Ernst von Bandel’s Nachlaß

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Titel: Ernst von Bandel’s Nachlaß
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 756
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[756] Ernst von Bandel’s Nachlaß. Zum Capitel deutscher Nationalschulden. Wenn ein Fremdling, wenig vertraut mit der Entwickelung von Deutschlands innerem Leben, uns früge: „Wer war Ernst von Bandel?“ so würden wir ihm mit gerechten Stolze erwidern: Er war jener reichbegabte deutsche Künstler, der im Jahre 1819 die Idee faßte, in der Gegend des Schlachtfeldes, auf welchem einst der Cheruskerfürst Hermann mit seinen tapferen Schaaren die römischen Legionen schlug und die Freiheit des Vaterlandes rettete, ein Denkmal zu errichten, das jenes großartigen Sieges würdig; wir würden weiter sagen: er war jener thatkräftige Mann, welcher durch zwei Menschenalter trotz unendlicher Schwierigkeiten an der Vollendung seines Planes arbeitete, bis endlich am 16. August 1875 unter den Augen eines der größten Führer Deutschlands, des siegreichen Schöpfers der deutschen Einheit, die letzte Hülle von dem fertigen Denkmal gehoben wurde; wir würden schließlich hinzufügen: er war jener selbstlose Mann, welcher diesem Wahrzeichen der nationalen Idee, das nunmehr stolz auf der Höhe des Teutoberges sich erhebt, sein ganzes Vermögen und die Arbeit seines langen Lebens opferte.

Wir brauchen unsere Leser wahrlich an die Verdienste Ernst von Bandel’s nicht zu erinnern, wohl aber müssen wir das deutsche Volk an die Tilgung einer Schuld mahnen, zu welcher es dem Andenken des Künstlers und seinen hinterlassenen Kindern gegenüber verpflichtet ist; denn für seine aufopferungsvolle Thätigkeit erhielt Ernst von Bandel von dem deutschen Volke keinen Ehrenlohn.

Gerade jetzt bietet sich die Gelegenheit, diese Schuld, wenigstens zum Theil, abzutragen.

Zu dem Nachlaß Bandel’s, welcher von den Nachkommen des Meisters mit treuer Pietät bewahrt wird, gehört bekanntlich ein großer Theil der künstlerischen Schöpfungen des Verstorbenen. Unter den siebenzig Arbeiten, welche den Nachlaß bilden, befinden sich auch einige, die zur Geschichte des „Hermann“ in engster Beziehung stehen, wie z. B. das Original der Hermann’s Figur, nach welchem die große Gestalt auf dem Denkmal selbst gearbeitet wurde, etc.

Wie wir jetzt erfahren, sieht sich die Familie des Künstlers gezwungen, die Sammlung zu veräußern. Soll nun dieses theuere Erbe in alle vier Windrichtungen zerstieben? Sollen die Originale des „Hermann“ und der „Thusnelda“ nach England oder Amerika wandern, um fremde Museen zu schmücken? Das wäre wirklich unerhört; das wäre eine Schmähung der Manen des Künstlers, der sein Gut und seine ganze Lebenskraft dem nationalen Denkmal geopfert hat – unwürdig wäre es des deutschen Volkes selbst.

Wir kennen nur eine Lösung dieser Frage: Die Nation möge den Nachlaß Bandel’s als Eigenthum erwerben und in der Nähe des Hermann-Denkmals, dem Schöpfer desselben zur Ehre, ein Bandel-Museum errichten. An den deutschen Reichskanzler und an den deutschen Reichstag richten wir zunächst die Bitte, diese Angelegenheit baldigst in die Hand zu nehmen, und wir hoffen fest, daß dieselbe nicht ungehört verhallen wird.