Die gefürchteste Waffe aller Zeiten

Textdaten
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Autor: Der Verfasser des „papiernen Zeitalters“
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Titel: Die gefürchteste Waffe aller Zeiten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 253–255
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Herstellung und Verwendung der Schreibfeder
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Die gefürchtetste Waffe aller Zeiten.


Das alte Wortspiel calamo ludimus“ (wir spielen mit der Feder; wir spielen mit der Gefahr) bezeugt deutlich, welch hoher Werth von jeher dem Schreibgeräthe beigelegt wurde, mochte dasselbe auch nur wie bei den Chinesen aus Pinsel und Tuschnäpfchen oder wie bei den alten Culturnationen aus gespitztem Rohre und Tintenfaß, welches Beides im Gürtel getragen wurde, bestehen. Wann man darauf gekommen, das Schreibrohr zuerst zu spalten, ist sehr unsicher; urtheilt man dem Namen nach, so kannten die Griechen und Römer nur gespaltene Schilfrohre, während bei den Arabern erst um’s zehnte Jahrhundert nach Christo die Kunst, das Rohr zu spalten, bekannt wurde. Man erzielte dadurch ein besseres Aufsaugen und Wiedervonsichgeben der Schreibflüssigkeit, sowie die leichtere Herstellung und Unterscheidung der Haar- und Grundstriche.

Schon im Mittelalter hatte man außer der handschriftlich im siebenten Jahrhundert nach Christo zuerst erwähnten Kielfeder, welche den Gebrauch des Schreibrohrs nach und nach verdrängt hatte, „Federn aus eysern, silbern und erzen Blechlein“, welche in Nürnberg gefertigt wurden, ihres hohen Preises wegen aber (das Stück kostete bis zu einem halben Gulden) nur selten in Gebrauch kamen.

Die Kielfedern der Gänse, Schwäne, Raben wurden ihrer Billigkeit und leichten Beschaffbarkeit wegen nur schwer von der in unserer Zeit fabrikmäßig hergestellten Stahlfeder verdrängt; für letztere sprach hauptsächlich die große Zeitersparniß, indem das zeitraubende Schneiden der Kiele wegfiel. Das Härten und Abziehen der Federposen, um denselben ein glasartiges Aussehen zu geben, wurde an vielen Orten fabrikmäßig betrieben und man färbte wohl auch zur größeren Schönheit die Federfahnen bunt. Man hatte auch mit der Maschine geschnittene Federn aus Horn und Kiel (in neuester Zeit sogar aus Kautschuk) zum Einstecken in Federhalter, und dieselben entsprachen auch bei manchen Anhängern des Alten ihrem Zwecke, wenn man nämlich eine geringere Dauerhaftigkeit und einen höhern Preis gegenüber der Stahlfeder nicht in Betracht zieht; allein diese Producte können sich auf die Dauer neben der Stahlfeder nicht halten, weil die letztere die subtilste Unterscheidung in den Spitzen, dem Schliffe und den Formen gestattet und dabei an sich gleichbleibender Elasticität diesem Producte Nichts sich an die Seite setzen läßt.

Die Verdrängung der Galläpfel- und Eisenoxydtinten durch anilinhaltige Tinten wird wesentlich zur längeren Dauer der Stahlfedern beitragen, wenn man von dem Uebelstande des jetzt häufiger nothwendig werdenden Reinigens der Feder absieht, der eine Folge der Anwendung von Anilintinten ist.

Versetzen wir uns in eine deutsche Volksschulclasse vor etwa fünfundzwanzig Jahren, so sehen wir den Classenersten beim Beginn des Schreibunterrichts den Classenschrank aufschließen, um denselben das umfangreiche, mit den Nummern der Schüler versehene Federgestelle zu entnehmen. Der Lehrer setzt sich inzwischen, mit scharfem Federmesser bewaffnet, zurecht und ein großer Theil der Schüler strömt herbei, um ihre in Empfang genommenen Federn schneiden zu lassen. Die hierbei abfallenden Schnitzel werden eifrig von der hoffnungsvollen Jugend aufgenommen, um als leichtbeschwingtes Geschoß zum Fortschnellen mit Daumen und Zeigefinger zu dienen. Verirrt sich einmal ein solches Federschnitzel, um statt eines Mitschülers das Lehrerantlitz zu berühren, so erfolgt eine kurze Züchtigung auf die ausgestreckte Hand des muthmaßlichen Thäters, und nach dieser Unterbrechung wird im Geschäft fortgefahren. Besonders schwierig ist es dabei, einen richtigen Spalt herzustellen. Mancher arme Schüler sah mit Entsetzen den Spalter die Feder über den ganzen Kiel hinunter aufsprengen, ja wohl gar den Spalt zahnartig auseinanderklaffen, Umstände, die den Kiel meist für die fernere Verwendung untauglich machten. Der Federschnabel durfte nur einen ganz kurzen Spalt haben und alles, was darüber hinausragte, fiel dem Messer zur Beute. Abgesehen von der nicht geringen Geschicklichkeit, welche das Federschneiden seitens des Lehrers erforderte, kommt der geschilderte Zeitaufwand, seit Einführung der Stahlfedern, dem Unterricht selbst zu Gute. Die gemachte Beobachtung, daß die Handschriften von jener Zeit ab viel leserlicher geworden sind, ist gewiß nicht unbegründet. Obgleich man zu Ende der zwanziger Jahre schon vollständig eingerichtete Stahlfederfabriken in England hatte und die erste und einzige deutsche Stahlfederfabrik seit dem Anfang der fünfziger Jahre existirt, fand doch die Stahlfeder erst Ende der fünfziger Jahre Eingang in den Volksschulen. Wenn noch heutzutage, zumal von älteren Beamten, am Gebrauch der Kielfeder festgehalten wird, so ist dies eine Folge der Anwendung einer eigenthümlich verschnörkelten, wenn auch (gleichmäßige Durchführung vorausgesetzt) nicht unschönen Schrift, des sogenannten Roßberg’schen Ductus, einer Abart der deutschen Currentschrift, welche auch in manchen deutschen Volksschulen vor nicht zu langer Zeit heimisch war.

Betrachten wir unsere gewöhnliche Schulfeder in Stahl, so [254] sehen wir, daß dieselbe ziemlich genau der früheren Kielfeder nachgebildet wurde, indem der Schnabel nur kurz ist und die Spitze eher stumpf als spitz genannt werden kann. Die Stärke des Stahls nimmt nach der Schnabelspitze zu etwas ab, um die Elasticität zu erhöhen, ein Ergebniß des doppelten Schliffs, dem die Feder vor der Spaltung unterliegt. Die Festigkeit der Feder wird durch die Rinnenform des Federkörpers (im Querdurchschnitt ein etwas verflachter Halbkreis) gewährleistet. Sie hat den Zweck, die Elasticität nicht über das Ende des Schnabelspaltes auszudehnen und eine feste Verbindung des Federkörpers mit dem Halter zu ermöglichen. Denn die Feder muß fest stecken wenn die Handschrift sicher sein soll. Der Halter selbst darf nur in so weit Federkraft besitzen, als dies zur etwa nöthigen Wiederentfernung der Feder nothwendig ist. Der Spalt der Feder endet mit einem kleinen oder größeren Loche in den verschiedensten Formen, welches hauptsächlich dem Zwecke dient, das Tintehalten der Feder zu unterstützen. Die Notenfeder, eine Abart der Schulfeder, hat einen noch kürzeren Schnabel und eine ganz breite, von rechts nach links ablaufende Spitze.

Eines längeren Federschnabels bedarf die Correspondenzfeder, dafür ist dieselbe aber vorn weniger stark abgeschliffen und der

Correspondenzfeder.

ganze Federkörper im Querdurchschnitt noch mehr gewölbt, um Tinte leichter aufzunehmen. Da es bei der Correspondenz weniger auf strenge Unterscheidung zwischen Haar- und Grundstrichen, als auf leichtes Abfließen der Tinte beim Schreiben ankommt, so entstand die Form, welche dem Bedürfniß auch in so weit sehr entgegenkommt, als diese Federn von der feinsten

Kräuselfeder.

bis zu der stumpfsten Spitze zu haben sind, zumal die Einbildungskraft, mit Geschmackssinn verbunden, eine Unzahl von verschiedenen Façons dieser Gattung geschaffen hat, wie z. B. Gesichtsfeder, Handfeder, Kräuselfeder, Schellfischfeder, St. Georg-Feder, Dreilochfeder, Herzsprungfeder etc.

Eine Zusammenstellung aus Correspondenz- und Schulfeder ergab die Beamtenfeder (Ministry). Diese Feder hat eine besonders

Beamtenfeder.

starke Rinne in der Mitte, um mehr Tinte fassen zu können. Damit die Feder in Folge dieser Vorrichtung an Elasticität nicht verliere, ließ der Engländer Perry um 1830 an beiden Seiten, da, wo die Rinnenverbreiterung anhebt, einen Längenspalt in die Feder schlagen, wodurch der Schnabel, unbehindert von der breiten Rinne federn kann. Hierher gehören auch die beliebten Damenfedern, als Rosenfeder, Kreuzfeder etc. Später kam man darauf, die beiden Längenspalten gleich neben dem Mittelloche parallel demselben einzuschneiden. Besondere Querspalten bewirkten dann die Verbindung nach außen, und der Schnabel federte nun innerhalb der bezeichneten beiden Längsspalten. Dieses System ist heutzutage

Alfred-Feder.

allgemein beliebt geworden, und es gehört hierher die G-feder, die Alfred-Feder, die Classical (Gelehrten-)Feder, die Rasner-Feder (nach einem Wiener Schreiblehrer so genannt), die Aluminiumfeder, die Humboldt-Feder (mit dem Facsimile des berühmten Forschers in der Verpackung) und andere

Humboldt-Feder.

mehr. Eine wesentlich andere Form haben die Franzosen als „national“ adoptirt; es sind dies die sogenannten Henry-Federn und Emanuel-Federn, auch Diamantfedern genannt. Der Schnabel derselben ist in Form einer Lanze gebaut, und die Henry-Feder hält sogar einen Theil der Tinte auf der Oberseite der Feder, während der Schnabel beider Federn dachförmig nach beiden Seiten hin abfällt. Die höchste Vollendung erlangten sie in den leider sehr theuren Federn Nr. 12 und 13 von Mallat in Paris und ähneln solchergestalt sehr obengenannter Alfred-Feder, haben jedoch, der Lanzenform entsprechend, einen größeren Tintenbehälter und zeigen für die fehlenden Längeneinschnitte mehrere Quereinschnitte längs des Schnabels, wodurch eine vortreffliche Federung bewirkt wird.

Mit der Lanzenform, welche nach beiden Schnabelseiten abgedacht ist, wurde in den letzten Jahren eine großartige Reclame in’s Werk gesetzt. Unter dem Namen Universalfeder, Eulenfeder (Owl pen), „Endlich eine Feder für Jedermann“, wurde diese Feder in den größten Zeitschriften zu hohem Preise angekündigt. Das spitze Schnabelende ist bei der Eulenschnabelfeder nach unten eingeknickt; der Schnabel selbst hat eine schiefe Lage der Richtung der Federrinne gegenüber, und es soll hierdurch eine längere Schreibfähigkeit der Feder und ein reinerer Haarstrich hervorgebracht werden. Im Gegensatze hierzu hat die Wettrennenfeder (Steeple chase pen) die Schnabelspitze nach aufwärts gekehrt, was sie besonders befähigt machen soll, freilich auf Kosten der Reinheit der Schriftzüge, ohne Einstechen und Spritzeln über alle Unreinigkeiten und Knötchen des ordinärsten Papiers hinwegzugleiten.

Federn mit zu großer Elasticität nutzen sich bald ab und spritzen leicht; ein solches Beispiel bietet die Kalligraphenfeder, welche zwischen Federrinne und Schnabel einen breiten, mit länglichem Einschnitte versehenen platten Stahlstreifen zeigt, der einen hohen Grad von Federung zuläßt; diese Feder ist allerdings für feine Arbeiten sehr geeignet, jedoch aus zu dünnem Stahle, um sich für eine Verwendung in Schule und Haus zu empfehlen.

Noch bleiben die Signirfedern, die Zeichenfedern, die Federn mit unerschöpflichem Tintenfasse, welche zum Schreiben blos in Wasser getaucht werden zu erwähnen, um sodann eine kleine Skizze des Fabrikationsprocesses folgen zu lassen.

Zur Erzielung vollendeter Fabrikate ist strenge Arbeitstheilung überall durchgeführt. Die Feder erhält ihre erste Gestalt aus dünnen Stahlblechstreifen von doppelter Breite der Federlängen im Schneidesaale. Die Federn werden Spitze an Spitze so geschnitten, daß das möglichst niedrige Maß von Abfall bleibt, der sich aber dennoch bei manchen Sorten von fünfundzwanzig bis auf vierzig Procent der Blechstreifen erstreckt. Da die meisten Arbeiten einen besonderen Kraftaufwand nicht erfordern, so werden dieselben leicht von Mädchen ausgeführt. Mittelst der Durchstoßmaschine kann ein Mädchen dreihundert in der Minute (zwei und mehr Stück auf einen Schlag) ausstoßen; eine zweite ähnliche Maschine prägt die Löcher und etwaigen Seitenschlitze in die Feder. Hierauf gelangen die Federn in den Stempelsaal, wo ihnen durch eine Art Wippe etwaige Nummern sowie die Firma des Fabrikanten (häufig auch die des Bestellers) aufgeprägt wird. Es folgt hierauf nach vorherigem Rothglühen der Federn, um sie weich zu machen, das Hohlbiegen derselben durch eine halbrunde Stempelform. Um die Härte nun wieder herzustellen, wird eine größere Menge Federn in flachen Eisenblechkästen unter Abschluß der Luft bis zum Weißglühen erhitzt und plötzlich in tiefe Thran- oder Oelgefäße geschüttet. Die Federn bekommen dadurch eine solche Härte, daß sie wie Glas springen, wenn man sie schwach drückt. Die Reinigung von dem anhaftenden Fette erfolgt durch Drehen in einem Cylinder, welcher mit Sägespähnen gefüllt ist. Die Federn werden nun über langsamem Feuer angelassen, wodurch die zu große Härte wieder etwas zur weiteren Verarbeitung gemildert wird. Nach abermaliger Reinigung von dem infolge Ausglühens und Härtens anhaftenden Oxyde durch ein mehrere Stunden währendes gegenseitiges Abscheuerungsverfahren erfolgt das Schleifen. Das Schleifen der nunmehr stahlweiß erscheinenden Feder auf ihrer convexen Seite hat denselben Zweck, den das Abschaben der Kielfeder auf der Rückseite des Schnabels oberhalb der Spitze hatte, ein gewisser Theil des Metalls wird etwas dünner und biegsamer gemacht, und die Spitze, in welche der Spalt kommen soll, wird dadurch elastisch und zart. Der Längenschliff reicht von der Spitze nach aufwärts bis in die Nähe des Loches, während der Querschliff die Spitze nicht mit berühren darf.

Hierauf läßt man die Federn in gewünschter Farbe anlaufen. Es geschieht dies durch Umschütteln der Federn in einem drehbaren eisernen Cylinder über Holzkohlenfeuer. Je nach dem Hitzegrade nehmen die Federn zuerst eine hellbraune, dann dunkelbraune, zuletzt blaue Färbung an, und durch dieses Verfahren wird eine weitere Milderung der ursprünglichen Sprödigkeit erzielt. Nun erst folgt das Spalten der Feder. Dieselbe wird nun in eine Vertiefung so gelegt, daß genau der halbe Schnabel fest aufliegt. Der Oberstempel der Durchstoßmaschine drückt nun, [255] von der Federspitze anfangend, den halben freiliegenden Schnabel scheerenartig von der anderen Hälfte abwärts, und die Elasticität ist so groß, daß der niedergebogene, nunmehr abgespaltene Theil von selbst wieder in seine frühere Lage zurückspringt.

Das hierauf folgende Probiren und Sortiren erfordert die besten und geübtesten Arbeiterinnen. Jede Feder wird mit der Spitze auf ein Stückchen Elfenbein aufgedrückt und so die Güte ermittelt. Die fehlerfreien kommen nun zur Politur und zum letzten Schliff. Jenachdem die Feder nun als Goldspitz-, als Kupfer-, Silber-, Zinkcompositions- (Amalgama-), als Guttapercha- oder Cementfeder in den Handel kommen soll, wird sie galvanisch behandelt, oder mittelst Säure (Cyankali) gebeizt oder lackirt.

Für den Handel fertig werden die Federn erst durch die Verpackung in die Großschachteln, welche aus Pappe oder Metall hergestellt sind. Die Federn werden nicht hineingezählt, sondern großweise abgewogen, und selten wird sich eine Unrichtigkeit in der Zahl herausstellen, da das Cementstahlblech zu denselben vorher auf seine Stärke (0,20 bis 0,24 Millimeter) genau geprüft ist.

Die ersten und auch wohl besten, in Deutschland jedoch weniger bekannten, weil zu theuren Stahlfedern wurden von Joseph Gillott in Birmingham verfertigt. Derselbe lieferte schon in den vierziger Jahren jährlich gegen hundertfünfzig Millionen Stahlfedern, was ungefähr tausend Centner besten Stahls jährlich austragen würde. Gegenwärtig ist ihm der Rang von Josiah Mason ebenda abgelaufen worden, dessen Federn durch die Grossofirma A. Sommerville u. Comp. in Deutschland die weiteste Verbreitung gefunden haben. Mason ist durch seine menschenfreundlichen Stiftungen, welche wahrhaft fürstlich dotirt sind, auch über England hinaus berühmt geworden und hat sich von dem bescheidensten Arbeiterloose zu einem Millionär hinaufgearbeitet.

Von den vielen in Birmingham bestehenden, theilweise über fünfhundert Arbeiter beschäftigenden Fabriken ausgezeichneter Federn seien nur noch genannt die in Deutschland sehr verbreiteten Marken John Mitchell, ferner Ch. Brandauer, welche letztere unter dem Namen Kuhn u. Comp. von Wien aus in den Handel kommen, Leonhardt u. C. und Hinks Wells u. Comp. Aus Boulogne gelangen über Paris viele ganz gute französische Federn zu mäßigen Preisen in den Handel, und werden dieselben sogar in Säcken versandt, um in Deutschland und anderen Ländern eingeschachtelt und etiquettirt zu werden. Die bekannteste französische Marke ist Blanzy, Poure u. Comp.

Die einzige deutsche Stahlfederfabrik mit dreihundert Arbeitern in Berlin von Heintze und Blanckertz hat sonach gegen eine große Concurrenz zu kämpfen, welche um so gewichtiger ist, als den Engländern ein ganz besonders zur Federbereitung geeignetes, jetzt auch von der Berliner Fabrik benütztes Material, raffinirter Sheffielder Cementstahl, zur Verfügung steht, während in Berlin, früher, meist schwedisches Stahlblech zur Verarbeitung gelangte. Es ist gewiß, daß die deutsche Fabrikation in Betreff der Vollkommenheit der Maschinen und ihrer Benutzung ebenso ausgebildet ist, wie die englische, und daß deutsche Gründlichkeit größere Sorgfalt beim Probiren und Sortiren anwendet, aber ein gewisses Vorurtheil spricht, ähnlich wie bei den englischen Nähnadeln, für die englischen Federn, und es werden noch viele Jahre des angestrengtesten Fleißes vergehen müssen, um dasselbe zu besiegen.

Schließlich noch einige Winke für alle Schreibende.

Möchte doch Jedermann, sobald er eine Feder gefunden hat, die seiner Hand zusagt, nicht voreilig mit der Marke wechseln, selbst wenn er mehrere mangelhafte Federn in einer Schachtel vorfand. Muß man aber doch einmal wechseln, so hüte man sich vor den meist unreellen Fabrikaten angeblicher Fabrikanten und kaufe nie von Herumträgern, sondern nur aus einer Schreibmaterialienhandlung, wo beim Verkäufer einige Kenntniß der Originalfabrikmarken und Verpackungen vorausgesetzt werden kann. Eine Handschriftprobe wird zur passenden Auswahl einer Feder von großem Nutzen sein.

Was die Firmenstempel der Federn betrifft, so ist die Bemerkung nothwendig, daß die meisten Fabriken ihren guten Producten auch ihren eigenen Namen aufprägen und nur bei den geringeren Sorten mit gedrückten Preisen denselben weglassen. Mehrere Fabriken befassen sich überdies nicht mit der Etiquettirung und Verpackung, sondern überlassen den ausschließlichen Vertrieb bestimmten Grossohäusern, welche letztere solchergestalt, dem Publicum gegenüber, als Fabrikanten gelten können, weil sie nur diese Fabrikmarke führen, ohne die Fabrik zu besitzen. Man merke deshalb auf die stetig wiederkehrende gleiche Verpackung, welche nicht nachgeahmt werden darf, aber häufig gefälscht wird, um geringere Fabrikate für bessere Marken anzubringen. Was nun die Zeitungsankündigungen neuentdeckter Federn etc. anlangt, so giebt es bis jetzt, und wenn hunderte von Annoncen Aehnliches zusagen sollten, keine Federn, die von selbst schreiben.

Der Verfasser des „papiernen Zeitalters“.