Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn des Rhetors Memnonios, Advokat in Constantinopel, † 577–582 n. Chr.
Band I,1 (1893) S. 743 (IA)–745 (IA)
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2) A. aus dem aeolischen Myrina, Sohn des Rhetors Memnonios und der Perikleia, die in Constantinopel starb, als ihr Sohn drei Jahre alt war. Er war im J. 554 seiner juristischen Ausbildung wegen in Alexandreia, kehrte bald darauf nach Constantinopel zurück, studierte hier weiter, wurde Scholasticus und verdiente sich als Advocat sein Brot. Er scheint zwischen dem J. 577 und 582 gestorben zu sein. Die [744] Stellen, an denen er bei byzantinischen Schriftstellern erwähnt wird, sind abgedruckt in der Bonner Ausg. XXIf.

Sein erstes Werk (vgl. prooem. hist. 6), Δαφνιακά betitelt, enthielt in epischem Versmass kurze Darstellungen erotischer Mythen in neun Büchern (vgl. Anth. VI 80), ausserdem nach Suidas ἕτερα βιβλία ἔμμετρα. Demnächst stellte er Epigramme gleichzeitiger Dichter (anders, doch nicht überzeugend L. Sternbach Meletemata graec. 21), untermischt mit eigenen, nach den Stoffen in sieben Bücher verteilt, zu einem Κύκλος τῶν νέων ἐπιγραμμάτων (Suid. und prooem. hist. 6, συλλογὴ νέων ἐπιγραμμάτων Anthol. IV 4) zusammen. Durch denselben sind in der Anthologie mehr als 100 Epigramme des A. erhalten (weitere weist ihm zu Sternbach a. a. O. und Anthologiae Planudeae appendix Barberino-Vaticana; ein ihm fälschlich zugeschriebenes Gedicht bespricht C. Dilthey Ind. lection. Gotting. 1891, 18). Dieselben gehören zu den besten Dichtwerken dieser Zeit. In der Metrik sorgfältig (wenn auch nicht streng die Regeln des Nonnos befolgend), in der Sprache elegant (selten überladen), zeigt A. behagliche Fülle des Ausdrucks, oft hübsche Pointen, vor allem sorgfältiges Studium, besonders des Kallimachos, doch auch des Theokrit und der meisten Epigrammatiker des Meleager- und Philippos-Kranzes, denen er oft den Stoff zu seinen Gedichten entnimmt. Stark rhetorisch, mit Vorliebe lehrhaft, selbst in den Liebesgedichten (in denen er trotz einiger Lüsternheit sorglich auf den Anstand bedacht ist), sich selbst oft wiederholend, platt, wenn er einfach schreiben, unerträglich, wenn er parodieren will (vgl. IX 642–44. 662), vermag er allerdings nur in einem Ton zu dichten, welcher aber in den meisten Liebes- und Grabgedichten voll und sympathisch klingt, und zeigt mehr dichterischen Schwung, als die meisten Epigrammatiker auch der früheren Kaiserzeit.

Sein Geschichtswerk, ἱστορίαι, umfasst fünf Bücher. Da A. die Absicht hatte, das Werk Procops fortzusetzen, begann er seine Erzählung, wo dieser aufgehört hatte, mit den Ereignissen nach dem Tode des Teias; die ersten anderthalb Bücher behandeln die Thaten des Narses bis zur Vernichtung der Alamannen in Italien, die übrigen den Orient bis zum J. 558. Als A. sein Werk begann, war Iustinian schon gestorben; den Fortgang der Arbeit unterbrachen die Berufsgeschäfte des A., und diese mögen auch Schuld daran gewesen sein, dass es unvollendet blieb und nicht nach dem Plane des Autors auch die Zeit nach dem J. 558 bis mindestens 577 umfasste. Er schrieb also nicht wenige Jahre nach den Ereignissen. Seine Quellen für die persischen Kriege sind u. a. persische Chroniken die er sich durch den Dolmetsch Sergius verschaffen und übersetzen liess. Er selbst betont seine Wahrheitsliebe und tadelt die Historiker, welche durch Lobhudelei die Geschichte fälschen. An Procop, dem er auch im Stile nachgeeifert zu haben scheint, reicht er weder an Sachkenntnis, noch an Urteil, noch an schriftstellerischer Begabung auch nur entfernt heran. Doch ist er für die Zeit von 552–558 unsere Hauptquelle.

Litteratur: Letzte Ausgaben von Niebuhr [745] Corp. Scr. Byz. III, 1828. Dindorf Hist. Gr. min. II, 1871. Vgl. Krumbacher Gesch. d. byzant. Litt. 49ff., woselbst die Litteratur. Teuffel Philol. I 495ff.

Anmerkungen (Wikisource)

Siehe auch Agathias 3 im Supplementband III.