Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Moschee“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 820821
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Moschee. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 820–821. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Moschee (Version vom 15.05.2021)

[820] Moschee (ital. Moschéa, v. arab. mesdschid, „Anbetungsort“), Benennung der mohammedanischen Bethäuser, von welchen man zwei unterscheidet: die größern, Dschami, und die kleinern, Mesdschid. Die Dschami oder Kullijet haben einen oder mehrere Türme (Minarets); in ihnen wird vom Chatib (s. d.) der Freitagsgottesdienst abgehalten, was in den kleinern Moscheen, Mesdschid, welche keinen Turm haben, nicht geschehen darf. In ihrem Baustil stehen die arabischen Moscheen dem altchristlichen Basilikenstil näher und lassen zugleich den Einfluß persischer Bauten der Arsakiden- und Sassanidenzeit erkennen. Die türkischen schließen sich an ihr Vorbild, die Sophienkirche zu Konstantinopel, an; nur steigt die mittlere Hauptkuppel gewöhnlich freier und höher empor und ist außerdem von einem Konglomerat von Nebenkuppeln und Bogen umgeben. Die Minarets in der Türkei sind sehr schlanke, spitze Türme (wodurch sich diese von den arabischen unterscheiden), um deren obern Teil eine oder mehr Galerien (Scherife) laufen, von welchen die Muezzins die Gläubigen fünfmal des Tags zum Gebet rufen, und die bei hohen Festen mit Lampen erleuchtet werden. Sie sind in Stockwerke abgeteilt und in der Regel an den Ecken der Moscheen angebracht, stehen oft aber auch ganz isoliert; ihre Zahl ist verschieden (bei größern Gebäuden zwei oder vier). Die größern Moscheen haben gewöhnlich außer dem eigentlichen mit Säulengängen und einem Brunnen für die Abwaschungen versehenen Vorhof (Haram) noch einen äußern, durch Mauern abgeschlossenen und mit Bäumen bepflanzten Hof, welcher Fontänen, Waschplätze, Mausoleen, Friedhöfe etc. einschließt, und an den häufig noch Bibliotheken (Kutubhane), gelehrte Schulen (Medresse) oder Elementarschulen (Mekteb), Armenküchen (Imaret) Brunnen (Sebil), ja selbst Bäder (Hammâm) und Logierhäuser (Hân) angebaut sind. Die Hauptachse der M. liegt in der Richtung nach Mekka, welche bei der Verrichtung des Gebets stets mit dem Gesicht innegehalten werden muß und als Keblah bezeichnet sowie durch eine Nische (Mihrab) in der Hinterwand angezeigt wird. Rechts daneben ist die Kanzel (Minber) für den Freitagsgottesdienst und links in den größern Moscheen, welche der Sultan besucht, eine für ihn bestimmte Tribüne mit vergoldetem Gitter (Maksura). Gegen die Mitte zu erhebt sich eine (auch zwei) auf Säulen ruhende hohe Estrade (Mahfil), auf welcher die Koranvorleser Platz nehmen, ferner eine viereckige erhöhte Plattform (Mastaba), von welcher aus die Muezzins im Innern zum Gebet rufen. Wände und Pfeiler sind mit großen Tafeln geschmückt, auf welchen die Namen Gottes, des Propheten, der vier ersten Kalifen und viele Koransprüche in kalligraphischen Verschlingungen aufgemalt sind; von der Decke herab hängen eiserne Kronleuchter. Der Fußboden ist mit Teppichen oder Strohmatten bedeckt; Bänke und Stühle fehlen ganz. Wände und Pfeiler sind mit farbigen Marmorplatten bekleidet; die Malerei kommt nur als Kalligraphie, die Skulptur [821] nur bei Nischen, Portalen und Gesimsen, dort aber oft meisterhaft zur Anwendung. Die M. dient nur zu Gebet, Predigt und Vorlesungen, nicht aber zu religiösen Zeremonien. Im Sommer halten die Professoren (Muderris) ihre theologischen und juristischen Vorlesungen mit Vorliebe in denselben. Als Einkünfte sind den Moscheen besondere liegende Gründe angewiesen. Bei den Moscheen sind in der Regel folgende Beamte angestellt: der Scheich (Hauptprediger), der Chatib (Vorbeter) und sein Stellvertreter, zwei bis vier Imame (diensttuende Geistliche), 12 Muezzins (Gebetausrufer) und 20 Kaims (Wächter und Diener).