Die königlich sächsische concessionirte Hutfabrik von Herrmann Haugk in Leipzig

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Titel: Die königlich sächsische concessionirte Hutfabrik von Herrmann Haugk in Leipzig
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 162–164
Herausgeber: Louis Oeser
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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K. S. conc. Hutfabrik v. Herrmann Haugk in Leipzig.

[162] Schon frühzeitig mußten die Menschen auf die Nothwendigkeit aufmerksam werden, den Kopf gegen heftige Sonnenstrahlen ober gegen die Unbilde des Wetters zeitweise durch irgend eine Bedeckung zu schützen, die Anfangs wohl nur aus Blättern oder Baumrinde bestand, wie sie nun eben den verlangten Dienst am besten leisteten. Nach und nach wurde diese erst nur durch augenblickliches Bedürfniß herbeigeführte Kopfbedeckung förmlich Sitte, es war dieses schon im grausten Alterthum der Fall und die Bedeckung selbst nahm schon in frühester Zeit die bequemste und zweckmäßigste Form, die breitrandige Hutform an, wie wir nicht nur aus alten Ueberlieferungen Andeutungen erhalten, sondern auch aus dem Alterthum zu uns gekommenen Gemälden und Bildhauerarbeiten noch sehen. Figuren mit hutartiger Kopfbedeckung sieht man z. B. auf den Gemälden in den egyptischen Königsgräbern, auf in Mumiensärgen gefundenen Papyrusrollen, auf alten Vasen u.s.w. – Die Hutmacherei kann man also, gleich der Weberei, zu den ältesten Gewerben, die man kennt, zählen, und wollte man poetisch sprechen, könnte man allenfalls selbst behaupten, der erste Hutmacher müsse im Olymp gewohnt haben und also göttlichen Ursprungs gewesen sein, denn bekanntlich war unter allen unsterblichen Bewohnern des ewig heitren Olymps Merkur der einzige, welcher einen Hut trug, den der Götterbote um des schnellen Fortkommens willen obendrein mit Flügeln geziert hatte. – Wäre der Name jenes olympischen Hutmachermeisters auf uns gekommen, so würde das Hutmachergewerbe einen stattlichen mythologischen Schutzpatron haben, gleich den Grobschmieden, Winzern, Kaufleuten, Aerzten u.s.w.

In der ersten Zeit waren es vornämlich kränkliche und schwächliche Personen, so wie die unteren Klassen, welche häufiger als andere den Einflüssen der Witterung ausgesetzt waren, oder, wie die ersteren, aus Gesundheitsrücksichten ihr Haupt schützen wollten, welche die hutartige Kopfbedeckung trugen. Doch wird die Mehrzahl von ihnen gewiß Hüte gehabt haben, welche in bequemer und praktischer Form vielen der jetzt gebräuchlichen Hutarten weit überlegen waren, wenigstens bequemer als unsere berüchtigten und dennoch durch die Tyrannin Mode unentbehrlich gemachten unpraktischen sogenannten „Angströhre“, welche von den Orientalen nicht mit Unrecht mit Kochtöpfen verglichen werden, sind sie unbedenklich gewesen. Die Alten waren noch zu natürlich, um auf solche unnatürliche Körperverlängerungen zu denken, wie diese Glücklichen auch die Crinoline nicht kannten.

Bei den alten Griechen wird zuerst der Hut erwähnt und auch der Filzhut war dort bereits bekannt; man nannte ihn den thessalischen Hut, den besonders die Ephoren trugen. Dann folgten die Römer, welche den runden Hut bei hohen Festen, Schauspielen und bei Begehung heiliger Gebräuche trugen und bei denen zuletzt der Hut selbst das Zeichen der Freiheit wurde, denn die Sklaven erhielten bei ihrer Freilassung als Symbol einen Hut. Nach Cäsars Ermordung wurde dieses Freiheitszeichen selbst auf die Münzen gesetzt.

Dieses Zeichen wurde später von den Republiken nachgeahmt, zuerst von den Schweizern, den vereinigten Niederlanden, Venedig, Genua u.s.w. „Unter dem Hut der Freiheit leben wir,“ sagten die Republikaner.

Die Deutschen hielten sich lange Zeit von dem Hute fern, erst genügte ihnen ihr reiches blondes Haar, über welches sie, wenn es Noth that, einen Theil ihres Gewandes, oder ein Thierfell zogen, oder das sie im Kriege mit einem aus Weiden geflochtenen Helm bedeckten; dann folgte die einfache Kappe, endlich das mit Federn geschmückte Baret, zuletzt aber, im vierzehnten Jahrhundert, fand der Hut auch hier Eingang, und die ersten Hutmacher, damals „Huter“ genannt, von denen man weiß, befanden sich 1360 in Nürnberg. Von da kam der Hut nach Frankreich und England und verbreitete sich überall, [163] das Baret langsam verdrängend; der Hut wurde nun selbst das Zeichen weltlicher wie geistlicher Fürsten, wir erinnern da nur an den Kurhut, den Herzogshut u.s.w.

Beständig wechselte nun der Hut in Form und Farbe, bald war er klein, bald groß, bald niedrig und rund, bald spitzig, selbst bis zur Thurmhöhe aufsteigend. Später, zur Zeit Heinrichs des Vierten von Frankreich wurde eine Krämpe aufgeschlagen; während des dreißigjährigen Krieges war der bekannte „Schlapphut“ im Gebrauch, dann wurde auch die zweite Krämpe in die Höhe genommen und endlich folgte der bekannte, sich länger als ein Jahrhundert als allgemeine Mode behauptende „Dreimaster“ unserer bezopften und behaarbeutelten, sich ihres eigenen Haares schämenden Urahnen.

Erst in unserem Jahrhundert brach sich der „Cylinder“ – vulgo „Angstrohr“ – Bahn und blieb in der Hauptsache immer das alte unbequeme Anhängsel zur männlichen Kleidung, so sehr auch seine Façon beständig wechselte. Er hat sich allen Ständen und allen Welttheilen aufgezwungen, trotz aller seiner Unbequemlichkeit und Unzweckmäßigkeit.

Da es bei den männlichen Bewohnern der civilisirten Staaten gebräuchlich geworden, den Hut als unentbehrliches Bedürfniß anzusehen, so sind auch aller Orten zahlreiche Hutmacher vorhanden, die ihr Geschäft bald in größerem, bald in kleinerem Maßstabe betrieben und in der Regel schon den stolz klingenden Namen „Fabrikant“ annehmen, wenn sie über einen oder zwei Gehülfen verfügen, an größeren Plätzen aber wird das Geschäft in wirklich großartigem Maßstabe betrieben und es giebt da Hutfabriken welche diesen Namen in der That verdienen.

Auch unser Sachsen hat ein solches Etablissement, welches zu den hervorragendsten dieser Branche zählt, und wenn man auch nicht eben behaupten kann, daß es Weltruf oder – im vollen Sinne des Wortes – europäischen Ruf besäße, so muß man ihm doch zugestehen, daß sein Renommee das beste und weitverbreitetste ist.

Es ist dieses


Die königlich sächsische concessionirte Hutfabrik von Herrmann Haugk in Leipzig.


Dieses Etablissement umfaßt zu der Fabrikation

ein Hauptgebäude und
zwei Nebengebäude.

Außerdem besitzt es noch Verkaufslokale.

Als Branchen umfaßt das Etablissement

die Fabrikation von Filz- und Seidenhüten, für den Engros- und Detailverkauf;
englische und französische Herrenstrohhüte für Engros und Detail.

Filz- und Seidenhüte bilden die Haupterzeugnisse, welche ihren Absatz über ganz Deutschland, Rußland, Oesterreich, Dänemark u.s.w. finden, und deren Vorzüglichkeit auf den Ausstellungen zu Leipzig und München, die einzigen, welche von hier aus beschickt wurden, durch Preise anerkannt wurden.

In dem Etablissement ist eine Dampfmaschine von zwei Pferdekraft aufgestellt, welche an Hilfsmaschinen treibt:

eine Haarblasmaschine,
sechs Biegelmaschinen,
eine Façonmaschine und
zwei Kopfmachmaschinen.

[164] Beschäftigt sind in der Fabrik fortwährend fünfzig bis siebenzig Leute, außer dem Comptoiristen, Herrn Effenberger

zwanzig Näherinnen,
zehn bis fünfzehn Gesellen,
zwanzig bis fünf und zwanzig Fabrikarbeiter und
ein Modelltischler.

Den Verkauf besorgen fünf Verkäufer.

Die Fabrik besitzt in Leipzig selbst zwei Verkaufsetablissements, nämlich

Grimmaische Straße, Nr. 12, erste Etage, nur Detailverkauf,
Rosenthalgasse Nr. 14, Engros- u. Detailverkauf.

Gründer des Etablissements ist Herr Gottlob Friedrich Haugk, welcher das Geschäft 1786 in geringem Umfange begann, doch begann es unter umsichtiger Leitung bald emporzublühen und ist in fortwährendem Steigen begriffen gewesen, durch Zeitereignisse hervorgerufene momentane Hemmnisse abgerechnet, denen eben jedes andere industrielle Etablissement in dergleichen Perioden auch unterworfen ist; dem Fortschritt konnte aber auch durch diese störenden Zeitverhältnisse nie ganz Einhalt geboten werden. Dabei hat sich das Etablissement in jeder Hinsicht den ehrenvollsten und weitverbreitetsten Ruf erworben und concurrirt mit Erfolg mit den besten französischen und englischen Fabriken. – Die Fabrik ist dabei stets im Besitz einer und derselben Familie geblieben, gegenwärtig ist Herr Herrmann Haugk alleiniger Besitzer.

Einen wesentlichen Antheil an dem schönen Erblühen des Etablissements muß man Leipzigs berühmten Messen zuschreiben, welche überaus günstig zum Vertrieb im großartigen Maßstabe sind, und bei dem Zusammenströmen von Fremden aus allen Weltgegenden einem thätigen und umsichtigen Manne genügende Gelegenheit zur Anknüpfung von Verbindungen nach allen Richtungen bieten.

Betrachtet man das lange Bestehen dieses Etablissements, so kommt man auf die Idee, wie interessant es sein müßte, wenn man hier eine Sammlung von allen Gattungen Hüten fände, welche seit 1786 hier gefertigt sind, wir würden da von dem alten ehrlichen Dreimaster und den Bonapartes oder Inwoyables an bis auf die neueste Zeit gewiß einer wirklich seltsamen, bisweilen selbst abenteuerlichen Formenverschiedenheit begegnen, Formen, die uns bisweilen nicht nur komisch, sondern selbst lächerlich vorkommen würden, die aber doch ihrer Zeit für ausgezeichnet schön und geschmackvoll gehalten wurden, weil es eben die Mode mitbrachte. Welche Gedanken würden sich auch bei vielen dieser Formen aufdrängen!