Gesetz, betreffend den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen

Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 31, Seite 919–920
Fassung vom: 6. Juli 1898
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 16. Juli 1898
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(Nr. 2498.) Gesetz, betreffend den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen. Vom 6. Juli 1898.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Künstliche Süßstoffe im Sinne dieses Gesetzes sind alle auf künstlichem Wege gewonnenen Stoffe, welche als Süßmittel dienen können und eine höhere Süßkraft als raffinirter Rohr- oder Rübenzucker, aber nicht entsprechenden Nährwerth besitzen.

§. 2.

Die Verwendung künstlicher Süßstoffe bei der Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln ist als Verfälschung im Sinne des §. 10 des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) anzusehen.
Die unter Verwendung von künstlichen Süßstoffen hergestellten Nahrungs- und Genußmittel dürfen nur unter einer diese Verwendung erkennbar machenden Bezeichnung verkauft oder feilgehalten werden.

§. 3.

Es ist verboten:
1. künstliche Süßstoffe bei der gewerbsmäßigen Herstellung von Bier, Wein oder weinähnlichen Getränken, von Fruchtsäften, Konserven und Likören sowie von Zucker- oder Stärkesyrupen zu verwenden,
2. Nahrungs- und Genußmittel der unter 1 gedachten Art, welchen künstliche Süßstoffe zugesetzt sind, zu verkaufen oder feilzuhalten. [920]

§. 4.

Wer den Vorschriften des §. 3 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft.
Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder Haft ein.
Neben der Strafe kann auf Einziehung der verbotswidrig hergestellten, verkauften oder feilgehaltenen Gegenstände erkannt werden. Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.
Die Vorschriften in den §§. 16, 17 des Gesetzes vom 14. Mai 1879 finden Anwendung.

§. 5.

Der Bundesrath ist ermächtigt, die zur Ausführung erforderlichen näheren Vorschriften zu erlassen.

§. 6.

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1898 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Odde an Bord M. Y. „Hohenzollern“, den 6. Juli 1898.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Posadowsky.