Grundsätze für die richtige Aufbewahrung der Eier

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Titel: Grundsätze für die richtige Aufbewahrung der Eier
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aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 340
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[340] Grundsätze für richtige Aufbewahrung der Eier. Die Aufbewahrung der Eier für die Winterzeit bereitet im Sommer vielen Besitzern oder Vorsteherinnen von Hühnerhöfen schlimme Sorgen; denn es werden so viele Aufbewahrungsarten empfohlen und es ist so schwierig, das Gute von dem Schlechten zu unterscheiden! Allerdings tappten wir bis vor kurzem so ziemlich im Dunklen, wenn wir über die Ursachen der Eierverderbnis Betrachtungen anstellten und aus diesen auf die Zweckmäßigkeit dieser oder jener Aufbewahrungsart Schlüsse ziehen wollten. In jüngster Zeit hat sich jedoch unsere Lage wesentlich gebessert, die Wissenschaft hat die faulen Eier gründlich untersucht und das Treiben der Eierfeinde entlarvt. Diese Feinde sind besondere Bakterien, etwa 16 Arten; sie teilen sich in zwei Gruppen, von denen die eine die Eigenschaft besitzt, beim Verderben der Eier den übelriechenden Schwefelwasserstoff zu erzeugen, während die andere einen anderen Geruch und einen grünen Farbstoff erzeugt und so die Eier in eine nur den Chinesen wohlschmeckende „Mayonnaise“ verwandelt. Die unverletzte Eischale und die Eihäute schützen das Ei nicht; ihre Poren sind groß genug, um den Spaltpilzen freien Durchgang zu gewähren.

Durch wiederholte und mühevolle Untersuchungen wurde zuletzt von Dr. Zörkendörfer festgestellt, daß alle diese Eierfeinde zu ihrer Entwicklung unbedingt sauerstoffhaltige Luft brauchen. Wird ihnen diese entzogen, so können sie nicht wachsen und können die Eier nicht verderben. Auf Grund dieser Ermittlung stellte Zörkendörfer folgenden Versuch an: er impfte eine Anzahl frischgelegter Eier mit den gefährlichen Eierbakterien; die eine Hälfte, die er einfach an einem kühlen Ort liegen ließ, verdarb in kurzer Zeit, denn die meisten der Eierbakterien wachsen noch unter beinahe 0° C. Die andere Hälfte der geimpften Eier wurde dagegen mit einem Firnis- oder Lacküberzug versehen und so liegen gelassen. Als man sie nach Monaten öffnete, waren sie völlig unverdorben, was leicht zu erklären ist. Durch Firnis oder Lack wurden die Poren der Schale luftdicht verschlossen; es konnte keine sauerstoffhaltige Luft in das Innere der Eier dringen und die Bakterien mußten ruhen, da ihnen ihr wichtigstes Lebenselement fehlte.

Damit ist uns nun gezeigt, was wir thun müssen, wenn wir Eier für längere Zeit aufbewahren wollen. Wir müssen frische Eier nehmen und die Poren der Schale luftdicht verschließen, dann werden sich die Eier unbegrenzte Zeit halten. Aber für das praktische Leben sind noch besondere Rücksichten zu nehmen, auf die bei einem Laboratoriumversuch nicht geachtet zu werden braucht.

Die Verschlußmittel der Poren müssen so beschaffen sein, daß sie den reinen Geschmack der Eier nicht verderben und vor dem Gebrauch sich wieder ablösen lassen, damit das aufbewahrte Ei gleich einem frischgelegten zu allen Küchenzwecken verwendet werden und ebenso als weich-, oder hartgesotten auf die Tafel kommen kann. Der Firnis aber würde den Eiern einen recht schlechten Geschmack verleihen und die meisten billigeren Lacke haben dieselbe Schattenseite. Die weit verbreitete Sltte, die Eier in Kalk aufzubewahren, ist aus diesem Grunde gleichfalls zu verurteilen. Die Kalkmasse verschließt zwar die Poren, aber sie giebt dem Ei einen schlechten Beigeschmack. Seit lange wird das Ueberstreichen der Eier mit Fett empfohlen; auch dieses Mittel kann nützen, so lange das Fett die Poren der Schale verstopft, aber es ist nicht zuverlässig. In einem Haushalte habe ich eine hübsche Aufbewahrungsart kennengelernt. Dort wurden die Eier in eine Lösung von Gummiarabikum getaucht, getrocknet und dann in Kohlenpulver gelegt. Sie hielten sich bei dieser Behandlnng jahrelang; im Lichte der neuesten Wissenschaft erscheint dieses Verfahren durchaus begründet, aber seitdem der Mahdi im Sudan wirtschaftet, dürfte das Gummiarabikum für diesen Zweck doch zu teuer geworden sein. Man konserviert die Eier auch, indem man sie in Sagespäne, Häcksel oder fein gesiebte Asche u. dergl. legt. Manchmal halten sie sich auch darin längere Zeit, manchmal aber nicht. Wir wissen jetzt, warum. Durch diese Mittel wird der Luftzutritt nur zum Teil, aber nicht ganz versperrt.

Als ein sehr zweckmäßiges und bereits vielfach erprobtes Verschlußmittel, das die Eier frisch und schmackhaft erhält, möchten wir das Wasserglas nennen. Man bereitet davon eine mäßig koncentrierte Lösung, taucht die Eier darein und läßt sie trocknen, wiederholt das Verfahren mehrmals hintereinander und läßt die so mit einer luftdichten Wasserglasschicht versehenen Eier an einem trockenen frostfreien Orte liegen. Man kann sie auch in feine Sägespäne u. dergl. verpacken und versenden. Will man die Eier ganz kochen und auf den Tisch bringen, so wäscht man das Wasserglas vor dem Kochen ab. Sonst lassen sich diese Eier ebenso wie frische zerschlagen, wenn sie für Kochzwecke roh geöffnet werden müssen.

Vielleicht trägt die Verbreitung der bakteriologischen Errungenschaften auch einmal dazu bei, daß Millionen nahrhafter Eier alljährlich vom Verderben gerettet werden. *