Textdaten
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Autor: Friedrich August (Nassau-Usingen), Friedrich Wilhelm (Nassau-Weilburg)
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Titel: Patent vom 2. September 1814
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 295–305
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1814
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google = Commons
Kurzbeschreibung:
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[295]
Patent vom 2. September 1814.

Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden souverainer Herzog zu Nassau etc etc. und
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden souverainer Fürst zu Nassau etc. etc.
sind während der vorüber gegangenen unglücklichen Zeit fremder Oberherrschaft in teutschen Landen, bei fortdauernden Bedrückungen der Gewalt in auswärtigen Staatsverhältnissen, [296] wodurch Wir mit Unsern Unterthanen und Angehörigen, im gleichen Maaße wie alle teutsche Staaten, gelitten haben, stets und immer bedacht gewesen, die, nach dem Rathschluß der göttlichen Vorsehung Uns anvertraute, unbeschränkte Regierungswirksamkeit, sammt dem Recht der Gesetzgebung, dahin zu verwalten, daß in dieser schwierigen Lage, so weit es die Umstände erlaubten, nicht allein die bürgerliche Freiheit Unsrer Unterthanen möglichst gesichert und die politische Gleichheit derselben von dem Gesetz aufrecht gehalten, sondern auch der Grund zu einer künftigen, auf diesen beiden Stützpuncten ruhenden, Verfassung gelegt wurde, deren volle Ausbildung Wir, im zuversichtlichen Vorgefühl einer nahen glücklichen Veränderung, in den gespannten europäischen Staatenverhältnissen, mit dem Eintritte derselben erwarteten.

Von dieser Absicht ausgehend und von solchen Beweggründen geleitet, haben Wir bis hieher die vollkommenste Duldung religiöser Meinungen und freie Uebung jedes Gottesdienstes, in Unsern Landen, gehandhabt; eben so die freie Aeußerung politischer Meinungen; so weit auswärtige Staatsrücksichten nicht eine Beschränkung verlangten. Wir haben, in landesherrlichen Edicten, Unsern Unterthanen und Staatsangehörigen, den freien Abzug mit ihrem Vermögen, nach erfüllter Militairpflicht, in alle diejenigen Staaten zugestanden, wo gleiche Abzugsfreiheit in Unser Gebiet gestattet wird. Wir haben die Leibeigenschaft von Grund aus in Unserm Herzogthume getilgt, den Frohn- und Dienstzwang, unter Schadloshaltung der Dienstherren, gelöset, körperliche Züchtigungen, als Strafmittel abgestellt, erbliche Vorrechte auf höhere Staatsämter, nicht anerkannt: vielmehr aus allen Ständen zu den obersten Civil- und Militairstellen berufen, wer Uns dazu tüchtig erschien. Die Justizpflege wurde, unabhängig von Uns, durch die angeordneten Justizbehörden verwaltet. Wir haben Unsern landesherrlichen Fiscus den Gerichtshöfen untergeordnet und Uns des Rechts, angestellte Staatsdiener willkührlich zu entlassen, begeben. Wir haben die freie Benutzung des Grundeigenthums unter den Schutz schirmender Gesetze gestellt, das Recht der Wildbahn und [297] alle, den Anbau des Bodens störende, Weidegerechtsame bis zur Unschädlichkeit beschränkt; die Ablösung der Zehnten, Grundbelastungen und Servituten vorbereitet, so wie die Vertheilung gemeinheitlicher Allmenden im Voraus erleichtert; endlich für die Einführung einer völligen Gewerbefreiheit vorbereitende Maasregeln getroffen. Wir haben keine Abgaben von Unsern Unterthanen erhoben, außer für Bedürfnisse des Staates; Wir haben verordnet, daß ein Jeder dazu beitrage, nach dem Maasstabe seines reinen Einkommens; daß einzelnen Ständen oder Personen keine Befreiungen forthin davon belassen werden. Wir haben, in dringenden Finanzangelegenheiten, Domainen Unsers Hauses zum Vortheil der Staatskasse veräußert, indem es Uns nicht als eine Aufopferung erschien, was von Unserm Familiengut zur Wohlfahrt des Landes verwendet wurde.

Wir waren belohnt durch das Bewußtseyn, zum öffentlichen Wohl Unsre Regierungsrechte so zu verwalten, durch die oft und in unzweifelhaften Aeußerungen zu Unsrer Kenntniß gekommene treue Anhänglichkeit Unsrer Unterthanen, weniger nicht, durch den glücklichen Erfolg Unsrer Bemühungen, worin die Uns Angehörigen unter mancherlei schwierigen Verhältnissen, Schutz und wesentliche Vortheile, mit Auszeichnung sogar, nicht selten gefunden haben. Der schönste Lohn aber wurde Uns zu Theil, als Wir Uns durch die Wirkungen dieser Verwaltungsweise in den Stand gesetzt sahen, dem großen, gegen die, von unbegrenztem Ehrgeize versuchte, Aufrichtung einer Alleinherrschaft in Europa, mit der ganzen Kraft des, Unsrer Regierung untergebenen, teutschen Staatsgebietes beizutreten, und als Wir, in dem ruhmwürdigen Eifer Unsrer Unterthanen, für des gemeinsamen teutschen Vaterlandes Wiederherstellung, zur Freiheit und Unabhängigkeit Mittel fanden, ein mehreres sogar für diesen großen Zweck aufzubieten, als Uns, nach den abgeschlossenen Verträgen, zu leisten oblag.

Wir haben Unsern Unterthanen bei andern Veranlassungen öffentlich dafür gedankt, und erneuern auch jetzt gern diesen Ausdruck Unsers Gefühles. Sie haben ihr Recht auf eine selbstständige und ehrenhafte Stellung unter den verwandten Stämmen des teutschen Volkes, im [298] künftigen teutschen Staatenvereine, sich befestigt; und Wir finden Uns bewogen, die Anerkennung dieses Rechts, durch die dauerhafte Begründung einer eigenthümlichen Verfassung, noch mehr ihnen allenthalben zu versichern. Wir haben den Augenblick erlangter Befreiung von dem Uebergewicht fremden Einflusses dazu benutzt, die, im Gefolge des aufgedrungenen Continentalsystems bei Uns notwendig gewordenen, Beschränkungen des Handels und einiger Gewerbe wieder aufzuheben; die Anstalt allgemeiner Bewaffnung, mit Unterdrückung der, bei dem frühern Militairsysteme bestandenen, Militairdispensationstaxen, auf eine festbestimmte und bleibende Weise in Unserm Herzogthum einzuführen, auch die vormalige Freiheit des Buchhandels und der Druckerpressen, mit Beschränkung des Nachdrucks zum Vortheil teutscher Schriftsteller und Verleger jedoch, Unsern Unterthanen zurückgegeben. Die fortdauernde Wirkung dieser Gesetze und constitutionellen Einrichtungen stehen unter dem erhabenen Schutze der verbündeten Mächte; nach deren weisen das Wohl der Nationen befestigenden Beschlüssen, ihnen, von außen die beruhigende Gewährleistung der, mit Gerechtigkeit vereinten, Stärke auch forthin verbleiben wird. Es ist also nur übrig, Allem, was für die Einführung einer liberalen, den Bedürfnissen Unsrer Zeit und Unsers Staates entsprechenden Verfassung, in Unserm Herzogthume entweder schon geschehen ist, oder noch erforderlich seyn wird, auch eine gleich kräftige Gewährleistung im Innern zu geben; welche Wir in der Errichtung von Landständen gefunden zu haben glauben dürfen.

Indem Wir Unsern Landständen die Bewahrung jener angeführten Grundlagen sowohl, wie die weitere Ausbildung einer solchen eigenthümlichen Landesverfassung übertragen, überlassen Wir Uns der Hoffnung, dieselben gegen den Wechsel aller Dinge, welchem gesetzliche Einrichtungen, in rein monarchischen Staatsformen mehr, wie anderwärts, unterworfen sind, nach Möglichkeit, auf dieser Seite sicher gestellt zu haben. Außerdem werden Wir von der Absicht geleitet, den Standes- und Grundherren Unsers Herzogthums, deren vormalige unmittelbare Reichsgebiete, im Laufe der Ereignisse, Unsrer Oberherrlichkeit und [299] Regierung untergeben worden sind, einen verhältnißmäßigen Einfluß auf die eigenthümliche Gesetzgebung und Verwaltung Unsers Staates, als erbliches Vorrecht, zuzusichern, und auf diese Art ihnen einen verfassungsmäßigen Wirkungskreis zu eröffnen, in welchem sie, für des Landes und ihrer vormahligen Unterthanen Wohlfahrt, thätig seyn können; und wodurch billige Ansprüche befriedigt werden, ohne die zum Flor Unsers vereinigten Herzogthums erforderliche, und Unsern sämmtlichen Unterthanen in gleichem Maaße wohlthätige, Einheit in der Landesgesetzgebung und Vereinfachung der Verwaltung und Verwaltungsform zu stören, deren glücklichen Folgen sich Alle, wie Wir sehnlichst wünschen und hoffen, in den kommenden ruhigern Zeiten noch mehr erfreuen werden, als bisher unter minder günstigen äußern Verhältnissen geschehen konnte.

Hiernach haben Wir beschlossen und verordnen, wie nachfolgt:

§. 1. Die Landstände Unsers Herzogthums sind zusammengesetzt aus Mitgliedern der Herrenbank und Landesdeputirten, welche in abgesonderten Sitzungen, sich versammeln. Die Mitglieder der Herrenbank werden von Uns auf Lebenszeit oder erblich ernannt; die Landesdeputirten aber, von den Vorstehern der Geistlichkeit und höhern Lehranstalten, von den begütertsten Landeigenthümern und von den Inhabern größerer Gewerbe, in dem weiter unten bestimmten Verhältniß, und in Gemäßheit der darüber ertheilten Vorschriften, erwählt.

§. 2. Die politische Stellung Unsrer Landstände im Allgemeinen und im Besondern, so wie auch die vollständige Bezeichnung desjenigen Antheils, den Wir ihnen an allen Zweigen der Gesetzgebung einräumen können und werden, hängt mit von den zu erwartenden nähern Bestimmungen, Unsrer und Unsers Herzogthums Verhältnisse, zu dem künftigen Gesammtvereine der teutschen Staaten ab. Vorläufig also, und bis zu hiernächst erfolgender nachträglichen Verordnung, erklären Wir hiermit und versprechen, für Uns und Unsre Regierungsnachfolger, unabänderlich und für alle Zukunft verbindlich; daß Wir die [300] Sicherheit des Eigenthums und der persönlichen Freiheit unter die mitwirkende Gewährleistung Unsrer Landstände stellen. Sie sollen darüber wachen, und darauf zu halten befugt seyn, daß die freie Wirksamkeit der obersten Justizbehörden niemals beschränkt werde, daß willkührliche Verhaftungen, ohne rechtliches Verfahren nach den bestehenden Gesetzen, nie und auf keine Weise Statt finden; auch daß keiner Unsrer Unterthanen jemals seinem gewöhnlichen Gerichtsstande, und durch die Gesetze vorher bestimmten ordentlichen Richter, durch außerordentliche Maasregeln, entzogen werde. Zu dem Ende legen Wir sofort Unsern Landständen nachfolgende Rechte bei:

1. Ohne ihre Einwilligung soll an den, in dem Eingange des gegenwärtigen Edicts erwähnten, die Aufrechthaltung der bürgerlichen und Gewerbefreiheit, so wie die Gleichheit der Abgaben bezweckenden Gesetzen und Einrichtungen, weder von Uns noch von Unsern Regierungsnachfolgern, zur Beschränkung der darin bestimmten Rechte, jemals einige Abänderung verfügt werden. Ueberdies sollen wichtige, das Eigenthum, die persönliche Freiheit und Verfassung betreffende, neue Landesgesetze nicht ohne den Rath und die Zustimmung der Landstände, eingeführt werden.
2. Sie können Uns Vorschläge zu Abänderung bestehender und Einführung neuer Gesetze überreichen; allgemeine und besondere Beschwerden einzelner Landestheile oder Unterthanenklassen Uns vortragen, und fordern, daß gegen Unsern Staatsminister, so wie auch gegen Landescollegien, wegen bestimmter Beschuldigungen, eine Untersuchungscommission angeordnet werde; wenn diese Beschuldigungen auf bescheinigten Abgaben beruhen, daß von ihnen Verletzungen der hier oben unter Nr. 1 angeführten, und sogleich hier nachfolgend über die Abgabenerhebung und Verwendung festgesetzter Verfassungsbestimmungen verfügt oder zugelassen worden; oder auch, daß sie sich Concussionen oder verbotene Annahme von Geschenken erlaubt, oder bei ihren Untergebenen zugelassen haben. Dergleichen Vorschläge und Beschwerden

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können, von jedem einzelnen Mitgliede der Herrenbank und der Landesdeputirten, während der Sitzungen ihrer Versammlung, in Antrag gebracht werden. Die Anträge werden in jeder Abtheilung besonders erörtert und darüber abgestimmt. Sie können Uns aber nur alsdann vorgelegt werden, wenn sie die Zustimmung der Mehrheit in jeder Abtheilung erhalten haben. Auf gleiche Art werden die, von Uns den Landständen zum Gutachten und Beistimmung mitzutheilenden, Gesetzesvorschläge in jeder Abtheilung besonders discutirt, und darüber abgestimmt; so daß nur die für sich zählende Stimmenmehrheit, in jeder einzelnen Abtheilung, die Zustimmung der Landstände beurkundet. Herrschen getheilte Meinungen in beiden Abtheilungen; so wird die Vereinigung derselben durch eine, von jeder Abtheilung in gleicher Anzahl zu erwählende, Deputation versucht, welche unter den beiden Präsidenten zusammentritt. Bei nicht Statt findender Vereinbarung behalten Wir Uns die landesherrliche Entscheidung bevor.
3. Alle, von den Unterthanen zu erhebende, directe und indirecte Abgaben sollen, von der Mehrheit Unsrer Landstände, wobei die einzelnen Stimmen, nach geschehener besonderer Umfrage, in beiden Abtheilungen zusammen zu zählen sind, im Voraus bewilligt werden; alle directe Abgaben, für den Zeitraum eines Jahres, die indirecten, nach Gutfinden, auf sechs Jahre hinaus. Zu dem Ende ist das Bedürfniß des kommenden Jahres, sammt dem wahrscheinlichen Ertrage der zu erhebenden Abgaben, in genauen und vollständigen Uebersichten, ihnen vorzulegen; auf gleiche Art auch die geschehene Verwendung der, früher von den Landständen zu angegebenen Staatsbedürfnissen bewilligten, Abgaben ihnen, unter gestatteter Einsicht der geführten Rechnungen, mit den Belegen derselben nachzuweisen.
4. Die Landstände können, während ihrer jeweiligen Sitzungszeit, Vorstellungen und Bittschriften von einzelnen Unterthanen sowohl, wie auch von Gemeinden

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annehmen, Solche müssen schriftlich an die Präsidenten beider Abtheilungen eingeschickt werden.

§. 3. Wir werden die Landstände alljährlich, zwischen dem 1. Jan. und 1. April, und sonst im Laufe des Jahres, so oft es Uns erforderlich scheint, außerordentlich versammeln; behalten Uns aber das Recht vor, ihre Sitzungen nach Gutbefinden zu unterbrechen, auch die Versammlung der Landesdeputirten gänzlich aufzulösen, und eine anderweite Wahl derselben anzuordnen. Eine jede eigenmächtige Zusammenkunft der Versammlung der Landstände, oder einer von ihren Abtheilungen, ohne Unsre vorgängige Einladung, ist unerlaubt, und was darin verhandelt oder beschlossen werden sollte, für null und nichtig zu achten. Bei den ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen der Landstände werden Wir, zu den Sitzungen jeder Abtheilung, Commissarien abordnen, welche an allen Verhandlungen Antheil nehmen, ohne jedoch bei den Abstimmungen zugegen zu seyn. Die Handhabung der innern Polizei der Versammlungen bleibt ihnen selbst überlassen; nach Maasgabe einer Ordnung jedoch, die, im Laufe der ersten Sitzung zu entwerfen, und Uns zur Genehmigung vorzulegen ist. Während der Versammlung der Landstände kann kein Mitglied, ohne Zustimmung der Abtheilung, wozu es gehört, aus irgend einem Grunde oder Veranlassung, zu gefänglicher Haft gebracht werden.

§. 4. Gebohrne Landstände und Mitglieder der Herrenbank sind alle Prinzen Unsers Hauses, nach zurückgelegtem ein und zwanzigsten Jahre ihres Lebensalters. Sodann ertheilen Wir die Landstandschaft, zur Herrenbank, als ein erbliches mit dem Besitze der, in Unserm Herzogthume bestehenden, Standesherrschaften verbundenes Vorrecht, den fürstlichen Häusern von Anhalt-Bernburg-Schaumburg, von Solms-Braunfels, von Wied-Neuwied, von Wied-Runkel und von Solms-Lich; sodann den gräflichen Familien von Waldbott-Bassenheim und von Walderndorf; endlich dem Herrn Fürsten von der Leyen, wegen der Grundherrlichkeit zu Fachbach und Nievorn, dem Herrn Fürsten von Hatzfeld, wegen der Grundherrschaft [303] Schönstein, und dem Freiherrn von Stein, wegen der Herrschaften Frücht und Schweighausen, sammt übrigen, von Unserm Gesammthause zu Lehen tragenden, Stammgütern. Die jeweiligen Häupter dieser fürstlichen, gräflichen und freiherrlichen Familien, und Inhaber der bemeldeten Standesgebiete und Grundherrschaften, sind erbliche Landstände in Unserm Herzogthume, und gebohrne Mitglieder der Herrenbank. Sie haben das Recht, den Versammlungen der Landstände, vom Eintritt in das fünf und zwanzigste Lebensjahr an, persönlich beizuwohnen, und können sich nach Gutfinden, auch durch besonders dazu geordnete Bevollmächtigte, darin vertreten lassen. Gleiches Vertretungsrecht steht den Vormündern unmündiger Familienhäupter zu; doch müssen ihre stellvertretenden Bevollmächtigte in Unsern Landen angesessen seyn, und mindestens dem Freiherrnstande angehören; auch das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Außer diesen vorgenannten werden Wir noch andere Mitglieder der Herrenbank, auf Lebenszeit oder mit dem Rechte der Vererbung, nach Unserm Gutfinden und vorher eingehohltem Gutachten der schon bestehenden Mitglieder, ernennen, mit der Einschränkung jedoch, daß dieselben zum teutschen Fürsten-, Grafen- oder Freiherrenstande gehören, und wenigstens zweihundert Gulden zu jedem Grundsteuersimplum in Unserm Herzogthume beitragen. Kein Mitglied der Herrenbank kann sich durch ein anderes Mitglied in der Versammlung vertreten lassen, oder ihm die Führung seiner Stimme übertragen.

§. 5. Die Versammlung der Landstände von der Herrenbank findet gleichzeitig Statt mit der Versammlung der Landesdeputirten, und an dem nämlichen Orte. Die Einladungsschreiben werden Wir den Mitgliedern unmittelbar zufertigen; den Präsidenten aber für die Dauer jeder Sitzungszeit aus ihrer Mitte ernennen. Die allgemeinen Sitzungskosten sind aus Unsrer Staatskasse zu bestreiten.

§. 6. Die Versammlung der Landesdeputirten besteht aus zwei und zwanzig Mitgliedern; bei deren Wahl die hier nachfolgenden Vorschriften zu beobachten sind. Die Inspectoren der evangelisch-lutherischen und der reformirten Geistlichkeit, sodann die Landdechanten der katholischen [304] versammeln sich an einem bestimmten Tage unter dem Vorsitze eines, von Uns hierzu abgeordneten, Commissarius auf dessen vorgängige, ihnen zuzufertigende, Einladung. Eine jede dieser Wahlversammlungen erwählt einen Landesdeputirten, auf völlig gleiche Art, die Vorsteher der höheren Lehranstalten einen, und alle, in der zwölften und sechszehnten Gewerbsteuerklasse katastrirte, Gewerbebesitzer drei Landesdeputirte aus ihrer Mitte. Die Kosten der Reise zur Wahlversammlung sind den geistlichen Inspectoren, Landdechanten und Rectoren der Lehranstalten zu vergüten. Die Landeigenthümer, welche zu jedem Grundsteuersimplum wenigstens sieben Gulden und darüber beitragen, erwählen funfzehn Landesdeputirte aus ihrer Mitte, und unter denjenigen Gutseigenthümern, die zu jedem Grundsteuersimplum wenigstens ein und zwanzig Gulden und darüber beitragen, auch das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Zu dem Ende sind die Wahlmänner durch Einladung des, von Uns zu ernennenden, vorsitzenden und dirigirenden Commissiarius, nach der vorgewesenen Abtheilung Unsers Herzogthums in Steuerrevisionsdistricte, in den fünf Hauptorten, nämlich in Wiesbaden, Limburg, Usingen, Ehrenbreitstein und Hachenburg, zu versammeln, und von ihnen die Wahl dergestalt zu vollziehen, daß die Wahlversammlung zu Wiesbaden vier, eine jede der Wahlversammlungen zu Usingen, Limburg und Ehrenbreitstein drei, und jene zu Hachenburg zwei Landesdeputirte zu ernennen hat. In allen Wahlversammlungen, ohne Unterschied, entscheidet die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder. Abwesende können ihr Stimmrecht an einen andern nicht übertragen. Die Abstimmung über geeigenschaftete Candidaten zu Landesdeputirten wird so oft in der Versammlung wiederhohlt, bis die absolute Stimmenmehrheit für einen jeden Einzelnen entschieden ist. Die Wahl der Landesdeputirten geschieht für die Dauer von sieben Jahren. Nach Ablauf derselben wird zur neuen Wahl geschritten, wenn nicht etwa früher eine außerordentliche Auflösung der Landesdeputationsversammlung von Uns verfügt worden ist. Die abtretenden Landesdeputirten sind in jedem Falle wieder wahlfähig.

[305] §. 7. Die Reisekosten nebst Tagegebühren für die Dauer der Sitzungszeit und für die Tage ihrer Gegenwart, am Orte der Versammlung, sollen den Landesteputirten, ohne Unterschied, aus Unsrer Staatskasse vergütet, und der Betrag der letztern, nach angehörtem Gutachten der Landstände, im Laufe der ersten Sitzungszeit von Uns bestimmt werden. Gleichermaßen sind die allgemeinen Sitzungskosten der Landesdeputirtenversammlung aus Unsrer Staatskasse zu bestreiten.

§. 8. Die Landesdeputirten versammeln sich auf die, ihnen von Unserm dirigirenden Staatsministerium zukommende, Einladung am bestimmten Orte und Tage. Den Präsidenten ihrer Versammlung werden Wir, für eine jede Sitzungszeit, aus drei von ihnen Uns vorzuschlagenden Mitgliedern ernennen. Nur die Stimmen der, in einer Stimmung anwesenden, Landesdeputirten werden gezählt; Abwesende können sich durch Andere nicht vertreten lassen.

§. 9. Die Sitzungen der Landstände sind nicht öffentlich; doch können dieselben durch Stimmenmehrheit die öffentliche Bekanntmachung ihrer Verhandlungen, im Ganzen und Einzelnen, mittelst Abdruck und Vertheilung, von fünf und zwanzig Exemplaren, an jedes ihrer Mitglieder, verordnen. Auch sind, nach dem Ermessen der Stimmenmehrheit, in den Versammlungen solche Auszüge aus ihren Sitzungsprotokollen durch das allgemeine Intelligenzblatt zur öffentlichen Kenntniß zu befördern.

§. 10. Die gegenwärtige Edictalverordnung soll von Unserm nachgesetzten Staatsministerium dergestalt in Vollziehung gebracht werden, daß die erste Versammlung der Landstände im nächstkommenden Jahre Statt finden kann. Mögen Unsre Unterthanen aller Stände und Klassen darin einen neuen Beweis Unsers unbegrenzten Zutrauens zu ihrer treuen Anhänglichkeit und vaterländischen Gesinnung wahrnehmen, und Unser unwandelbares reines Bestreben erkennen, Bürgerglück und Wohlstand in Unserm Staatsgebiete auf sichern Grundlagen und dauerhaft zu befestigen.

Gegeben zu Bieberich am 1sten, und zu Schloß Engers, am 2. Sept. 1814.

Friedrich August, Herzog zu Nassau.
Friedrich Wilhelm, Fürst zu Nassau.
vt. Freih. v. Marschall.