Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Amenorrhöe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 456
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Amenorrhöe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 456. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Amenorrh%C3%B6e (Version vom 15.09.2022)

[456] Amenorrhöe (griech., „ohne Monatsfluß“), Mangel der Menstruation (s. d.), der Zustand, wo die regelmäßig wiederkehrende blutige Absonderung aus den Geschlechtsteilen weiblicher Individuen entweder nicht zu rechter Zeit, dem Alter gemäß, sich einstellt (Amenorrhoea primaria, organica), oder wo dieselbe, nachdem sie schon eingetreten war, durch irgend eine Veranlassung plötzlich oder mehr allmählich, ganz oder nur unvollständig zurückbleibt (A. secundaria, suppressio mensium). Die A. ist entweder Folge einer angebornen organischen Verschließung der Scheide oder der Gebärmutter, oder des Fehlens der Gebärmutter, oder einer mangelhaften Entwickelung der Eierstöcke, oder auch fehlerhafter Blutbildung, Bleichsucht etc. Bei angebornem Verschluß nimmt die Gebärmutter zu an Umfang, wie bei Schwangern, indem sich das Blut in derselben ansammelt, und zwar geschieht dies periodisch, immer zu der Zeit, wenn die Periode sich einstellen sollte. Dabei befinden sich die Kranken anfangs wohl, bald aber haben sie ein Gefühl von Schwere und Druck, welches stetig zunimmt; es entstehen heftige, kolikartige Schmerzen, welche Tag und Nacht fortdauern, zuletzt unerträglich werden und nur durch operative Behandlung beseitigt werden können. Bei mangelhafter Entwickelung der innern Geschlechtsorgane ist nur dann von einem eingeleiteten Heilverfahren Erfolg zu erwarten, wo dieselbe Folge von krankhafter Blutbeschaffenheit ist. Innerlich reicht man in solchen Fällen Eisen bei kräftiger, nahrhafter Diät, besonders Fleisch, empfiehlt den Genuß frischer Gebirgsluft und angemessene körperliche Bewegung, äußerlich warme Uterindouchen, Sitzbäder etc. Auch die erworbene A. beruht nur ausnahmsweise auf einem Verschluß des Gebärmutterhalses, meist ist sie die Folge von Erkältungen, Schreck, heftigem körperlichen Schmerz, fehlerhafter Diät, Säfteverlust, lang andauernden, erschöpfenden Krankheiten, namentlich der Gebärmutter selbst. Zuweilen tritt als Ersatz eine mehr oder weniger regelmäßig wiederkehrende Blutung der Nasenschleimhaut ein. Die Behandlung ist nur auf Grund sorgfältiger Untersuchung anzustellen, da sie sich bald auf die Besserung des gesamten Kräftezustands, bald auf örtliche Erkrankungen zu richten hat.