Die Universität zu Freiburg i. B. in den Jahren 1818–1852 (Zweiter Hauptteil, Anfang)

Textdaten
<<< >>>
Autor: Hermann Mayer
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Universität zu Freiburg i. B. in den Jahren 1818–1852
Untertitel: Zweiter Hauptteil
aus: Alemannia, XXI. Band, S. 209–276
Herausgeber: Fridrich Pfaff
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: P. Hanstein
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Bonn
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[209]
DIE UNIVERSITÄT ZU FREIBURG i. B. IN DEN JAHREN 1818–1852.
ZWEITER HAUPTTEIL.
DIE REGIRUNG DES GROSSHERZOGS LEOPOLD 1830–1852.


I. Auswärtige Einkünfte und Finanzen im allgemeinen.

Am 5. April 1830 nahm der Kreisdirektor Staatsrat v. Türkheim im Konsistoriumssaal den Lehrern und Beamten der Universität den Huldigungs- und Unterthaneneid ab. Und in der Woche nach Ostern begab sich eine Abordnung der Universität, bestehend aus dem Prorektor und den vier Dekanen, nach Karlsruhe, um dem neuen Landesherrn die Huldigung der Hohen Schule darzubringen. Die Kosten der Abordnung übernahm die Universitätskasse und vergütete jedem der Abgesandten für das Trauerkleid 50 fl. (Sitzung vom 3. April). – Bei Hof wurden – wie der Prorektor am 17. April dem Konsistorium berichtete – die Abgesandten, denen sich in Karlsruhe noch Duttlinger angeschlossen, überaus gnädig von Ihren Kgl. Hoheiten empfangen. Der Großherzog geruhte auch gleich, den ihm angetragenen Titel Rector Magnificus anzunehmen. Auch die Minister v. Berstett, Berkheim und Boeckh, sowie Staatsrat Winter sollen die Vertreter der Hohen Schule wolwollend aufgenommen, und ersterer inbezug auf die zu hoffende Entschädigung für die Verluste der Einkünfte im Elsass sich zur Mitwirkung ganz geneigt gezeigt haben.

Schon am 16. Oktober 1829 hatte nämlich der Prorektor den Beschluss angeregt, dass „die geeigneten Schritte versucht werden sollen, um von S. Maj. dem König von Frankreich eine Entschädigung für jene Besitzungen, oder wenigstens die Arreragen zu erlangen, und ebenfalls dass der Herr Prorektor die zu diesem Ende nötigen Schriften verfasse, und nur die Hauptschriften vor der Expedition dem Consistorio vorläufig mitteile.“ – Zu der Verfassung dieser Schriften wurde jetzt (17. IV. 1830) nochmals der Prorektor (z. Z. Schneller) aufgefordert, [210] damit solche durch das Ministerium d. I. und jenes der auswärtigen Angelegenheiten der französischen Regirung eingereicht würden. Dazu musste man sich freilich noch vorerst an Ort und Stelle genaue Kenntnis darüber verschaffen, welche Güter und Gefälle noch unveräußert oder aber erst seit der Restauration veräußert worden seien. Zu diesem Geschäft wurde am 20. April der Geistl. Rat Werk als abzuordnender Kommissarius gewählt, jedoch musste man zuvor beim Ministerium d. I. die Genehmigung dazu nachsuchen.

Schon am 28. April konnte der Bericht Werks vorgelegt werden, und mit demselben der Entwurf eines Ersuchsschreibens an die Präfektur in Kolmar um offizielle Mitteilung darüber, welche von jenen Gefällen veräußert worden, welche noch vorhanden seien usw. DieserEntwurf war verfasst von Schneller.

Auf eingegangene Antwort des Ministeriums vom 18. Juni hin wurde am 8. Juli Werk bevollmächtigt, nach Kolmar zu reisen und den dortigen Kgl. Directeur des Domaines zu fragen, ob und was von den vormaligen Gefällen und Benützungen der Universität allenfalls noch unveräußert in den Händen des Staats, und wohin das Uebrige gekommen sei.

Ob in der Sache noch weiter etwas geschehen sei, darüber findet sich nirgends eine Andeutung. Wahrscheinlich ist es auch, dass man gar nichts ausrichtete, wenn wir bedenken, wie gleich nach den oben genannten Schritten die französische Julirevolution ausbrach, die offenbar auch den Verlauf dieser Verhandlungen ins Stocken brachte.

Etwa 10 Jahre später führte die Universität ähnliche Unterhandlungen mit dem Nachbarland im Osten. Am 12. Februar 1841 ließ der Senat im Einverständnis mit der Wirtschaftsdeputation das Ministerium d. I. bitten, „es möchte durch Vermittlung des hohen Ministeriums des großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten und der Großh. Gesandtschaft bei der Kgl. würtembergischen Staatsregirung sich dafür verwenden, dass der Universität Freiburg das ihr in ihren Pfarrzehntgemarkungen entzogene, bis 1807 immer ausgeübte Novalzehntrecht (in Würtemberg) wieder eingeräumt werde. Für den Fall, dass es untunlich seyn sollte, solcher Bitte zu deferiren, schließe man sich an die andere der Wirtschaftsdeputation um Ermächtigung, die Ansprüche im Rechtswege austragen zu dürfen . . . . .“ Aber man kümmerte sich in [211] Stuttgart nicht nur um diese Bitte nicht, sondern ließ sogar am 14. April 1848 und 17. Juni 1849 ein Zehntablösungsgesetz erscheinen. Nun waren die Einkünfte der Universität aus Schwaben nach einer Durchschnittsberechnung schon in den Jahren 1839 bis 49 von 23,900 fl. bis auf 12,800 fl. für das Jahr gesunken. Durch die Bestimmungen dieses Ablösungsgesetzes aber wurde die Summe weiter bis auf jährliche 7867 fl. vermindert. Die Gesamtsumme des Verlustes, den die Universität in Schwaben erlitt, wurde auf 11,600 fl. geschätzt. Natürlich war an Ueberschüsse der Einkünfte von dort unter solchen Umständen nicht mehr zu denken.

Infolge dieser und anderer Ausfälle und Verluste sowie der immer sich vergrößernden Ansprüche der verschiedensten Institute an die Kasse[1] machte sich das Bedürfnis einer Erhöhung des Staatszuschusses immer mehr geltend, namentlich wenn man an die Summen dachte, die Heidelberg alljährlich aus der Staatskasse bekam. In letzterer Beziehung schon wurde das Prinzip der Gleichstellung der beiden Universitäten aufgestellt, welches so viel als möglich festzuhalten sei. Zur Beratung darüber, wie die Interessen der Universität auf dem nächsten Landtag zur Sprache gebracht und vertreten werden möchten, wurde am 21. Januar 1831 eigens eine Kommission eingesetzt, bestehend aus dem Prorektor als Vorsitzenden und den Konsistorialen Buchegger als Wirtschaftsdirektor, v. Rotteck, Welcker, Duttlinger und Zell als Mitglieder der I. und II. Kammer, sowie Werk, Beck, Schultze und Schneller. Diese Kommission verfasste nun verschiedene Entwürfe, namentlich den zu einer Bittschrift an den Großherzog „um allergnädigste Aufnahme einer unseren auf edles Wirken gerichteten Wünschen entsprechenden Dotationsvermehrung in das der II. Kammer vorliegende Budget, damit die hohe Schule in Stand gesetzt werde, als teutsche Hochschule, als Schwesterschule Heidelbergs und als nach Richtung und Eifer selbstvertrauend sich jeder andern Vergleichende, zu genügen.“ – Dieser Bitte schloss sich auch die Stadt an.

Ueber die Bittschrift stattete der Forstmeister und Kammerherr v. Neveu am 5. Juni in der I. Kammer Bericht ab. [212] Infolge der Fürsprache verschiedener einflussreicher Gönner – Fürst v. Fürstenberg, Erzbischof Boll, Kurator v. Türkheim, Prof. Zell u. a. – wurde sie dem Staatsministerium und der Budgetkommission empfehlend überwiesen. An die genannten Herren wurden von der Universität alsbald Danksagungsschreiben abgesandt. – Auch betreffs des Pensionsbezugs der Universitätswittwen aus der Staatskasse könne man – wie Zell am 22. Juni berichtete – einer günstigen Entscheidung nächstens entgegensehen.

Von der II. Kammer wurde am 10. Nov. d. J. mit 27 gegen 23 Stimmen beschlossen, für die Universität Freiburg einen ständigen Zuschuss von (weiteren) 15000 fl. in Antrag zu bringen. Auch den Fürsprechern in dieser Kammer sandte man Dankschreiben. Die Abgeordneten der Universität aber in den beiden Kammern wurden in vierspännigem Wagen durch Vertreter in Emmendingen abgeholt. Einige Tage später fand[WS 1] sodann ein besonderes Universitätsfest denselben zu Ehren statt, zu welchem Beiträge gesammelt wurden.

So kamen denn im Jahre 1831 zu den 1820 bewilligten 15000 fl. weitere 15000 fl. aus der Staatskasse. Dazu kamen aber noch

1) für die Kuratel 400 fl.
2) Ohmgeldsentschädigung 4845 fl. 42 Kr.
3) als sog. Klosterrente 1297 fl. 19 Kr.
4) Ferner Zuschuss statt der aus verschiedenen kathol. Stiftungen früher geleisteten Beiträge 5000 fl.

im ganzen also 30000 + 11543 fl. 1 Kr. = 41543 fl. 1 Kr. Zuschüsse aus der Staatskasse.

Verwendet wurde der erstmalige neue Zuschuss für 1831/32 in folgender Weise:[2]

1) für die Bibliothek zur Schuldentilgung 2000 fl.
2) für den Ankauf der Bücher aus der Verlassenschaft des Freiherrn v. Baden 976 fl. 20 Kr.
3) zu Bücherneuanschaffungen 1500 fl.
4) für das Klinikum zur Bauführung für die Hebammen, zur Einrichtung des chirurgischen [213] Hörsaals, zum Ankauf eines geburtshilflichen Apparats und zur Schuldentilgung 6941 fl. 10 Kr.
5) zur Erweiterung des botanischen Gartens 2000 fl.
6) zum Ankauf der anatomisch-pathologischen Sammlung (550 fl.), der Mineralien (22 fl.) und der Bibliothek (namentlich aus dem Fach der Tierheilkunde) (297 fl.) des † Hofr. Schmiderer 869 fl.
7) für das zoologische Kabinet (Errichtung eines Dörrofens) 100 fl.
8) zur Herstellung physikalischer Instrumente 200 fl.
9) zum Ankauf eines krystallographischen Apparats 100 fl.
10) zum Ankauf der Lippertschen Daktyliothek 313 fl. 30 Kr.
15000 fl.

Für die Zukunft – also von 1832/33 an – schlug die Kommission am 22. Juni 1832 vor, „dass 11090 fl. des neuen Dotationszuschusses theils zu den verschiedenen Anstalten, theils (mit 2200 fl.) zu Besoldungen und Besoldungszulagen zu verwenden sein möchten, worin aber dem diesseitigen Ermessen lediglich heimgestellt ist, wie der Rest von 3910 fl., welchen Ansprüche im Betrage von ca. 12000 fl. gegenüber stehen, verwendet werden soll.“ Diese Vorschläge wurden aber nur mit verschiedenen Abänderungen – die alle aufzuzählen hier zu weit führen würde – vom Ministerium angenommen. Für Besoldungen, Besoldungszulagen usw. konnte freilich etwas mehr gewährt werden, da unterdessen durch längeres Nichtbesetztsein von verschiedenen Lehrstühlen eine Summe von über 6000 fl. anheimgefallener Gehalte sich aufgehäuft hatte.

Am 5. März 1833 – also noch vor der Bestätigung der erstmaligen Verwendungsvorschläge – wurde vom Ministerium der Universität und zwar zunächst der Wirtschaftsdeputation, die Frage vorgelegt, „ob es nicht vortheilhafter sei, sämtliche Güter und Gefälle der Universität Freiburg, soweit sie im Badischen liegen, durch einen Vertrag dem Staat in der Art auf eine gewisse Reihe von Jahren zu überlassen, dass der Universität der nach Durchschnittsjahren zu berechnende Ertrag [214] als eine Pacht aus der Staatskasse baar bezahlt und dieser mit der übrigen Dotation des Staates und den sonstigen Einnahmen verrechnet werde.“ Nachdem die Wirtschaftsdeputation ihre Meinung geäußert und die Angelegenheit dann auch sämtlichen Professoren zur Einsicht vorgelegt worden, fügte das Plenum nach umfassender Beratung[3] den Betrachtungen der Wirtschaftsdeputation noch folgendes hinzu: Die Universität sei keine unmittelbare Anstalt des Staates, sondern nur eine mittelbare, die mit ihrer selbstständigen Dotation zum Staat in einem Verhältnis stehe, wie z. B. das Erzbistum. Darin scheine eine rechtliche Unmöglichkeit zu liegen, der Universität die Selbstverwaltung ihres Vermögens so abzunehmen, wie dies bei unmittelbaren Staatsanstalten geschehen könne. Die Verwaltungsmissbräuche, die etwa ein Grund zu einer Verwaltung durch den Staat sein könnten, seien schon seit der Untersuchung durch den Hofgerichtsdirektor Hartmann im Jahre 1811[4] geschwunden. Schließlich sei zu erwägen, dass die Universität im Jahre 1808 infolge höchster Staatserlaubnis für mehr als 200 000 fl. Staatsgüter angekauft habe, und dass sie dieses nie getan hätte, wenn sie je daran hätte denken können, dass ihr die Selbstverwaltung ihrer Güter je würden entzogen werden.

Auf diese Erklärung hin blieb die Sache auf sich beruhen.

Dagegen hielt es die Regirung doch nicht für überflüssig, wieder einmal, wie 1811 (s. oben) selbst einen Einblick in die innern, namentlich die finanziellen Verhältnisse der Universität an Ort und Stelle zu tun. Sie schickte deshalb im Juli 1836 den Staatsrat Nebenius als Kommissär nach Freiburg. Nach dessen eigenen Worten war der Zweck seines Kommens der, mit den verschiedenen akademischen Behörden, „die im Interesse des akademischen Unterrichts, der Institute und der Oekonomie der Hochschule ihm begründet scheinenden Vorschläge zu machen.“ Er besichtigte sämtliche Institute der Hohen Schule, besprach sich über die Bedürfnisse und beriet namentlich mit der Wirtschaftsdeputation über den Haushalt.[5] [215] Die Ergebnisse nannte er in einer Senatssitzung am 21. Juli sehr erfreuliche, es herrsche überall Ordnung usw. – Die Vorschläge, die er wegen verschiedener Institute machte, werden später zu erwähnen sein.

Schon im Jahre 1832 hatte man, wie oben erwähnt, die Bemerkung gemacht, dass dem jeweiligen Ueberschuss doch immer Ansprüche in weit höherem Betrag entgegenstehen. Mit Rücksicht auf diese Tatsache wagte man es denn auch am 28. Juli 1837, eine Vorstellung nach Karlsruhe zu senden, in der um die Aufnahme eines vorübergehenden Dotationszuschusses von 3000 fl. in das Staatsbudget gebeten wurde. Und wirklich war die Universität so glücklich, durch gnädigsten Entschluss des Großherzogs schon vom 30. Juli die Bitte erfüllt zu sehen. Dieser Zuschuss wurde denn bis 1841 gewährt, für die weiteren zwei Jahre 1841–43 trat dann eine Herabsetzung auf 1560 fl. ein; vgl. Pfister S. 164.

Weniger geneigt zeigten sich in denselben Julitagen 1837 die Ständekammern der Universität gegenüber. Trotzdem der Abgeordnete Trefurt in seinem Bericht der Budgetkommission am 24. Juli betonte, dass – wie schon auf den frühern Landtagen zugestanden worden war – die Universität Freiburg „besonders in Anbetracht ihrer Schuldenlast, jedenfalls im Verhältnis zu den Ansprüchen, welche an ihre Leistungen für den Lehrzweck gemacht werden müssen, nicht übermäßig dotirt“ sei, trotzdem auf die Mangelhaftigkeit mancher Anstalten der Universität, namentlich auf die bedeutenden Lücken der Bibliothek in der neueren Literatur hingewiesen wurde: zeigte sich doch die II. Kammer am 26. Juli äußerst zurückhaltend gegen die Forderungen der Hohen Schule und strich schließlich[6] an den oben genannten 41,543 fl. wenigstens die [216] für den Kurator geforderten 400 fl. – während für die Universität Heidelberg die geforderte Summe von 85,223 fl. anstandslos bewilligt wurde. – Von diesen verbliebenen 41,143 fl. müssen aber 11,143 fl., d. h. die oben genannten Nummern 2, 3 und 4, abgerechnet werden, da sie nur Entschädigungssummen für entzogene Gehälter sind; sonach bleibt ein reiner ständiger Staatszuschuss von 30 000 fl. Dieser erhöht sich nur noch im Jahre 1843 durch 2000 fl., die für eine staatswirtschaftliche Lehrkanzel bewilligt wurden.

Eine neue Ueberraschung, die überhaupt als allgemeine Merkwürdigkeit bezeichnet zu werden verdient, brachte der Universitätskasse das nächste Jahr. Auf einmal nämlich kam die Aufforderung zur Bezahlung einer aus den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts herrührenden Kriegskontributionsschuld von 23 fl. 32 Kr. nebst Zinsen von 33 fl. 4 Kr.[7] Der Senat richtete am 7. Mai 1838 eine Bitte an das Ministerium d. I., beim Finanzministerium sich zu verwenden, „dass von rubrizirter Forderung und zumal von den Zinsen derselben Umgang genommen und der Betrag bei der Steuerkasse in Abgang dekretirt werde.“ Aber die Forderung wurde vom Ministerium am 17. Januar 1840 nochmals gestellt, worauf der Senat wol oder übel am 3. März der Wirtschaftsdeputation befahl, die Summe auszuzahlen. In ähnlicher Weise war am 31. Dez. 1838 ein Schreiben vom Großh. Hauptsteueramt Freiburg eingereicht worden, nach dem die Hohe Schule einen Rückstand an der Rütteler Kriegskontribution samt Zinsen im Betrag von 56 fl. zu bezahlen hatte.

Es wurde schon früher erwähnt, dass die Universität den Verlag des oberrheinischen Anzeigeblattes zu vergeben hatte. Dieses Recht behielt sie bis 1840. Da kam am 7. Okt. dieses Jahres folgender Ministerialerlass: „Durch das nachträgliche Budget pro 1839/41 ist für die hiesige Universität pro 1840 eine Dotations-Ergänzung von 2421 fl. genehmigt worden, und zwar als Ersatz für die von dem Verleger des [217] Anzeigeblattes des Oberrheinkreises dorthin bezahlte Summe seines ganzen Pachtzinses von jährlichen 1800 fl., sodann für den von der Amtskasse aus dem Pachtzins des Verlegers des Anzeigeblattes für den Seekreis geleisteten Zuschusses von jahrlich 621 fl., welche Beträge budgetmäßig künftig in die Amtskasse fließen sollen . . . .“

Im Verlauf der vierziger Jahre gestalteten sich die Verhältnisse der Universitätskasse im allgemeinen immer günstiger. Die Ueberschüsse wurden schließlich so bedeutend,[8] dass im Jahre 1844 auf eine Anfrage des Ministeriums, ob eine Erhöhung der staatlichen Dotation oder ein einmaliger Zuschuss nötig sei, die Universität erwidern konnte, infolge der günstigen Lage der Finanzen sei man in den Stand gesetzt, auf einen Wunsch in dieser Hinsicht zu verzichten.

Dass diese günstigen Verhältnisse der Hohen Schule keine geringe Anzahl von Neidern erregte, konnte nicht ausbleiben. Auf diesen Beweggrund ist wol in letzter Linie auch z. B. eine Aufsehen und Entrüstung erregende Verleumdung in Nro. 281 der Augsburger Allg. Zeitung des Jahres 1841 zurückzuführen. Daselbst wurde in einem Artikel, in dem von „kleinen Universitäten in der Nähe des Rheins“ die Rede war, u. a. behauptet, dass nicht selten Engländer, Amerikaner und in neuester Zeit besonders Franzosen bloß mittelst Einsendung der herkömmlichen Gebühren sich den Doktortitel von diesen Hochschulen zu verschaffen gewusst hätten; „namentlich“ – so heißt es am Schluss – „soll dieser Fall mehrmals zu F. vorgekommen sein.“ In gerechtem Unwillen über solche Schmähung ließ man natürlich alsbald die genannte Zeitung um Aufnahme einer Erwiderung bitten, worin gesagt wurde, dass bei Verleihung des Doktorgrades in Freiburg so gewissenhaft als an irgend einer Universität in Deutschland verfahren werde und die angegebene Tatsache noch nie vorgekommen sei, man müsse daher diesen Versuch, die Universität vor der Welt zu verdächtigen und zu verunglimpfen, mit Abscheu zurückweisen.

Die vermehrten Ueberschüsse kamen wiederum in diesen Jahren vermehrten Anforderungen, die an die Kasse im Interesse [218] des wissenschaftlichen Fortschritts gemacht wurden, zu gute. Wie die für die einzelnen Institute ausgeworfenen Gelder sich mehrten, das kann uns aber auch – abgesehen von den aus Einkommensüberschüssen geleisteten außerordentlichen Unterstützungssummen – eine Vergleichung der in den Jahren 1820–30 und der im Jahre 1846 für dieselben ausgeworfenen Aversalgelder zeigen.[9]

1820–30 1846
1. Bibliothek 1600 fl. 2000 fl.
2. Chemie 180 250
3. Anatomie 200 350
4. Chirurgie Apparate 140 200
Leichenanschaffungen 75
5. Physiolog. Laboratorium 100 100
6. Vergleichende Anatomie 150
7. Veterinärkunde 20 120
8. Pharmakologie 20
9. a) Physikal. Kabinet 291 300
b) Mathemat.     „ 159
2531 fl. 3715 fl.

Ein Rückschlag für das günstige Fortschreiten der Finanzen erfolgte in der Revolutionszeit:[10] Die Einnahmen stockten, strenges Eintreiben war unmöglich, und die Universität sah nicht nur die Ueberschüsse schwinden, sondern musste sogar Kapital aufnehmen. Dazu kamen Kosten für Einquartirungen, Kriegskosten u. a. m.[11]

Nach der Verwirrung und den schlimmen Tagen der Revolution – über die unten im Zusammenhang zu sprechen ist – fand am 27. Oktober 1849 eine neue Finanzprüfung [219] bei der Universität, und zwar namentlich der Studienstiftungskasse statt. Die Kommission fand „Wolgefallen an dem gut geordneten Stand des Kassen- und Rechnungswesens“ und ließ solches auch dem Stiftungsverwalter (Maier) ausdrücken mit dem Bemerken, „wie man seiner Tätigkeit die tunlichst baldige Verminderung der durch die Zeitverhältnisse etwas stark angewachsenen Zinsausstände erwarte.“ Die wichtigste von den bei dieser Gelegenheit aufgeworfenen Fragen, „ob nicht die akademische Stiftungskommission entbehrlich sei,“ wurde von Senat und Kuratorium (Mai 1850) verneint. Die Vereinigung sämtlicher Studienstiftungen in der Hand eines Verwalters sei zwar wünschenswert, allein infolge gewisser Bestimmungen mehrerer Stiftungsurkunden – z. B. der Stiftungen Hänlin und Weidenkeller, die den Notarius universitatis d. h. den Syndikus zum Prokurator ernennen, – sei eine Veränderung so lange nicht möglich, als die Stelle eines Syndikus bestehe.

Wie schon oben erwähnt, war während derselben Revolutionsjahre durch die Zehntablösung in Würtemberg der Universität ein großer Verlust erwachsen. Die Regirung verlangte nun auf das Jahr 1852 eine Dotationserhöhung von 11,600 fl., um die Hohe Schule billigerweise für den Abgang dieser Gefälle im Schwäbischen zu entschädigen. Die Mehrheit der Kammer war aber auch hier wiederum der Universität nicht so günstig gesinnt; der endgiltige Kommissionsantrag lautete vielmehr dahin, statt genannter Summe nur einige Pensionen im Betrag von 3143 fl. 20 Kr. auf den Staatspensionsfond und eine Erhöhung der Dotation von 1000 fl. zu übernehmen. Im Bericht wurde hervorgehoben, dass die Einnahmen der Universität wechselnd seien, oft Ueberschüsse gewähren,[12] welche zur Verteilung kommen, statt zur Deckung späterer Ausfälle aufbewahrt zu werden; ferner, dass über die Einkünfte in Schwaben ein sicherer Anhaltspunkt ganz fehle, jedenfalls aber auch eine Verminderung der Ausgaben durch Aufhebung besonderer Verwaltungen zu erwarten sei, und endlich, dass die Universität 74,328 fl. Aktivkapitalien und nur 15,107 fl. Schulden habe. Ein Rechtsanspruch auf Ersatz verloren gegangener Gefälle bestehe nicht. – Letzterer [220] Ansicht gegenüber machte (in der Sitzung vom 1. März 1852) Zell darauf aufmerksam, dass jener Ersatz doch wenigstens Ehrenpflicht des Staates sei, weil der Verlust der genannten Gefälle den Fortbestand der Universität selbst in Frage stelle; denn wenn auch die Rechnungen der Universität jenen Verlust nicht genau angäben, so dürfe man doch annehmen, dass sie wenigstens um die Hälfte geschmälert worden sei. Schließlich wurde mit 30 gegen 28 Stimmen ein Antrag Trefurts angenommen, der außer der Pensionsübernahme 3000 fl. (statt 1000) bewilligte.

Diese 3000 fl. zusammen mit dem bisherigen 32 000 fl. reinen ständigen Staatszuschusses machen (von 1852 bezw. 1853, wo sie zum ersten Mal ausbezahlt wurden, an) 35 000 fl. Rechnen wir die unterdessen[13] auf 13564 fl. 1 Kr. erhöhten Entschädigungen für entzogene Gefälle hinzu, so ergeben sich 48564 fl. 1 Kr., was den bei Pfister S. 169 genannten 83252 M. 58 Pfg. gleich ist.

Diese Zahlen zeigen uns, wie schon unter der Regirung des Großherzogs Leopold die vom Staat gewährten Unterstützungen wenn auch langsam, so doch stetig sich mehrten, und wie der edle Fürst den Grund gelegt hat, auf dem weiterbauend sein Sohn, unser gegenwärtig regirender Großherzog Friedrich in warmer Fürsorge durch immer erhöhte Spendungen der Universität zusammen mit anderen Faktoren es möglich gemacht hat, das zu leisten, was sie heute leistet.


II. Zeitweilige Schliessung und Neugestaltung der Universität.

Schon unter der Regirung des Großherzogs Ludwig war es in den jugendlichen Landständen zu heftigen Auftritten gekommen und hatten die Verfassungskämpfe eine ganz bedrohliche Gestalt angenommen. Dass an diesen Kämpfen gerade Mitglieder der Universität Freiburg hauptsächlich beteiligt, ja sogar die Stimmführer der immer mit größerer Heftigkeit der Regirung gegenübertretenden freisinnigen Partei waren, ist schon oben bei Gelegenheit erwähnt worden. Nur aus dem Bestreben, diese Männer der Opposition bei den [221] Ständekammern mundtot zu machen, ist auch die erwähnte Urlaubsverweigerung zu erklären. Aber solche Versuche und Maßregelungen erhitzten die Gemüter nur noch mehr und vereinigten die Volksgunst in noch höherem Grad auf die Namen jener Männer, eines Rotteck, Duttlinger, Welcker u. a. Zwar war der Landtag 1824 aufgelöst und durch Machtdruck ein gefügigerer zusammengebracht worden, der ein Gesetz annahm, welches statt der bisher alle zwei Jahre vorgenommenen teilweisen Erneuerung der Abgeordnetenwahlen eine alle 6 Jahre vorzunehmende Gesamterneuerung brachte. So fielen denn die neuen Wahlen nicht mehr in die Regirung Großherzog Ludwigs, sondern in die seines bürgerfreundlicheren Nachfolgers Leopold. Dass sie 1831 fast ganz in liberalem Sinne ausfielen, dazu hatte die durch die Julirevolution hervorgerufene Gärung das ihrige noch hinzugetan. Eine der ersten großen Errungenschaften dieses neuen Landtags war[14] die endlich erlangte Pressfreiheit bezw. ein von der Regirung vorgelegtes Pressgesetz, das im allgemeinen die Presse freigab. Von Welcker war die Motion in der Kammer gegeben, von seinen Kollegen von der Hohen Schule der Antrag unterstützt worden. Welcker, Rotteck und Duttlinger gaben auch alsbald – am 1. März 1832, dem Tag, an welchem die Pressfreiheit ins Leben trat – eine „zensurfreie, liberale, politische Zeitung,“ genannt „Der Freisinnige, Freiburger politische Blätter“, heraus. Das Erscheinen dieses Blattes wurde jedoch schon am 24. Juni desselben Jahres, da es die gegebene Freiheit gleich in schroffster Weise missbraucht habe, verboten.[15]

[222] Bei dem überaus festlichen Empfang der Abgeordneten des Landtags nach Schluss der Sitzungen am 4. Januar 1832, beteiligten sich, da ja vier der Gefeierten – Zell, Rotteck, Duttlinger, Welcker – der Universität angehörten, in ganz hervoragender Weise das Lehrerkollegium und die Studenten. In dem Zug der den Heimkehrenden bis Emmendingen entgegenkam, waren Marschälle der Studenten sowie ein Sängerchor derselben auf geschmückten Wagen; ferner eine Abordnung des Konsistoriums mit zwei vierspännigen Ehrenwagen, vor ihnen ebenfalls Marschälle, von denen einer die Fahne trug mit der Aufschrift „Pressfreiheit!“ Weiter hinten im Zug kamen nochmals Marschälle der Studirenden, ein zweiter Sängerchor und eine Abordnung der Akademiker in 5 vierspännigen Ehrenwagen, vor ihnen wieder Marschälle, einer mit einer Fahne, welche die Inschrift trug „Konstitutionelle Wehrverfassung!“ – In Freiburg selbst hatten sich unterdessen die Akademiker in großem Fackelzug, „welchen wir hier noch nie glänzender sahen,“[16] vom Zähringer Tor an durch die ganze Kaiserstraße aufgestellt. Eine unübersehbare Menschenmenge wogte durch die Straßen der Stadt. – Am Schluss des Festes begab sich der Fackelzug mit der Musik und dem Sängerchor vor die Wohnungen jener Abgeordneten, welche zugleich Universitätslehrer waren, „um jedem einzeln ein wiederholtes Lebehoch zu bringen.“

Am 1. März, dem Tag, wo die Pressfreiheit in Kraft trat, gingen die Freudenbezeugungen noch einmal los. In der Mitternachtsstunde vom 29. Februar auf den 1. März wurden von den Studenten auf den Höhen des Schlossbergs einige Freudenfeuer angezündet und der Anbruch des wichtigen Tages durch Schüsse kundgetan. Dann begaben sich die Studenten in langem Zuge vor die Wohnungen Welckers, des Begründers der Motion auf Einführung der Pressfreiheit, Rottecks, Duttlingers und Zells und brachten ihnen Ständchen.[17]

[223] Solche Demonstrationen, welche man aus einer regirungsfeindlichen Gesinnung der Universität und bezw. namentlich der Studenten – die nicht zum erstenmal ihre Uebereinstimmung mit den Oppositionsmännern unter ihren Lehrern zu Schau trugen – herleitete, zusammen mit den in den vorangegangenen Jahren nicht seltenen Ausschreitungen von Akademikern waren es, die das Ministerium zu dem Erlass vom 14. Juli 1832 aufreizten, in welchem „alle Aufzüge, Nachtmusiken, Fackelzüge und andere dergl. Feierlichkeiten bis auf weitere Weisung unbedingt untersagt und der Inhalt des § 44 der akad. Gesetze[18] in extenso republizirt“ wurde. Ferner aber wurde „für den Fall eines Aufstandes oder einer gewaltsamen Widersetzlichkeit der Akademiker“ nicht nur Gewalt entgegen angedroht, sondern sogar die Schließung der Universität auf unbestimmte Zeit in Aussicht gestellt. Aus allem ging – nach der Ansicht des Konsistoriums (16. VII) – hervor, dass nach Karlsruhe „die allerungünstigsten und ebenso unwahren Nachrichten über den Geist und die Stimmung der Akademiker in Freiburg gelangt sein müssen.“[19] Natürlich musste man trotzdem Folge leisten und den Erlass anschlagen.

In der gleichen Sitzung ließ das Konsistorium dem Gemeinderat wegen des mit diesem Gegenstand in Verbindung stehenden Planes einer zu errichtenden Bürgergarde antworten, „man glaube nicht, dass eine solche Einrichtung gerade jetzt [224] nöthig sey, indem man keine Ruhestörung befürchte. Sollte sich die Lage der Sache ändern, so sey man ganz wohl geneigt, das Erforderliche zu verfügen, damit auch eine Anzahl von Akademikern an der Einrichtung theilnehme, und zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung mitwirke.“ Sechs Tage später ließ man unter Hinweisung auf die höchste Verordnung im Regirungsblatt Nro. 31 durch Anschlag am schwarzen Brett verkünden, es bleibe zwar jedem einzelnen unbenommen, sich in den Waffen zu üben, dagegen könnten öffentliche Aufzüge und Waffenübungen mehrerer unterbleiben, „es sey denn, dass die Staatsregirung, wie dies bei dem Bürgermilitär der Fall ist, besondere Erlaubnis dazu erteilt hat.“

Dass in solchen Zeiten von Ruhestörern gern jede Gelegenheit benutzt und anderseits von böswilligen Leuten jede Kleinigkeit aufgebauscht wird, ist bekannt. Kein Wunder also, wenn das Konsistorium, als zur offiziellen Kenntnis gelangt war, dass eine Anzahl von Personen dem auf den 29. Juli angekündigten Feste[20] in Ettenheimmünster beiwohnen wollte in der Absicht, Unruhen zu erregen, am Tag zuvor durch Anschlag die Studirenden von der Teilnahme an jenem Feste abmahnen, sogar denselben solche ernstlich untersagen ließ.

Um den jeweils auftauchenden falschen Gerüchten entgegenzutreten, wurde am 28. Juli d. J. auf den Vorschlag Welckers eine Kommission eingesetzt – Prorektor Baumgärtner, Schreiber, Welcker, Beck, Perleb –, welche eine Vorstellung an den Großherzog beraten und abfassen sollte. Der Inhalt sollte sein „eine Schilderung des jetzigen Zustandes der Universität und des Geistes derselben.“ Die Schrift, am 31. Juli dem Konsistorium vorgelegt und mit einigen Abänderungen genehmigt, wurde schon am 1. August in die Residenz abgeschickt – auch dem Ministerialdirektor Staatsrat Nebenius, damit derselbe dem Großherzog darüber wolwollend berichte. – Welcker äußerte sich auch bald nachher (11. Aug.) in der Kammer dahin, dass entgegen den vielfachen verleumderischen und übertreibenden Gerüchten Freiburg in einer Zeit, wo verbrecherische Attentate und Verbindungen sich unter der akademischen [225] Jugend an mehreren anderen Orten gezeigt, sich davon ganz rein erhalten habe.

Aber das alles vermochte nicht, das Misstrauen, welches in regirenden Kreisen gegen die Universität herrschte, aus der Welt zu schaffen. Und nachdem diese erbitterte Stimmung einmal da war, hätte selbst ein geringerer Anlass genügt, die Katastrophe herbeizuführen. Um so unausbleiblicher war diese, nachdem gerade am Geburtstag des Großherzogs, 29. Aug. 1832, arge Ausschreitungen vor der Hauptwache vorgekommen, an denen auch wenige[21] Akademiker beteiligt waren. Wie aus den erst am 24. Juli 1834 zum Abschluss gekommenen Verhandlungen hervorgeht, war der Verlauf folgender. Durch das schon früher verbotene Lied: „Burschen heraus!“ wurde zunächst zur Teilnahme aufgefordert. Dann gings in wildem Zug durch die Straßen unter Absingen der Hambacher Lieder. Unterwegs wurde einem wegen schwerer politischer Vergehen Verhafteten ein Vivat gebracht. Nach dieser „würdigen“ Vorbereitung erfolgte – z. T. unter weiterer Absingung verbotener Lieder – die tumultuarische Aufstellung vor der Hauptwache, wo es zu einem Kampf mit dem Militär kam, bei dem jedoch die Akademiker bald den Platz räumten. Dabei wurden namentlich die zwei Pedellen der Universität „arg misshandelt.“[22] Die ganze Sache schien auf einer – verbotenen – Versammlung verabredet worden zu sein.

Diese Auftritte also wurden bei ihrer offenbaren burschenschaftlichen Tendenz und weil die meisten der Teilnehmer einer verbotenen Gesellschaft Germania (s. unten) angehörten, als eine Beleidigung des Landesherrn und als ein Hohn auf alle gutgesinnten Bürger, welche festlich seinen Geburtstag begingen, angesehen.

[226] So traf denn als Antwort darauf das längst Befürchtete ein: Das Regirungsblatt Nro. 50 vom 12. September 1832 brachte die Großh. Verordnung der Schließung der Universität. Als Grund wird genannt „die verderbliche Richtung, welche die Universität Freiburg seit längerer Zeit in politischer[23] und sittlicher Hinsicht dem größeren Teil nach genommen hat, und der daraus hervorgegangene nicht minder verderbliche Einfluss auf die wissenschaftliche Bildung der Studirenden selbst . . . . . .“ Auch wird betont, dass trotz aller Ermahnungen und der schon erfolgten Drohung der Schließung am 29. August ein abermaliger Vorgang stattgefunden, „der einen neuen Beweis von der Verhöhnung der Gesetze, sowie von gänzlichem Mangel des Gefühls für Schicklichkeit und Anstand liefert.“ Sodann aber wird „im Interesse des gesamten Landes, sodann der Eltern insbesondere, welche ihre Söhne dieser hohen Schule anvertrauen, in Rücksicht auf die Einwohner der Stadt Freiburg, deren Ruhe so oft durch Ausgelassenheit der Studenten gestört worden ist, vor allem aber um, statt des bisherigen mühelosen, eiteln und leichtfertigen politischen Treibens, zum gründlichen Studium zurückzuführen, die Wissenschaft wieder in ihre hohe und ernste Würde einzusetzen, durch sie die Schüler zu veredeln, und solche für das Leben wahrhaft tüchtig zu machen“ beschlossen:

1) Es soll „eine zweckmäßige, die seitherigen Gebrechen beseitigende Reorganisation der Universität Freiburg, sowol in ob- als in subjektiver Richtung“ eintreten.

2) Bis zur Verkündigung dieser letzteren bleibt die Universität geschlossen.

3) Sämtliche Studirende, die nicht ihren ständigen Wohnsitz in Freiburg haben, haben binnen 2 mal 24 Stunden von dem Augenblick an, wo diese Verordnung durch öffentlichen [227] Anschlag verkündet ist, aus der Stadt sich ruhig zu entfernen und in ihre Heimat zu verfügen.

Zugleich mit der Mitteilung dieser Verordnung gab die Kuratel am 14. Sept. Nachricht von der erhaltenen Zusicherung, dass die neue Organisation der Universität so beschleunigt werden solle, dass die Vorlesungen wieder zur gewöhnlichen Zeit beginnen können[24] und weder die Lehrer noch die Studirenden, noch die Bürgerschaft durch die Maßregel der Schließung besonderen Nachteil leiden würden. Die Verkündigung wurde alsbald ad valvas angeschlagen und eine Kommission eingesetzt, um Mittel und Wege zu beraten, „in der gesetzlichen Bahn dasjenige zu erhalten, was, wenn die Tatsachen, worauf die Maßregeln der Schließung der Universität (inmitten der Ferien) allein gegründet seyn können, gehörig aufgeklärt sind, eine gerechte und weise Regirung der Gerechtigkeit und dem öffentlichen Wohl angemessen zu seyn selbst erachten werde.“ Diese Kommission ließ durch eines ihrer Mitglieder, Zell, eine Adresse an den Großherzog aufsetzen, in welcher gebeten wurde, einen außerordentlichen Kommissär nach Freiburg zu senden, um eine eingehende Untersuchung aller Tatsachen gemeinschaftlich mit dem Kurator zu bewerkstelligen und zu beschleunigen, „damit der Druck der vorläufigen außerordentlichen Maßregel, welche der Natur der Sache nach Unschuldige, ohne alles vorhergegangene Verhör treffen müsste, gewiss ganz den höchsten Intentionen Ew. K. H. selbst gemäß, in möglichster Bälde wieder aufhören möge.“ Mit dieser Schrift reisten gleich in der Frühe des andern Tages (17. Sept.) der Prorektor Baumgärtner und die Professoren Schreiber, Duttlinger, Beck und Zell selbst nach Karlsruhe, um auch mündlich dem Großherzog und seinen Räten und Ministern „die große Angelegenheit der Universität“ vorzutragen. Aus dem Bericht, den sie am 22. Sept. über ihren Empfang gaben, ging nach der Ansicht des Konsistoriums so viel hervor, „dass man die Deputation nicht ungern gesehen [228] habe, und dass man zu Hoffnung berechtigt sey, von diesem Schritte nützliche Folgen zu erwarten“ – zumal auch, wie oben erwähnt, Abgeordnete der Stadt in der gleichen Sache erschienen waren. Natürlich beschloss man, auch die Aufwartung bei dem demnächst in Freiburg zu erwartenden Besuch des Großherzogs zu benutzen und ihm „den Ausdruck des Bedauerns über die Schließung der Universität, Dank für die Schnelligkeit der zugesicherten Wiedereröffnung und Empfehlung der Anstalt in den Schutz S. K. H.“ zu überbringen.

Was nun die von der Regirung betonte Notwendigkeit der Schließung als des letzten und äußersten Mittels, um Ruhe und Ordnung herzustellen, betrifft, so hat man das in Freiburg, insbesondere vonseiten der Universität selbst, nie zugegeben. Freilich[25] sei eine strafbare Ausschreitung der Studirenden vorgekommen. Aber die aktenmäßige Aufklärung ergebe, dass das Gerücht diesen Vorfall entstellt und übertrieben habe. Die Maßregel der Schließung sei also unverhältnismäßig stark und der Gerechtigkeit nicht gemäß gewesen. Eine verkehrte politische Richtung der Studenten sei in Freiburg jedenfalls in viel geringerem Maße als auf verschiedenen anderen deutschen Universitäten zu finden gewesen.

So viel von der Schließung der Universität. Worin bestand nun die in Aussicht gestellte notwendige „Reorganisation in ob- und subjektiver Richtung?“

Die Antwort gibt uns die Verordnung des Großherzogs aus dem Staatsministerium vom 23. Sept. 1832. (Regirungsblatt vom 27. d. M.) Dieselbe bestimmt, dass das bisherige (seit 1767 bestehende) Konsistorium aufgehoben und an die Stelle desselben ein akademischer Senat und eine Plenarversammlung sämtlicher Professoren gesetzt wird. Der Senat besteht aus dem Prorektor, dem Exprorektor und vier Mitgliedern aus den verschiedenen Fakultäten, also aus 6 Personen. Von diesen treten nach Artikel 4 außer Prorektor und Exprorektor – die je ein Jahr im Senat bleiben – am Schlusse jedes Semesters nach der Reihenfolge des Eintritts in den Senat zwei aus. Die Austretenden können wieder gewählt werden, jedoch [229] soll die ununterbrochene Dauer der Dienstzeit eines Mitglieds 3 Jahre nicht übersteigen. Artikel 5 besagt: „Die … Mitglieder werden, bis auf gutfindende Aenderung der Ernennungsweise, auf den Bericht des Senats und nach erhobenem Gutachten des Kurators der Universität von Unserem Minist. d. I. ernannt. Die erste Ernennung sämtlicher Mitglieder des Senats mit Einschluss des Prorektors behalten Wir uns aus.“ Letzteres geschah an demselben 23. September. Zum Prorektor wurde Hofrat Beck ernannt.

Auf diesen Senat gingen nun alle Geschäfte des bisherigen Konsistoriums über. Doch hörte das von letzterem geübte Recht, die Universitätswirtschaftsbeamten und niederen Diener selbst anzustellen, auf; der Senat hatte nur das Recht, dem Ministerium gutachtliche Vorschläge zur Neubesetzung solcher Stellen zu machen.

Der Plenarversammlung bleibt (nach Art. 10) vorbehalten das periodisch aufzustellende Budget und die damit in Verbindung stehenden Wirtschaftspläne. Ferner wird die Berufung des Plenums natürlich auch für andere wichtige Angelegenheiten vorbehalten. Dagegen dürfen Disziplinarsachen niemals, andere Sachen nur mit Genehmigung des Kurators vor das Plenum gebracht werden.

Von andern Bestimmungen dieser Verordnung nenne ich nur noch folgende:

(Art. 11). „Die Mitglieder des Ephorats ..... werden auf gleiche Weise, wie die des Senats, aus den 4 Fakultäten ernannt.“

Art. 12 spricht von den Befugnissen des Ephorats und bestimmt, dass dasselbe vierteljährig seine Wahrnehmungen dem Senat mitzuteilen habe.

(Art. 13). „Ueber alle vorkommenden Disziplinarvergehen und die von dem Universitätsamte und dem akademischen Senate ergangenen Erkenntnisse in Disziplinarsachen soll dem Kurator[26] von dem Universitätsamtmann monatlich ein Verzeichnis vorgelegt werden.......“

Der letzte (16.) Artikel endlich bestimmte, dass der neue Senat längstens bis zum 15. kommenden Monats (Okt.) gebildet, [230] sofort die Universität wieder eröffnet und die Vorlesungen am 5. Nov. wieder begonnen werden sollen. – Die erste Sitzung des Senats fand (unter dem Vorsitz Becks) am 5. Okt., die erste des Plenums am 5. Nov. statt. In jener ersten Senatssitzung erklärte Rotteck zu Protokoll, dass er der künftigen landständischen Kammer anheimstellen werde, ob die Universitätsverfassung ohne Gesetz so gerade hin habe verändert werden konnen – „ein durch die Konstitution garantirter Körper durch ein Regirungsreskript!“ – Er legte diese seine Beschwerde der Kammer auch am 15. Okt. 1833 vor und beklagte es namentlich, dass das frühere freie und selbständige Kollegialverhältnis der Lehrer der Universität in eine despotische Verfassung umgewandelt worden sei, was nicht durch einfaches Regirungsdekret, sondern bloß im Wege der Gesetzgebung hätte geschehen können. Zum Schluss legte er öffentlichen Protest gegen dieses Verfahren ein. Staatsrat Winter erwiderte darauf: Die Regirung habe die Ueberzeugung gehabt, dass die bestehenden Einrichtungen nichts mehr taugten. Die Bande der Disziplin seien in Freiburg aufgelöst gewesen und der Hauptgrund dazu in den inneren Einrichtungen gelegen, die notwendigerweise eine Schlaffheit im Vollzug der Gesetze hätte herbeiführen müssen. Man habe notgedrungen die Einrichtungen getroffen, die auf der andern Landesuniversität und fast überall beständen. Die Exekutivgewalt sei in der neuen Verfassung mehr zusammengezogen und dadurch wirksamer gemacht worden.[27]

Auch Zell sprach sich – in der I. Kammer – über die neue Einrichtung' wie Rotteck aus, nur dass er auch ihre guten Seiten nicht verkannte. Die alte Einrichtung, meint er, habe namentlich den Vorzug gehabt, dass durch die gleiche Berechtigung und die fortwährende Teilnahme aller Professoren [231] das Interesse derselben an der Anstalt stets rege erhalten worden und dass auch ein Mittel darin enthalten gewesen sei gegen alle nachteilige Einseitigkeit in der Leitung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Freilich habe diese Einrichtung auch ihre entschiedenen Nachteile gehabt: Die Zeit und das Interesse, für diese oft wenig wichtigen Beratungsgegenstände aufgewendet, gingen für wissenschaftliche Beschäftigungen verloren; es gab leicht Gelegenheit zu innern Zwistigkeiten, und die Handhabung der akademischen Zucht war erschwert, weil die Entscheidungen nach der wechselnden Zahl und Abstimmung der jedesmal anwesenden Mitglieder wechselten. Für die Besorgung der laufenden Geschäfte, so schließt Zell, dürfte also wol die neue Einrichtung den Vorzug verdienen. Jedenfalls dürfe man sie nicht, wie in einer öffentlichen Versammlung[28] geschehen, despotisch nennen, man müsste denn jede auf Wahl beruhende repräsentative Regirungsform so bezeichnen.

Allgemein kann man sagen, dass die bisherige republikanische Verfassung der Universität in eine mehr aristokratische umgewandelt worden sei. Trotz aller anscheinenden Ausführlichkeit in den Bestimmungen der genannten Verordnung vom 23. Sept. 1832 war doch noch manches in dieser neuen Verfassung unbestimmt und zweifelhaft, so namentlich inbetreff der Befugnisse des Prorektors. Das Ministerium sah sich in dieser Beziehung genötigt, in einem Erlass vom 31. Dez. 1832 folgende genauere Bestimmungen zu geben: „… Im allgemeinen hat der Prorektor gegenüber dem Senat keine andere Stellung als früher gegenüber dem Konsistorium. Jedenfalls aber muss es demselben freistehen – als eine Art „Direktorialsgewalt“ besitzend – 1) in Strafsachen ohne Aufschub des Vollzugs der Senatsbeschlüsse zum Zweck künftiger Anordnungen, sowie in Fällen, die ihm als geeignet erscheinen, dem Kurator zu ..... Einschreitung gerechte Veranlassung zu geben, dem Kuratorium Direktorialberichte zu erstatten, und 2) in andern Sachen, bei wichtigeren, seinen Ansichten zuwiderlaufenden Beschlüssen des Senats seien Bedenklichkeiten und Anstände vor dem Vollzug dem Kurator vorzutragen.“

Der Lehrkörper der Hohen Schule konnte sich übrigens lange nicht recht an die neue Einrichtung gewöhnen und [232] sehnte sich immer nach der alten Verfassung zurück. Oeffentlich zum Ausdruck kamen diese Wünsche zunächst am 15. Januar 1842, wo sie die Abgeordneten Prof. Welcker und Universitätsadministrator Schinzinger vor die II. Kammer brachten. Man möge doch die von Kaiser Joseph II. eingeführte Konsistorialverfassung, wonach alle ordentlichen Lehrer Sitz und Stimme hatten, der Universität wiederum geben, oder aber doch wenigstens die frühere Einrichtung, wonach der jeweilige Prorektor, die vier Senioren der Fakultäten und die vier Dekane die akademische Oberbehörde bildeten, da dieselbe zweckmäßiger sei als die jetzige Senatsverfassung.[29]

In ähnlichem Sinn machte am 11. Juni 1843 die medizinische Fakultät den Vorschlag, man möge die jeweiligen Dekane der vier Fakultäten in den Senat aufnehmen, um denselben zu vergrößern.

Aber von einem offiziellen Antrag oder einer Bitte um irgend welche Abänderung erfahren wir nichts bis im Jahre 1848. Damals erst ließ das Plenum am 1. April beim Ministerium d. I. auf Wiederherstellung der Universitätsverfassung, wie solche bis 1832 gewesen, antragen. Zur Begründung wurde nur kurz bemerkt, wie man durch die günstigen Erfahrungen der älteren und durch entgegengesetzte der neueren Zeit in dem Glauben bestärkt sei, „dass durch Wiederherstellung der alten Verfassung die Interessen unserer Hochschule besser als dieses in den abgelaufenen 15 bis 16 Jahren möglich gewesen, werden gefördert werden.“

Die Antwort des Ministeriums vom 16. Juni 1848 lautete dahin, es sehe sich nicht veranlasst, auf die Bitte einzugehen, da 1) man nicht wahrgenommen habe und auch nicht näher begründet sei, dass die 1832 eingeführte, auch vorher schon [233] in Heidelberg übliche Einrichtung sich nicht als zweckmäßig bewährt habe, und 2) durch den Artikel 10 der Verordnung vom 23. Sept. 1832 ja die Möglichkeit gegeben sei, für alle wichtigern Angelegenheiten die Plenarversammlung zu berufen.


III. Weitere Veränderungen in der inneren Einrichtung.

An der Spitze der Vorkommnisse und Veränderungen, die nicht zu den eigentlichen Studiensachen gehören, stehen in dieser Zeit diejenigen, die mit Disziplinarangelegenheiten in Verbindung zu bringen sind.

Offenbar im Interesse einer genaueren und möglichst strengen Untersuchung stellte die Kuratel im Juli 1831 an das Konsistorium die Aufforderung, dass ein Professor der Juristenfakultät die Aufsicht und bei wichtigen Fällen die Leitung bei dem Universitätsamt übernehmen solle. Das Konsistorium ließ am 29. Juli erwidern, dass Prof. Amann die verlangte Aufsicht übernehme, dass aber die Fakultät wünsche, es möchte die Leitung in wichtigen Fällen dem Hofgerichtsadvokaten Berg übertragen werden.

Mit den Universitätsamtmännern hatte die Hohe Schule vielfaches Missgeschick. Wir haben schon oben gesehen, dass der eine zu nachlässig war und alles gehen ließ, der andere wieder zu hitzig dreinfahren wollte. Gegen einen dritten, de Laroche,[30] hatte man im Jahr 1839 gar den Verdacht, Geld unterschlagen zu haben. Eine zur Untersuchung eingesetzte Kommission kam zwar – am 10. April 1839 – zu dem Schluss, dass keine Unterschlagung vorliege, dass man jedoch die Frage aufzuwerfen habe, „ob das sonstige Verfahren des Amts, soviel davon durch die Anzeigen und die darauf gegründete parcielle Amtsvisitation zu diesseitiger Kenntnis gekommen, ganz untadelhaft und ob in dieser Beziehung an den Amtmann nicht etwa eine Verfügung zu erlassen sey.“ – Man unterstellte die Sache dem Ermessen des Kuratoriums.

Gegen einen späteren Amtmann, Emmert,[31] reichten am 26. Mai 1848 eine Anzahl von Akademikern gar eine Beschwerdeschrift [234] an den Senat ein, um die Entfernung Emmerts zu bewirken. Sie hatten diese ihre Absicht demselben sogar durch eine Abordnung persönlich und unumwunden erklären lassen. Der Senat verwies den Akademikern „das Ungeeignete ihres Schrittes“ und ließ ihnen ihre „in Form und Inhalt ungehörige“ Eingabe zurückerstatten. Aber schon vier Tage darauf, am 30. d. M. fassten die Akademiker einen ähnlichen Beschluss in einer neuen Studentenversammlung. Jetzt sah sich der Senat genötigt, einen Bericht an das Ministerium zu machen. In diesem sprach man sich natürlich tadelnd über das eigenmächtige Vorgehen der Studenten aus, erklärte jedoch, dass „wie die Sachen jetzt stehen, eine Fortexistenz des Amtmannes Emmert in seiner bisherigen Wirksamkeit kaum möglich seyn werde.“ Um größeren Nachteil, namentlich weitere Abnahme der Besuchsziffer der Schule und Streitigkeiten – die zumal in dieser Zeit sehr bedenklich werden könnten – zu verhüten, beantragte man schließlich baldige einstweilige Amtsvertretung, bis ein Nachfolger – sobald wie möglich – ernannt sei. Aber bevor noch recht etwas geschehen konnte, fassten etwa 30 Studenten in einer Vorversammlung den Beschluss, wenn der Amtmann nicht unverzüglich von seiner Stelle entfernt werde, die Stadt zu verlassen oder wenigstens sämtlichen Professoren den Besuch der Vorlesungen zu kündigen und an eine allgemeine Studentenversammlung die Frage zu stellen, was von beiden Dingen geschehen solle. Daraufhin ging am 20. Juni der derzeitige Prorektor v. Woringen selbst nach Karlsruhe und stellte daselbst vor, wie sehr in dieser aufgeregten Zeit eine möglichst schleunige Entscheidung zu wünschen sei, wenn die Ruhe und die Ordnung und überhaupt das Wohl der Universität nicht gefährdet werden solle. v. Woringen richtete dort zunächst soviel aus, dass der Universitätskurator den Auftrag bekam, den Amtmann zu veranlassen, um einen vierwöchentlichen Urlaub einzukommen, ihm diesen natürlich auf jeden Fall zu erteilen und alsbald sich nach einem Dienstverweser umzusehen.[32] – Aber schon am 23. Juni kam dem Senat zu Ohren, dass vonseiten der genannten Studentenversammlung [235] schon Schritte getan worden seien zur Ausführung der Drohung, keine Vorlesungen mehr zu besuchen, bis der Amtmann von seiner Stelle (endgiltig) entfernt wäre.[33] Infolge dessen seien schon heute (23. Juni) mehrere Vorlesungen nicht besucht worden. Der Senat beschloss auf die Kunde und verschiedene im Zusammenhang stehende Gerüchte hin, dass, bis ein Dienstverweser da sei, „in allen Fällen, welche die Autorität eines Amtmannes nötig machen, der Prorektor die Stelle vertreten solle.“

Auf dem im Spätjahr 1848 zu Jena stattfindenden Universitätskongress, zu dem aus Freiburg Staudenmaier, v. Woringen und Stromeyer vonseiten der Professoren, Dr. Fischer vonseiten der Privatdozenten teilnahmen, wurde u. a. auch über akademische Gesetze, Disziplinarverfahren u. ä. verhandelt. Auf Grund dieser und vieler weiteren Verhandlungen im Konsistorium und im Plenum kam die Universität schließlich zu der Ansicht, dass die Akademiker der Prozessordnung und den bürgerlichen Landesgesetzen untergeordnet sein sollten ..... und das Verfahren in polizeilichen Straffällen nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen einzurichten sei. Was die Disziplinarvorschriften der Studenten betrifft, so hatte sich schon die II. Kammer der Abgeordneten für die Unerlässlichkeit derselben ausgesprochen und sich auf die Erfahrung aller Länder und Zeiten sowie auf die Natur der Sache berufen. Sollten sie aber beibehalten werden, so können sie auch nicht von der Universität getrennt werden, wenn nicht das ganze Illusion sein sollte.

Nun ließ bald darauf das Ministerium – gelegentlich der Amtsorganisation im Großherzogtum – anfragen, ob man das Universitätsamt beibehalten wolle. Der Senat ließ am 9. Mai 1849 erwidern, dass man dies „im Interesse der Anstalt rücksichtlich der Disziplinar- und Polizeisachen“ wünsche. Auf eine nochmalige Anfrage der Kuratel, ob und wie man es beibehalten wolle, erklärte der Senat am 11. d. M., dass man darauf einstehen müsse, ein eigenes Amt mit Beibehalt der Polizei- und Disziplinargewalt und Ausscheidung der Zivil- und Strafgewalt zu erhalten.

[236] Auch in der Frage der Immatrikulations- und der Vorlesungsgebühren traten einzelne neue Bestimmungen ins Leben. Was jene, die Immatrikulation, betrifft, so wurde durch Ministerialverordnung vom 1. Okt. 1841 endlich bestimmt, dass – vom Sommerhalbjahr 1842 an – die Gebühren für jeden Studirenden gleichmäßig[34] auf 5 fl. 30 Kr. festgesetzt seien. Davon hat zu erhalten: der Prorektor 1 fl., der Oberpedell, der von jeher einen Teil der Gebühren als Besoldung bezog, 30 Kr., die Bibliothekskasse 2 fl. und die Universitätskasse den Rest mit 2 fl. – Die Einschreibegebühr wird durch denselben Erlass auf 1 fl. für jeden Studirenden gleichmäßig[35] festgesetzt. Davon erhält der Oberpedell die eine, die Universitätskasse die andere Hälfte.

Am 1. Februar 1842 richtete jedoch der Senat an das Ministerium in dieser Angelegenheit die Bitte: 1) die Immatrikulationsgebühr für alle Theologen ohne Ausnahme bei dem früheren Betrag von 2 fl. 42 Kr. zu belassen; 2) beschließen zu wollen, entweder dass von jeder Inskription künftig wie bisher 12 Kr. dem betr. Dekan und dann nur 18 Kr. der Universitätskasse (und 30 Kr. dem Pedellen) zufallen; oder dass jedem Dekan zur Bestreitung von allerhand Auslagen für Schreibmaterialien usw. etwa 30 fl. aus der Universitätskasse bezahlt werden.

Ob oder wie diesem Antrag entsprochen wurde, darüber konnte ich leider nirgends Aufschluss finden.

Auf wiederholte Bitte wurde durch Ministerialerlass vom 4. Januar 1850 den Notariatskandidaten eine ermäßigte Immatrikulationsgebühr von nur 2 fl. 30 Kr. gewährt. Davon solle dann 1 fl. dem Prorektor, 1 fl. der Universitätsbibliothek und 30 Kr. dem Oberpedellen zufallen. Vorbehalten wurde gänzlicher Nachlass für den Fall ungenügenden Vermögens. Dabei sollte jedoch beachtet werden, „dass sich nicht etwa solche, die sich dem ganzen Studium der Rechtswissenschaft widmen, dadurch, dass sie sich nur als Notariatskandidaten inskribiren lassen, der vollen Matrikelgebühr entziehen.“

[237] Was die Kollegiengelder betrifft, so war hier vor der Einführung einheitlicher und gleichmäßiger Gebühren – die ebenfalls schon von Zell 1833 angeregt worden war – noch eine andere Frage, die ebenso dringend schien, zu erledigen, die einer neu einzuführenden Vorschrift über die Befreiung von Kollegiengelder. Nach den Berichten der einzelnen Fakultäten (10. III. 1834) sprachen sich die meisten Professoren dafür aus, dass man nach dem Beispiel der preußischen Universitäten eine bloße Stundung statt einer gänzlichen Befreiung eintreten lasse. In diesem Sinn bat man am 19. Dez. 1836 das Ministerium, eine baldige Verordnung zu erlassen „über den Fall der Unfähigkeit eines Akademikers zur alsbaldigen Entrichtung des Kollegiengeldes.“ Schon am 27. Dez. wurde dem Antrag entsprochen und ein Erlass „mit Zugrundelegung der in Preußen in dieser Beziehung gegenwärtig bestehenden Grundsätze“ gegeben.

Aber schon am 27. Juli wurde im Senat Klage geführt, dass die Bewerbungen um Honorarfreiheit immer zahlreicher werden und bereits in allen Fakultäten nur die Minderzahl die Honorare entrichte, sowie dass Missbräuche bei der Ausstellung von Vermögenszeugnissen an Studirende, die um Honorarfreiheit nachsuchen, auf Seite des Gemeinderats stattfinden. Man bat das Kuratorium um Maßregeln, solchen Missbräuchen vorzubeugen. Wirklich und durchgreifend abgeholfen wurde durch die umfassende Verordnung über die Befreiung von den Kollegiengeldern, die am 10. August 1840 erschien, „eine feste Basis für die Vermögensatteste legte“ und die Erkenntnis, ob die Befreiung eintreten solle, dem akademischen Senat übertrug. Befreit werden konnten nach dieser Verordnung „arme fleißige sittliche Inländer;“ „in Ansehung der (bloßen) Nachweisung ausgezeichneter Fähigkeiten“ dagegen kann nur bei solchen „einige Nachsicht getragen“ werden, welche einem Beruf sich widmen, zu dem es an einer zureichenden Zahl von Kandidaten fehlt, also z. Z. namentlich inbezug auf Pfarrkandidaten beider christlichen Bekenntnisse.

Zu der gleichen Zeit wurde vom Universitätsamt auch eine andere Frage angeregt, ob nämlich diejenigen, welche in der Bezahlung der Kollegiengelder säumig sind, von der Universität auszuschließen seien. Der Senat war folgender Ansicht: zunächst sei zwischen In- und Ausländern kein Unterschied zu [238] machen. Studirende, welche den § 34 der akademischen Gesetze nicht erfüllt und die Honorare nicht wenigstens in der am schwarzen Brett bestimmten Frist bezahlt haben, können von der Universität fortgewiesen werden. Denn wer die Honorare, zu denen er verpflichtet ist, nicht bezahlt, hat eine Bedingung nicht erfüllt, an welche die Erlaubnis von Vorlesungen geknüpft ist. Auch könne derselbe als arglistiger Schuldenmacher, die nach § 86 der akad. Gesetze an der Universität nicht gelitten werden, betrachtet werden. – So beantragte man denn bei dem Ministerium d. I., genehmigen zu wollen, „dass Akademiker, welche .... in Bezahlung der Honorare säumig sind, auf den Antrag der betr. Fakultät, den diese in jedem speziellen Fall an das Universitätsamt zu stellen und letzteres dem Senat mit Gutachten vorzulegen hätte, von der Universität fortgewiesen werden dürfen.“ Das Ministerium verfügte am 25. Aug. 1840 einfach, „dass das in §§ 86–89 der akademischen Gesetze bezeichnete Verfahren auch gegen solche Studirende Anwendung finde, welche in Zahlung der Kollegiengelder säumig sind, und dass es hierin genüge.“

Eine Verordnung des Staatsministeriums über die Behandlung der Gesuche mittelloser Studenten um Befreiung von der Bezahlung der Kollegiengelder brachte das Regirungsblatt vom 21. desselben Monats. Danach hatte u. a. in Zukunft jeder der besagten Studenten zwei Würdigkeitszeugnisse dem Senat vorzulegen, eines von der betr. Fakultät und eines vom Universitätsamt ausgestellt.

In demselben Jahre 1840 – am 3. März – ließ sich die Regirung vom Senat durch die Kuratel eine Abschrift der von der Universität für den Diensteid der Professoren gebräuchlichen Forderungen und überhaupt einen Bericht darüber vorlegen, wie es mit der Abnahme dieses Diensteides gehalten werde. Man berichtete: 1) Die Verpflichtung der Professoren sei immer nach der Vorschrift des Ministeriums d. I. vom 21. Okt. 1817 vorgenommen worden ..... 2) Sie sei handgelübdlich geschehen bis zur Veröffentlichung der allerhöchsten Verordnung vom 18. Mai 1820 und dieser gemäß von da an eidlich. 3) Sie habe nicht jedesmal gleich beim Dienstantritt geschehen können, weil ausnahmsweise hie und da ein neu angestellter Lehrer nicht sogleich beim Dienstantritt sein Principium [239] solenne gehalten habe. 4) Die Verpflichtung selbst werde im Plenum vorgenommen. Zu der Formel – welche abschriftlich beigesetzt wurde – sei zu bemerken, dass bei neu Angestellten, welche nicht aus dem Ausland berufen sind, und von denen man wisse, dass sie den Untertaneneid schon geleistet haben, dieser in der Eidesformel weggelassen werde.

Was nun das oben erwähnte Principium solenne betrifft, so beschloss das Plenum am 10. Juni 1846:

1) Die alte Sitte der Abhaltung einer feierlichen Antrittsrede seitens der neu eintretenden Professoren solle beibehalten werden;

2) wird ein Programm geschrieben, so wird es auf Kosten der Universität gedruckt;

3) Die eidliche Verpflichtung des neuen Lehrers erfolgt erst nach gehaltenem Principium solenne,[36] oder nachdem das Programm gedruckt ist;

4) Ein hier nicht beeidigter Professor hat Sitz und Stimme in seiner Fakultät, nicht aber in der Plenarversammlung, und kann weder zum Prorektor noch zum Dekan noch in den Senat gewählt werden;

5) Kein Professor extraordinarius soll zum ordinarius vorgeschlagen werden, wenn er nicht vorher die feierliche Antrittsrede gehalten oder ein Programm geschrieben hat.

Gleich in den ersten Tagen der Revolution, am 15. Mai 1848, erschien eine Verordnung, wonach alle öffentliche augestellten Lehrer der Hohen Schule auf die Verfassung beeidigt werden sollten. Der Prorektor leistete diesen Eid alsbald in die Hände des Kurators und nahm denselben dann in der Plenarversammlung vom 8. Juli den Mitgliedern des Plenums ab. Derselbe lautete: „Ich schwöre Treue dem Großherzog und der Verfassung, Gehorsam dem Gesetze und des Fürsten und des Vaterlandes Wohl nach Kräften zu befördern, und überhaupt alle Pflichten des mir übertragenen Amtes gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“[37]

[240] Auf die oben erwähnte Strenge in der Ueberwachung und der Untersuchung von Disziplinarfällen in den 30er und namentlich in den 40er Jahren ist es zurückzuführen, dass an der Hohen Schule schließlich (Mitte der 40er Jahre) nicht weniger als vier Pedellen angestellt waren. Da war es denn jedem darangelegen, zu seinem Amt auch den gebührenden Titel zu erhalten. So bat z. B. am 17. Dez. 1845 der Pedell Steeb um den Titel „Zweiter Oberpedell.“ Ueber die Erwähnung dieser Eingabe hat nun, boshaft genug, der damalige Syndikus ins Protokoll die Verse Lichtwers gesetzt:

„Einst kam der Hochmut in das Meer
Und stieg den Fischen in die Kröpfe;
Da war vom Blackfisch bis zum Stör
Kein so geringes Seegeschöpfe,
Es wünschte was zu seyn.
Des Fisch-Monarchen Haus
War damals voller Supplicanten,
Die meißten baten sich besondere Titel aus
 usw.“

Man willfahrte dieser Bitte insofern, als folgende Benennungen festgesetzt wurden: Universitätsoberpedell (Eisele), Amtsoberpedell (Steeb) und zwei Amtsunterpedellen (Dold und Schmidt).

In demselben Jahr 1845 war auch die Eisenbahn aus dem Unterland glücklich bis in das Breisgau herauf gebaut worden. Da beschloss der Senat am 5. Okt. 1846, in einer Vorlage an das Ministerium d. I. zu bitten, dass das bisherige „Portofreitum“ der Universität (s. in den früheren Abschnitten) auch für die (Güter-)Versendungen auf der neu errichteten Eisenbahn aufrecht erhalten werde. Die Bitte wurde jedoch am 17. Nov. abschlägig beschieden, „da für keinerlei Sendungen auf der Eisenbahn, nicht einmal für die Materialientransporte der Eisenbahnverwaltung, eine Taxfreiheit zugelassen werde.“


IV. Lehrangelegenheiten.

Zunächst möge bemerkt sein, dass die Errichtung neuer Lehrkanzeln, die Gründung neuer Anstalten u. Ä. erst unten bei Besprechung der Institute erwähnt werden wird. Hier [241] werden also zunächst nur einige Einzelheiten aus den verschiedenen Fakultäten, soweit sie füglich auf die Bezeichnung „Lehrangelegenheiten“ Anspruch machen können, und dann als Hauptsache der neue Schulplan von 1836 und dessen tiefgreifende Einwirkung auf die Hohe Schule einen Platz finden.

Was zunächst die theologischen Fächer betrifft, so erschien am 23. Sept. 1831 ein Erlass des erzbischöflichen Ordinariats, des Inhalts, dass „über theologische Lehrgegenstände – worunter der bloß vorbereitende morgenländische Sprachunterricht nicht begriffen ist – nur die Fortgangszeugnisse der Herren Professoren der theologischen Fakultät als geltend angenommen werden können.“ Gegen diesen Erlass erhoben der derzeitige Dekan der philosoph. Fakultät Wetzer[38] und Hofrat Deuber am 10. Nov. beim Konsistorium Klage. Dieses beschloss am 11. Nov., eine Beschwerdeschrift dem Kuratorium sowie dem Ministerium d. I. vorzulegen mit der Bitte, „dass das Hohe Ministerium d. I. die Rechte der Universität ebensowol als die wolerworbenen Rechte der einzelnen ihr angehörigen Individuen und die Rechte des Staates selbst gegen den Eingriff des Ordinariats aufrecht erhalte und diesem die Weisung geben wolle, es habe die Zeugnisse, welche die zwei Professoren … Deuber und Wetzer über die von ihnen vorgetragenen Wissenschaften ihren Zuhörern ausstellen, als geltend anzusehen.“ Ferner ließ man von diesem Schritt die theolog. Fakultät benachrichtigen mit dem Bemerken, „dass bis zur erfolgenden Entscheidung der Stand der Sache nicht verändert werden dürfe, und dass sie sich verantwortlich machen würde, wenn sie an solchem Stand früher etwas ändern wollte, weswegen man sich auch zu ihr versehe, dass sie auch vorderhand noch den Ordinariatserlass den Studenten nicht publiziren werde.“ Eine Verfügung des Ministeriums „die bedrohte Lehrfreiheit der theolog. Fakultät betr.“ erfolgte am 10. März 1832, dahin gehend, „dass eine unmittelbare Einwirkung bei der Universität von Seiten der Erzbischöflischen Kurie auf die Verordnungen des Staats in Beziehung auf das theologische Studienwesen nicht stattfinden könne, vielmehr in den geeigneten Fällen die Desiderien der katholischen Kirchensektion und durch diese dem Pleno des Ministeriums d. I. vorzutragen [242] seien; dass die Entscheidung über die Giltigkeit der Fortgangszeugnisse nur der Staatsbehörde zustehe; dass die Kandidaten des geistlichen Standes erst zu der Zeit, da sich dieselben zur Aufnahme in das Seminarium melden, in das Gebiet der kirchlichen Rechtssphäre eintreten, und die Kurie dann nur im Sinne der Staatsgesetze handle, wenn sie die Ausweise über ihren Studienfortgang fordern; dass man immer beachten werde, die Vorschriften über das theologische Studienwesen mit den Anforderungen der Kurie in Einklang zu bringen; aber die wolerworbenen Rechte der beiden Professoren Deuber und Wetzer müsse man schützen, wobei jedoch stets die Regel werde beobachtet werden, dass die eigentlichen theologischen Lehrfächer mit Professoren des geistlichen Standes zu besetzen seien.“

Wenn auch nicht ausschließlich in die theologische Fakultät gehörig, so dürfte doch hier füglich ein das Religionskolleg betreffender Kuratelerlass vom 13. Sept. 1838 erwähnt werden. Derselbe machte bekannt, „dass diejenigen Akademiker, welche nicht von einem Lyceum zum Antritt eines Fachstudiums entlassen seyen, desgleichen die sämtlichen Kandidaten der Theologie zufolge bestehender höherer Anordnung verbunden seyen, einen vollständigen Kursus des Kollegiums der allgemeinen Religionslehre zu hören, und dass dieses geschehen, seiner Zeit vor der Ausstellung des Universitätsabgangszeugnisses sich auszuweisen haben.“

Aus der medizinischen Fakultät dürfte folgendes der Erwähnung wert sein.

Durch Ministerialverordnung vom 14. Juni 1833 wurde bestimmt, dass diejenigen Kandidaten der Medizin, welche späterhin Ansprüche auf Staatsanstellung machen wollen, gehalten sind, „sich künftig vor ihrer Zulassung zur Staatsprüfung auch darüber auszuweisen, dass sie Vorlesungen über die Lehre von Seuchen und Contagionen der größeren Haustiere, über gerichtliche Tierheilkunde und über tierärztliche Polizei besuchen, und sich einer Prüfung in diesen Fächern zu unterwerfen.“[39]

[243] Eine besondere Stellung nahmen in der medizinischen Fakultät von altersher[40] die Chirurgen ein. Von ihrer Ausnahmestellung gibt uns nun auch ein in diese Zeit gehöriges, durch einen Einzelfall hervorgerufenes Schreiben des Ministeriums vom 16. Februar 1836 einen Beweis. Es heißt darin u. a.: Die höchste Verordnung vom 13. Mai 1823 verlangt von jedem, der eine Universität beziehen will, dass er die Kenntnisse, welche in den gelehrten Schulen gelehrt werden, vollständig besitze. Da aber die Kandidaten der Chirurgie in der Tat keiner vollständigen gelehrten Vorbildung bedürfen, und sie nach der Verordnung vom 27. Juni 1825 zum Staatsdienst nicht berufen werden können, so passen die Vorschriften vom 13. Mai 1823 nicht auf sie. Hienach dürfen ihnen von der Studienbehörde keine Abgangszeugnisse ausgefertigt werden. „Es bleibt daher der Sanitätskommission vorbehalten, in allen Fällen die Erlaubnis zur Erlernung der Chirurgie zu erteilen, nachdem die jungen Leute, welche darum ansuchen, sich über den Besitz der nötigen Vorkenntnisse – nach bisheriger Uebung deutsche und lateinische Sprache, Geschichte und Anfangsgründe der Physik – ausgewiesen oder auf Requisition der Sanitätskommission an die Studienbehörde darin bei einer Mittelschule geprüft worden sind.“ Von der Sanitätskommission mussten sie auf alle Fälle einen Erlaubnisschein haben. – Aehnliche Bestimmungen bestanden übrigens auch für die Pharmazeuten.

Zwei Jahre später, durch Ministerialerlass vom 23. Nov. 1838, wurde „den in der Universitätsstadt konditionirenden Apothekern und niederen Chirurgen“ „ausnahmsweise“ gestattet, Vorlesungen an der Hohen Schule ohne Immatrikulation zu besuchen, mit der Verpflichtung jedoch, dass sie sich am Anfang des Kurses beim Universitätsamt zur Eintragung in eine besondere Namenliste melden, worauf ihnen vom Prorektor ein Erlaubnisschein erteilt wird, den sie jedes Semester beim Universitätsamt erneuern lassen müssen. Die nicht hier „konditionirenden“ aber müssen zum Zweck der Vorlesungen sich immatrikuliren lassen.

[244] Die philosophische Fakultät endlich berührte ein Erlass des Oberstudienrats vom 3. Dez. 1838, „die Erweiterung des Gymnasiums in Freiburg in specie die Eröffnung eines Kollegiums über Rhetorik und deutsche Literaturgeschichte an der Universität betr.“ Der Senat ließ am 4. Februar 1839 dem Oberstudienrat erwidern: 1) Schreiber lese im nächstem Semester „Geschichte der deutschen Sprache und Literatur.“ 2) Ein besonderes Kolleg über Rhetorik scheine um so weniger notwendig zu sein, als die Studirenden in den zwei letzten Jahren ihres Gymnasialkurses ohne Unterbrechung Unterricht in diesem Fach erhalten, dagegen eben keinen in der Literatur erhalten hätten.

Das wichtigste Ereignis, das in diesem Kapitel erwähnt werden muss, ist – wie schon gesagt – ohne Zweifel die Einführung des neuen Schulplans für Mittelschulen vom Jahr 1836 und die dadurch hervorgerufenen Aenderungen im Lehrplan der Universität.

Bis dahin war es Pflicht gewesen und – seit dem Ministerialerlass vom 21. Okt. 1832 – auch in allen Abgangszeugnissen von Mittelschulen bestimmt und klar auszudrücken vorgeschrieben, dass die von den (zum Besuch der Universität berechtigenden) Mittelschulen Abgehenden, vor dem Uebertritt zum Fachstudium, auf der Universität selbst einen zweijährigen philosophischen Kurs zurückzulegen hätten, und dass diese zwei Jahre nicht in die durch bestehende Verordnungen für das Fachstudium vorgeschriebene akademische Studienzeit eingerechnet werden durfte. Freilich war, wie es scheint, diese Vorschrift auch öfters nicht beachtet worden. Daher beantragte die philosoph. Fakultät am 2. Januar 1833, „Maßregeln zu nehmen, dass kein Akademiker bei einer höheren Fakultät inskribirt werde, der kein philosophisches Absolutorium vorweist.“ Aber 3 Monate später, am 2. April d. J., sah sich dieselbe Fakultät schon wieder zu der Klage veranlasst, „dass von den Studenten, welche zu den Fachstudien übergehen, so wenig philosophische Absolutorien verlangt werden.“

Nun ging die Regirung, wie es scheint, schon seit Beginn der dreißiger Jahre, damit um, verschiedene[41] Gymnasien des [245] Landes in Lyzeen zu verwandeln, d. h. ihnen eine weitere zweijährige Klasse mit Philosophieunterricht anzufügen, wogegen dann die obligatorischen Vorlesungen in der philosoph. Fakultät der Universität wegfielen. Auch der Hohen Schule in Freiburg kam die Sache zu Ohren, und Schreiber brachte deshalb am 15. Januar 1835 im Senat in Anregung: Da es im Plane liege, das hiesige (Freiburger) Gymnasium in ein Lyzeum zu verwandeln, bei welcher Veränderung die Universität und zunächst die philosophische Fakultät in Mitleidenschaft gezogen sei, so dürfte es zweckmäßig sein, diesen Gegenstand in Erwägung zu ziehen. Der Senat ließ alsbald die philosophische Fakultät auffordern, ihre Ansicht zu äußern, was am 25. März d. J. geschah. Der Senat pflichtete jedoch (4. V.) nur dem ersten der Anträge bei. Derselbe lautete: „Wenn die im Plane liegende Einrichtung der Mittelschulen zu Stande kommt, dann möge den Lyzealschülern ohne Ausnahme erlaubt seyn, nach absolvirter 8. Lyzealklasse – d. h. 8. Lyzealjahr –, ebenso wie den Schülern der etwa noch fortbestehenden Gymnasien nach absolvirtem Gymnasialkurse entweder in die 9. (Jahres) Klasse eines Lyzeums, oder in die philosophische Fakultät einer Landesuniversität aufzusteigen, nachdem sie vorher eine Maturitätsprüfung bestanden haben werden. Der philosophische Kurs soll die nämlichen Fächer umfassen, die in dem bisherigen Studienplan lagen, mit einigen Modifikationen, doch unter den eigentlichen philosophischen Disziplinen jedenfalls nach unserer Ansicht Anthropologie als Grundlage der Logik. – Die bisherigen Semestralprüfungen sollen abgeschafft und eine zweckmäßigere Prüfungsnorm … eingeführt werden, darin bestehend, dass am Ende des ersten philosophischen Studienjahres eine mündliche und schriftliche Prüfung vor einer Fakultätskommission, am Ende des zweiten Jahres aber die Maturitätsprüfung zum Antritt eines Berufsstudiums vor einer aus Mitgliedern der philosophischen Fakultät und etwa noch den drei Dekanen der andern Fakultäten gebildeten Kommission … vorgenommen würde, welche Kommission sofort über die Klassifikation der Geprüften … zu erkennen hätte.“

Am 25. Mai d. J. gab das Ministerium, ohne ein Wort fallen zu lassen über die im Plan stehende Veränderung, einen Erlass heraus, „die Zulassung von Studirenden vor Absolvirung [246] des zweijährigen philosophischen Studiums zu den Fachstudien betr.“ Mit der Meldung, dass man diesen Erlass ad valvas habe bekannt geben lassen, beschloss der Senat (10. VI.) auch zu bemerken, dass der Fall, wo Studirende zu den Staatsprüfungen sich melden, „welche außer der für ihr Fachstudium erforderlichen Zeit einen zweijährigen philosoph. Kursus nicht absolvirt haben, nicht mehr vorkommen werde, wenn das hohe Justizministerium und die Sanitätskommission sich jedesmal, wie die geistliche Examinationsbehörde dahier, außer dem Generalzeugnis für das Fachstudium auch die Abgangszeugnisse vom Gymnasium oder Lyzeum und das philosophische Absolutorium vorlegen lasse, und die Kandidaten, welche eine vollständige Vorlage nicht machen können, anweisen werde, durch fortgesetztes Studium in einem oder mehreren Semestern sich in den Stand zu setzen, das Mangelhafte ihrer Zeugnisse zu ergänzen.“

Unterdessen aber wurde vonseiten der Regirung an dem oben erwähnten, für die Universität so verhängnisvollen Plan weitergearbeitet, und das Regirungsblatt vom 20. März 1837 brachte die überraschende Bekanntmachung von dem am 31. Dez. 1836 gegebenen Erlass einer neuen Organisation der Gelehrten-Schulen. Was uns hier angeht, ist der Punkt, dass von jetzt an die Schüler der Gymnasien nicht mehr in die philosophische Fakultät einzutreten haben, sondern auf einem Lyzeum – nämlich in den zwei an die bisherigen Gymnasien hinzugefügten (oberen) Jahrgängen – die philosophischen Studien betreiben müssen, um dann sofort zu ihrem Fachstudium überzugehen.

Durch diese Verordnung wurde der Universität mit einem Schlag fast ihre gesamte philosophische Frequenz entzogen, aber auch die übrigen Fakultäten – sonderbarer Weise mit Ausnahme der juristischen – und somit die ganze Universität hatten eine Abnahme zu verzeichnen.[42] Und es war ein schwacher Ersatz für die philosophische Fakultät, wenn in § 19 des Erlasses verlangt wurde: „Wer in einem wissenschaftlichen Berufsfach, wofür die Landesgesetze einen akademischen [247] Kurs und eine Staatsprüfung vorschreiben, sich nach Vollendung seiner akademischen Studien prüfen lassen will, … muss sich ausweisen, dass er zu seiner allgemeinen wissenschaftlichen Fortbildung in einem jeden der drei ersten Semester seiner akademischen Studienzeit wenigstens eine Vorlesung aus dem Lehrkreis der philosophischen Fakultät mit Fleiß gehört habe.“

Der weitgehenden Schädigung sich wolbewusst forderte der Senat die philosophische Fakultät, „deren wissenschaftliche und persönliche Interessen zu allernächst in Frage gestellt“ seien, gleich am 1. April d. J. auf, in einem Gutachten ihre Ansichten, Bedenken und Wünsche sobald als möglich vorzutragen. Nun ließ sich zwar nicht viel mehr erwarten, nachdem der eigentliche Kernpunkt des oben genannten Schreibens vom 4. Mai 1835 schon unbeantwortet geblieben war. Dennoch sandte man am 17. Mai 1837 nochmals einen (von Wucherer abgefassten) Bericht in die Residenz und beantragte: 1) der Fakultät zu gestatten, dass hier (in Freiburg) die Maturitätsprüfungen mit den philosophischen Schülern auf dieselbe Art wie an dem Lyzeum in Karlsruhe gehalten werden: 2) einen neuen Studienplan für die philosophische Fakultät festzustellen und zu erlauben, dass von der Universität aus einleitende Vorschläge zu diesem Ende gemacht werden usw.

Nicht lange darauf, am 26. Juli, kam die Angelegenheit auch in der (66. Sitzung der) II. Kammer zur Sprache. Duttlinger begründete inbezug auf die Stellung der philosophischen Fakultät an beiden Landesuniversitäten den Antrag, „die Kammer möge der Regirung den Wunsch aussprechen, dass mit angemessenen Modifikationen die frühere Einrichtung beibehalten bezw. wiederhergestellt werden möchte,“ und zwar so, dass es 1) „den Schülern nach Zurücklegung der letzten Gymnasialklasse freistehen solle, entweder in die zweijährige Lyzealklasse, oder zu dem zweijährigen philosophischen Lehrkurs an der Universität überzugehen;“ und dass 2) „der philosophischen Fakultät, wie es dem Lehrpersonale der Lyzeen gestattet ist, ebenfalls gestattet seyn solle, unter Mitwirkung eines Großh. Kommissärs mit ihren Schülern die vorgeschriebene Maturitätsprüfung vor dem Uebertritt zu dem Fachstudium auf dieselbe Weise vornehmen zu dürfen, wie sie für dieselben bei dem Lyzeum in Karlsruhe stattfinden soll.“ – [248] Der erste Antrag stimmt, wie man sieht, mit dem oben genannten, am 4. Mai 1835 nach Karlsruhe vom Senat gestellten, der zweite mit dem soeben erwähnten ersten Antrag vom 17. Mai 1837 überein.

Beide Anträge wurden, unterstützt durch Sander, v. Rotteck,[43] Kuenzer u. a., mit einer an Stimmeneinhelligkeit grenzenden Mehrheit angenommen.

Was die in zweiter Linie in Frage kommende Schädigung der persönlichen Interessen der philosophischen Fakultät betrifft, so klagte letztere in einem Bericht vom 25. April (1838) darüber, wie sehr einzelne Mitglieder aus ihrer Mitte durch den Wegfall von Kollegiengeldern infolge der neuen Einrichtung beeinträchtigt würden, und wie sehr eine Entschädigung am Platze sei. Der Senat unterstützte diese Ansicht in einem am 21. Mai d. J. an das Ministerium abgeschickten Schreiben und fügte bei: Da die Verringerung des Diensteinkommens der beteiligten Professoren die Folge einer Staatsmaßregel sei, so verlange es auch die Billigkeit, dass die Entschädigung wenigstens für die laufende Budgetperiode aus der Staatskasse geschöpft werde, soweit es nicht etwa möglich wäre, aus dem Reservefond für 1838/39 sie herzunehmen; freilich werde sich letzteres erst im September d. J. herausstellen. Ob und wie weit für die Zukunft solche ständigen Zulagen möglich seien, werde man später nach Aufstellung des neuen Budgets sehen usw. – Am 19. Juni 1838 wurde jedoch die Bitte der Professoren für Geschichte, für Naturgeschichte und für Mathematik, d. h. also der am meisten beteiligten, um Bewilligung einer Entschädigung von jährlich 250–300 fl. für jeden vom Ministerium abweislich beschieden.

Nun kam aber noch im Februar 1839 der Universitätspedell Göring mit einer Bitte „um Bewilligung einer Entschädigung für die infolge des neuen Lehrplans für die Mittelschulen verminderten Inskriptionsgebühren. Der Senat ließ am 18. Febr. das Ministerium bitten, „die geeigneten Beschlüsse fassen zu wollen, damit dem Petenten eine Entschädigung [249] von 80 fl., und zwar, wenn immer möglich, aus einer andern als aus der Universitätskasse zu Theil werde.“ – Auch für den Diener des Naturalienkabinets beschloss der Senat am 17. April 1839 eine Entschädigung von 50 fl. zu beantragen, für so lange, „als gemäß der dermaligen Einrichtung der Mittelschulen die allgemeine Naturgeschichte auf den Gymnasien gelehrt werde, wovon die Folge sei, dass dieses Kolleg an der Universität nicht leicht mehr zu Stande kommen kann, für den Bittsteller aber die Folge, dass ihm die Gebühren abgehen, welche die Zuhörer der allgemeinen Naturgeschichte für seine Bemühungen ihm zu zahlen hatten.“

Als nähere Erläuterung und Ergänzung des schon angeführten § 19 der Verordnung über die Gelehrtenschulen wurde durch Ministerialverfügung vom 31. Okt. 1839 bestimmt, „dass die Vorlesungen aus dem Lehrkreis der philosophischen Fakultät, welche jeder in den drei ersten Semestern seiner akademischen Studienzeit zu hören hat, der sich einem wissenschaftlichen Berufsfach, wofür die Landesgesetze einen akademischen Kurs und eine Staatsprüfung vorschreiben, widmet, wöchentlich wenigstens vier Stunden betragen müssen.“ Zugleich mit der Verkündigung dieses Beschlusses ließ der Senat am 9. Nov. auch folgendes bekannt geben: „a) Die Fächer, welche jeder, der von einer Gelehrtenschule an die Universität kommt, neben seinem Fachstudium während der drei ersten Semester in der philosoph. Fakultät zu hören hat, dürfen keine solchen seyn, welche derselbe wegen des gelehrten Fachstudiums zu hören verbunden ist, wohin namentlich gehören: für die Theologen orientalische Sprachen und Pädagogik, für die Juristen Naturrecht und Statistik, für die Mediziner Botanik, Mineralogie und Zoologie, sondern es seyen als solche Fächer zu betrachten: das ganze Fach der spekulativen Philosophie, Aesthetik, Physik, allgemeine Naturgeschichte, die mathematischen Wissenschaften, die Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, griechische und römische Literatur und Altertümer. b) Alle Kandidaten, die sich zur Staatsprüfung melden wollen und ein Absolutorium über einen an der Universität gemachten zweijährigen philosophischen Kursus nicht, sondern nur ein Lyzealabgangszeugnis vorlegen können, sind verbunden, nebst den Zeugnissen über die einzelnen Zweige des Fachstudiums auch Zeugnisse über die in den drei ersten Semestern gehörten [250] Fächer des philosophischen Lehrkurses, welche Zeugnisse wenigstens vier Stunden per Woche in drei vollen Semestern ausweisen müssen, zur Aufnahme in das Universitätsabgangszeugnis vorzulegen.“

Das Gymnasium in Freiburg selbst wurde erst durch Verordnung vom 31. Okt. 1839 zum Lyzeum erhoben. Da gerade diese Umwandlung einen weiteren Verlust der Universität zu bringen drohte und auch gebracht hat,[44] so ließ die philosophische Fakultät einen abermaligen Bericht nach Karlsruhe abgehen, „die von den Professoren genannter Fakultät in Anspruch genommene Entschädigung für die durch Umwandlung des hiesigen Gymnasiums in ein Lyzeum entgehenden Honorare betr.“ Das Ministerium wies jedoch die Bittsteller am 20. April 1841 ab, weil es ihre Entschädigungsansprüche nicht für begründet erachten könne.

Aber nicht nur die Honorare, sondern auch die Inskriptionsgebühren drohten der philosophischen Fakultät – wie sie wenigstens befürchtete – geschmälert zu werden. Auf eine darüber Klage führende Vorstellung erhielt man jedoch am 12. Juni 1840 die Antwort, man müsse ernstlich wünschen, dass die Fakultät die Semestralinskriptionen nicht abkommen lasse, sondern dass in jedem Semester nicht nur diejenigen, welche ausschließlich philosophische Fächer hören, wie wenige deren auch seyn mögen, sondern auch jene Akademiker, die neben dem Fachstudium in den ersten drei Semestern nach Vorschrift philosophische Fächer hören müssen, (in die Fakultät) eingeschrieben werden. Und da auch letztere die geordneten Gebühren zu bezahlen verbunden sind, so dürften die Einnahmen zur Bestreitung der Fakultätsbedürfnisse wol hinreichen. Sollte dieses nicht der Fall sein, so möge die Fakultät jeweils einen Kostenvoranschlag einreichen, wonach man das Weitere beschließen werde.

So konnte man sich denn in dieser Beziehung noch einigermaßen trösten. Dagegen war der Verlust an Honoraren zu empfindlich, als dass man sogleich von dem Versuch, eine Entschädigung zu erhalten – oder aber die alte Einrichtung wieder hergestellt zu sehen – abgestanden wäre. Standen doch jetzt die Hörsäle derjenigen Professoren, deren Vorlesungen den ersten Semestern des philosophischen Kurses bestimmt waren, leer oder sahen fünf, höchstens zehn Studenten [251] innerhalb ihrer vier Wände, während man früher 50 bis 60, ja in besuchteren Zeiten selbst 100 zu zählen gewohnt war. Die Gesamtzahl der in der philosophischen Fakultät überhaupt eingeschriebenen Studenten, sonst etwa 150 im Durchschnitt, war 1841 bis auf 12 herabgesunken! Daher ließ die Fakultät in diesem Jahre (4. III.) eine abermalige Bittschrift nach Karlsruhe abgehen und wies darauf hin, dass durch jenen § 19 der neuen Ordnung kein Ersatz gegeben sei, weil die meisten von Lyzeum kommenden Studenten nur spezielle philosophische Fächer, wie Logik, Metaphysik u. a., hören, so dass also jener Paragraph nur dem Lehrer der Philosophie zugute komme. Diese Bittschrift wurde am 23. März 1841 vom Senat eingereicht, vom Ministerium am 26. April aber wiederum abschlägig beschieden.

Aber im nächsten Jahre (8. II. 1842) versuchte man das Glück nochmals. Diesmal ließ der Senat der Bittschrift, die er mit einer Empfehlung an Kurator und Ministerium abschickte, die ausdrückliche Bemerkung hinzufügen, „dass es facultati et senatui nicht um Geldes, sondern um eines höheren Interesses willen weit angenehmer wäre, statt Entschädigung den alten Zustand zurückkehren zu sehen, in welchem die Gelangung zu gründlichen Kenntnissen in allen Zweigen der Philosophie, zu einer festen Grundlage für die Fach- oder Brodwissenschaften und überhaupt auch zu geistig humaner Bildung ohne Einseitigkeit, Oberflächlichkeit und Kastengeist eher zu erwarten war, als auf den jetzigen Lyzeen.“ Man erlaube sich diese Bemerkung, hieß es weiter, weil man glaube, „dass die dermalige Einrichtung ein Versuch sei, von dem man wieder abgehe, wenn er den gehegten Erwartungen nicht entsprechend befunden werden sollte“ usw. Und in dem Bericht an die Kuratel drückte man sich noch freier dahin aus, dass von einer Einrichtung, „durch welche die beiden philosophischen Fakultäten des Landes in fast gänzliche Untätigkeit versetzt worden, während auf den Lyzeen die philosophischen Disziplinen ohnmöglich nach Gebühr gründlich dozirt und erfasst werden können, in mancher Beziehung nichts Gutes herauskommen könne.“ Die Bitte wurde unterm 23. Mai d. J. abermals abgeschlagen. Vielleicht sollte es eine Art Abschlagszahlung sein, wenn man nicht lange vorher, am 4. März das Ministerium, um wenigstens die wenigen durch jenen § 19 [252] vorgeschriebenen philosophischen Vorlesungen nicht nur auf dem Papier zu haben, die Verordnung erließ, dass „jeder Akademiker, welcher zum Besuch philosophischer Vorlesungen in den drei ersten Semestern des Fachstudiums verpflichtet ist (wovon jede wenigstens vier Stunden die Woche hindurch betragen muss), von der obersten Prüfungsbehörde nur dann zur Staatsprüfung werde zugelassen werden, wenn er sich über die gehörten philosophischen Kollegien durch Zeugnisse werde ausgewiesen haben.“

Wie die Fakultät als solche durch Bittschriften, so brachten ihr nahestehende Abgeordnete die Sache bei den Landständen mündlich zur Sprache. Schon am 15. Januar 1842 hatte Welcker in der II. Kammer es offen ausgesprochen, dass in den neuen Organisationsänderungen keine Besserung zu finden sei, dass er vielmehr davon eher einen Rückschritt befürchte. Und in derselben Sitzung hatte der Abgeordnete (Universitätsadministrator) Schinzinger es als wünschenswert bezeichnet, dass der philosophische Lehrkurs wie ehedem an der Universität selbst, wo die erforderlichen Kabinette schon vorhanden seien, und nicht wie jetzt auf dem Lyzeum, stattfinde. – Gelegentlich der Beratung des Budgets brachte dann Welcker am 11. Aug. 1842 die Sache wieder zur Sprache und stellte an den Präsidenten des Ministeriums d. I., Staatsrat v. Rüdt, unmittelbar die Bitte, „der traurige Zustand der beiden philosophischen Fakultäten möchte berücksichtigt und wo möglich der frühere Stand der Dinge wiederhergestellt werden.“ v. Rüdt antwortete nur, es sei ja jeder Inländer, der sich einem Hochstudium auf der Universität widmet, auch stets verbunden, philosophische Vorlesungen zu hören.

So scheiterten also alle Versuche. Auch eine gemeinsame Vorstellung beider Landesuniversitäten vom 10. Januar 1843, sowie die vom 13. Juli 1844 um die Einführung wenigstens eines einjährigen philosophischen Kurses blieb unberücksichtigt. Da kam nochmals eine der Universität sehr erwünschte Anregung von einer andern Seite. Die erzbischöfliche Kurie begehrte im Jahr 1845 die Aufnahme eines philosophischen Lehrkurses in das Kollegium theologicum (s. unten). Der Senat ergriff gerne diese Gelegenheit, um der Vorlage dieses Berichts an das Kuratorium (14. IV.) beizufügen, dass, „was seit einer Reihe von Jahren zur Ausführung gekommen, um den nicht [253] zureichenden Unterricht in den philosophischen Lehrzweigen an den Lyzeen dadurch gewissermaßen zu ergänzen, dass die Fachkandidaten in den drei ersten Semestern ein vierstündiges Kollegium hören müssen,“ sich als „fast ganz unpraktisch“ erwiesen habe, daher man den Antrag des erzbischöfl. Ordinariats mit Vergnügen unterstütze und bei diesem Anlass die frühere Bitte wiederhole, „dass wenigstens ein einjähriger philosophischer Kursus nicht bloß für Theologen, sondern auch gemeinsam mit jenen für die künftigen Juristen und Mediziner an der hiesigen Universität wieder eingeführt werden möchte.“ Das Ministerium aber erklärte am 15. Juni, dass es sich nicht veranlasst fühle, von der bestehenden Studienordnung schon jetzt wieder abzugehen, man überlasse es vielmehr dem Oberstudienrat, dann wieder Vorschläge zu machen, „wenn er selbst über die dermal bestehende Einrichtung weitere Erfahrungen gemacht haben werde.“

Fast alljährlich mit ihrer Vorstellung abgewiesen, war die philosophische Fakultät jedes Jahr wieder mit derselben auf dem Plan. So wurde 1846 auf ihre Veranlassung hin die Frage im Plenum am 10. Juni abermals in Beratung genommen, ob nicht doch noch einmal eine Vorstellung an das Ministerium einzureichen sei. Die Frage wurde bejaht und beschlossen, wenigstens darum zu bitten, „die Wahl der Anstalt, an welcher Inländer ihren zweijährigen philosophischen Kursus machen wollen, ob an einem Lyzeum oder an einer Landesuniversität – im letzteren Fall mit den vorgeschlagenen Einschränkungen und Modalitäten – freizugeben, oder wenigstens den Curs des zweiten Jahres in der Weise, wie ihn die philosophischen Fakultäten der beiden Landesuniversitäten in ihrem Bericht vom 10. Januar 1843 bezeichnet haben, an den Landesuniversitäten wiederherstellen zu wollen.“ Am 26. Juni setzte man auch den Senat in Heidelberg von diesem Schritt in Kenntnis und ersuchte ihn, durch eine auch von dort ausgehende Vorstellung, wie bereits früher die dortige philosoph. Fakultät getan, zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes mitzuwirken.

In demselben Jahr 1846 am 3. September wurde die Regirung – auch nicht zum erstenmal, wie wir wissen – auch in der II. Kammer überrascht durch einen gelegentlich der [254] Budgetberatung[45] von Buss gestellten Antrag, „die Kammer wolle sich dahin aussprechen, dass in Freiburg und Heidelberg der philosophische Lehrkurs der Universität zurückgegeben werde.“ Obwol auch der Abgeordnete der Stadt, Litschgi, den Antrag warm unterstützte, so wurde doch von der Regirungsbank erklärt, dass man diese Frage der Wiederherstellung des philosophischen Kurses an der Universität zwar in nähere Beratung ziehen, zur Zeit aber von der bestehenden Einrichtung nicht abgehen werde.

Trotzdem auch diesmal nichts erreicht wurde, gab man die Hoffnung, wenigstens teilweise den früheren Zustand wieder hergestellt zu sehen, nicht auf. Man scheint auch Andeutungen bekommen zu haben, dass wenigstens in absehbarer Zeit solche Hoffnungen verwirklicht werden könnten. Als z. B. es sich darum handelte, ob Lyzealprofessor Baumstark[46] in Zukunft ganz von der Universität, nicht wie bisher von Universität und Lyzeum gemeinsam, besoldet werden solle, sprach sich der Senat dafür aus, dass Baumstark ganz von seinen Obliegenheiten am Lyzeum entbunden werde, um sich einzig und allein der Universität widmen zu können. Denn eine Verstärkung der gegenwärtigen Lehrkräfte in der philosophischen Fakultät sei schon nach der gegenwärtigen Studieneinrichtung ein Wesentliches, „in dem Fall aber, wenn wenigstens einer der früheren philosophischen Jahreskurse an unserer Universität, wie man in nahe Aussicht stellen zu dürfen glaube, wieder werde hergestellt, ein ganz unerlässliches Bedürfnis.“

Um Wiedereinführung des philosophischen Kurses wurden auch verschiedene Bittschriften an die Kammer gerichtet. Selbst eine Anzahl von Schülern des Lyzeums reichte eine solche bei der II. Kammer ein. – Schließlich konnte Geh. Rat v. Hirscher, der z. Z. Vertreter der Universität in der I. Kammer war, im Mai 1848 dem Senat gegenüber die Hoffnung ausdrücken, dass der philosophische Lehrkurs von dem Lyzeum in Freiburg und in Heidelberg wieder getrennt und an die Universität werde zurückgegeben werden. Da nun der Senat der Ansicht war, dass eine Beschleunigung der Sache – so dass die Ausführung für das nächste Schuljahr gleich ermöglicht [255] werde – sehr wünschenswert sei, und weil man die notwendigen Vorbereitungen früh genug treffen wollte, so wurde in der Senatssitzung vom 9. Juni 1848 beschlossen, das Ministerium d. I. um möglichst schnelle Entschließung zu bitten.

Auch der Gemeinderat der Stadt (Freiburg) verwandte sich in gleichem Sinn beim Ministerium. Im Dezember 1848 richtete er an dasselbe die Bitte, es wolle mit allen ihm zu gebote stehenden Mitteln auf die Hebung der Universität, die das schönste und höchste Kleinod der Stadt sei, wirken. Als Hauptmittel dazu sieht der Stadtrat neben anderen – so z. B. der Besetzung der Lehrkanzel der Chirurgie usw. – die Wiederherstellung des philosophischen Lehrkurses an, „da diese unglückliche Maßregel“ von 1836 nicht nur der Universität mit einem Federstrich 80 bis 100 Studenten entzogen, sondern auch der Gründlichkeit des philosophischen Studiums im Lande überhaupt den größten Nachteil gebracht habe.

Daß aber in jenen stürmischen Jahren 1848 und 1849 kein weiterer Schritt höheren Orts geschah, darf uns wol kaum wundern. Um so freudiger war man berührt, als der unten zu erwähnenden Abordnung der Universität gegenüber, die gelegentlich des glücklichen Zurückschlagens des revolutionären Ansturms am 3. Sept. 1849 in Karlsruhe war, die Wiedererrichtung wenigstens eines einjährigen philosophischen Kurses in einer Weise berührt wurde, die, wie man seitens der Universität glaubte, „zur Hoffnung auf baldige Wiederherstellung dieses für die Blüte der Universität so wichtigen Instituts berechtigt.“ Anschließend an diese Versicherung suchte nun der Senat auf jede Weise dahin zu wirken, dass diese Einrichtung „etwa schon mit Beginn des Wintersemesters (1849/50) ins Leben treten könne.“[47] Gleich Anfangs Oktober [256] 1849 wurde zu diesem Zwecke ein erneuter Antrag mit Anschluss der Berichte sämtlicher vier Fakultäten an das Ministerium d. I. abgeschickt. Und wirklich vernahm man auch bald, dass das Staatsministerium daran denke, eine Kommission zusammen zu berufen, um über die Durchführung eines solchen einjährigen Kurses zu beraten und Vorschläge über dessen Einrichtung vorzulegen; und zwar sollte diese Kommission bestehen aus dem Referenten beim Ministerium d. I. über die beiden Landesuniversitäten (z. Z. Ministerialrat Fröhlich), sowie dem über die übrigen Gelehrtenschulen (Ministerialassessor Schmidt), dem Oberstudienrat (v. Wöllwarth und Hofrat Feldbausch)[48], Professoren der beiden Landesuniversitäten (Oettinger für die philosophische Fakultät von Freiburg, Bähr für Heidelberg), Geistl. Rat v. Hirscher (als Vertreter des katholischen Konvikts in Freiburg) und Lehrern der Lyzeen (die Lyzeumsdirektoren Kärcher in Karlsruhe und Nokk in Freiburg).

Ob diese Kommission überhaupt zusammengetreten, weiß ich nicht. Sicher ist, dass alles beim alten, d. h. bei der 1836 getroffenen Einrichtung, blieb.

Es dürfte hier der geeignetste Platz sein, einiges Wenige über die anderweitige Stellungnahme der Universität in dieser Zeit zum Gymnasium, nunmehrigem Lyzeum der Stadt einzufügen, nachdem schon früher (im 1. Hauptabschnitt) ausführlicher von diesem Verhältnis zu sprechen war.

Das Verhältnis der beiden Schulen kam im Senat wiederum zur Sprache am 26. Nov. 1847. Es handelte sich damals zunächst um einen Bericht der Wirtschaftsdeputation wegen Anschaffung von neuen Kirchenstühlen in der – von Akademikern und Lyzeumsschülern gemeinsam benutzten[49]Universitätskirche, welche infolge Vermehrung der Schülerzahl des Lyzeums nötig geworden war. Die Hauptsache war natürlich [257] der Kostenpunkt. Der Senat sprach sich zwar für Genehmigung der geforderten Summe (57 fl.) aus, verlangte jedoch von der Wirtschaftsdeputation eine gutachtliche Aeußerung darüber, „ob dermal noch eine rechtliche Notwendigkeit vorhanden sei, die Kosten des Gottesdienstes für die Lyzeisten aus der Universitätskasse zu bestreiten, nachdem das vormalige Gymnasium nicht mehr eigentlich bestehe und das Lyzeum keine akademische, sondern nur allgemeine Landesanstalt sei.“ Man war eben nicht recht gewillt, dem neuen Lyzeum, dessen Einrichtung der Universität, wie oben gezeigt, so großen Schaden zugefügt, noch weiter materielle Opfer zu bringen.

Unterdessen war aber eine andere Frage in Fluss gekommen. Schon am 20. Sept. 1847 hatte der Verwaltungsrat des Lyzeums bei der Universität anfragen lassen, ob dieselbe sich „in eine Unterhandlung wegen Adquirirung des Gymnasiumsgebäudes“ – dasselbe war freilich eigentlich schon Eigentum der Universität, aber ein belastetes – mit demselben einlassen wolle, indem die Herstellung eines neuen Schulgebäudes für das Lyzeum beabsichtigt werde. Nach längeren Beratungen wurde am 17. Januar 1848 Baurat Voss ersucht, das fragliche Gebäude abzuschätzen, am 25. Februar d. J. aber die Juristenfakultät zu einem Gutachten aufgefordert darüber, „ob die Universität für das Aufgeben des beschränkten Benutzungsrechtes Seitens der Lyzeumsanstalt, welche ein neues Gebäude erhalten soll, zu Bezahlung einer Geldsumme werde angehalten werden können.“ Dieser Bericht wurde erstattet am 26. März und lautete ganz anders als die Ansicht des Verwaltungsrates des Lyzeums. Der Senat ließ diesem deshalb auch am 30. März eröffnen, dass es ein Irrtum sei, wenn er glaube, das Gebäude sei Eigentum des Lyzeums; vielmehr sei die Universität die Eigentümerin, wenn auch „möglicherweise“ dem Lyzeum ein umfassendes Recht zustehe.

Da unterdessen die Regirung sich weigerte, jetzt schon zu einem neuen Lyzeumsbau Geld zu bewilligen, so blieb auch hier der alte Zustand beibehalten.


V. Abermalige Gefährdung des Bestandes der Universität.

Schon im Jahre 1831, also noch vor der Schließung der Universität, ging das – damals vielleicht noch verfrühte – [258] Gerücht, dass bei den Landständen ein Antrag auf Vereinigung beider Landesuniversitäten werde gemacht werden. Die Professoren Bekk, Fritz und Amann verhandelten damals mit dem Magistrat der Stadt, und dieser versprach, eine Bittschrift um Erhaltung und Schutz der Universität beim Großherzog einzureichen. Die Bittschrift, der man die oben erwähnte Vorstellung um Dotationsvermehrung anschloss, wurde vom Magistrat, vom Bürgerausschuss und von 1140 Bürgern unterschrieben.[50] Nun wurde in den Kammern freilich damals noch kein förmlicher Antrag gestellt, aber es wurden doch schon Stimmen in dieser Richtung laut, welche die nicht allzurosige Stimmung eines großen Teiles der Kammermitglieder nur allzusehr erkennen ließen, v. Itzstein z. B. warf – gelegentlich der Beratung des Budgets – die Frage auf, „ob zwei Universitäten nothwendig seyen; ob es Bedürfnis sey, dass auf [259] jeder Universität alle Lehrfächer gleich gut besetzt sind, oder ob es vielleicht nicht ebenso zweckmäßig sey, wenn auf jeder Universität nur ein Fach gut besetzt ist und den Studirenden überlassen bleibt, entweder in Heidelberg oder in Freiburg dieses oder jenes zu lernen.“ Auf eine heftige Entgegnung Rottecks erklärte er sich denn noch deutlicher dahin, dass die auf jedem Landtag wiederkehrenden Forderungen der Universitäten auf bessere, größere und vollständigere Dotation, und namentlich die diesjährige der Universität Freiburg gewaltsam zu der Frage hindrängen müsse, ob zwei Universitäten für das Großherzogtum Baden, das nur ein kleines Land ist, notwendig sind.[51] Ein anderer Abgeordneter, Buhl, machte den anscheinend wolwollenden Vorschlag, die Universität Freiburg in ein großes polytechnisches Institut, eine Art höherer Gewerbsschule umzugestalten, und erklärte später, dass es seine Absicht war, (durch diesen Vorschlag) „durch eine Radikalreform die Universität Freiburg auf eine Höhe zu erheben, die ihr in Deutschland zur größten Ehre gereicht haben würde.“

Nun kam das nächste Jahr (1832) die Schließung der Universität, von der oben gesprochen worden ist und die ihrerseits selbstverständlich auch nicht fördernd auf die Entwicklung der Schule eingewirkt hat – wenn die letztere auch alsbald wieder eröffnet wurde. Denn viele ängstliche Väter sahen in dieser Maßregelung eine Art von moralischem Interdikt über die Universität verhängt und hielten ihre Söhne von da an sorgfältig von der Hohen Schule fern.

Wurde schon dadurch ein Rückgang der Frequenz herbeigeführt und dem Ansehen der Schule der erste schwere Stoß versetzt, so kamen nur allzuschnell noch weitere Ereignisse hinzu, die diese rückgängige Bewegung verstärkten. Im Jahre 1833 wurde die Hochschule zu Bern gegründet, und gleich im nächsten Jahre die zu Zürich. Die Errichtung dieser beiden so nahe gelegenen Hohen Schulen beraubte die Universität in Freiburg des ganzen Zuzugs der schweizerischen Studenten, der immer ein sehr starker gewesen war.[52]

[260] Aber ein Unglück kommt nie allein: gerade in dieselbe Zeit fällt die Einführung des Universitätszwangs in Bayern und in Württemberg,[53] wodurch der Hohen Schule in Freiburg auch der Zuzug von Studenten aus diesen Nachbarländern im Osten wegfiel. Nun war freilich, wie schon mehrfach erwähnt wurde, in Freiburg die Zahl der fremden d. h. außerbadischen Studenten von jeher nicht so groß wie in Heidelberg. Wenn wir aber bedenken, dass anderseits auch die Zahl der Studenten überhaupt eine geringere war, so war der Abgang auch so doch noch empfindlich genug.

Rechnen wir nun zu alle dem den Verlust, den die Universität durch die genannte Neuorganisation der Gelehrtenschulen vom Jahr 1836 erlitt, so darf es uns nicht wundernehmen, dass ein solcher äußerlich jedem sichtbarer Rückgang allein schon den Gedanken an eine Aufhebung nur noch näher legen musste.

Nun kam aber noch dazu, dass auch im Innern manches nicht so war, wie es hätte sein sollen, dass namentlich die Einigkeit im Kollegium keine solche war, wie sie in solchen Zeiten äußerer Gefahr notwendig gewesen wäre. Doch davon wird eingehend später zu handeln sein. Dagegen soll hier ein langjähriger Streit erwähnt werden, den die Universität bezw. ein Teil der Professoren der medizinischen Fakultät, mit den die Spitalkommission bildenden Mitgliedern des Gemeinderats führte, und der – namentlich infolge des Aufbauschens und nimmer endenden Haderns in der Presse verstärkt – jedenfalls nicht günstig auf das Verhältnis von Hochschule und Stadt einwirkte. Schon Anfangs der vierziger Jahre brach [261] dieser Streit aus. Es handelte sich um die Verwaltung des Vermögens des Krankenspitals. Nach dem provisorischen Statut vom Jahr 1836 nämlich war die Spitalkommission zusammengesetzt aus sämtlichen Professoren der medizinischen Fakultät, dem jeweiligen Bürgermeister und zwei Gemeinderäten – insofern also ungleich, als die medizinische Fakultät damals immer 7 bis 8 Mitglieder zählte, die Stadt aber nur durch 3 vertreten war. Mit Beharrlichkeit kämpfte der Gemeinderat daher gegen diese Zusammensetzung an. Durch Erlass des Ministeriums d. I. wurde am 15. Juli 1846 bestimmt, dass die Spitalkommission in Zukunft bestehen solle aus drei Direktoren der Kliniken, zwei Mitgliedern des Gemeinderats und einem Mitglied der allgemeinen Stiftungskommission unter dem Vorsitz eines vom Ministerium zu bestimmenden Regirungskommissärs. Dadurch bekamen also die Mitglieder der Universität gleiche Stimmenzahl wie die städtischen, bei Stimmengleichheit sollte der Regirungskommissär die Entscheidung haben. Der Verwaltungsrat des Spitals legte aber gegen die Verfügung des Ministeriums d. I. Berufung ein beim Staatsministerium.

Aber auch die Universität erklärte am 5. Nov. 1846, mit dem Gemeinderat keinen andern Vergleich einzugehen, „als einen solchen, wodurch die ihr von der Eckischen Stiftung übertragenen Rechte und Pflichten in keiner Weise verletzt werden.“[54] Dies sei aber nur möglich, wenn 1) alle Fakultätsmitglieder auch Mitglieder des Verwaltungsrats seien, und 2) der Vorsitz dieser Kommission und die Stelle des Hofspitaldirektors wie bisher einem Mitglied der Fakultät vorbehalten sei.

Der ganze, ohnehin schon unerquickliche Streit wurde, wie gesagt, von den von jeher zahlreichen Feinden der Universität in fremden Zeitungen ausgebeutet und übertrieben und als gänzlicher Zusammenbruch des guten Einvernehmens [262] zwischen der Hohen Schule und der Stadtgemeinde hingestellt, der den Niedergang der ersteren beschleunige.

Schmähungen und Verleumdungen waren übrigens der Universität nichts Neues. Wir haben schon früher Gelegenheit gehabt, von solchen zu sprechen. Diese Angriffe wurden aber um so zahlreicher, je mehr man auf die so schwer geschädigte Schule vor ihrem Absterben noch einen Stein werfen zu können glaubte. So gab eine Schrift eines gewissen Hofgerichtsadvokaten Achert „Promemoria für den deutschen Ministerkongress in Wien, die Herstellung und Erhaltung der Ruhe von Deutschland betr.“, die in anmaßendem Ton geschrieben war, vielen Stoff zum Stadtgerede, aber auch zur Erbitterung seitens der verunglimpften Hochschule. Die letztere beriet daher am 8. Januar 1834, ob man, „da zumal das seitherige Treiben und die Persönlichkeit des Verfassers auswärts nicht so wie hier bekannt ist,“ nicht darauf erwidern solle, und beschloss nach längerer Erörterung der Frage, 1) ein Schreiben an den Staatsminister v. Reizenstein als badischen Bevollmächtigten beim Ministerkongress in Wien zu richten; 2) dass mit Zugrundlegung dieses vom Syndikus zu verfassenden Schreibens Prof. Fritz zwei kleinere (Verteidigungs)-Aufsätze in die Karlsruher und in die Augsburger Allgemeine Zeitung im Namen des Senats einrücken solle.

Weiterhin erregte Aufsehen ein Angriff in einem Artikel der Mannheimer Zeitung, in der Beilage zu Nr. 66 des Jahres 1834. In diesem war die Rede von Teilnahme der Akademiker an der Politik, von nächtlichen Zusammenkünften vor der Stadt, von Botengängen in die Schweiz, Umherschwärmen und dgl. mehr. Der Senat veranlasste am 10. März das Universitätsamt zu genauer Erkundigung darüber, ob in der jüngsten Zeit etwas geschehen sei oder gegenwärtig etwas vorgehe, was zu solchen Zeitungsartikeln Anlass hätte geben können. Auf den Bericht des Universitätsamtes hin ließ dann der Senat am 14. April bemerken, „man erwarte und hege das Vertrauen, dass dasselbe der zu seiner Kenntnis gelangten Verbindung von 20 bis 30 Akademikern mit exaltirten hiesigen Bürgern seine besondere Aufmerksamkeit schenken, und dem Treiben dieser jungen Leute bei Zeiten auf die Spur komme und sich darüber Gewissheit zu verschaffen wisse…“ Etwas war also an der Sache; dieses [263] Etwas wurde aber auch hier aufgebauscht, anderes hinzugedichtet, und die Universität als solche dafür verantwortlich gemacht und als eine Anstalt hingestellt, die in jeder Beziehung zum Bankerott reif sei.

Solche Angriffe und Verleumdungen im Bunde mit dem Zurückgehen der Besuchsziffer (aus den oben erwähnten Gründen)[55] und andern den Niedergang beschleunigenden wirklichen Missständen – z. B. waren Jahre lang ein oder mehrere Lehrstühle unbesetzt – machen es uns erklärlich, dass von verschiedenen Seiten, selbst in Briefen aus Karlsruhe das seit Anfang des Jahrhunderts nun schon so oft erklungene Lied von der Aufhebung der Universität wieder angestimmt wurde. Im März 1841 stellte der „Schwäbische Merkur“ es als eine ziemlich zuverlässige Mitteilung aus der Residenz hin, dass das polytechnische Institut von Karlsruhe nach Freiburg komme, in Freiburg aber dann die Universität mit Ausnahme der theologischen Fakultät, die man zu einer Spezialschule machen werde, aufgehoben und mit Heidelberg vereinigt werden solle; dadurch würden dem Staat mindestens 60,000 fl. erspart werden. Diese Nachricht brachte, ohne dass man sie auf ihre Echtheit untersuchte, große Erregung und Unwillen bei der Bevölkerung der Stadt hervor; man tröstete sich nur mit dem Bewusstsein, dass der Fortbestand der Universität durch die Verfassung gewährleistet sei und zwei Drittel der Kammern einem solchen Beschluss erst beistimmen müssten, bevor er zur Ausführung gelangen könne. Doch wurde schon einige Tage nachher von angeblich maßgebender Seite die boshafte Nachricht Lügen gestraft, und am 8. April kam auch die offizielle Mitteilung von Karlsruhe, dass das Gerücht von einer Aufhebung unbegründet sei. Immerhin bildete die Aufhebungsfrage auch fernerhin noch das Tagesgespräch, und in der Leipziger Allg. Zeitung hieß es u. a. sogar, selbst die [264] theologische Fakultät müsse nach Heidelberg „zur Belebung und zeitgemäßen Durchbildung des wissenschaftlichen Geistes der katholischen Theologen.“

So wühlten denn die Feinde der Universität im stillen fort. Und wer geglaubt hatte, durch jene offizielle Mitteilung aus Karlsruhe sei die Frage der Aufhebung aus der Welt geschafft, der hatte sich gründlich getäuscht. Freilich nicht von der Regirung geschah der nächste Schritt, sondern von den Volksvertretern. Am 14. Januar 1842 nämlich machte der Abgeordnete Sander in der II. Kammer die Anzeige, dass er einen Antrag einbringen (und begründen) werde, „es möge die Kammer beschließen, S. Kgl. Hoheit den Großherzog um Vorlage eines Gesetzes zu bitten, wonach

1) eine unserer beiden Gelehrten-Universitäten aufgehoben und mit der andern vereinigt wird, und

2) die polytechnische Schule unter ihrer Vergrößerung mit einer weiteren Fachschule für die Landwirtschaft und für die Kameralwissenschaft an die Stelle der aufgehobenen Gelehrten-Universität mit dem Rang und allen Rechten einer Universität verlegt wird.“

Sander brachte diese Anträge am 25. Januar ein, bezeichnete jedoch bei der Begründung als die aufzuhebende Universität – Heidelberg! Er stellte dies übrigens ausdrücklich nur als seine Meinung, nicht als Bestandteil des Antrags hin. Staatsrat v. Rüdt erklärte jedoch alsbald, dass die Regirung unter den bestehenden Verhältnissen auf keine Aenderung in dem Bestand der beiden Landesuniversitäten einzugehen geneigt sei. – Bei der Abstimmung wurde daher auch über beide Anträge zur Tagesordnung übergegangen.

Dagegen erhoben sich in der Presse wieder um so mehr Stimmen in der Angelegenheit. Ein Artikelschreiber im „Oberländer“ (der trotz seines Namens der Universität im Oberland feindselig gegenüber stand) z. B. verlangte sogar, die Universität Heidelberg solle den größten Teil der Einkünfte der Alberto-Ludoviciana erhalten; die theologische Fakultät in Freiburg solle in eine katholische „Spezialschule“ verwandelt und lediglich unter die kirchliche Obrigkeit gestellt werden. – Ich führe diesen Vorschlag mehr nur seiner merkwürdigen Begründung halber an. Der Verfasser des Artikels meint nämlich, es sei dies neben der Förderung der Wissenschaft [265] auch eine Forderung der Gerechtigkeit: die Pfalz und die Geistlichkeit, welche im Jahr 1803 so viel verloren hätten, müssten jetzt in die Einkünfte der Universität Freiburg sich teilen und so entschädigt werden.

In der Angst[56] witterte man nun überall Anträge auf Aufhebung der Universität. So brachte bald nachher die „Oberrheinische Zeitung“ die Nachricht, dass der Abgeordnete Bassermann einen solchen Antrag in der II. Kammer stellen werde: eine Nachricht, die sich zum Glück nicht bewahrheitete.

Aber schon am 11. August 1842 sprach sich wirklich ein anderer Abgeordneter, Gerbel, für Einziehung einer der beiden Landesuniversitäten aus, da beide in gutem Zustand nicht erhalten werden könnten. Er war ferner der Ansicht, der Abgeordnete Sander solle seine Anträge vom 25. Januar alljährlich erneuern. Ministerialrat v. Marschall erwiderte, die Regirung habe sich schon genügend für den Fortbestand beider Hohen Schulen ausgesprochen.

Wenn man diese Antworten von der Regirungsbank erwägt, so muss man sich wundern, wie kaum zwei Jahre später gerade von einem Vertreter derselben Regirung die Aufhebungsfrage ganz anders beurteilt wurde. Und es war dies um so verhängnisvoller, weil die Zahl der Studirenden in Freiburg unterdessen noch mehr gesunken und es deshalb um so wahrscheinlicher war, dass, wenn wirklich eine der beiden Hochschulen fallen müsse, es die der Breisgaustadt sein werde.

Am 20. Mai 1844 nämlich machte, als gelegentlich der Budgetberatung die Anstellung eines zweiten Lehrers an der Forstschule zu Karlsruhe gefordert wurde, der Abgeordnete Mathy in der II. Kammer den Vorschlag, die Forstschule von der Residenz nach Freiburg zu verlegen. Dies veranlasste den Abgeordneten Posselt, die Zweckmäßigkeit der Aufhebung einer der beiden Landesuniversitäten zu entwickeln. Nachdem mehrere teils für, teils gegen diese Anschauung sich ausgesprochen, trat Ministerialrat Regenauer auf und gab folgende Erklärung: „Einmal muss man der Sache ins Auge schauen, und das sage ich unverhohlen, und gewiss in der besten Absicht und in dem besten Bewusstsein, dass ich [266] keinem Landesteil, keiner Konfession, keinem Ort irgend einen Nachteil zufügen will: es ist an einer Universität genug und wir müssen die zweite eingehen lassen.“ Und er fügte denn im weitern selbst hinzu, wenn aber eine fallen müsse, so sei es die zu Freiburg. Die theologische Fakultät könne ja dort bleiben, oder noch besser in Heidelberg „ihren würdigen Sitz finden.“ – Der Stadt Freiburg bot man als „reichen Ersatz“ für den Verlust ihrer Universität die noch junge polytechnische Schule an, über deren Abnahme[57] aber damals schon Klage geführt wurde. Und der Abgeordnete Mathy äußerte: „Ich kann nicht begreifen, warum die Freiburger sich so sehr dagegen sträuben, einen Kreuzer herzugeben, um einen Gulden dafür zu nehmen.“[58] Und ähnlich meinte im weiteren Verlauf der Verhandlung der Abgeordnete Gottschalk, er könne nicht einsehen, warum die Abgeordneten Freiburgs „nicht mit beiden Händen nach dem Vorteil greifen, eine große polytechnische Anstalt zu erhalten.“ Wacker verteidigten die Abgeordneten der Stadt Freiburg,[59] die durch die Verfassung gewährleisteten Rechte ihrer Hohen Schule und erklärten, dass, wenn auch jene Verfassung geändert werden könnte, doch die Universität auf dem historischen Recht, dem Willen und der Absicht ihrer Stifter fest gegründet erscheine … Einer derselben klagte auch darüber, dass das viele Gerede gegen die Universität nun schon seit langer Zeit schließlich die Ansicht bei der großen Masse des Volkes hervorrufe, es verdiene die Universität in der Tat den Vorwurf, nichts mehr zu taugen. Die Folgen davon würden dann freilich sein, „dass die Professoren verwaist auf den Kathedern stünden und leeren Bänken predigten“ usw.

Nach langen Verhandlungen wurden schließlich die geforderten 1200 fl. für Anstellung eines zweiten Lehrers an der Forstschule bewilligt, und so war einstweilen die Gefahr beseitigt. Nachdem aber einmal ein so hochgestellter Staatsbeamte – [267] freilich nur in seiner Eigenschaft als Abgeordneter – die Frage der Fortdauer der Universität Freiburg wenigstens als diskussionsfähig bezeichnet hatte, so wurde die Sache auch in der I. Kammer erörtert. Es geschah dies am 12. Juni. In beredten Worten traten für die Universität ein der edle Freiherr Heinrich v. Andlaw, der seine männliche Stimme zur Abwehr eines Angriffs auf die geheiligte Stiftung erhob,[60] als dankbarer Zögling der alma mater der Fürst von Fürstenberg, der wissenskundige Staatsrat Nebenius, welcher namentlich nachwies, dass der wissenschaftliche Wirkungskreis als katholischer Anstalt der Albert-Ludwigsuniversität nie entzogen werden könne. Der evangelische Prälat Hüffell erwähnte rühmend die Größen der theolog. Fakultät, insbesondere Hugs Verdienste gegen D. Fr. Strauß. Auf eine unmittelbare Anfrage v. Andlaws an den Ministertisch erklärte zur freudigen Ueberraschung aller Staatsrat v. Rüdt, „die Großh. Regirung denke von Ferne nicht daran, die Universität aufzuheben.“

Auch in der I. Kammer kam die Frage der Verlegung der polytechnischen bezw. der Forstschule von Karlsruhe nach Freiburg zur Sprache, aber nicht als Ersatz für die Universität, sondern als Zugabe zu derselben. Ueber die Gründe der Verlegung sprach sich Oberforstmeister v. Kenner in längerer Rede aus. Der forstwissenschaftliche Unterricht an der polytechnischen Schule in Karlsruhe führe nur deshalb nicht zu einem erwünschten Ergebnis, weil es an den nötigen Vorbedingungen, [268] Einrichtungen und Mitteln an der Anstalt selbst und in den örtlichen Verhältnissen von Stadt und Umgegend fehle. Durch Verlegung nach Freiburg werde nicht nur ein zweiter Lehrer für das Fach erspart, sondern es würden auch mancherlei andere Kosten noch wegfallen, weil deren Aufwendung neben den Einrichtungen und Mitteln der Universität umgangen werden könne. Ferner sei auch die Oertlichkeit zu beachten: Freiburg biete in seiner Umgegend einen reichen Wechsel in den geognostischen, klimatischen, botanischen, forst- und landwirtschaftlichen Verhältnissen. – Der aus diesen Gründen gestellte Antrag des Senats vom 22. Mai 1842 (vgl. Buss u. a. O. S. 456 ff. und Beilage II.) auf Verlegung des forstwissenschaftlichen Lehrstuhls von Karlsruhe nach Freiburg wurde lebhaft von verschiedenen anderen Mitgliedern der I. Kammer (Geh. Rat v. Marschall, Frh. v. Rinck, Graf v. Kageneck) unterstützt und schließlich auf Antrag des letztgenannten zu Protokoll erklärt, die Regirung möge in Erwägung ziehen, ob nicht die Vereinigung der Forstschule mit der Universität Freiburg zweckmäßig sei. – Die Stadt Freiburg selbst erklärte sich unterm 2. April 1844 bereit, ihre Waldungen „zur Benützung Behufs des praktischen Lehrkurses der Forstschule“ gegebenen Falles zur Verfügung zu stellen (vgl. Buss u. a. O. Beilage III).

In den nächsten zwei Jahren geschah nichts weiter in der Sache. Am 4. Juni 1846 legte der Prorektor ein an ihn gerichtetes Schreiben des Forstrats Klauprecht in Karlsruhe „die Verlegung der Forstschule nach Freiburg betr.,“ dem Senat vor und trug darauf an, zur Ausführung dieses Planes neuerdings Schritte beim Ministerium d. I. zu tun. Nach nochmaliger Erkundigung bei Klauprecht wurde eine solche Vorstellung vom Prorektor am 25. d. M. abgeschickt. Tags darauf, am 26. Juni, benachrichtigte man auch den Gemeinderat, „um ebenfalls auch Schritte zu tun, welche das gemeinsame Interesse der Universität und der Stadt zu fördern geeignet seyn werden.“[61]

Erst am 24. Februar 1847 wurde sodann dieser Gegenstand wieder berührt, und zwar anlässlich eines Berichtes über die Vervollständigung des kameralistischen Lehrkurses. Der [269] Prorektor besprach sich in jenen Tagen auch mit den beiden Gemeinderäten Haller und Kapferer, und das akademische Direktorium richtete selbst am 11. März ein Schreiben an den Stadtrat, ihm anzeigend, dass „wiederholte Anregung von Seite des Senats“ wegen Verlegung der Forstschule nach Freiburg an das Ministerium abgegangen sei. Der Stadtrat nahm jedoch am 23. März nur Kenntnis von der Sache und ließ sie „einsweilen“ ad acta gehen.

Dass in den darauffolgenden Jahren der Revolution nichts weiter geschah, ist leicht zu verstehn. Die Sache erhielt dann eine andere Wendung dadurch, dass ein eigener Lehrstuhl für Forstwissenschaft an der Universität in Freiburg errichtet werden sollte. Näheres darüber wird später zu erwähnen sein.

Unterdessen riefen die immer wiederholten Angriffe und die – wie man aus den Worten Regenauers schließen durfte – wirkliche Gefährdung der Universität auch Verteidigungsschriften, zumeist von Mitgliedern der Hohen Schule selbst verfasst, hervor. Gleich im Jahre 1844 erschien eine solche von Dr. v. Weisseneck: „Einige Worte über die Aufhebung der Universität Freiburg, neuerdings angeregt durch Ministerialdirektor Regenauer in der 71. Sitzung unserer II. Kammer vom 20. Mai d. J.“ In demselben Jahr erschien eine Schrift ohne Namen (von Prof. Wetzer): „die Universität Freiburg nach ihrem Ursprung, ihrem Zweck, ihren Mitteln und Studienstiftungsfond, ihrer Eigenschaft als geistlicher Korporation und frommer Stiftung, ihrer Organisation, ihren Instituten, und nach den kirchen- und staatsrechtlichen Generationen ihres Fortbestandes.“ Eine nicht minder lange Aufschrift trägt die zwei Jahre später erschienene Schrift von Hofrat Buss: „Der Unterschied der katholischen und der protestantischen Universitäten Teutschlands, die Nothwendigkeit der Verstärkung der dortigen sechs katholischen Universitäten gegenüber den sechszehn protestantischen, insbesondere die Erhebung der ihrem katholischen Prinzip entrückten Universität Freiburg zu einer großen, rein katholischen Universität teutscher Nation.“

Diese letztere Schrift stellt, wie die Aufschrift schon lehrt, die Notwendigkeit des Weiterbestehens der Universität aus konfessionellen Gründen,[62] an die Spitze. Alle drei aber weisen namentlich darauf hin,[63] dass die Universität zu Freiburg [270] dem Staat, dem sie etwa eine Million Vermögen zubringt, bis 1819 gar nichts gekostet habe, von 1819–1830 nur 15 000 fl. jährlich, von 1830 an weitere 15 000 fl. und seit einiger Zeit 33 560 fl., während die zu Heidelberg seit mehr als 30 Jahren dem Staat 60 000 fl., seit einiger Zeit sogar 86 823 fl. koste.[64] Ferner suchten die genannten Schriften den auch von Regenauer bei seiner Begründung an die Spitze gestellten Hinweis auf die Abnahme der Besuchsziffer zu entkräften, indem sie u. a. daran erinnerten, dass dieselbe noch lange nicht, wie einst in Heidelberg, auf 80 bis 90 herabgesunken sei, und dass das tatsächliche Zurückgehen nur auf vorübergehenden, zufälligen Verhältnissen beruhe. – Wegen der übrigen vorgebrachten Verteidigungsgründe kann auf die Schrift Rottecks vom Jahr 1817 hier füglich verwiesen werden.

Buss hat in seiner oben genannten Schrift (auf S. 434 flg.) eine zu Heidelberg damals erschienene Schrift: „Wie können, ohne neue Belastung der Staatskasse, die Bedürfnisse beider Universitäten Heidelberg und Freiburg gedeckt, die Blüte beider Anstalten erhöht und ihr Fortbestand gesichert werden?“ einer Kritik unterzogen. Weil diese Schrift damals auch sonst vielen Staub aufwirbelte, weil wir später einigen Gedanken derselben wieder begegnen werden, und weil endlich der Verfasser einen so eigenartigen Standpunkt einnimmt, darf dieselbe auch hier nicht unerwähnt bleiben. Dieser biedere Autor[65] war nämlich angeblich der Hohen Schule zu Freiburg sehr geneigt, in der Tat aber entpuppte er sich bei näherem Betrachten als ihr geriebenster Feind, dessen Absicht es ist, für Heidelberg neue Geldmittel auf Kosten von Freiburg zu verschaffen.

Der Inhalt der Schrift ist der Hauptsache nach folgender:

Die Universität Heidelberg darbt in ihrer höchsten Blüte, die zu Freiburg kränkelt und siecht dahin im höchsten Ueberfluss. Als Mittel, diesem Zustand abzuhelfen, wird angeraten, die polytechnische Anstalt von Karlsruhe nach Freiburg zu [271] verlegen, aus dem Ueberschuss der Einkünfte der Universität nebst einem Beizug (10 000 fl.) des Staatszuschusses, den die polytechnische Anstalt schon bezieht, die Professoren des übergesiedelten Polytechnikums zu besolden, den ganzen übrigen Staatszuschuss (22 000 fl.) des Polytechnikums aber, samt dem Kapital, das durch den Verkauf des Gebäudes an den Staat gewonnen wird, an die Universität Heidelberg zu geben. Für Freiburg bliebe so immer noch genug, und die Zahl der Lehrämter in der juristischen und medizinischen Fakultät ließe sich ja füglich einschränken, während die polytechnischen Fächer mit der philosophischen Fakultät vereinigt würden. Karlsruhe endlich könnte anderwärts, etwa durch Verlegung des Hofgerichts von Rastatt dahin, entschädigt werden.

Die Schrift leidet an dem großen Fehler, dass schon die Grundlage, auf die ihre Vorschläge gestellt sind, falsch ist. Freiburg schwamm, wie wir wissen, durchaus nicht im Ueberfluss, wenn auch die finanzielle Lage zum Glücke sich gegen früher gebessert hatte. Freilich stand nach dem Universitätsbudget von 1844/45 einer Gesamteinnahme von 90 000 fl. eine Gesamtausgabe von 80 000 fl. gegenüber, was also einen Ueberschuss von 10 000 fl. bildet. Dieser Ueberschuss war aber eigentlich nur ein scheinbarer, denn 1) waren z. Z. nicht weniger als vier (ordentliche) Lehrstühle unbesetzt, nämlich die für Botanik, Geschichte, Anatomie und ein juristischer; 2) waren drei Professoren der theologischen Fakultät (Hug, v. Hirscher und Staudenmaier) zugleich Mitglieder des Domkapitels und hatten, weil sie als solche Besoldung erhielten, in edler Rücksicht auf die eine Hälfte ihrer Universitätsbesoldung verzichtet; wurde das anders, so war gleich die Universitätskasse wieder mehr belastet; 3) waren die meisten Professoren in Freiburg so gering besoldet, dass eine Aufbesserung notwendig und gerecht erschien.

Ein großer Missstand war jedenfalls die als erster Punkt soeben erwähnte Nichtbesetzung mehrerer Lehrkanzeln. Im Hinblick darauf reichten im Anfang des Jahres 1846 mehrere hundert Bürger eine mit ihren Unterschriften versehene Bittschrift: „die Zustände der Universität und insbesondere die Vakaturen einiger Lehrkanzeln betr.“ beim Gemeinderat ein. Letzterer sollte, dahin ging ihre Absicht, diese Schrift höheren Orts vorlegen und sich für die Universität verwenden. Diese [272] Bittschrift wurde am 19. Februar 1846 auch im Senat besprochen, fand aber keine Billigung. Vielmehr beschloss der Senat, an den Gemeinderat zu schreiben, dass demselben „keine Veranlassung gegeben seyn dürfte, dieser Petition eine weitere Folge zu geben, wenigstens nicht ohne vorher uns Gelegenheit zu einer Erklärung über das, was bezüglich der damaligen Zustände der Universität in solcher erinnert seyn mag, gegeben zu haben.“ Der Gemeinderat erklärte sich unterm 24. d. M. mit dieser Ansicht einverstanden und fragte unter Mitteilung der Bittschrift an, ob man gestatte, dass das Schreiben des Senats zur Kenntnis der Bürgerschaft gebracht werde, damit dieselbe sich über den Stand der Sache beruhige. Am 28. d. M. gab das akademische Direktorium bejahende Antwort.

Wir haben oben gehört, wie im Jahre 1844 die Gefahr der – teilweisen oder gänzlichen – Aufhebung der Universität zwar ernstlich gedroht hat, aber glücklich noch abgewendet wurde. Bei der Stimmung eines großen Teils der Kammermitglieder aber, wie sie sich schon mehr als genug geoffenbart, sah man mit Spannung und Angst den Verhandlungen des Jahres 1846, namentlich den Budgetberatungen entgegen. Hatte doch schon der Verfasser (Dahmen?) der oben genannten Heidelberger Schrift gleich der Aufschrift hinzugefügt: „Ein Vorschlag, der bei dem Uebergang in eine neue Budgets-Periode der Beachtung und Prüfung wol gewürdigt werden sollte.“ Ferner aber wusste man, dass er die Schrift an die Staatsbehörden und Landstände hatte verteilen lassen. Nicht ohne Grund fürchtete man daher, dass Ministerium und Kammern den Vorschlägen des hochgestellten Staatsmannes ihre Aufmerksamkeit widmen, wenn nicht gar zu den ihrigen machen werde.

Im Senat selbst trug am 2. Juli 1846 Prof. Baumstark vor, dass der Universität Gefahr drohe, indem die Budgetkommission in der II. Kammer auf einer ganz unrichtigen Grundlage fußend den Antrag gestellt habe, einen Teil der Dotationszuschüsse zurückzuziehen. Wie großes Gewicht man darauf legte, diesen Schlag womöglich abzuwenden, bezeugt die Tatsache, dass gleich andern Tags (3. Juli) der Prorektor (Oettinger) selbst sich nach Karlsruhe begab und sich mit Nebenius, v. Türkheim und Christ besprach, auch bei gedachter Kommission so viel wie möglich darauf hinzuwirken suchte, dass sie ihre Anträge zurückzöge. Leider richtete er nichts oder wenigstens nicht viel aus.

[273] Dies sollten die Tage der Budgetberatung in der II. Kammer[66] zeigen. Es sind der 13. und 14. Juli, (33. und 34. Sitzung) die hier inbetracht kommen. Im Budget standen für die Universität Heidelberg 87,823 fl., nachträglich wurden von der Regirung noch 6,600 fl. verlangt. Beides, zusammen also nicht weniger als 94,423 fl. wurde von der Kammer bewilligt. Nicht so erging es der Schwesteruniversität, dem Stiefkind im Oberland. Für diese hatte die Regirung 47,524 fl. als staatlichen Zuschuss angesetzt – wovon freilich 15,524 fl. als Ersatz für entzogene Gefälle eigentlich abzurechnen sind.[67] – Die Budgetkommission aber überraschte mit folgender Erörterung: Trotz allen Zuschüssen[68] sei die Besuchsziffer der Universität doch bis zu der geringsten (200) in ganz Deutschland herabgesunken. Es scheine also (!) dort an derjenigen „geistigen, wissenschaftlich-freien Lebenslust“ zu mangeln, welche zum Aufblühen einer solchen Anstalt durchaus notwendig ist … Wollte man sagen, gerade weil die Universität so wenig besucht ist, müsse man ihr helfen durch Berufung tüchtiger Lehrer auf die erledigten Kanzeln usw., also durch Vermehrung der auszuwerfenden Summen, so sei darauf zu bemerken, dass diese Frage aufs engste zusammenhänge mit der schon oft behandelten, ob die Kräfte des Landes überhaupt hinreichen, zwei Universitäten in dem Stand zu erhalten, dass sie in allen Fächern den Anforderungen der Zeit und der Wissenschaft genügen, eine Frage, die nicht zu bejahen sei. Oder ob man nicht vielmehr den Vorschlag zur Ausführung bringen solle, die eine der beiden Universitäten mit der polytechnischen Schule zu vereinigen? Dieser Gedanke – zuerst schon 1831 vom Abgeordneten Buhl (dem Aelteren) angeregt – habe zwar früher lebhaften Widerspruch erfahren, man sei ihm aber seither doch allerwärts näher getreten, und die Ausführung[69] stehe [274] über kurz oder lang bevor. Unter diesen Umständen sei wol die Anstellung neuer Lehrer nicht ratsam. Wenn man es aber doch tun wolle, so stünden genug Mittel aus Ueberschüssen zu gebote. Diese Ueberschüsse betrügen nach dem letzten Budgetbericht der Universität selbst 11,566 fl.,[70] ließen sich aber noch höher, auf 16–17000 fl., berechnen, weil die Einkünfte aus den schwäbischen Schaffneien nur zu 17,194 fl. veranschlagt seien, in Wahrheit aber im Jahr 1843: 23,946, 1844: 20394 fl. betragen hätten usw. Der Antrag der Budgetkommission lautete schließlich: „Mindern wir um diesen Betrag – nämlich um den von der Universität selbst angegebenen Ueberschuss von 14,566 fl. – den Staatszuschuss von 47,524 fl., so bleiben zur Deckung der Bedürfnisse der Universität noch 35,958 fl. übrig, deren Verwilligung, oder in runder Summe 36,000 fl. für jedes der beiden Jahre (1846 und 1847) wir in Antrag bringen.“

Gegen diesen Antrag ergriff zunächst Hägelin, einer der Abgeordneten der Stadt Freiburg, das Wort. Schon seit einer Anzahl von Jahren sei man immer wieder auf dem Landtag auf die Frage der Aufhebung einer von beiden Universitäten zurückgekommen; welche man dabei im Auge gehabt habe, sei klar gewesen. Nachdem aber die Regirung und die Mehrzahl der Kammermitglieder nicht darauf eingegangen, wolle man jetzt die Sache anders angreifen und der Hohen Schule allmählich den Lebensfaden abschneiden. Zu diesem Zweck wolle man, während der Universität Heidelberg mit vollen Händen gespendet werde, nicht weniger als 11,566 fl. jährlich streichen[WS 2]. – Nachdem dann Hägelin dargelegt, einen wie geringen Nutzen die Regirung aus dem – allmählichen oder schnellen – Hinscheiden der Universität haben würde, wie es schon Rotteck in der (im II. Hauptteil) besprochenen Schrift getan hatte, spricht er davon, wie die Streichung jener 11,566 fl. auch tatsächlich unbegründet sei:[71] der größte Teil der Universitätseinkünfte bestehe in Gütererträgnissen und Gefällen, sei also jedes Jahr sehr zweifelhafter Natur, und müsse man „in den sieben fetten Jahren immer sparen auf die sieben mageren.“ Dies habe die Universität auch getan. Auf Veranlassung der Regirung habe die Wirtschaftsverwaltung aus den Gefällsüberschüssen und den Besoldungen, die wegen [275] Nichtbesetzung von Lehrkanzeln nicht ausbezahlt wurden, einen Fond angelegt, mit dem sie jetzt die Ausgaben zum Teil schon bestritten habe, zum Teil noch bestreiten werde. So habe sie damit das Gewächshaus im botanischen Garten … wiederhergestellt usw. Von Ueberschüssen sei also keine Rede mehr. Sonst hätte auch die Stadt sich nicht dazu verstanden, der Universität zur Erbauung ihres Gewächshauses 2000 fl. zu schenken und aus Stiftungsmitteln ein mit den innern Einrichtungen auf mehr als 100,000 fl. kommendes Spitalgebäude aufzuführen und zu klinischen Zwecken einrichten zu lassen, während der Staat die Auslagen für die Klinik in Heidelberg von sich aus bestreiten muss… Der Antrag Hägelins lautete: „Die hohe Kammer wolle die Dotation der Universität Freiburg ungeschmälert belassen, beziehungsweise die ganze im Budget von der Regirung geforderte Summe bewilligen.“

Von der darauffolgenden Rede des Abgeordneten Kern hebe ich nur folgende Gegenüberstellungen hervor. Heidelberg hat z. B. (d. h. 1846) 48 Professoren und 21 Privatdozenten, Freiburg nur 25 Professoren und 7 Privatdozenten; in Heidelberg sind alle Hauptfächer zwei- bis dreimal besetzt, in Freiburg einige schon seit Jahr und Tag gar nicht. Die Anstalten zu Heidelberg sind alle aus der Staatskasse hergestellt, die zu Freiburg blos aus örtlichen Fonds. In Heidelberg beträgt die Summe der Besoldungen aller Professoren das Dreifache des Betrags in Freiburg, nämlich 41,105 fl. usw. Ein „kaum Reiz findender Köder“ sei auch der Plan, in Freiburg nur die theologische und philosophische Fakultät (ungeschmälert) zu lassen und für die entgehende juristische und medizinische als Entschädigung das polytechnische Institut geben zu wollen… „Die oberen Provinzen wollen keine verstümmelte Universität mit einer ungenügend dotirten prekären polytechnischen Schule: ein Studium generale, eine Universitas litterarum ist ihr 400jähriges Besitztum…“ Zum Schluss befürwortet Kern – nachdem er sich noch vorher gegen den als Grund des Rückgangs angegebenen „Mangel an geistiger, wissenschaftlich-freier Lebenslust“ verwahrt hat,[72] [276] – den Antrag Hägelins. Dasselbe tun der Ministerialpräsident Nebenius und der Abgeordnete Maier; ebenso am 14. Juli die Abgeordneten Maier, Litschgi, Nombride, Iunghanns I, Rettig, Buss, Bader und Geh. Rat Beck. Letzterer meinte, als kirchliche Stiftung dürfe man die Universität schon um den Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten nicht wachzurufen, nicht aufheben. Noch mehr als Beck rückte den konfessionellen Gesichtspunkt in den Vordergrund der Abgeordnete Fauth. Als Protestant und Unterländer sich vorstellend, wollte er gerade deshalb die Universität als katholische erhalten wissen, weil es eine Ehrensache und Pflicht der Gerechtigkeit sei, seitdem von den 36 früher bestehenden Universitäten Deutschlands seit 1792 vierzehn aufgehoben worden, unter diesen aufgehobenen aber nicht weniger als 11 katholische und nur 3 protestantische seien, also nur noch 6 katholische (außer Freiburg noch Würzburg, München, Wien, Gratz, Innsbruck) übrig geblieben für 20 Millionen Katholiken, dagegen 16 protestantische für 17 Millionen Protestanten.

Von den Gründen, welche die andern genannten Redner vorbrachten für die Erhaltung, braucht nicht weiter gesprochen werden, weil sie schon gelegentlich früher erwähnt wurden.

Gegen die volle Erhaltung, also für den Kommissionsantrag sprachen die Abgeordneten Soiron und – was am peinlichsten berührte – ein früheres Mitglied der Universität, Welcker![73]

Die Abstimmung ergab gerade 30 Stimmen für, 30 gegen den Kommissionsantrag. Da also Stimmengleichheit herrschte, lag die Entscheidung in den Händen des Präsidenten (Mittermaier). Er gab den calculus Minervae zu gunsten des Hägelinschen Antrags ab und entschied so den ungeschmälerten Fortbestand der Hohen Schule.

So war denn die Gefahr der Aufhebung oder Verkümmerung der Universität, die schon lange immer wie ein Damoklesschwert über ihr geschwebt, abermals – hoffen wir für immer! – beseitigt.

Freiburg i. B. HERMANN MAYER.     

  1. Die jährlichen Bedürfnisse mit Beifügung des Defizits wurden (1831) für die nächsten 6 Jahre berechnet auf 34,680 bis 38,480 fl.
  2. Anträge der Dotationszuschusskommission vom 28. Mai 1832, genehmigt vom Ministerium d. I. am 15. März 1833.
  3. Ich kann hier kürzer sein, weil Pfister a. a. O. S. 158 und 159 die Gründe der Universität ausführlicher dargelegt hat.
  4. Sieh I (1806–18), 1, Abschnitt 6 und Pfister S. 136.
  5. In einer außerordentlichen Wirtschaftsdeputationssitzung, die er berief und leitete (18. Juli), ergaben nach seiner Berechnung [215] die Einnahmen 78,297 fl. 19 Kr. Die Ausgaben 74,624 fl. 38 Kr., der Ueberschuss also 3672 fl. 21 Kr. Jedoch gab er zu, dass diese Ueberschusssumme auf 200–400 fl. zusammengehen werde, wenn die neuen jährlichen Ausgaben davon in Abzug kommen, welche notwendig beantragt werden müssten. Die Bestimmungen, welche die periodischen Ueberschüsse infolge dieser Berichtigung erhielten, lese man bei Pfister S. 161 nach.
  6. Ungeachtet des heftigsten Widerspruchs der Abgeordneten Duttlinger, Buss, Schinzinger u. a., freilich auch nur mit einer Mehrheit von einer Stimme (26 gegen 25).
  7. Umgekehrt hatte die Stadt Freiburg seit dem Jahre 1780 rückständige Forderungen an die Staatskasse für geleistete und vorschussweis bezahlte „Kriegsprästationen“ zu machen; die Summe war schließlich samt den Zinsen bis 80,000 fl. angestiegen. Erst im Jahre 1835 wurde die Summe vom damaligen Bürgermeister v. Rotteck – dem Neffen des Universitätsprofessors – liquidirt.
  8. Das Budget für 1844/45 ergab ein Baarvermügen von 6913, das für 1846/47 ein solches von gar 11 566, das für 1848/49 von 4577 fl. Vgl. Pfister S. 166 ff.
  9. Diese Vergleichung ist entnommen der vom Senat 1846 „zum Gebrauch der Herren Institutsdirektoren und Verrechner“ als Manuskript gedruckten „Sammlung der allgemeinen Vorschriften, welche die Katalogisirung der bei den verschiedenen akademischen Instituten an der Universität Freiburg bestehenden Sammlungen und Apparate und die Verrechnung der für dieselben ausgeworfenen jährlichen Aversalgelder zum Gegenstand haben.“
  10. Die interessanten Verhandlungen über die Finanzen der Universität bezw. über den staatlichen Zuschuss vor den Ständen des Jahres 1846 müssen des Zusammenhangs wegen unten mit der Frage der Aufhebung der Hohen Schule besprochen werden.
  11. Vgl. Pfister S. 168.
  12. Den genauen Stand der Finanzen in dieser Zeit sehe man bei Pfister S. 166 ff. nach.
  13. Im Jahr 1849; s. Pfister S. 168.
  14. Neben dem Widerruf der 1826 gegebenen Wahlabänderung, einer neuen Gemeindeordnung, einer neuen Zivilprozessordnung u. a. m. Vgl. z. B. Schöchlin, Geschichte des Großh. Baden unter der Regirung des Großh. Leopold von 1830–52. Karlsruhe 1855. S. 139 ff.
  15. Das Pressfreiheitsgesetz selbst wurde (aus dem gleichen Grunde) am 5. Juli 1832 auch unterdrückt (und erst 1848 wieder hergestellt: vgl. Bekk „Die Bewegung in Baden am Ende des Februar 1848 bis zur Mitte des Mai 1849.“ Mannheim 1850. S. 60.) – Auch die von Rotteck in München, Stuttgart und Tübingen seit 1850 herausgegebenen „Allg. politisch. Annalen“ wurden im Sept. 1832 unterdrückt. – Ein Pressprozess, der gegen Welcker anhängig gemacht wurde, zog sich noch über dessen Entfernung vom Lehramt [222] hinaus. Erst als die juristischen Fakultäten von Kiel und Tübingen in einem geforderten Gutachten sich für Welcker und eine Verurteilung desselben für rechtlich unmöglich erklärten, erfolgte im Februar 1833 seine Freisprechung.
  16. Worte der Freiburger Zeitung in einer Beschreibung des Festes in Nro. 7 und 9 d. J.
  17. An demselben Tag fand dann auch eine bürgerliche Feier [223] statt. – Am 29. d. M. gab die Universität dann noch eine größere Feier zu Ehren ihres Vertreters in der I. Kammer, Zells.
  18. Bezieht sich auf Trinkgelage, Unmäßigkeiten u. a. unter den Studenten.
  19. Solchen bösartigen Gerüchten über regirungsfeindliche Gesinnung der Freiburger Studenten sucht offenbar auch Prof. Schneller in seinem Buch „Das Jahr 1831 in seinen Staatsumwälzungen und Hauptereignissen“ (Stuttg. 1833) entgegenzutreten oder vorzubeugen, wenn er S. 274 sagt: „Die Stadt Freiburg, besonders die Studenten in ihr, meistens muntere Schwaben, biedere Schweizer, lebhafte Rheinländer, nahmen an den öffentlichen Angelegenheiten öffentlichen Anteil durch eine Art Vergötterung fur den Großherzog, welcher Badens Verfassung zur Wahrheit gemacht.“ – In Wahrheit aber galt Freiburg damals als der Hauptsitz des Liberalismus; und dass, wie der Pressfreiheitsjubel, so auch die Unterstützung der Polen daselbst bis ins Uebermaß stieg, werden wir später noch sehen.
  20. Dieses, wie andere zu Badenweiler, St. Ottilien usw., trug ganz den Charakter des berüchtigten Hambacher Festes. Vgl. Schöchlin a. a. O. S. 175.
  21. Viele können es schon deswegen kaum gewesen sein, weil der Vorgang in die Ferien fiel.
  22. Der eine von ihnen klagte namentlich auf Schadenersatz, weil ihm ein seidener Regenschirm abhanden gekommen war, den er später nicht wieder erhielt (!). Da das Militärkommando keine Miene machte, die beiden zu entschädigen, so trug man beim Ministerium um eine Entschädigung von 22 bzw. 11 fl. aus der Universitätskasse an. Da der eine aber darauf verzichtete, begnügte auch der andere sich mit 18 fl., die er am 9. Jan. 1835 bewilligt erhielt.
  23. Dieses rege politische Treiben, zu welchem von Rotteck, Welcker u. a. auch die Studenten hingerissen wurden, war der Hauptgrund, und jener Tumult gab nur die unmittelbare schon längst gesuchte Veranlassung. Weil Freiburg – wie schon oben erwähnt – als Mittelpunkt solcher Bestrebungen galt, verlor es auch, wie man behauptete, seine Garnison, und selbst mit der Verlegung des Bischofssitzes und des Seminars soll gedroht worden sein. Vgl. Schöchlin a. a. O. S. 180 u. 181.
  24. Hocherfreut durch diese Versicherung beschloss auch die Stadtbehörde Freiburg, am 19. Sept. eine Abordnung von Mitgliedern des Gemeinderats und des Bürgerausschusses nach Karlsruhe zu schicken, um dem Großherzog den Dank für dieses wolwollende Versprechen auszudrücken und um recht baldige Erfüllung desselben zu bitten.
  25. So drückten sich etwa Zell und Rotteck in der I. bezw. II. Kammer, wo sie im Okt. und Nov. 1833 die Sache zur Sprache brachten, aus.
  26. Uebrigens bestimmte ein Erlass des Ministeriums vom 12. Mai 1834: „Die Erkenntnisse des Senats bedürfen überall keiner Bestätigung durch den Universitätskurator.“
  27. Erwähnt möge hier nebenbei werden, dass schon im Aug. 1825 der derzeitige Prorektor Deuber im Konsistorium anfragte, ob er das Recht habe, in dringenden Fällen mit den vier Dekanen einen rechtskräftigen Beschluss salva ratihabitione Consistorii pleni zu fassen (also eine Art Senat zu berufen!). Das Konsistorium sprach damals die Ansicht aus, der Prorektor mit den vier Dekanen möge in dringenden Fällen sich wol beraten und Beschlüsse fassen, aber dies könne nur auf seine eigene Gefahr und unter seiner Verantwortung geschehen.
  28. Von Rotteck in der II. Kammer: s. vorige Seite.
  29. Wenn Welcker ferner in einer andern Sitzung (vom 11. August 1842) dazu auffordert, man möge – mit Aufgabe der Aufhebungsgedanken – der Universität die drei kostbaren Güter lassen, durch welche eine Universität allein gedeihen könne, wissenschaftliche Lehrfreiheit, wissenschaftliche Selbständigkeit und Korporationsfreiheit; dadurch habe Freiburg bis 1832 geblüht: so bezeichnet er eben auch wieder das letztgenannte Jahr, das der Einführung der neuen Verfassung, als den Anfang des Niedergangs, und mithin auch – wenigstens mittelbar – die alte Einrichtung als erstrebenswert.
  30. Universitätsamtmann von 1837–1839.
  31. Universitätsamtmann von 1844–1848.
  32. Als solcher wurde Rechtsprakt. Gageur von Offenburg ernannt. Emmert selbst wurde der Urlaub am 20. Juli um weitere 4 Wochen verlängert, bis er schließlich nach Schopfheim versetzt und Gageur endgiltig sein Nachfolger wurde.
  33. Durch Anschlagen einer Aufforderung an der Pforte der Universität.
  34. Schon am 17. Dez. 1833 hatte Zell im Senat den Wunsch ausgesprochen, dass der bisherige Gebrauch, wonach die Größe der Gebühren nach dem Stande der Eltern sich richtete, abgeändert werden möge.
  35. Vgl. dagegen oben S. 49 Anm.
  36. Am 12. Februar 1849 wurde jedoch beschlossen, dass die neu eintretenden Professoren vor Abhaltung der feierlichen Antrittsrede zu vereidigen seien.
  37. Denselben Eid hatten schon am 14. April die Mitglieder des Großh. Hofgerichts, die Kanzleibeamten, Obergerichtsadvokaten usw. geleistet.
  38. Der übrigens auch gerade der Lehrer der orientalischen Sprachen bekanntlich war.
  39. Hängt zusammen mit dem unten zu erwähnenden Antrag auf Dotation eines besonderen Lehrers der Tierheilkunde.
  40. Doch früher noch mehr: vgl. Alex. Ecker, 100 Jahre einer Freiburger Professorenfamilie (Biograph. Aufzeichnungen) Freiburg i. Br. 1886 S. 13 ff.
  41. Bezw. erhielten alle die Möglichkeit, zu Lyzeen erhoben zu werden. Vgl. Buss, d. Unterschied zwischen d. kathol. u. d. protest. Universitäten Teutschlands … Freiburg 1846. S. 428.
  42. Das Nähere wird hinten bei der allg. Frequenz erwähnt werden. Die Abnahme trat so schnell ein, dass gleich in den nächsten Semestern mehrere philosoph. Kollogien nur noch 5–8 Zuhörer hatten.
  43. Rotteck erwähnte, was hier nebenbei bemerkt werden möge, in einer seiner damals gehaltenen Reden u. a. rühmend von der Universität Freiburg, dass sie die einzige in ganz Deutschland sei, wo kein (?) Akademiker weder mittelbar noch unmittelbar verwickelt gewesen sei in all’ den stattgehabten politischen Aufregungen.
  44. Siehe unten die Frequenztabelle.
  45. Genauer bei der Besprechung der 55 000 fl., die für das Lyzeum in Freiburg und dessen Einrichtung verlangt wurden.
  46. Weiteres über ihn siehe unten.
  47. Dass diese Erwartung allgemein gehegt wurde, erhellt auch u. a. aus den Verhandlungen des Stadtrats am 21. Sept. 1849. Es handelte sich um die Unterbringung der in Garnison in Freiburg bleibenden Truppen, die in den beiden Kasernen (der „ärarischen“ und der „städtischen“) keinen Platz fanden. Der Gemeinderat schlug nun vor, beim Verwaltungsrat des Lyceums um Abtretung des ehemaligen Domänenverwaltungsgebäudes (Petershof), in dem 2 Klassen des Lyzeums Unterricht erhielten, anzuhalten, um dort Truppen unterbringen zu können. Dieser Bitte, heist es, sei um so leichter zu willfahren, als ja doch „dem Vernehmen nach ohnehin, wahrscheinlich [256] schon in diesem Spätjahr“ die 6. Klasse des Lyzeums doch wieder als philosophischer Kurs zur Universität gezogen würde usw. (der Verwaltungsrat verweigerte übrigens am 27. Sept. die Abtretung).
  48. v. Wöllwarth, zugleich Direktor des evangelischen Oberkirchenrats, war Direktor, Feldbausch ordentliches Mitglied des Oberstudienrats.
  49. Vgl. im vorigen Hauptabschnitt.
  50. Dies geschah im März 1831. Die Frage kam aber von da an in privatem und öffentlichem Gespräch und in der Presse fast nie mehr ganz von der Tagesordnung. Der Originalität der Form wegen und weil darin auch die im vorigen Kapitel behandelte Angelegenheit vorkommt, möge hier ein Artikel aus Nr. 303 der Freiburger Zeitung jenes Jahres (2. Nov. 1831) in seinen wichtigsten Teilen zum Abdruck kommen. „Badisches Glaubensbekenntniß über Badens Lehranstalten.
    Artikel 1. Ich glaube, dass, wenn Baden noch keine Hochschule hätte, seine Regirung großen Anstand nehmen würde, eine solche zu begründen, und dass ihr diese Bedenklichkeit eben nicht sehr verargt werden könnte.
    Artikel 2. Ich glaube, dass, da Baden zufälligerweise zwei Hochschulen hat, es Versündigung am eigenen und am ganzen deutschen Volke wäre, beide, oder auch nur eine derselben aufheben oder verstümmeln zu wollen.
    Artikel 3. Ich glaube, dass der Aufwand für beide, auch wenn er noch mehr erhöht werden sollte, für keinen Landesteil drückend, und dass er nicht nur für beide Universitätsstädte, sondern auch für eine weite Umgegend derselben in leiblicher und geistiger Hinsicht höchst wohlthätig sey.
    Artikel 4. Ich glaube, dass Baden gar kein Lyzeum, sondern vier Gymnasien haben, und jeder studirende Inländer gehalten seyn sollte, nach seiner Entlassung von einem jener Gymnasien einen zweijährigen, streng geregelten und streng beaufsichtigten philosophischen Kurs auf einer der beiden Landesuniversitäten zu machen.“
    Usw.
  51. Dass dieser letzte Satz nichts Neues enthält, wissen wir zu Genüge aus dem in früheren Jahren Erörterten.
  52. Dummdreiste Verleumdung war es natürlich, wenn im Anfang des Jahres 1835 es in Zeitungen hieß, es sei vor kurzem [260] an der Hohen Schule einem jungen Schweizer die Immatrikulation verweigert worden, weil er auf der Berner Hochschule studirt habe. Der Senat beeilte sich auch natürlich (10. II. 35), die Angabe als eine lügnerische zu bezeichnen, „indem man in diesem Semester keinen Anlass gehabt habe, auch nur Einem Schweizer die Immatrikulation zu verweigern“. – Eine schweizerische Zeitung hatte behauptet, es sei von der badischen Regirung beim deutschen Bundestag beantragt worden, den Besuch der Hochschule in Zürich zu verbieten.
  53. Weniger kam für Freiburg inbetracht die (1833) erfolgte Einführung des Universitätszwanges in Preußen, der dagegen umsomehr für Heidelberg ins Gewicht fiel.
  54. Demgegenüber machte der Gemeinderat geltend, dass die medizinische Fakultät zwar in Beziehung auf die Exekutorien der Jungfer-Eckischen Teilstiftung testamentskräftig neben dem Bürgermeister berufen sei, dass man ihr aber nicht die Verwaltung der ganzen Anstalt und bezw. aller dieselbe bildenden Stiftungen, die sie sich aneignen wolle, zuerkennen könne und dürfe.
  55. Man musste sich freilieh sagen, dass diese Gründe doch zum Teil wenigstens nur zufälliger und vorübergehender Natur seien. Denn der Universitätszwang in Bayern und Württemberg, der die Landeskinder dieser Staaten fernhielt, konnte unmöglich allzulang dauern; und die neuen Hochschulen in der Schweiz konnten – wie es wenigstens den Anschein hatte – leicht wieder eingehen, von Bern, das 1844 nur 237 Studenten hatte, war sogar gleich ernstlich die Rede.
  56. Oder waren es auch wiederum Feinde, die solche Gerüchte ausstreuten?
  57. Sie zählte im Winterhalbjahr 1843/44: 349 Schüler, davon waren 252 Inländer, 97 Ausländer.
  58. v. Weisseneck meint in seiner unten zu erwähnenden Schrift (S. 13) mit Bezug auf diese Aeußerung, es sei gerade so, wie wenn man einem Kind einen neuen Kreuzer hinhält, um einen alten Dukaten dafür zu erhalten.
  59. Hägelin und Litschgi.
  60. Wenn soviele – erörterte Andlaw u. a. – sagten, eine Universität genüge auf badischem Boden, so müsse man billig fragen, ob denn Berge und Flüsse, ob Pfähle und Schlagbäume die Grenzen der geistigen Welt zögen. – Auch der damalige Kurator der Universität, Geh. Rat v. Reck (zugleich Abgeordneter), drückte sich aus, dass nur derjenige zu dem Schluss, zwei Universitäten seien für das Land zuviel, komme, „der den Wert der Hochschulen mit der Elle ausmisst und die verfassungsmäßigen Rechte nach eigenen Heften zuschneidet.“ Er erinnerte mit Recht an die große Vergangenheit der Albertina, und wie sie Großherzog Karl Friedrich neu geordnet, Karl durch die Verfassung geheiligt, Ludwig ihre Einnahmen mit freigebiger Hand bereichert und Leopold durch weise und väterliche Fürsorge alle vier Fakultäten „zu einem harmonischen Ganzen ausgebildet.“ Endlich legte er auch darauf Gewicht, dass die zwei Drittel Katholiken des Landes ihren Bedarf an Priestern nur hier sich ausbilden lassen könnten.
  61. Ob damals vonseiten der Stadt etwas geschehen sei, darüber steht weder in den Protokollen des Senats noch in denen des Stadtrats etwas.
  62. Die freilich auch in den beiden andern hervorgehoben werden.
  63. Vgl. hauptsächlich Weisseneck a. a. O. S. 24 ff.
  64. Man wies auch anderwärts damals darauf hin, dass der Bestand der Universität Heidelberg seit dem durch die französische Besetzung des linken Rheinufers erfolgten Verlust ihres Vermögens in der Tat einzig und allein auf der Freigebigkeit der badischen Regirung beruhe.
  65. Man vermutete denselben in dem derzeitigen Kurator der Universität Heidelberg, dem Geh. Rat Dahmen.
  66. Diese war am 9. Februar 1846 aufgelöst worden, hatte aber durch die Neuwahlen erst recht eine liberal-oppositionelle Mehrheit bekommen.
  67. Es bleiben also denn noch gerade 32000 fl. (vgl. oben), bezw., wenn man den außerordentlichen mehrere Jahre hindurch geleisteten Zuschuss des Jahres 1837 mit 1560 fl. hinzurechnet, 33560 fl.
  68. Dieselben werden natürlich auseinandergesetzt, was wir oben schon getan haben.
  69. Natürlich nur in der von der oben genannten Heidelberger Schrift bezeichneten Weise.
  70. Vgl. oben.
  71. Vgl. auch Pfister a. a. O. S. 166, 167.
  72. In bitterem Ton meinte er, dass Freiburg freilich das Unglück habe, nicht die gleiche politische Farbe zu tragen, wie manche andern Städte, dass es aber „hinsichtlich der Intelligenz [276] und Gesittung auf der gleichen Stufe stehen möchte wie Mannheim und Heidelberg.“
  73. In der gleichen Sitzung vom 14. Juli wurde dessen Reaktivirung beschlossen! – Auch die nachbarlichen Abgeordneten Helbing (Emmendingen) und Blankenhorn (Müllheim) stimmten gegen die Universität.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: and
  2. Vorlage: treichen