Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Autographie“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 171
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Autographie. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 171. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Autographie (Version vom 10.01.2023)

[171] Autographie (griech.), ein zu billiger und rascher Vervielfältigung von Zeichnungen brauchbares Verfahren, auch Überdruck genannt, eigentlich eine Abart der Lithographie. Die Zeichnung wird mit autographischer Tinte auf autographischem, d. h. mit einer Mischung von Gummi, Gummigutt, Stärke und Kreide präpariertem, Papier ausgeführt, letzteres sodann auf einen lithographischen Stein gelegt, auf der Rückseite mit verdünntem Scheidewasser benetzt und durch die Presse gezogen. Die Zeichnung erscheint jetzt auf dem Stein, der nun in gewöhnlicher Weise lithographisch behandelt wird. Es läßt sich auch gewöhnliches Papier zur A. anwenden, nur muß man auf den erwärmten Stein überdrucken. Diese Vervielfältigungsmethode wird für Herstellung von Plänen, Baurissen, billigen Illustrationsbeilagen in Zeitschriften und Bilderbüchern, auch Zirkularen, Preiskuranten etc. viel benutzt. Bei einer andern Art der A. benutzt man als Schrift- und Druckplatte eine aus Gelatinemasse hergestellte Tafel (s. Hektograph). Über die Verwendung der A. auf der Buchdruckpresse vgl. Autotypographie.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 71
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[71] Autographie (Autographismus, autographische Krankheit) nennt Mesnet eine von ihm vor nicht langer Zeit näher studierte Krankheitserscheinung, die bei nervenschwachen und hysterischen Personen nicht gar selten vorzukommen scheint und darin besteht, daß mit einer stumpfen Spitze unter mäßigem Druck auf der Haut der Schulter, des Nackens, der Arme, des Handrückens etc. geschriebene Buchstaben oder Zeichnungen sofort eine lebhafte Rötung hervorrufen, innerhalb welcher sich nach wenigen Minuten die aufgetragenen Worte oder Buchstaben in einem blaßroten, federkielbreiten Relief erheben, so daß sie manchmal bis auf Entfernungen von 20 m gesehen und photographiert werden konnten. Das Aussehen gleicht demjenigen des sogen. künstlichen Nesselausschlages (Urticaria artificialis), welcher entsteht, wenn jemand mit Brennesseln in Berührung gekommen ist, weshalb man in Deutschland der Erscheinung den letztern (ebenso unpassenden) Namen beigelegt hat. Die bei den betreffenden Personen jederzeit neu hervorzurufende Erscheinung ist auch bei Pferden beobachtet worden und läßt mitunter 6–8 Stunden lang die erhabenen Reizstellen erkennen, obwohl dieselben gewöhnlich viel früher verschwinden. Manchmal ist von einer gleichzeitigen Störung des Allgemeinbefindens nichts zu bemerken. Es ist wahrscheinlich, daß die Erscheinung in den Zeiten der Hexenprozesse, vielleicht auch in der Geschichte der Stigmatisierten eine gewisse Rolle gespielt hat. Mesnet führt dieselbe auf Reflexwirkungen zurück, die eine dauernde Veränderung in den vasomotorischen Nerven bewirken, weshalb bei hysterischen Personen, welche die bei ihnen häufige Erscheinung der halbseitigen Lähmung und Unempfindlichkeit darboten, obwohl sie die Eindrücke des Stiftes nicht einmal gefühlt hatten, doch die Anschwellung der Linien ebenso hervortrat wie auf der andern mit Empfindung begabten Körperhälfte.