Da er allein auf der Insel war, so schuf Zeus auf seine Bitte Ameisen in Menschen um, über die er als König herrschte (Hesiod. bei Schol. Pind. Nem. III 13 (21). Apollod. III 12, 6); nach Paus. II 29, 2 liess Zeus die Menschen aus der Erde hervorwachsen. Vgl. Preller-Plew Griech. Myth. II 392. Nach Ovid. met. VII 520–657 war die Insel Aigina nicht öde, sondern von einem arbeitsamen Geschlecht bewohnt, das aber durch eine von der erbitterten Hera gesandte Pest (nach Hyg. fab. 52 war es eine Schlange, die durch Vergiftung des Wassers den Untergang der Einwohner herbeiführte) vernichtet wurde. Da erflehte A., als er an einer dem Zeus heiligen Eiche Ameisenhaufen erblickte, von Zeus Menschen, so viel er Ameisen erblicke, und als der Gott seinen Wunsch erfüllt, nannte er sie Myrmidonen (μύρμηξ Ameise). Es ist leicht erklärlich, wie aus der Etymologie des Volksnamens diese Fabel entstehen konnte. Strab. VIII 375 leitet bei der Beschreibung von Aigina den Namen der Myrmidonen davon ab, dass die Einwohner, wie die Ameisen grabend, gutes Land auf die Felsen trugen und aus Mangel an Ziegeln in Gruben wohnten. Vgl. Theogenes bei Schol. Pind. Nem. III 13. Eustath. Il. I 180. Den Namen Myrmidonen leiten Andere von dem Stammheros Myrmidon her, dessen Sohn Aktor in Phthia die Aigina zur Gemahlin gehabt haben soll. Apollod. I 7, 3ff. Schol. Ap. Rh. I 558. IV 816. O. Müller Aeginetica 12. Preller-Plew Griech. Myth. II 392. v. Wilamowitz Hom. Unters. 245.

A. war der gottesfürchtigste Mann seiner Zeit (Plut. Thes. 10). Als einst Griechenland von Dürre und Unfruchtbarkeit heimgesucht war, weil Pelops den Stymphalos meuchlings ermordet hatte, sandte Zeus den ersehnten Regen, als A. infolge eines Orakelspruchs zu nun betete. Apd. III 12, 6. Auch andere Schriftsteller (Isokrates IX 14. 15. Paus. II 29, 6ff. Clem. Alex. Strom. VI 753. Preller-Plew II 393. Paus. I 44, 13) erwähnen diese Fürbitte des A., der [924] nach Paus. II 29, 6 dem Zeus Panhellenios opferte. Als Veranlassung der Dürre giebt Diod. IV 60. 61 den Mord an, welchen König Aigeus von Athen an dem Sohne des Minos, Androgeos, verübt hatte. Die Aigineten errichteten zum Andenken an die That des A. das Aiakeion. Vgl. Paus. II 29, 6. Pind Nem. V 53 ; Ol. XIII 109 m. Schol. Plut. Dem. 28. Über den Namen Πανελλήνιον für Tempel und Berg des Zeus auf Aigina vgl. Paus. I 44, 18. II 30, 8. 4. Welcker Griech. Götterl. I 170. Preller-Robert Griech. Myth. I 126 A. 2; s. auch Theophr. περὶ σημείων I 24 über die Wetterregel, die sich an den Berg des Zeus knüpft; O. Müller Aeginetica 18. Mit der Sage von der Dürre hängt der Kult der Damia und Auxesia zu Oie auf Aigina zusammen (Herod. V 82ff. O. Müller Dorier I 402. II 348). A. wurde auf Aigina durch Festspiele geehrt (Αἰάκεια), mit denen gymnische Agone verbunden waren (Schol. Pind. Ol. VII 156 ; Nem. V 78). Auch in Athen hatte A. einen Heroenkult und ein Heiligtum am Markt (Herod. V 89. Hesych. s. Αἰάκειον). Es ist bemerkenswert, dass die Heroine von Melite, wo sich der Aiakide Eurysakes niedergelassen haben soll, eine Tochter des Myrmex genannt wird. Harpokration s. Μελίτη. Über die Wunderkraft der Aiakiden in Kriegsnot vgl. Herod. V 80. 81. VIII 64. 83. 84.

Bei Pindar Ol. VIII 30ff. findet sich die ganz vereinzelte Sage, dass A. den Apollon und Poseidon bei Erbauung der Mauern von Troia unterstützte. Als die Arbeit vollendet war, stürzten drei Schlangen auf die Mauern los, und während zwei davon an dem von den Göttern erbauten Teile tot niederfielen, drang die dritte an der von A. erbauten Seite in die Stadt, was so gedeutet wurde, dass an diesem Platze Ilion von dem ersten und vierten Abkömmling des A. werde eingenommen werden. Nach Plin. n. h. VII 197 entdeckte A. zuerst das Silber, eine Sage, die mit der auf Aigina früh eingeführten Münzprägung und Silberwährung sehr deutlich zusammenhängt. Serv. Aen. VIII 352 erzählt, dass A. den ersten Zeustempel in Arkadien gegründet hätte. Sagengeschichtlich interessant ist die Nachricht des Steph. Byz. s. Δῖα, dass A. der Gründer der Stadt Dia in Thessalien sei, und die Angabe des Serv. Aen. IV 402, dass Zeus den A. den Thessalern zum König gesetzt hätte. Der Zusammenhang des A. mit Thessalien wird auch durch die Verbindung seiner Nachkommen, der attischen Philaiden, mit den thessalischen Lapithen wahrscheinlich gemacht. Vgl. Toepffer Att. Geneal. 276, wo diese Beziehung mit Unrecht verwischt worden ist. Die Halbinsel Korone bei Prasiai in Attika hat ihren Namen von dem Lapithen Koronos, dessen Tochter Lysidike der Aiakide Aias heiratete (Steph. Byz. s. Φιλαίδαι). Über die Beziehungen Thessaliens zur attischen Ostküste: Toepffer Arch. Beiträge für C. Robert (Berlin 1890) 32ff.

Aiakos war vermählt mit Endeïs, des Skeiron Tochter, und zeugte mit ihr den Telamon (Vater des Aias) und Peleus (des Achilleus Vater); mit Psamathe, des Nereus Tochter, den Phokos, welcher nach gemeinschaftlicher Verabredung der beiden Stiefbrüder (nach Apollod. III 13, 6 weil er ihnen im Kampfspiele überlegen war; nach [925] Paus. II 29, 9 weil die Mutter die Brüder aufgereizt hatte) von Telamon im Diskuswerfen getötet wurde, worauf Telamon und Peleus von A. aus Aigina verbannt wurden. Alkmaionis bei Schol. Eurip. Androm. 687. Paus. II 29, 7. Schol. Pind. Ol. VIII 29; Nem. V 12. Plut. Thes. 10. Vgl. v. Wilamowitz Hom. Unters. 246. Endeïs gehört ursprünglich nach Thessalien, wie ihre Genealogie zeigt (Philostephanos bei Schol. Hom. Il. XVI 14 Αἰκὸς ὁ Διὸς καὶ Αἰγίνης γήμας Ἐνδηίδα, τὴν Χείρωνος θυγατέρα), vgl. Robert Hermes XX 354, dazu Hyg. fab. 14. Toepffer Att. Geneal. 273. Pherekydes (Apollod. III 12 , 6) leugnete die Abstammung des Telamon von A.: sein Vater ist nach ihm Aktaios, der Eponymos der attischen Akte (v. Wilamowitz Hom. Unters. 246), seine Mutter Glauke, die Tochter des Kychreus von Salamis. Diese Sagenbildung scheint attischen Ursprungs zu sein. Vgl. Toepffer Att. Geneal. 273, 1. Dagegen giebt Diod. IV 72 dem Telamon, der wegen des Brudermordes aus Aigina nach Salamis geflüchtet war, die Glauke zur Gattin. Kychreus soll sie ihm auf dem Sterbelager samt der Herrschaft über die Insel anvertraut haben. Vgl. E. Bethe Quaest. Diodoreae mythographae, 1887, 53. Peleus und [926] Telamon wurden erst seit Pindar als Brüder angesehen. Die Ilias weiss noch nichts von einem verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen den beiden Helden. Nach seinem Tode wurde A. wegen seiner grossen Gerechtigkeit einer der Totenrichter. Bei Homer findet sich hierüber noch keine Andeutung. Plat. Apol. p. 41 A; Gorg. p. 523 E ff. Isokr. IX 15. Ovid. met. XIII 25. Hor. od. II 13, 22. Sen. de morte Claud. 14. 15; dagegen ist er bei Aristoph. Ran. 465ff. und Lukian. Dialog. Mort. 20; Charon. 2; de luct. 10 Thürhüter in der Unterwelt; Apollod. III 12, 6 lässt ihn die Schlüssel des Hades verwahren. Er wurde vielfach mit den Insignien seiner richterlichen Macht abgebildet oder mit dem Schlüssel der Unterwelt. A. und die Aiakiden verdanken ihren grossen Sagenruhm vornehmlich den Gedichten des Hesiod (Th. 1005; fr. 100. 101. 102. 225 Rz.) und den Gesängen des Pindar, die aiginetischen Siegern geweiht waren. Vgl. v. Wilamowitz Hom. Unters. 245. Toepffer Quaest. Pisistr. 23, 1; Att. Geneal. 272. Über A. im allgemeinen: O. Müller Aegineticorum liber (Berlin 1817). Preller-Plew Gr. Myth. II 390. Welcker Gr. Götterl. II 209. v. Wilamowitz Hom. Unters. 244ff. Robert Hermes XX 354.


Stemma der Aiakiden.


Nereus
 
Zeus
 
 
 
Aigina
 
Skiron
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Psamathe
 
 
 
 
Aiakos
 
 
 
 
Endeïs
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Phokos
 
Peleus
 
Telamon
 
 
 
Glauke
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Koronos
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Lysidike
 
 
 
 
 
 
Aias
 
 
 
 
 
Tekmessa
 
Glauke
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Philaios
 
 
 
 
 
 
Eurysakes
 
 
 
 
 
Aiantides