Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Nikolaus Crell

Giovanni Maria Nosseni Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Nikolaus Crell
Oberhofprediger
Wikipedia: Nikolaus Krell
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Nr. 7. Crell, Nikolaus, 1551–1601, kursächsischer Kanzler, war wegen seiner außerordentlichen Gelehrsamkeit, namentlich in juristischen Sachen, vom Kurfürsten August I. zum Erzieher des Kurprinzen Christian ernannt worden. Letzterer, 1586 zur Regierung gekommen, übertrug C. drei Jahre später das Amt des Kanzlers und damit die oberste Leitung aller Regierungsangelegenheiten. Weil C. die calvinistische Partei sehr begünstigte und in ihrem Interesse auf kirchlichem Gebiete mancherlei einschneidende Veränderungen traf, rief er bei dem größeren Teile der sächsischen streng lutherischen Bevölkerung eine starke Erbitterung hervor. Als Kurfürst Christian I. 1591 gestorben war, übernahm für dessen ältesten erst achtjährigen Sohn Christian der Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar die Vormundschaft. Sogleich wurde C. seines Amtes entsetzt, im November 1591 auf die Festung Königstein übergeführt und dort zehn Jahre gefangengehalten. Der gegen ihn angestrengte Prozeß endete damit, daß man den ehemaligen Kanzler am 5. Oktober 1601 nach Dresden zurückbrachte, im „kleinen Gerichtsstüblein“ auf dem Altstädter Rathaus drei Tage einsperrte, am vierten Tage aber, also den 9. Oktober, über ihn ein hochnotpeinliches Halsgericht hielt und das Todesurteil aussprach. Gleich darnach wurde es vollzogen. Man trug den durch die zehnjährige Gefangenschaft sehr geschwächten Mann auf einem Stuhle nach dem Jüdenhof auf das dort errichtete Blutgerüst, wo er mit dem Schwerte enthauptet wurde. Seinen Leichnam bestattete man tags darauf unter Begleitung der Geistlichkeit und der Schule auf dem Frauenkirchhof. (Vergl. Lindau, Bd. I, Seite 616–619, und Bd. II., Seite 1–5.) Der Ort, an dem C's. Haupt fiel, ist noch heute durch einen größeren viereckigen Stein bezeichnet, der die Buchstaben Kr trägt und sich etwa 18 Schritte nach Osten zu von dem auf dem Jüdenhof stehenden Brunnen und ungefähr zwei Meter von der dort stehenden Laterne entfernt im Straßenpflaster befindet.

C. hat im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts nach den Geschoßbücherauszügen in Dresden gleichzeitig zwei Häuser besessen, die beide an der Moritzstraße standen. Das eine Gebäude befand sich an der Stelle, die heute das Palais de Saxe einnimmt, jetzt Moritzstraße 1b, O.-Nr. 204 (s. Nr. 98). – Das andere Crell'sche Haus lag dem ersterwähnten gegenüber. Am Ausgange des 17. Jahrhunderts war es recht baufällig, deshalb verkaufte es seine damalige Besitzerin, die Kurfürstin Eberhardine. Bei der Beschießung 1760 brannte es mit ab und blieb bis 1783 Brandstelle. Der dann vom Maurermeister Hahmann aufgeführte Neubau trägt jetzt die Hausnummer 4, die O.-Nr. 225 und gehört seit 1886 der Kirchgemeinde der Frauenkirche.

Ob C. in einem seiner Häuser einmal sein Heim aufgeschlagen hat, ist ganz ungewiß. Nach des Kirchners Schwartz Kirchennachrichten von der Frauenkirche für das Jahr 1795 soll der Kanzler in dem Hause gewohnt haben, an dessen Platz jetzt das Gebäude der Firma Hermann Roch steht (Altmarkt 5). Diese Annahme ist nicht sicher. Hasche behauptet Band I seiner Umständlichen Beschreibung, Seite 242, daß C's. Wohnung bis zu seiner Verhaftung auf der Schloßgasse in dem Hause [10] gewesen sei, in dem sich (später) das Hotel de Pologne befand. Auch Vehse berichtet in dem dritten Teile seiner Geschichte der Höfe des Hauses Sachsen, daß C. in dem zuletzt erwähnten Gebäude, jetzt Schloßstraße 7 (O.-Nr. 722) gewohnt habe und daß er am Mittag des 23. Oktobers 1591, als er sich aus dem (am heutigen Kanzleigäßchen stehenden) Kanzleigebäude nach seinem Heim begeben wollte, von einigen ihm nachgeschickten Trabanten festgenommen worden sei. Nach Lindau Bd. I Seite 619 hätte ihn Herzog Friedrich Wilhelm mit seinen beiden Schreibern in seiner Behausung verhaften lassen.

Das Wohnhaus C's., das in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts den Herren von Schönburg auf Glauchau gehörte, hatte 1696 der Traiteur Schorer erkauft, und seit jener Zeit diente es als Gasthaus für zugereiste vornehme Personen und Fürstlichkeiten. Der Kauf- und Handelsherr Zernitz, der das Grundstück von 1750–1763 besaß, ließ 1755 erst die hintere, dann die vordere Hälfte des Gebäudes neu aufführen, während der Nachbesitzer Hofküchenmeister Heß das an der Schloßgasse gelegene Nachbarhaus mit dem Hauptgebäude vereinigte. 1869 erwarb es die Sächsische Bank, die es von 1869–1871 bedeutend umbauen und die Flügelgebäude im Hofe neu aufführen ließ.