Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mommsen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 734
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Mommsen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 734. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mommsen (Version vom 11.04.2021)

[734] Mommsen, 1) Theodor, ausgezeichneter Altertumsforscher und Geschichtschreiber, geb. 30. Nov. 1817 zu Garding in Schleswig, besuchte das Gymnasium zu Altona, studierte in Kiel Philologie und Jurisprudenz, bereiste 1844–47 mit Unterstützung der Berliner Akademie Frankreich und Italien für archäologische Studien, redigierte 1848 in Rendsburg die „Schleswig-holsteinische Zeitung“ und ward im Herbst 1848 als Professor der Rechte nach Leipzig berufen. Seine Teilnahme an den politischen Bewegungen von 1848 und 1849 hatte indes 1850 seine Entlassung zur Folge, worauf er im Frühjahr 1852 eine Professur des römischen Rechts in Zürich erhielt, die er 1854 mit einer solchen in Breslau und 1858 mit einer Professur der alten Geschichte in Berlin vertauschte, wo er mit der Leitung des „Corpus inscriptionum latinarum“ (s. Inschriften) betraut und 1873 zum beständigen Sekretär der Akademie der Wissenschaften ernannt ward. Auch übernahm er später die Redaktion eines Teils der „Monumenta Germaniae historica“. Außer seiner „Römischen Geschichte“, bis 46 v. Chr. (Leipz. 1854–55, 3 Bde.; 7. Aufl., Berl. 1881; Bd. 5, das. 1885), seinem Hauptwerk, welches durch die Lebendigkeit der Darstellung und die Kühnheit seiner Ideen Epoche machte und, wenn es auch mancherlei Widerspruch fand wegen des leidenschaftlichen und oft ungerechten Urteils über manche hervorragende Personen der römischen Geschichte und wegen des allzusehr hervortretenden Anklanges an moderne Verhältnisse, auf die römische Geschichtsforschung doch außerordentlich anregend wirkte, sind von seinen Arbeiten hervorzuheben: „De collegiis et sodaliciis Romanorum“ (Kiel 1843); „Die römischen Tribus in administrativer Beziehung“ (Altona 1844); „Oskische Studien“ (Berl. 1845; Nachträge, das. 1846); „Die unteritalischen Dialekte“ (Leipz. 1850); „Corpus inscriptionum neapolitanarum“ (das. 1851); „Inscriptiones confoederationis helveticae“ (Zürich 1854); „Inscriptiones regni neapolitani latinae“ (Leipz. 1852); „Über den Chronographen vom Jahr 354“ (das. 1850); „Das Edikt Diokletians de pretiis rerum venalium vom Jahr 301“ (das. 1851, Nachtrag 1852); „Die römische Chronologie bis auf Cäsar“ (Berl. 1858; 2. Aufl., das. 1859); „Die Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senat“ (Bresl. 1857); „Geschichte des römischen Münzwesens“ (das. 1860); „Römische Forschungen“ (1. Bd., 2. Aufl., Berl. 1865; 2. Bd. 1879); „Die Stadtrechte der latinischen Gemeinden Salpensa und Malaca“ (Leipz. 1855, sowie ein Nachtrag, das. 1855); „Die Chronik des Cassiodorus Senator“ (das. 1861); „Über die Zeitfolge der Verordnungen Diokletians und seiner Mitregenten“ (Berl. 1862); „Zwei Sepulkralreden aus der Zeit Augusts und Hadrians“ (das. 1864); die Ausgabe der sogen. vatikanischen Fragmente vorjustinianischen Rechts (das. 1863) sowie der „Res gestae divi Augusti ex monumentis Ancyrano et Apolloniensi“ (das. 1865, 2. Aufl. 1883) und die der Pandekten („Digesta Justiniani Augusti“, das. 1866–70); „Die Örtlichkeit der Varusschlacht“ (das. 1885). Von besonderm Wert ist sein „Römisches Staatsrecht“ (Berl. 1871–1876, 2 Bde.; 3. Aufl. 1887). Auch als Mitglied des Abgeordnetenhauses 1873–82, in dem er zur liberalen Partei gehörte, trat er bedeutsam hervor. Vgl. Zangemeister, Th. M. als Schriftsteller (Heidelb. 1887).

2) Friedrich, Rechtsgelehrter, nicht mit dem vorigen verwandt, geb. 3. Jan. 1818 zu Flensburg, war 1848–51 Chef des Justizdepartements in Kiel, habilitierte sich nach seiner Vertreibung als Privatdozent zu Göttingen, ward daselbst 1858 Professor und machte sich durch „Beiträge zum Obligationenrecht“ (Braunschw. 1853–55, 3 Abtlgn.) und „Erörterungen aus dem Obligationenrecht“ (das. 1859–79, 2 Hefte) litterarisch bekannt. 1864 zum Appellationsgerichtsrat in Schleswig ernannt, wurde er 1867 in das Oberappellationsgericht für die neuen Provinzen nach Berlin berufen, 1868 aber zum Präsidenten des neuerrichteten evangelisch-lutherischen Konsistoriums für Schleswig-Holstein in Kiel und 1879 infolge Verlegung des Oberpräsidiums der Provinz nach Schleswig zugleich zum Kurator der Universität erhoben. 1884 ward er zum Mitglied des preußischen Staatsrats ernannt. Noch ist von ihm zu erwähnen: „Entwurf eines deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht nebst Motiven“ (Braunschw. 1876). Mit Chalybäus gab er heraus: „Die Kirchengemeinde- und Synodalordnung für Schleswig-Holstein“ (Kiel 1878).

3) Tycho, Philolog, Bruder von M. 1), geb. 23. Mai 1819 zu Garding, studierte 1838–43 in Kiel, bereiste 1846–48 Italien und Griechenland, wurde 1848 Kollaborator am Gymnasium zu Husum, aber 1850 durch die Schlacht bei Idstedt von dort vertrieben, 1851 Professor am Realgymnasium zu Eisenach, 1856 Rektor der höhern Bürgerschule zu Oldenburg und 1864 Direktor des Gymnasiums zu Frankfurt a. M.; 1885 trat er in den Ruhestand. Litterarisch hat er besonders die Pindar-Studien gefördert. Hierher gehören: die kritische Ausgabe Pindars, sein Hauptwerk (Berl. 1864), eine Textausgabe (das. 1866), „Scholia Germani in Pindari Olympia“ (Kiel 1861), eine Übersetzung (Leipz. 1846, 2. Aufl. 1853), „Pindaros. Zur Geschichte des Dichters und der Parteikämpfe jener Zeit“ (Kiel 1845), „Parerga Pindarica“ (Frankf. a. M. 1877). Sonst heben wir die Untersuchungen über μετά, σύν und ἅμα (Frankf. 1874, 1876, 1879, 3 Programme) hervor. Seinen Shakespeare-Studien entsprangen: „Der Perkins-Shakespeare“ (Berl. 1854), eine kritische Ausgabe von „Romeo und Julia“ (Oldenb. 1859) und die Schrift „Die Kunst des Übersetzens fremdsprachlicher Dichtungen ins Deutsche“ (das. 1858; 2. Aufl., Frankf. 1886).

4) August, Philolog, Bruder des vorigen, geb. 25. Juli 1821 zu Oldesloe, studierte seit 1841 in Kiel, wurde 1851 Lehrer an der Realschule in Hamburg, 1853 Oberlehrer am Gymnasium zu Parchim und 1864 Konrektor an dem zu Schleswig. Er schrieb: „Römische Daten“ (Parch. 1855); „Beiträge zur griechischen Zeitrechnung“ (Leipz. 1856); „Zweiter Beitrag zur Zeitrechnung der Griechen und Römer“ (das. 1859); „Heortologie. Antiquarische Untersuchungen über die städtischen Feste der Athener“ (das. 1864); „Athenae christianae“ (das. 1868); „Mittelzeiten. Beitrag zur Kunde des griechischen Klimas“ (das. 1870); „Griechische Jahreszeiten“ (Schlesw. 1873); „Delphika“ (Leipz. 1878); „Chronologie. Untersuchungen über das Kalenderwesen der Griechen“ (das. 1883).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 635
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[635] Mommsen, 2) Friedrich, Rechtsgelehrter, starb 1. Febr. 1892 auf der Reise nach Rom.