Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bierdruckapparat“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 922924
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Bierdruckapparat. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 922–924. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bierdruckapparat (Version vom 13.04.2023)

[922] Bierdruckapparat, mechan. Vorrichtung, welche gestattet, das Bier unter einem Druck von 2–3 Atmosphären

Fig. 1.
Bierdruckapparat von Mahr u. Eisele.

aus den Schenkfässern zu verzapfen, und daher verhindert, daß das Bier im Faß während des Ausschenkens zu viel Kohlensäure verliert. Der B. besteht aus einem Luftreservoir, welches durch irgend eine Luftverdichtungsvorrichtung gespeist wird, aus einem Rohr, welches die verdichtete Luft in das Faß leitet, und aus einem zweiten Rohr, welches, von dem tiefsten Punkte des Fasses ausgehend, bis zum Schenktisch reicht, wo es in mehreren Windungen einen mit Eis gefüllten Behälter durchläuft und schließlich in einem Bierhahn endigt. Windkessel, Bierfässer und [923] Druckerzeuger befinden sich meist im Keller unter dem Schenklokal. Zur Hervorbringung des Luftdrucks werden gewöhnliche, einfach wirkende Kompressionspumpen benutzt, die von Menschenhand in Betrieb gesetzt werden. Einen einfachen derartigen Apparat zeigt Fig. 1. B ist ein Luftreservoir, in welches aus A durch das Rohr G Wasser einfließt, so daß die Luft entsprechend dem Höhenunterschied der beiden Gefäße komprimiert wird. Das Rohr F führt in das Bierfaß J, und wenn nun die Hähne K und d geöffnet werden, so strömt aus dem Faß Bier aus, während dem entsprechend Wasser aus A nach B fließt. Hat sich nun allmählich B mit Wasser gefüllt und A entleert, so wird der Hahn d geschlossen und mittels der Pumpe C, welche durch das Rohr m mit B in Verbindung steht, das Wasser aus B nach A gepumpt, so daß der Apparat von neuem in Betrieb gesetzt werden kann. Andre Bierdruckapparate setzen eine Wasserleitung voraus, welche einen stehenden Blechcylinder speist, der zugleich als Verdichter und Luftreservoir dient und unten einen Wassereinlaß- und Auslaßhahn hat, deren ersterer an die Wasserleitung angeschlossen ist. Vom obern Teil zweigt sich das durch einen Hahn verschließbare Luftdruckrohr ab, während ein Saughahn der Luft zeitweilig Eintritt gestattet. Das einströmende Wasser drückt die Luft zusammen, bis sie eine dem in der Wasserleitung herrschenden Druck entsprechende Spannung besitzt, und wenn nun der zum Druckrohr führende Hahn geöffnet wird, so tritt die komprimierte Luft durch jenes in das Bierfaß. Da die Bierdruckapparate mit nur einem Cylinder periodisch arbeiten, so hat man für stark frequentierte Lokale auch Apparate mit zwei kombinierten Kompressionscylindern konstruiert. Andre Bierdruckapparate sind nach Art der Wassersäulenmaschinen ohne Rotationsbewegung eingerichtet und wirken mit ihren Kolbenstangen direkt auf diejenigen der Luftkompressionspumpen. Wird die Luft, welche den Druck auf das Bier ausüben soll, dem Schenkzimmer oder dem Keller entnommen, so erhält das Bier durch die Verunreinigungen der Luft leicht einen üblen Beigeschmack, und man muß daher die Luft durch eine lange Rohrleitung aus dem Freien beziehen oder sie durch Kohlenfilter etc. reinigen. Bei Rohdes Luftfilter tritt die Luft durch zahlreiche feine Öffnungen in ein Gefäß, welches mit Salicylsäure imprägnierte Baumwolle enthält, durchströmt dann einen Block aus poröser Kohle, der in Lösung von übermangansaurem Kali liegt, und endlich mehrere Schichten pulverisierter Holzkohle. Viel vorteilhafter erscheint die Benutzung flüssiger Kohlensäure, welche bekanntlich einen sehr starken Druck (bei 0° 36 Atmosphären) ausübt. Das Bier verliert an komprimierter Luft, gleichgültig, wie hoch der Druck derselben ist, stets etwas Kohlensäure und nimmt, wie erwähnt, leicht Unreinigkeiten auf, während es, unter dem Druck von flüssiger Kohlensäure stehend, von Verunreinigungen völlig frei bleibt und sich dauernd unter einem mäßigen Druck desjenigen Gases befindet, welches ihm seinen erfrischenden Wohlgeschmack verleiht und seine Zuträglichkeit bedingt. Ein an Kohlensäure armes Bier wird sogar verbessert, und die letzten Gläser vom Faß sind die besten. Der Wirt kann daher selbst bei geringem Konsum die größten Fässer auflegen, ohne daß das Bier je schal wird; das Bier hält sich unter dem Kohlensäuredruck wochenlang frisch. Die Kohlensäure verhindert auch die Bildung und Ablagerung von Ausscheidungen in den Rohrleitungen, so daß diese weniger peinlicher Überwachung bedürfen als bei den gewöhnlichen Apparaten. Außerdem wird bei letztern durch das Komprimieren der Luft Wärme erzeugt, während beim Übergang der

Fig. 2.
Bierdruckapparat mit flüssiger Kohlensäure.

Kohlensäure aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand Wärme gebunden wird, so daß man weniger Eis verbraucht. Die von Raydt angegebenen Apparate sind ungemein einfach. In der schmiedeeisernen Flasche a (Fig. 2), welche auf einen Druck von 250 Atmosphären geprüft ist, während sie thatsächlich bei 0° nur auf einen Druck von 36 und bei 30° auf einen solchen von 74 Atmosphären in Anspruch genommen wird, befindet sich die flüssige Kohlensäure. Soll das Gas in den Windkessel b gelassen werden, so öffnet man durch Hinaufschieben des Handgriffs c gleichzeitig die beiden Hähne d und e, von denen der zweite den Windkessel mit dem Sicherheitsventil f verbindet. Alsdann öffnet man mit Hilfe von g das Ventil h der Flasche und beobachtet gleichzeitig das Manometer k. Die Kohlensäure tritt schnell durch i nach b, so daß in wenigen Sekunden ein Druck von 1–2 Atmosphären erreicht ist. Man schließt alsdann g, [924] d und e und führt nun die Kohlensäure durch Öffnen von l dem Bier zu. Um bei Anlegung eines neuen Fasses das Zurücktreten von Bier nach b zu verhindern, schaltet man das gläserne Gefäß m ein, aus welchem hier angesammeltes Bier leicht abgelassen werden kann. Die Figur zeigt auch die verschiedenen Arten des Ausschanks. Bei Faß I strömt die Kohlensäure durch l zum Stechkran und treibt das Bier zu dem Zapfhahn n. Bei Faß II kommt die Kohlensäure unterhalb des Manometers k aus dem Windkessel, geht zur Schenkstelle und wird von dort aus durch Öffnen des Hahns o nach Bedarf dem Faß zugeführt, wobei das Manometer p den Druck im Faß erkennen läßt; das Bier gelangt bei q zum Ausschank. Zum Faß III gelangt die Kohlensäure wieder aus l, das Bier wird ohne Leitung direkt aus dem Stechkran verzapft. Bei Faß IV ist auch der Stechkran vermieden; die Kohlensäure wird durch den Spund dem Bier zugeführt und dieses also „direkt vom Faß“ verschenkt. Alle Bierdruckapparate leiden an dem Übelstand, daß sich leicht Unreinigkeiten aus dem Bier in den Rohrleitungen ablagern, dort in Zersetzung übergehen und das Bier verderben. Um dies zu vermeiden, muß die Rohrleitung eine Einrichtung erhalten, daß sie leicht gereinigt werden kann. Hierzu eignet sich am besten ein transportabler Dampfapparat, welcher durch einen Gummischlauch mit dem B. verbunden wird, die Röhren durch Dampf reinigt und dann mit heißem und kaltem Wasser spült.