Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gabel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Gabel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 817
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Gabel
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Gabel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 817. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gabel (Version vom 03.07.2021)

[817] Gabel (franz. Fourchette, engl. Fork), Körper mit 2–4 Spitzen oder Zacken (Zinken) und einem Stiel, insbesondere Werkzeug von Eisen, Silber, Horn zum Anspießen eines Gegenstandes, namentlich der Speisen. Den Alten war der Gebrauch der G. bei Tisch unbekannt, nach Damiani (gest. 1072) soll eine byzantinische Prinzessin die Benutzung der G. in Venedig eingeführt haben, und um 1360 gelangte die G. nach Florenz. Sie galt aber allgemein als Zeichen des Luxus und der Verweichlichung, und im 16. Jahrh. machte man in Frankreich Satiren auf die neue Sitte, mit der G. zu essen, welche damals am Hof aufkam. In französischen wie später auch in schottischen Klöstern wurde die G. verboten. Nach England soll 1608 Corgate die ersten Gabeln aus Italien gebracht haben, während sie in manchen Teilen Spaniens und im Innern Rußlands noch jetzt eine Seltenheit und in China, wo man sich beim Essen kleiner hölzerner Stäbchen bedient, völlig unbekannt sind. Ursprünglich benutzte man zweizinkige, später drei- und vierzinkige Gabeln, der Stiel wurde aus Holz, Elfenbein und Metall hergestellt und häufig verziert, ziseliert und tauschiert. Weiteres, auch über Fabrikation der Gabeln, s. Messer (mit Abbildung).

Gabel, allgemeiner etwas sich in zwei Arme Teilendes, z. B. ein solcher Baumast, Erzgang, Gebirgszug etc.; bei den Weinbauern die Ranke des Weinstocks; in der Uhr derjenige Teil, durch welchen der Anker mit dem Pendel zusammenhängt; beim Schachspiel (Gabelstellung) eine von zwei Bauern gebildete Stellung, wobei der eine, vom andern gedeckt, zwei feindliche Offiziere zugleich angreift.

Gabel, Stadt im nördlichen Böhmen, westlich von Reichenberg, hat eine Kuppelkirche (von 1699), ein Rathaus, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts und zählt (1880) 2583 Einw., welche namentlich Baumwollweberei und Getreidehandel treiben. Nordöstlich von G. liegt das Schloß Lämberg (1241 erbaut) mit Burgkapelle und alten Gemälden. Die Einnahme von G. im Juli 1757 durch die Österreicher gab den Anlaß zu dem unglücklichen Rückzug des Prinzen August Wilhelm von Preußen.