Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Alaun“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 277278
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Alaun. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 277–278. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Alaun (Version vom 07.07.2022)

[277] Alaun (lat. Alumen, Kalialaun) Al23SO4, K2SO4 + 24H2O, Doppelsalz von schwefelsaurem Kali und schwefelsaurer Thonerde, findet sich selten in der Natur, meist als Verwitterungsprodukt auf Alaunschiefer und in vulkanischen Gegenden auf Kali und Thonerde haltenden Gesteinen, welche dem Einfluß von schwefliger Säure, die hier dem Boden entströmt, ausgesetzt waren; aller im Handel befindliche A. ist aber künstlich dargestellt. Die Materialien zur Gewinnung des Alauns enthalten zum Teil alle zur Alaunbildung erforderlichen Stoffe; manche verwitterte Lava braucht nur ausgelaugt zu werden und liefert sofort eine Alaunlösung (Neapel). Der Alunit oder Alaunstein, welcher mit Quarz den Alaunfels bildet, besteht aus einer in Wasser unlöslichen Verbindung von A. mit Thonerdehydrat und gibt nach mäßigem Erhitzen beim Auslaugen mit Wasser eine Alaunlösung, die nur verdampft zu werden braucht, um Kristalle zu erhalten. Wichtiger sind die eigentlichen Alaunerze: der Alaunschiefer und die Alaunerde. Ersterer ist ein von Schwefelkies durchdrungener kohlehaltiger Thonschiefer oder Schieferthon, die Alaunerde dagegen eine mit Schwefelkies imprägnierte thonhaltige Braunkohle oder mit Schwefelkies und Bitumen gemengter Thon. Man läßt diese Erze in Haufen verwittern, wobei sich aus dem Schwefelkies freie Schwefelsäure und schwefelsaures Eisenoxydul bilden. Letzteres nimmt aus der Luft Sauerstoff auf und verwandelt sich großenteils in basisch schwefelsaures Eisenoxyd, wobei abermals Schwefelsäure frei wird. Die freie Schwefelsäure zersetzt den Thon (kieselsaure Thonerde) und bildet schwefelsaure Thonerde. Bisweilen reicht aber die Verwitterung nicht aus, und man muß die Erze rösten, um schwefelsaure Thonerde zu bilden. Auch benutzt man aus Zinkröstöfen entweichende schweflige Säure zum Aufschließen von Alaunschiefer. Die auf die eine oder die andre Weise genügend vorbereiteten Alaunerze werden methodisch ausgelaugt, worauf man die Lauge, welche schwefelsaure Thonerde und schwefelsaures Eisenoxydul enthält, direkt verdampft oder zunächst gradiert, um das Eisen möglichst vollständig als basisch schwefelsaures Eisenoxyd abzuscheiden, oder umgekehrt mit metallischem Eisen versetzt, um Eisenoxydsalz zu Eisenoxydulsalz zu reduzieren. Die hinreichend verdampften Laugen geben dann, wenn die Alaunerze sehr eisenreich waren, zunächst Kristalle von Eisenvitriol, und daher sind viele Alaunwerke zugleich Vitriolwerke. Die vom Vitriol getrennte Mutterlauge oder die eisenarme ursprüngliche, nur durch Absetzen geklärte Lauge versetzt man mit schwefelsaurem Kali, auch wohl, wenn genug Eisenvitriol vorhanden ist, mit Chlorkalium, da sich sodann Eisenchlorür und schwefelsaures Kali bilden. Letzteres verbindet sich mit der schwefelsauren Thonerde zu A., welcher aus der umgerührten Lauge als Alaunmehl sich abscheidet. Dies wird auf Zentrifugalmaschinen ausgewaschen und zur vollständigen Reinigung von Eisen umkristallisiert.

Häufig wird A. auch aus möglichst kalk- und eisenfreiem Thon dargestellt, indem man denselben glüht, pulvert und mit heißer Schwefelsäure behandelt. Das Produkt, aus schwefelsaurer Thonerde und Kieselsäure bestehend, wird ausgelaugt, die Lauge mit schwefelsaurem Kali versetzt etc. Aus Kryolith und Bauxit stellt man Thonerdenatron und aus diesem durch Behandeln mit Kohlensäure reine Thonerde dar, welche in Schwefelsäure gelöst wird, etc. Hochofenschlacke wird in Salzsäure gelöst, aus der Lösung fällt man durch kohlensauren Kalk ein Gemenge von Thonerde und Kieselsäure, aus welchem Schwefelsäure die Thonerde auflöst. In allen diesen Fällen wird die schwefelsaure Thonerde durch Zusatz von Kalisalz in A. verwandelt.

Der Kalialaun enthält 9,95 Proz. Kali, 10,83 Proz. Thonerde, 33,71 Proz. Schwefelsäure und 45,51 Proz. Wasser; er bildet große, farblose Kristalle vom spez. Gew. 1,924, schmeckt süßlich zusammenziehend, reagiert sauer, wird an der Luft trübe durch Aufnahme von Ammoniak (nicht durch Wasserverlust), ist unlöslich in Alkohol, während 100 Teile Wasser lösen

bei 3,9 Teile
  10° 9,5
  20° 15,1
  30° 22,0
  40° 30,9
  50° 44,1
  60° 66,6
  70° 90,7
  80° 134,5
  90° 209,3
  100° 357,5

A. schmilzt bei 92° in seinem Kristallwasser und verliert dasselbe bei 100° unter starker Aufblähung vollständig. Der poröse Rückstand, gebrannter A., löst sich sehr langsam in Wasser. Erhitzt man ihn stärker, so entweichen schweflige Säure und Sauerstoff, und es hinterbleiben Thonerde und schwefelsaures Kali. Weil der A. sauer reagiert, zersetzt er viele Ultramarinsorten. Versetzt man Alaunlösung mit Kalilauge, bis Thonerde sich dauernd ausscheidet, so entsteht neutraler A.: K2SO4, Al23SO4, Al2O6H6. Aus der Lösung dieses Salzes, welches richtiger basischer A. genannt wird, fällt bei 40° eine noch basischere Verbindung, der sogen. unlösliche A.: K2SO4, Al23SO4, 2Al2O6H6, welcher einen künstlichen Alunit darstellt. Aus einer Alaunlösung, welche wenig „neutralen A.“ enthält, kristallisiert bei gewöhnlicher Temperatur A. von normaler Zusammensetzung in Würfeln (kubischer A.), bei höherer Temperatur aber der gewöhnliche oktaedrische A.; der aus Alunit gewonnene römische A., welcher bei Gegenwart von Thonerde in Lösung geht (s. oben), kristallisiert in der Regel in Würfeln. Glüht man A. mit Zucker und läßt das Präparat in einem verschlossenen Gefäß erkalten, so entzündet es sich, sobald es an die Luft kommt.

Ammoniakalaun Al23SO4, (NH4)2SO4 + 24H2O findet sich selten in der Natur; man bereitet ihn wie Kalialaun, fällt aber die Lösung der schwefelsauren Thonerde mit schwefelsaurem Ammoniak. Er enthält 3,89 Proz. Ammoniak, 11,9 Proz. Thonerde, 36,1 Proz. Schwefelsäure, 48,11 Proz. Wasser, verhält sich wie Kalialaun, hinterläßt beim Glühen aber reine Thonerde. Sein spezifisches Gewicht ist 1,626. 100 Teile Wasser lösen

bei 5,2 Teile
  10° 9,1
  20° 13,6
  30° 19,3
  40° 27,3
  50° 36,5
  60° 51,5
  70° 72,0
  80° 103,0
  90° 187,8
  100° 422,0

[278] Man stellte ihn besonders in der letzten Zeit vor Entdeckung der Staßfurter Abraumsalze dar, weil damals die Kalisalze sehr teuer geworden waren; gegenwärtig hat er an Bedeutung verloren.

Der Natronalaun ist wegen seiner großen Löslichkeit (bei 13° in 2,14, bei 100° in 1 Teil Wasser) schwieriger darzustellen, die Lösung verliert auch beim Kochen die Fähigkeit zu kristallisieren; er verwittert an trockner Luft und hat keine praktische Bedeutung.

A. dient besonders zur Bereitung von Farben und Farblacken und in der Färberei als Beize, in der Weißgerberei, zum Leimen des Papiers, zum Färben der Goldwaren, zu schwer verbrennlichen Anstrichen, zum Härten des Gipses, zum Klären von Wasser und ausschmelzendem Talg, als Zusatz zu Brot, um schlechtes Mehl verwendbar zu machen, zum Füllen des Raums zwischen den Doppelwänden feuerfester Geldschränke, weil der Reichtum des Alauns an Kristallwasser das Eindringen der Hitze hindert, als fäulniswidriges Mittel, namentlich zum Aufbewahren von Fellen, Häuten, in der Medizin als adstringierendes Mittel; gebrannter A. dient zum Beizen.

Bei den meisten Verwendungen des Alauns kommt lediglich sein Thonerdegehalt in Betracht, und man hat daher den konzentrierten A. (s. unten) dargestellt, welcher reicher an Thonerde ist. Die schwefelsaure Thonerde kann sehr billig aus den Alaunerzen erzeugt werden, ist aber wegen ihrer Leichtlöslichkeit schwer zu reinigen, während der A. schwer löslich ist, gut kristallisiert und daher namentlich auch leicht frei von Eisen erhalten werden kann.

A. war den Alten nicht bekannt, das Alumen des Plinius war Eisenvitriol und enthielt höchstens schwefelsaure Thonerde. Geber aber kannte unsern A. aus Rocca in Mesopotamien, und im 13. Jahrh. bestanden bei Smyrna und im Neapolitanischen Alaunsiedereien, welche Alaunfels verarbeiteten. Im 15. Jahrh. gründeten Genuesen Alaunwerke auf Ischia, auch entstand damals das Alaunwerk zu Tolfa im Kirchenstaat, und der römische A. galt bis in die Neuzeit als der beste. In der ersten Hälfte des 16. Jahrh. wurde bei Schwemsal A. fabriziert. Libavius und Agricola beschrieben die Darstellung des Alauns aus Alaunschiefer und gaben an, daß man die Lauge mit gefaultem (ammoniakhaltigem) Urin versetzte (also Ammoniakalaun fabrizierte). Kunkel kannte den Gehalt dieses Alauns an „flüchtigem Laugensalz“, und Bergman und Scheele wiesen Kali im A. nach. Trotzdem aber wurde die chemische Natur des Alauns erst 1797 durch Chaptal und Vauquelin festgestellt. Zu Anfang dieses Jahrhunderts beherrschte der sehr reine Lütticher oder Lücker A. den Markt, und erst als Bleibtreu 1806 auf der Haardt ein Alaunwerk anlegte, wurde den Lütticher Werken wirksame Konkurrenz gemacht. Seitdem blühte die deutsche Alaunsiederei auf und gewährte Fabrikstädten wie Elberfeld und Barmen durch billigen reinen A. wesentliche Vorteile vor belgischen und französischen Manufakturen. In neuerer Zeit erwuchs den ältern Werken, welche Schwefelkies führende Materialien verarbeiten, starke Konkurrenz durch neuere Methoden. Vgl. Seger, Über die technische Verwendung Schwefelkies führender Schiefer und Thone der Braunkohlenformation (Neuwied 1869).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 18
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[18] Alaun. Die Darstellung des Alauns wird für die Umgebung durch die Entwickelung eines übeln Geruchs lästig, der sich beim Rösten der Alaunerze aus den Verbrennungsprodukten der organischen Substanz und der schwefligen Säure zusammensetzt und vom Wind oft 30–40 Minuten weit fortgetrieben wird. Liegen die Alaunwerke hoch, so senken sich die Gase und Dämpfe um so sicherer in die Niederungen. Man umgibt wohl die Rösthaufen mit Erdwällen, bedeckt diese mit Reisig und bestreut letzteres mit ausgelaugtem Erz, welches die schweflige Säure unter Bildung von schwefelsaurer Thonerde bindet. Der üble Geruch wird dadurch freilich nicht beseitigt, und da die größte Einfachheit der Anlage geboten ist, so läßt sich die Belästigung der Umgebung nicht vermeiden. – Zur Prüfung des Alauns auf Eisen, von welchem größere Mengen bei der Färberei nachteilig sind, versetzt man eine Lösung mit Blutlaugensalzlösung. Gelbes Blutlaugensalz zeigt Eisenoxyd, rotes Eisenoxydul durch eine tiefblaue Färbung oder Fällung an. Versetzt man Alaunlösung mit überschüssigem Ammoniak und filtriert, so zeigt blaue Farbe der Lösung Kupfer an; säuert man letztere mit Salzsäure an und setzt gelbes Blutlaugensalz hinzu, so entsteht bei Gegenwart von Kupfer ein rotbrauner Niederschlag. Soll in Kalialaun Ammoniak nachgewiesen werden, so erhitzt man das Pulver mit pulverigem gelöschten Kalk: die Gegenwart von Ammoniak macht sich durch den Geruch, die Bräunung eines über das erhitzte Gemisch gehaltenen Kurkumapapiers und die Nebel um einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab bemerkbar. Natronsalze, besonders Natriumsulfat, geben sich meist durch leichtere Verwitterbarkeit der Ware und durch leichtere Löslichkeit als in 10 Teilen Wasser zu erkennen. Freie Säure erkennt man mit Hilfe von Blauholztinktur, welche mit Alaunlösung sich tief violett, bei Gegenwart von freier Säure aber schwach bräunlichgelb färbt.