Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fraunhofer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 630
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Fraunhofer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 630. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fraunhofer (Version vom 11.04.2021)

[630] Fraunhofer, Joseph von, Optiker, geb. 6. März 1787 zu Straubing in Bayern, trat 1799 bei einem Spiegelmacher und Glasschleifer in die Lehre, gewann durch einen Unglücksfall die Teilnahme des Hofkammerrats v. Utzschneider, welcher ihn mit Lehrbüchern der Mathematik und Optik versah. Ein Geschenk vom König Max benutzte er zur Beschaffung einer Glasschleifmaschine und zur Abkürzung seiner Lehrzeit. Er begann in Metall zu gravieren, sah sich jedoch durch den Krieg in seinem Erwerb gestört, stand wieder als Glasschleifer in Kondition, bis er 1807 in dem mathematisch-mechanischen Institut von Reichenbach, Utzschneider u. Liebherr als Gehilfe angestellt wurde. Hier glaubte er die Mangelhaftigkeit der dioptrischen Fernrohre darin zu erkennen, daß die Gläser nicht genau nach der Theorie geschliffen seien, und konstruierte deshalb nach Liebherrs Idee die Radius- oder Pendelschleifmaschine sowie eine Poliermaschine, mit deren Hilfe er die verlangte Gestalt der Gläser mit mathematischer Genauigkeit hervorbringen konnte (wobei zuerst die Newtonschen Farbenringe zum Kontrollieren der Arbeit benutzt wurden). Er konstruierte auch ein Sphärometer und äußerst empfindliche Taster und erreichte durch diese Leistungen, daß er schon 1809 als Teilhaber von Utzschneider u. Reichenbach aufgenommen und zum Leiter des nach Benediktbeuern verlegten optischen Instituts der Firma ernannt wurde. Um eine sichere Basis für die Konstruktion der achromatischen Objekte zu gewinnen, untersuchte er die Brechungsexponenten der verschiedensten Gläser für die verschiedenen Farben und gelangte dabei zur Entdeckung der dunkeln Linien im Sonnenspektrum (Fraunhoferschen Linien), die er nun zur Bestimmung der Brechungsexponenten ganz bestimmter Farben benutzte. Nunmehr konnte er fast vollständig achromatische Gläserkombinationen berechnen und herstellen, dabei aber erkannte er die Mängel der gebräuchlichen Flintglassorten und bemühte sich deshalb seit 1811 mit bestem Erfolg, völlig homogenes Glas für optische Zwecke herzustellen. Durch die nun gebotene Möglichkeit, mit dioptrischen Fernrohren den besten englischen Teleskopen Konkurrenz zu machen, war der Weltruhm der optischen Anstalt begründet. Große Verbesserungen brachte er bei der Aufstellung der astronomischen Refraktoren an, indem er die Bewegungsmechanismen so einrichtete, daß man der Bewegung der Gestirne mit größter Stetigkeit folgen konnte. Gleichzeitig versah F. die Fernrohre mit einer Anzahl der vollkommensten Meßapparate. Seit 1811 beschäftigte er sich auch mit dem Bau von Mikroskopen, und 1816 war sein großes Instrument vollendet, welches sich durch ein Schraubenmikrometer auszeichnete. Gleichzeitig erfand er das Heliometer, das vollendetste Doppelbildmikrometer, welches die Messung der Durchmesser und Entfernungen von Sonne und Planeten ermöglichte. F. wies auch nach, daß unser Auge kein achromatisches System ist, daß man, um bei verschiedener farbiger Beleuchtung scharf zu sehen, das Auge verschieden scharf akkommodieren müsse. Er untersuchte die Spektren der Planeten und Fixsterne und machte mit der Untersuchung des Lichts künstlicher Lichtquellen und des elektrischen Lichts die ersten Schritte auf dem Gebiet der Spektralanalyse, deren Bedeutung er schon ahnte. Für das Studium der Beugungserscheinungen gab er eine neue Methode an, indem er die beugende Öffnung unmittelbar vor das Objektiv eines Fernrohrs brachte; auch benutzte er zuerst statt der Öffnung die Gitter, bis 10,000 parallele Linien auf der Breite eines Zolles, welche er mit einer eigens konstruierten Teilmaschine zog. Die so beobachteten Beugungserscheinungen (Fraunhofersche) bieten das sicherste Mittel zur Messung der Lichtwellenlänge. Nachdem 1819 das Institut nach München übergesiedelt war, wurde F. 1823 Mitglied der Akademie und zum Professor und Konservator des physikalischen Kabinetts der Akademie ernannt. Seine vorzüglichste Leistung war der dioptrische Koloß, ein für Dorpat angefertigtes Fernrohr von 9 Zoll Objektivöffnung und 160 Zoll Länge mit einem überaus künstlichen Organismus der parallaktischen Maschine und einem Mikrometerapparat, welcher in Filar-, Netz-, Strichkreis- und Ringkreismikrometer zerfiel. Mit der Konstruktion eines noch größern Instruments beschäftigt, starb er 7. Juni 1826. Sein Leben beschrieben Utzschneider in den „Astronomischen Nachrichten“ (Bd. 5), Merz in den „Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern“ (1866) und Jolly (Rede, Münch. 1866). In München ist ihm ein Erzbild errichtet.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 351
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[351] Fraunhofer, Joseph von, Optiker. Seine „Gesammelten Schriften“ gab Lommel heraus (Münch. 1888).