Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wanderlager“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 380381
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Wanderlager. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 380–381. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wanderlager (Version vom 04.05.2024)

[380] Wanderlager sind Verkaufsgeschäfte, welche außerhalb der Messen, Jahrmärkte und öffentlichen Ausstellungen von Ort zu Ort geführt werden und daselbst vorübergehend auf kürzere oder längere Zeit eine feste Verkaufsstätte (Laden, Magazin, Zimmer etc.) benutzen. In der Regel geschieht die Feilbietung außerhalb des Wohnorts des Unternehmers, doch kann auch die Verlegung des Wohnsitzes an den Ort zum Zweck der Feilbietung vorübergehend erfolgen. Ob das Halten von Wanderlagern dem stehenden Gewerbebetrieb oder dem Gewerbebetrieb im Umherziehen zuzuzählen sei, war viel bestritten. Nach einer Entscheidung des Bundesrats von 1879 sind die W. als ein Gewerbebetrieb im Umherziehen zu behandeln, das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 hindere die Gemeinden nicht, die Unternehmer von Wanderlagern und zwar vom Beginn des Betriebs an zu solchen Abgaben heranzuziehen, die auf die in der Gemeinde vorhandenen gewerblichen Betriebe gelegt sind, während freilich die Auflegung von Personalsteuern ausgeschlossen bleibt. Seit 1879 wurden denn auch in verschiedenen Ländern Gesetze über die Besteuerung des Wanderlagerbetriebs erlassen. Bezüglich der Höhe der Steuer ist zu beachten, daß rascher Verkauf und Barzahlung den Wanderlagerhalter verhältnismäßig steuerkräftiger machen, als es der ansässige Handelsmann ist. Die hauptsächlichsten Schäden der W. sind folgende: 1) sie gefährden die wirtschaftliche Existenz [381] der seßhaften Detailhändler und Handwerker, namentlich in mittlern und kleinen Städten; 2) sie befördern den volkswirtschaftlich unerwünschten Verbrauch geringwertiger Ware und reizen überhaupt zu unwirtschaftlichem Ankauf an; 3) sie drängen Industrie und Handel in eine unsolide, ohne Rücksicht auf die Güte der Waren lediglich die möglichste Billigkeit derselben anstrebende Richtung. Nur in dünn bevölkerten, gewerblich wenig entwickelten Gegenden können die W. für solche Waren, in welchen eine genügende Konkurrenz fehlt, wirtschaftlich gerechtfertigt sein. Durch Gesetz die W. einfach zu verbieten, erscheint nicht gerechtfertigt; dagegen müssen Garantien gegen die beim Wanderlagerverkehr hervorgetretenen Mißstände geschaffen werden. Insbesondere ist der Gefahr der Übervorteilung des Publikums durch strenge polizeiliche Regelung des Wanderlagerverkehrs entgegenzutreten. Vgl. Marx, Die W. (2. Aufl., Bonn 1887).