Die Offenbarung Johannis/Kap. 17. Die Hure Babylon und das Tier

« Kap. 16,2-21. Die sieben Schalenengel Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
Kap. 18. Das Klagelied über Rom »
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C. Die Hure Babylon und das Tier. Kap. 17.
17,1-6a. Das Bild. 17,1. καὶ ἦλθεν εἷς ἐκ τῶν ἑπτὰ ἀγγέλων τῶν ἐχόντων τὰς ἑπτὰ φιάλας καὶ ἐλάλησεν μετ’ ἐμοῦ λέγων· [403] (21,9), δεῦρο, δείξω σοι τὸ κρίμα τῆς πόρνης (14,8) τῆς μεγάλης τῆς καθημένης ἐπὶ [τῶν] ὑδάτων [τῶν][1] πολλῶν. Von nun an tritt die vorher nicht vorhandene Figur des Offenbarungsengels, der dem Seher seine Gesichte zeigt und deutet, in den Vordergrund der apokalyptischen Komposition. Es kann kein Zweifel sein, daß mit der Hure die Stadt Rom gemeint ist. Sie wird nachher (V. 5 vgl. 16,19) Babylon genannt. In der späteren apokalyptischen Literatur ist der Name Babylon für Rom gebräuchlich: Apk Bar 67,7 „Aufstehen wird der König von Babel, welcher jetzt Zion zerstört hat.“ — Sib. V 143. 159 (s. u.); vgl. I Pt 5,13. Nun ist freilich Rom-Babel nicht an vielen Wassern gelegen, auf den Tiber kann man die πολλὰ ὕδατα unmöglich beziehen, am Meere aber liegt Rom nicht. Das hat den Erklärern von jeher große Schwierigkeiten bereitet. Das Problem löst sich sehr einfach, wenn man eingesehen hat, daß es sich hier wieder nur um Herübernahme einer älteren apokalyptischen Tradition handelt. Jer 51,13 wird das alte Babel als eine an vielen Wassern liegende Stadt beschrieben. Es ist übrigens möglich, daß eine noch ältere apokalyptische Tradition hinter diesem Bild von dem Weibe an den vielen Wassern liegt; vgl. Sib. III 77; V 18; VIII 200; Bousset, Antichrist 62; Gunkel, Schöpfung und Chaos 361. 17,2. μεθ’ ἧς ἐπόρνευσαν οἱ βασιλεῖς τῆς γῆς (Na 3; Apk 18,9), καὶ ἐμεθύσθησαν οἱ κατοικοῦντες τὴν γῆν (nur hier, sonst immer ἐπὶ τῆς γῆς) ἐκ τοῦ οἴνου τῆς πορνείας αὐτῆς. Zu οἶνος πορνείας vgl. 14,8; 18,3. Die Relativkonstruktion ist in der zweiten Hälfte des Satzes unterbrochen. Winer 22,4 A. Durch die verführerische Roma haben sich alle Herrscher der Welt betören lassen.

17,3. καὶ ἀπήνεγκέν με εἰς ἔρημον ἐν πνεύματι. Im Geist, nicht mit Sp. im Sturmwind. Wie 4,2 wird der Anfang einer neuen Vision ausdrücklich hervorgehoben. Babel, das der Verwüstung anheimfällt, schaut der Seher in der Wüste, das vom Himmel kommende Jerusalem auf dem Berg. καὶ εἶδον γυναῖκα καθημένην ἐπὶ θηρίον κόκκινον γέμοντα ὀνόματα[2] βλασφημίας. Es ist nicht mit Dstd., B. Weiß zu lesen γέμον τὰ ὀνόματα; dann müßte „τῆς“ βλασφημίας folgen. γέμοντα ist vielmehr eine recht harte constructio ad sensum. γέμειν wird übrigens nur hier und (halbwegs) V. 4 in der Apk mit dem Genetiv konstruiert. Das Weib erscheint auf einem Tiere sitzend, und dieses oder vielleicht die Decke, auf dem das Weib sitzt, ist scharlachrot, eine Farbe, die nicht die Grausamkeit und das Blutvergießen symbolisieren soll, sondern die üppige Pracht (Sp., Hltzm.). Das Tier Kap. 13 trägt die Lästernamen auf den sieben Häuptern, hier erscheint sein ganzer Leib voll von ihnen. Was mit den Lästernamen hier gemeint ist, ist schwer zu sagen. Eine ältere verschollene apokalyptische oder mythologische Vorstellung mag auch hier vorliegen. ἔχων (ἔχοντα)[3] κεφαλὰς [404] ἑπτὰ καὶ κέρατα δέκα. Deutlich wird hier wieder das römische Imperium geschildert. Daß das Weib auf dem Tier sitzt, bedeutet für den Apok., daß Rom seine Herrlichkeit und Machtstellung auf Grund des römischen Cäsarentums besitzt. Das hier zu Grunde liegende Bild selbst hält Gunkel, Schöpfung und Chaos 365, für babylonisch. Die Sitte, die (vermenschlichten) Gestalten der Götter auf die entsprechenden Tiere zu setzen und auf diese Weise die alten Tiergestalten beizubehalten, stamme dorther. Irgend ein Kultbild einer auf einem Tiere thronenden Göttin mag allerdings dem Apok. oder seiner Quelle bei dem Entwurf des Bildes vorgeschwebt haben. Zwischen der Charakteristik des Weibes V. 1 und 3 ist kein Widerspruch; das Sitzen an vielen Wassern und das Sitzen auf dem Tiere schließt sich nicht aus. Eher erscheint allerdings zu dem Sitz am Wasser in völligem Widerspruch zu stehen, daß der Seher das Weib in der Wüste sieht. Aber man muß beachten, daß hier die Weissagung beginnt (δεῦρο, δείξω σοι τὸ κρίμα τῆς πόρνης τῆς μεγάλης), und das Weib gesehen wird, wie es in Zukunft sein wird.

17,4. καὶ ἡ γυνὴ ἦν περιβεβλημένη (12,1) πορφυροῦν καὶ κόκκινον (S. 163f.) καὶ[4] κεχρυσωμένη χρυσίῳ καὶ λίθῳ τιμίῳ (Ez 28,13) καὶ μαργαρίταις, ἔχουσα ποτήριον χρυσοῦν ἐν τῇ χειρὶ αὐτῆς, γέμον βδελυγμάτων καὶ τὰ ἀκάθαρτα (s. o. V. 3) τῆς πορνείας αὐτῆς[5] (τῆς γῆς). Jer LXX 28(51),7: ποτήριον χρυσοῦν Βαβυλὼν ἐν χειρὶ κυρίου μεθύσκον πᾶσαν τὴν γῆν. ἀπὸ τοῦ οἴνου αὐτῆς ἐπίοσαν ἔθνη, διὰ τοῦτο ἐσαλεύθησαν. Das Weib trägt ein Gewand von der Farbe des Tieres. Scharlach und Purpur sind beide ein Symbol für die Üppigkeit und Pracht Roms, die Scharlachfarbe ist nicht auf das Blut der Zeugen Jesu zu beziehen. γέμειν regiert hier zunächst den Genit. und dann den Akkus., ein in der Apk oft vorkommender Kasuswechsel. (Kaum ist mit Hltzm. zu übersetzen: und hatte einen goldenen Becher in der Hand — und die Unreinigkeiten ihrer Hurerei.) Der Becher ist also voll von allem Gräulichen im allgemeinen, insbesondere aber von den Unreinheiten ihrer Hurerei.

17,5. καὶ ἐπὶ τὸ μέτωπον αὐτῆς ὄνομα γεγραμμένον· μυστήριον, Βαβυλὼν (14,8; 16,9) ἡ μεγάλη, ἡ μήτηρ τῶν πορνῶν (der Huren, oder πόρνων der Hurer?) καὶ τῶν βδελυγμάτων τῆς γῆς. Das Stirnband trugen vornehme römische Frauen (Sp.). Römische Huren pflegten ihren Namen zu veröffentlichen. Seneca, Contr. 1,2; Juvenal VI 123; Wtst. Hltzm. Der Ausruf μυστήριον enthält die Aufforderung aufzumerken und den folgenden Namen nicht buchstäblich, sondern πνευματικῶς zu deuten. Und zwar scheint es so, als wenn μυστήριον bereits als Teil der Inschrift zu denken sei. Es ist aber möglich, daß wir es hier nur mit einem Ausrufungszeichen des Apok. zu tun haben, vgl. Jer 50,12; Dan 4,27. Die[405] βδελύγματα deutet Sp. darauf, daß der Götzendienst der ganzen Welt in Rom zusammengeflossen ist.

17,6. καὶ εἶδον τὴν γυναῖκα μεθύουσαν ἐκ[6] τοῦ αἵματος (S. 167) τῶν ἁγίων καὶ[7] ἐκ τοῦ αἵματος τῶν μαρτύρων Ἰησοῦ. 2,13; 16,6; 18,24 (über Ἰησοῦς s. o. S. 176). Nach Dstd. sind die Heiligen und Zeugen Jesu nicht von einander verschieden, sondern es soll hervorgehoben werden, daß die Heiligen als Zeugen Jesu den Tod finden. Es läßt sich jedoch nicht verkennen, daß der merkwürdig schleppende Ausdruck die Vermutung der Interpolation nahe legt. Demgemäß streicht die weitaus größte Mehrzahl der Kritiker hier καὶ – Ἰησοῦ. Die Frage, wer dann die ἅγιοι sein sollen, bleibe einem größeren Zusammenhang überlassen.

17,6b-21. Die Deutung des Bildes. καὶ ἐθαύμασα ἰδὼν αὐτὴν θαῦμα μέγα. Der ganz natürliche Reflex der Furchtbarkeit der Erscheinung in der Seele des Sehers. Vgl. 13,3. 17,7. καὶ εἶπέν μοι ὁ ἄγγελος· διὰ τί ἐθαύμασας; ἐγὼ ἐρῶ σοι[8] τὸ μυστήριον τῆς γυναικὸς καὶ τοῦ θηρίου τοῦ βαστάζοντος αὐτὴν τοῦ ἔχοντος τὰς ἑπτὰ κεφαλὰς καὶ τὰ δέκα κέρατα. Zur Form des Gesprächs vgl. 7,13f. Es handelt sich also bei Weib und Tier um ein Mysterium, um etwas, zu dessen Erkenntnis es tiefer, geheimnisvoller und überirdischer Weisheit bedarf. 17,8. τὸ θηρίον, ὃ εἶδες, ἦν καὶ οὐκ ἔστιν καὶ μέλλει ἀναβαίνειν ἐκ τῆς ἀβύσσου καὶ εἰς ἀπώλειαν ὑπάγει[ν][9]. Das Auftauchen aus dem Abgrund (vgl. 9,1) ist ein Anzeichen mythologischer Herkunft dieser Vorstellung, die aber vom Apok. bereits zeitgeschichtlich gedeutet ist. Es wird unten im Zusammenhang nachgewiesen werden, daß hier die Nerosage in ihrer ausgebildeten Form (s. u.) vorliegt. Das Tier, das aus der Abyssus zurückkehrt, ist der erwartete Nero redivivus, von dem man in späterer Zeit überzeugt war, daß er aus der Unterwelt wiederkehren werde. Es ist hier unter einem andern Bilde dieselbe Sache gemeint, wie 13,3.12.14. Denn auch das Wiederaufleben des durch den Schwertesschlag getöteten Hauptes bedeutet ein Wiederkommen Neros aus der Unterwelt, und durch beide Bilder endlich wird Nero redivivus zu einem verzerrten Gegenbild des geschlachteten Lammes, des Herrn über Tod und Unterwelt. καὶ θαυμασθήσονται (θαυμάσονται)[10] (13,3) οἱ κατοικοῦντες ἐπὶ τῆς γῆς[11], ὧν οὐ γέγραπται [406] τὸ ὄνομα[12] ἐπὶ τὸ βιβλίον[13] τῆς ζωῆς (s. zu 3,5) ἀπὸ καταβολῆς κόσμου. 13,8. Deutlicher noch tritt hier die Beziehung zu Kap. 13 hervor. Diesen Vers schrieb entweder ein Überarbeiter in enger Anlehnung an Kap. 13, oder dieselbe Hand, die Kap. 13 abgefaßt hat. Auch geht aus einer Vergleichung mit 13,8 mit einiger Wahrscheinlichkeit hervor, daß das dort ganz ungeschickt stehende τοῦ ἀρνίου erst eine spätere Glosse ist. Zum einzelnen vgl. die Erkl. zu 13,8. βλεπόντων[14] τὸ θηρίον, ὅτι ἦν[15] καὶ οὐκ ἔστιν καὶ παρέσται[16]. Das βλεπόντων ist aus Attraktion durch das vorhergehende Relativpronomen entstanden und nicht mit B. Weiß als Gen. absol. zu erklären. τὸ θηρίον ist mit Absicht als betont aus dem Nebensatz in den Hauptsatz gezogen. Das Rätselwort: es war und ist nicht und wird wieder da sein, — paßt genau auf Nero redivivus. Das Futurum παρέσται steht deshalb, weil der Seher hier (wie schon im vorhergehenden μέλλει ὑπάγειν) nicht mehr schildert, was er sieht, sondern aus dem geschauten Bilde die Zukunft weissagt. 17,9. ὧδε ὁ νοῦς ὁ ἔχων σοφίαν. „Hier kommt es auf den Verstand an, der Weisheit hat“; nicht: „So ist der Sinn der Weisheit in sich schließt.“ Hinsichtlich dieser echt apokalyptischen Formel vgl. das zu 13,18 Bemerkte. αἱ ἑπτὰ κεφαλαὶ ἑπτὰ ὄρη εἰσίν, ὅπου ἡ γυνὴ κάθηται ἐπ’ αὐτῶν (S. 160). Im Folgenden werden nun zunächst die sieben Häupter doppelt gedeutet, und zwar zuerst auf die Berge der siebenhügeligen Roma. Eine solche Doppeldeutung ist, wenn sie sich nicht widerspricht, immerhin innerhalb einer und derselben Apk möglich. Man braucht aus diesem Grunde nicht notwendig zu scheiden. Doch legt eine solche Beobachtung den Gedanken der Überarbeitung nahe.

καὶ βασιλεῖς (d. h. römische Kaiser vgl. I Pt. 2,13.17; I Tim 2,2 Hltzm.) ἑπτά εἰσιν[17]· 17,10. οἱ πέντε ἔπεσαν, ὁ[18] εἷς ἔστιν, ὁ ἄλλος οὔπω ἦλθεν, καὶ ὅταν ἔλθῃ, ὀλίγον αὐτὸν δεῖ μεῖναι[19]. Die Beziehung dieser Stelle auf sieben römische Könige steht außer Frage (vgl. Dstd..). Auch hier kommen bei der Aufzählung die beiden Fragen in Betracht, ob die römischen Cäsaren von Cäsar oder von Augustus an zu zählen, und ob die Cäsaren des Interregnums mitzurechnen sind; s. zu 13,1. Eine Zählung von Cäsar an ist aber hier ausgeschlossen, da dann der sechste Nero selbst sein würde, und von diesem unmöglich gesagt werden kann: ὁ εἷς ἔστιν. Berücksichtigt man das Interregnum, so ist der sechste Galba und der siebente Otho, im andern Fall ist der sechste Vespasian, der siebente Titus. Für die letztere Deutung entscheidet m. E. der Grund, daß in der Zeit des Interregnums das Gefühl[407] ὁ εἷς ἔστιν kaum entstehen konnte, wenigstens nicht in den Provinzen. Dann würde es sich weiter fragen, ob man mit dem ὁ εἷς ἔστιν wirklich ernst machen darf, oder ob hier ein zurückdatiertes vaticinium ex eventu vorliegt. Diese Frage ist bei der ersten Lösung (Galba, Otho) einigermaßen irrelevant, bei der zweiten sehr wichtig. Nimmt man das ὁ εἷς ἔστιν ernst, so wäre dann unser Stück unter Vespasian geschrieben; betrachtet man die Weissagung als vaticinium ex eventu, dann wäre sie nach dem Tode des Titus anzusetzen, und der nachher erwähnte achte Herrscher müßte dann Domitian sein[20]. Das Gegebene ist es nun doch, den hier redenden Apok. ernst zu nehmen und ihm zunächst kein vaticinium ex eventu gegenüber seiner ausdrücklichen Versicherung zuzutrauen, also die Weissagung unter Vespasian anzusetzen. Dann aber erhebt sich die Frage, wie der Apok. dazu kommt, dem siebenten Herrscher nur eine kurze Dauer zuzuschreiben. Dstd. löst die Frage durch die Annahme, daß man schon zur Regierungszeit Vespasians von Nachstellungen des Domitian gegen den Thronfolger Titus gewußt hätte, wie denn auch später das Gerücht entstanden sei, daß Domitian den Titus ermordet habe. Bei dieser Voraussetzung wäre dann Domitian der geweissagte achte Cäsar. Man könnte vielleicht die Weissagung auch daraus erklären, daß der Apok. von dem zerrütteten Gesundheitszustand des Titus gewußt hätte, der bei seiner Thronbesteigung (wenn nicht schon vorher) unheilbar erkrankt war. Plutarch, de tuenda sanit. praecepta c. p. 123D; Dio Cassius LXVI 26,2; Sueton, Titus 7; Schiller, römische Kaiserzeit I² 520; vgl. P. Schmidt 42,1. Doch bietet sich möglicher Weise eine noch einfachere Erklärung. Man darf nämlich annehmen, daß der hier redende Apokalyptiker von der ihm überkommenen Anschauung ausgeht, daß das römische Imperium bis zu seinem Untergang sieben Herrscher haben müsse (s. u.). Da er nun unter dem sechsten lebte, so mußte er noch einen siebenten weissagen, und dieser konnte noch nicht der zurückkehrende Nero sein. Denn dieser war ja schon unter den sechsen. Also mußte er noch einen Herrscher weissagen; da er aber von der Nähe des Endes überzeugt war, so konnte dieser nur kurze Zeit noch regieren. Ja es wäre möglich, daß es in der hier übernommenen Tradition bereits geheißen hätte, das Regiment des siebenten Herrschers soll nur ein kurzes sein. Auch IV Esra 12,30 wird als letztes ein regnum exile et turbationis plenum geweissagt. Wie man nun aber auch das αὐτὸν δεῖ μεῖναι erklären möge, sicher scheint mir, daß der vorliegende Vers ursprünglich unter Vespasian geschrieben war.

17,11. καὶ τὸ θηρίον, ὃ ἦν καὶ οὐκ ἔστιν (man beachte, daß hier das μέλλειν ἐκ τῆς ἀβύσσου nicht wieder aufgenommen wird), καὶ (entspricht dem folgenden καί) αὐτὸς[21] (auf θηρίον κατὰ σύνεσιν bezogen) ὄγδοός ἐστιν καὶ ἐκ τῶν ἑπτά ἐστιν. Das Tier ist auf der einen Seite selbst der achte und gehört doch zu den sieben. Die Beziehung auf Nero [408] redivivus ist deutlich[22], auf wen anders würde der Ausspruch passen: er ist der achte und gehört doch zu den sieben! Dstd. wendet zwar ein, daß es in diesem Falle εἷς ἐκ τῶν ἑπτά hätte heißen müssen. Doch ist der Gegengrund keineswegs zwingend, vgl. Apg. 21,8 ὄντος ἐκ τῶν ἑπτά (Hltzm.), und Dstd. liefert seinerseits keine bessere, ja auch nur irgendwie in sich deutliche Erklärung. Bemerkenswert ist nur, daß hier das Tier selbst ausdrücklich mit dem achten Haupt identifiziert wird. Diese Identifikation des einen Hauptes mit dem Tiere, in der Nero redivivus gleichsam als die Inkarnation des römischen Imperiums erscheint, lag, wie wir sehen, bereits dem Zahlenrätsel 13,18 zugrunde und war auch schon 13,3.12.14 angedeutet. Viele Ausleger nehmen nun an, daß in dieser Gleichsetzung des achten Hauptes mit dem Tiere eine Verlegenheitsauskunft vorliege. Der Verfasser dieser Weissagung sei an eine ältere gebunden gewesen, in der sieben römische Könige geweissagt waren, und habe doch einen achten unterbringen wollen und das auf diese Weise versucht. Vgl. Harnack, Chronologie I S. 245f., J. Weiß u. a. Allein wenn der achte eben Nero redivivus war, so war ja diese Schwierigkeit gar nicht vorhanden. Es blieb ja die alte Siebenzahl ruhig stehen (ἐκ τῶν ἑπτά ἐστιν), und das Symbol reichte vollkommen aus. Der Apok. hätte dann nur noch, wie der in Kap. 13, irgend ein besondres Attribut einem der sieben Häupter geben dürfen. Wir werden die hier vorliegenden Schwierigkeiten erst bei der zusammenhängenden Besprechung des Kap. lösen können. καὶ εἰς ἀπώλειαν ὑπάγει fügt der Apok. siegesgewiß hinzu, des Ausgangs des nunmehr beginnenden großen Kampfes sicher.

17,12. καὶ τὰ δέκα κέρατα, ἃ εἶδες, δέκα βασιλεῖς εἰσιν, οἵτινες βασιλείαν οὔπω[23] ἔλαβον, ἀλλὰ ἐξουσίαν ὡς βασιλεῖς μίαν ὥραν (9,5; s. o. S. 164) λαμβάνουσιν μετὰ τοῦ θηρίου. Es liegt hier offenbar eine einigermaßen künstliche Deutung der aus Da 7,24 stammenden zehn Hörner vor, die der Apok., der hier schreibt, sicher den Erfahrungen seiner Zeit entlehnt hat. Die weitaus wahrscheinlichste Erklärung scheint mir nun die Beziehung der Könige auf die Partherfürsten zu sein, deren Ansturm man mit dem zurückkehrenden Nero erwartete (Eichh., de W., Bleek, Lücke u. s. w.). Die genaueren Angaben über die Könige aus dem Osten 16,12 erheben diese Vermutung fast zur Gewißheit. Nach Mommsen V 521 waren die Satrapen der einzelnen parthischen Provinzen durchaus selbständig, wie kleine Könige, und wurden im Ausland als solche angesehen. Man zählt deren 14; auf die genaue Zahl kommt es natürlich hier nicht an. Da lag, wenn man Nero redivivus mit dem θηρίον identifizierte, die Deutung auf die parthischen Satrapen sehr nahe. Vom Standpunkt des römischen Weltreichs aus konnte es natürlich dann auch von diesen Partherfürsten heißen: βασιλείαν οὔπω ἔλαβον. Da sie im Gefolge des Nero erscheinen, so erklärt sich endlich auch der Ausdruck: Sie empfangen eine Macht ὡς βασιλεῖς und nur auf kurze Zeit (μίαν ὥραν), da auch Neros Herrschaft bald[409] vergehen wird. Demgemäß ist die Beziehung auf die Statthalter der römischen Provinzen (Ew., Vlkm., Hilgf., Hausr., B. Weiß, Mommsen 522) jedenfalls abzuweisen. Dagegen spricht schon der Ausdruck: V. 13 τὴν δύναμιν καὶ τὴν ἐξουσίαν αὐτῶν τῷ θηρίῳ διδόασιν, V. 17 δοῦναι τὴν βασιλείαν τῷ θηρίῳ (Sp.), dafür höchstens die Zehnzahl der dem Senat zugeteilten Provinzen. Unbekannte Zukunftsgestalten als Bundesgenossen des Kaisers (nach Da 7,7.20.24) nehmen Weizs.² 499, Hltzm. an.

17,13. οὗτοι μίαν γνώμην ἔχουσιν[24] καὶ τὴν δύναμιν καὶ τὴν[25] ἐξουσίαν αὐτῶν τῷ θηρίῳ διδόασιν.[26]. Deutlich wird hier die Bundesgenossenschaft der Partherfürsten mit dem Nero redivivus angezeigt. Trotzdem sie viele sind, werden sie in diesem Bündnis mit dem Tiere in der letzten furchtbaren Zeit einig sein. 17,14. οὗτοι (das wiederholte οὗτοι ist Stil des Apok.) μετὰ τοῦ ἀρνίου πολεμήσουσιν, καὶ τὸ ἀρνίον νικήσει αὐτοὺς, ὅτι κύριος κυρίων ἐστὶν καὶ βασιλεὺς βασιλέων. 19,16. Dt 10,17 θεὸς τῶν θεῶν καὶ κύριος τῶν κυρίων; II Makk 13,4 ὁ βασιλεὺς τῶν βασιλέων. Ps. 136,3. Diese an die Titulatur der persischen Großkönige erinnernden Wendungen sind in der spätjüdischen Literatur häufig. Rel. d. Judentums 306. Zimmern K.A.T.³ 373f. weist darauf hin, daß „König der Götter, Herr der Herren“, „Herr der Herren, König der Könige“ (vgl. 19,16) bereits Titel des babylonischen Marduk ist. Dieser Krieg der Könige mit dem Lamme und seinen Anhängern kommt hier ganz unerwartet, da im vorhergehenden von Babel, ihren Schandtaten und dem ihr drohenden Untergang die Rede war. Doch berührt sich dieser Vers mit der Weissagung der Versammlung der Könige bei Harmagedon in Kap. 16, nach vorwärts weist er auf die große Messiasschlacht 19,11ff. hin. Es wird aber aus dem Folgenden ganz deutlich werden, daß der Vers in die hier geschilderte Situation nicht hineinpaßt. καὶ οἱ μετ’ αὐτοῦ κλητοὶ καὶ ἐκλεκτοὶ καὶ πιστοί. „Und die mit ihm (sind) Berufene und Auserwählte und Getreue“. Der Apok. deutet hier ein altes vorgefundenes Bild künstlich um. Überkommene Tradition ist es, daß der Sieger in der Endschlacht an der Spitze eines Heeres erscheint. Der Apok. deutet die himmlischen Heroen, die „Genossen“ des Lammes, auf die Gläubigen.

17,15. καὶ εἶπεν (λέγει)[27] μοι· τὰ ὕδατα, ἃ εἶδες, οὗ ἡ πόρνη κάθηται, λαοὶ καὶ ὄχλοι εἰσὶν καὶ ἔθνη καὶ γλῶσσαι (S. 176). Nach alttestamentlichen Vorbildern, Jes 8,7; Jer 47,2, werden die ὕδατα auf große Volksmassen gedeutet. Der Sinn dieses überkommenen Zuges ist natürlich dem Apok. verloren gegangen. Sobald er das Weib an den Wassern auf Rom deutete, so mußte dieses Symbol irgendwie allegorisch umgedeutet werden.

17,16. καὶ τὰ δέκα κέρατα, ἃ εἶδες, καὶ τὸ θηρίον, οὗτοι (s. o.[410] V. 13. 14) μισήσουσιν τὴν πόρνην καὶ ἠρημωμένην ποιήσουσιν αὐτὴν καὶ γυμνὴν[28] καὶ τὰς σάρκας αὐτῆς φάγονται καὶ αὐτὴν κατακαύσουσιν [ἐν][29] πυρί. Hier erfolgt nun erst die eigentliche Drohweissagung gegen Rom, die man schon oben, wo statt dessen von dem Kampf der Könige mit dem Lamm die Rede war, hätte erwarten sollen. Der zurückkehrende Nero soll also im Bunde mit den Partherkönigen Rom zerstören. Die beiden Prädikate φάγονται und κατακαύσουσιν finden darin ihre Erklärung, daß bei dem ersten an das Weib selbst, bei dem zweiten an die durch das Weib dargestellte Stadt gedacht ist. 17,17. ὁ γὰρ θεὸς ἔδωκεν εἰς τὰς καρδίας αὐτῶν, ποιῆσαι τὴν γνώμην αὐτοῦ (d. h. die Meinung des Tieres) καὶ ποιῆσαι μίαν γνώμην[30] καὶ δοῦναι τὴν βασιλείαν αὐτῶν (sie besaßen also wirkliche Königreiche) τῷ θηρίῳ. Es ist Gott selbst, sagt der Apok., der dieses Strafgericht über Rom heraufgeführt hat. Er hat das Wunder der Einigung der wider einander strebenden Mächte vollbracht. Seinen Willen vollführen sie, wenn sie nun gemeinsam gegen Rom ziehen. Es ist nicht gerade ein Widerspruch, wenn unserm Vers gegenüber 16,14 geschildert wird, daß der Drache und seine Untergebenen Geister ausschicken, um alle Könige zu sammeln. Aber es erscheint hier und dort doch eine andersartige Tradition vorzuliegen. Besonders bemerkenswert ist, daß der schon 16,13f. wieder erwähnte Drache hier noch gar keine Rolle spielt. ἄχρι τελεσθήσονται[31] οἱ λόγοι τοῦ θεοῦ. Bis Gottes Worte (Weissagung) vollendet sein werden, d. h. bis zum Ende des Gerichts, bis zu welchem die Herrschaft des Tieres dauert.

17,18. καὶ ἡ γυνὴ, ἣν εἶδες ἔστιν ἡ πόλις ἡ μεγάλη (14,8; 16,19) ἡ ἔχουσα βασιλείαν ἐπὶ τῶν βασιλέων τῆς γῆς. Jetzt folgt abschließend die Deutung des ganzen Bildes. Das Weib ist Rom, die Herrin der ganzen Welt.

Exkurs.

In der Erörterung über dieses in seiner Komposition große Schwierigkeiten bietende Kapitel geht man wohl am besten von dem Nachweis aus, daß es in sich selbst nicht einheitlich ist. Mehrere Inkongruenzen innerhalb des Kapitels sind ja bereits im Lauf der Einzelerklärung zu Tage getreten. Vor allem scheint die Weissagung zwei Spitzen zu haben: V. 14 weissagt den Kampf des Tieres und der versammelten Könige mit dem Lamm, V. 16 die Vernichtung der Hure Babel durch das Tier, das im Bunde mit den Königen erscheint. Achten wir dann auf den Zusammenhang, in dem diese Verse stehen, so ist es immerhin merkwürdig, daß V. 14 und 16,[411] die beide von den Königen handeln, durch den ganz andersartigen V. 15, in dem die Wasser, an denen das Weib sitzt, gedeutet werden, getrennt sind. Von hier aus fällt es dann weiter auf, daß für die sieben Häupter des Tieres ebenfalls eine Doppeldeutung auf sieben Berge V. 9 und sieben Könige V. 9f. gegeben ist. Ferner scheint mit Sicherheit die Zählung der Könige V. 10 auf die Zeit Vespasians zu führen. Ebenso sicher aber liegt in unserm Kapitel bereits die ausgebildete Sage vom Nero redivivus vor V. 8. Die Entstehung dieser Form der Legende aber ist, wie sich mit großer Wahrscheinlichkeit erweisen läßt, erst am Ende des ersten Jahrhunderts, jedenfalls nicht schon in der Zeit Vespasians denkbar. Auch hat der Apok. letzter Hand sicher nicht schon unter Vespasian geschrieben.

Man wird aber die Tragweite der in unserm Kapitel vorliegenden Differenzen nur überschauen und richtig würdigen können, wenn man sich die Wandlungen, welche die Nerosage in der Überlieferung überhaupt durchgemacht hat, vergegenwärtigt. Schon bald nach dem Tode Neros bildete sich der Glaube aus, daß er nicht gestorben sei, sondern noch lebe und zur Rache wiederkehren werde, Sueton, Nero 57; Tacitus, Hist. II 8. Die Sage ist in ihren Ursprüngen römisch-national. Man konnte nicht fassen, daß das alte Kaisergeschlecht der Julier zu Grunde gegangen sei, Vespasian und seine Söhne galten dem römischen Volk nicht als eigentliche Cäsaren aus dem göttlichen Geschlecht. Und so beginnt die Sage vom wiederkommenden Kaiser schon in dieser Zeit ihren Zauber zu entfalten, den sie ein Jahrtausend hindurch und weit darüber hinaus ausgeübt hat. Zunächst wird einfach gesagt, daß Nero nicht gestorben sei, daß er irgendwo noch weile. Bald aber nimmt die Sage eine bestimmtere Wendung: Nero, heißt es nun, ist zu den Parthern geflohen und wird von dort mit Heeresgewalt wiederkehren. Nero selbst soll davon gesprochen haben, daß er zu den Parthern fliehen werde, Sueton 47. Er hatte freundschaftliche Beziehungen zu dem Parther-Könige Vologaeses, Sueton 57, ja es war ihm geweissagt, daß er einst König des Orients werden und in Jerusalem seinen Thron aufschlagen würde, Sueton 40. Schon im Jahre 69 unter dem Regiment Othos hatte ein Pseudo-Nero Kleinasien und Griechenland in Aufregung versetzt. Er hatte einen Anhang gesammelt, war durch einen Sturm auf die Insel Cydnus verschlagen, dort von Calpurnius Asprenas, einem Statthalter Galbas, gefangen und hingerichtet Tacitus, Hist. II 8-9; Dio Cassius LXIV 9; Zonaras XI 15. Ein zweiter Pseudo-Nero (sein eigentlicher Name soll Terentius Maximus gewesen sein) soll nach Zonaras XI 12 unter Titus am Euphrat aufgetreten sein. Er erhielt die vorübergehende Unterstützung des Partherfeldherrn Artabanus. Vielleicht ist dieser Pseudo-Nero identisch mit demjenigen, von dem Sueton c. 57 berichtet, daß er zwanzig Jahre nach Neros Tode aufgetreten sei. Die Zeitangabe wäre freilich recht ungenau. Aber auch von diesem Pseudo-Nero berichtet Sueton, daß er die Unterstützung der Parther gefunden habe, und dieser mag ja immerhin sein Wesen noch einige Jahre bis in die Regierung Domitians getrieben haben, so daß Zonaras und Sueton nicht mit einander durchaus im Widerspruch standen. Ganz allgemein sagt übrigens Tacitus[412] Hist. I 2, bei seinem Überblick über die Schicksale des römischen Reiches, die er berichten will: mota etiam prope Parthorum arma falsi Neronis ludibrio. — Was aus diesem zweiten (dritten) Nero schließlich geworden ist, wissen wir nicht. Die Parther werden ihn bald haben fallen lassen.

An diesen Volksglauben knüpften nun die jüdischen und christlichen Erwartungen an[32]. Als älteste Quelle kommt hier für uns zunächst das vierte Buch der Sibyllinen in Betracht. Zahn (a. a. O. 33ff.) hat wahrscheinlich gemacht, daß diese Sibylle bald nach dem Ausbruch des Vesuv (79) von einem Juden verfaßt sei (vgl. IV. 130ff.)[33]. Unmittelbar nach dem Ausbruch des Vesuv erwartet die Sibylle das Ende. Hier in Kleinasien scheint die Erwartung vom wiederkehrenden Nero am lebendigsten gewesen zu sein. In unsrer Sybille heißt es

IV 119ff.:
καὶ τότ’ ἀπ’ Ἰταλίης βασιλεὺς μέγας οἷά τε δράστης
φεύξετ’ ἄφαντος ἄπυστος ὑπὲρ πόρον Εὐφρήταο.
IV 137ff.:
εἰς δὲ δύσιν τότε νεῖκος ἐγειρομένου πολέμοιο
ἥξει, καὶ Ῥώμης ὁ φυγὰς μέγα ἔγχος ἀείρας
Εὐφρήτην διαβὰς πολλαῖς ἅμα μυριάδεσσιν.

Die Stellen sprechen deutlich genug, sie beweisen, daß um das Jahr 79/80 die Erwartung, daß Nero mit den Parthern zurückkehren werde, im Volksglauben lebendig war. Man kann auch gar nicht einmal sagen, daß hier eine spezifisch jüdische Weissagung vorliegt. Der jüdische Verfasser der Sibylle hat einfach übernommen, was der heidnische Volksglaube von dem wiederkehrenden Nero fabelte.

Anders verhält es sich mit der von spezifisch jüdischem Geist durchtränkten fünften Sibylle. Gegenüber Zahns Versuchen einer durchgehenden Quellenscheidung hat neuerdings Geffcken mit guten Gründen die Herkunft des ganzen Buches mit Ausnahme der später eingeschobenen Verse 1-51 und weniger anderer Verse von einem Verfasser behauptet. Aber noch bestimmter, als G. dies hervorgehoben, möchte ich darauf hinweisen, daß Sib. V andrerseits keine fortlaufende Weissagung enthält, sondern eine ganze Reihe kleinerer von einer Hand stammender Orakel[34], die zwar immer wieder auf einander Bezug nehmen, aber doch jedes für sich stehen. Die Themata dieser Orakelsprüche, die immer wiederkehren, sind — abgesehen von den Weissagungen über Ägypten (52-91. 179-213. 484-Ende): Pseudo-Nero (93-110.[413] 137-154. 214-227. 361-385), Drohreden gegen Babel (155-178. 228-246. 386-413), das neue Jerusalem und sein Messias (247-285. 414-433). — Das Zusammentreten dieser Themata ist bedeutsam. Es sind genau dieselben Stoffe, die unser Apok. in Kap. 17. 18. 21 behandelt. Mit großem Scharfsinn hat Geffcken die Zeit dieser Orakel bestimmt. Er setzt sie, da sie noch nichts von Trajans Erfolgen gegen die Parther wissen, an das Ende des ersten christlichen Jahrhunderts. Ihr Verfasser hat den Sturz des zweiten Tempels noch mit erlebt (V. 398), schreibt aber eine geraume Zeit nachher. Die in dieser Orakelsammlung sich findenden Nerostücke tragen nun etwa denselben Charakter, wie die in Buch IV. Auch hier ist Nero der noch lebende, zu den Parthern geflohene König 143ff., der von dort zurückkehren und die Erde mit Krieg und Blutvergießen erfüllen wird 361ff. Doch sind dem Bilde Pseudo-Neros bereits entschieden gespenstische Züge beigemischt. Nero ist 215ff. eine grauenhafte, dämonische Gestalt geworden, welche von den Parzen durch die Lüfte geführt wird. Auch spezifische der jüdischen Tradition angehörige Phantasien verbinden sich mit seiner Gestalt. Wie das kleine danielische Horn beseitigt Pseudo-Nero drei Häupter 222ff., ja es wird bereits erwartet, daß Pseudo-Nero sich von Westen her gegen Jerusalem wenden wird und von dort durch den von Gott gesandten König zurückgewiesen werden soll (100-110). So verschmilzt vor unsern Augen auch in der Sibyllendichtung die Gestalt Pseudo-Neros mit der des Antichrist.

Vollkommen ist dieser Verschmelzungsprozeß dann durchgeführt in dem (oben abgesetzten) ersten Stück der fünften Sibylle 1-51, die, wie es scheint, aus der Zeit Hadrians stammt[35]. Hier heißt es bereits

V. 33 ἀλλ’ ἔσται καὶ ἄϊστος ὀλοίιος· εἶτ’ ἀνακάμψει,
ἰσάζων θεῷ αὐτόν· ἐλέγξει δὲ οὔ μιν ἐόντα.

Deutlich zeigt sich uns hier eine zweifache (resp. dreifache) Stufe der Nerosage. Ursprünglich glaubte man einfach von Nero, daß er wiederkehren werde. Dann wird die Sage konkreter: er wird im Bunde mit den Parthern, zur Rache an Rom wiederkehren. Endlich wird Nero allmählich eine höllische gespenstische Gestalt, und sein Bild wird ins Übermenschliche gezeichnet. Er ist der Antichrist, der Drache, der Empörer gegen Gott, das Tier, das aus der Unterwelt wiederkehrt, das nur scheinbar getötete Haupt. Für diese letzte Phase der Entwickelung der Sage wird man keinen allzu frühen Zeitpunkt ansetzen dürfen. Die Wandlung konnte sich erst vollziehen, als nach dem Verschwinden Neros etwa ein Menschenalter verstrichen und die Erwartung, daß der lebende wiederkehren werde, unwahrscheinlich geworden war. Da erst hörte auch das Auftreten der falschen Nerone auf, da — also etwa im letzten Decennium des ersten Jahrhunderts — konnte sich die neue Gestalt der Sage entwickeln.

[414] Dieser Überblick gibt uns die Mittel in die Hand, um über Komposition und Herkunft unseres Kapitels ins Klare zu kommen. Denn es gehört jedenfalls zu den gesichertsten Ergebnissen unserer Kritik, daß unser Kapitel die Nerosage voraussetzt und weiterspinnt. Ja es treten uns in ihm, wie es scheint, die beiden Hauptformen der Nerosage deutlich entgegen. Denn Nero ist hier auf der einen Seite einer der römischen Imperatoren, der mit den Partherkönigen zur Zerstörung Roms wiederkehrt, auf der andern Seite das Tier aus dem Abgrunde, das im Bunde mit den Königen den Kampf gegen das Lamm führt. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir hier bei der Härte, mit der die verschiedenen Anschauungen sich gegenübertreten, ein Anzeichen finden, daß in diesem Kapitel eine ältere Quelle verarbeitet ist. Und zwar werden wir diejenigen Verse, in denen die Anschauung von Nero als dem höllischen Widersacher des Lammes heraustritt, dem Bearbeiter letzter Hand, unserm Apokalyptiker, zusprechen. Diesem werden wir also jedenfalls den V. 14 und die mit V. 14 zusammenhängenden V. 12-13 zuweisen. Damit stimmt es denn auch vortrefflich, daß in den Versen 16-17 eine vollkommene Doublette zu V. 12-14 vorliegt. Ebenso werden wir dann mit Sicherheit dem Bearbeiter den V. 8 zuweisen. Denn wir finden in ihm auf das deutlichste die Anschauung vom Nero redivivus ausgesprochen, und jedes Wort erinnert uns hier an den Stil des Apokalyptikers letzter Hand (θαυμασθήσονται, οἱ κατοικοῦντες ἐπὶ τῆς γῆς; ὧν οὐ γέγραπται τὸ ὄνομα ἐπὶ τὸ βιβλίον τῆς ζωῆς ἀπὸ καταβολῆς κόσμου). Außerdem bildet er eine Doublette zu V. 11f. und steht an einer ganz unpassenden Stelle, nämlich vor dem Beginn der Deutung der Weissagung V. 9: ὧδε ὁ νοῦς ὁ ἔχων σοφίαν. Schwieriger ist es dann, über die Verse 10-11 zu entscheiden. Freilich gehört die Deutung der sieben Könige in V. 10 sicher der bearbeiteten Quelle an. Auf der andern Seite ist es fast ein Axiom bei einer Reihe von Kritikern, daß V. 11 einer andern Hand als V. 10 zuzuweisen sei. In künstlicher Weise soll hier die Rechnung mit sieben römischen Kaisern in V. 10 auf einen achten König erweitert sein. Der Apokalyptiker, der unter dem achten König schrieb, soll die unter dem sechsten Kaiser entworfene Rechnung vorgefunden und sie künstlich auf seine Zeit adoptiert haben, indem er den achten Regenten mit dem Tiere gleichsetzte. (So besonders bestimmt Harnack, Chronologie I 245f.) Ich glaube, daß sich gegen diesen Schluß doch einige Bedenken erheben lassen. Der Apok., der V. 10 schrieb, kann doch ebenfalls seine Weissagung kaum mit dem Hinweis auf das kurze Regiment des siebenten Kaisers geschlossen haben. Seine Weissagung würde unter dieser Voraussetzung der Pointe entbehren, man müßte denn annehmen, daß er nach dem siebenten Regiment einfach den Sturz des römischen Reiches durch die zehn Könige (die Parther) geweissagt habe. Zu dieser Annahme ist aber wieder kein Grund vorhanden, da die zehn Könige nie allein, sondern immer im Bunde mit dem Tiere auftreten. Nehmen wir aber an, der Schreiber von V. 10 wollte auch seinerseits die Weissagung von dem wiederkehrenden Nero vortragen, wie hätte er dann, da er einmal an das Bild von den sieben Häuptern, an die Überzeugung, daß Rom sieben[415] Herrscher haben werde, gebunden war, die Weissagung anders gestalten können, als dies in V. 11 geschehen ist? Identifizierte er Nero mit dem siebenten Haupt, so bekam Rom nur sechs Könige. Also mußte er den wiederkehrenden Nero als den achten fassen, der doch zu den sieben gehört. Der Ausdruck ergibt sich fast mit Notwendigkeit. Und wenn er nun das gegebene Bild, das Tier mit den sieben Häuptern, auf diese Weissagung adaptieren wollte, wie sollte er am Bilde veranschaulichen, daß mit dem wiederkehrenden Nero acht Könige und doch nur sieben vorhanden seien? Lag nicht auch hier der Gedanke nahe zu sagen: das achte Haupt ist das Tier selbst: in diesem achten Haupt wird sich die ganze Macht und Furchtbarkeit des Tieres noch einmal konzentrieren. — Und der Sachverhalt wird noch klarer, wenn wir annehmen dürfen (s. o.), daß dem Apok. eine Tradition vorlag, derzufolge das Regiment des siebenten Hauptes ein kurzes und schwaches sein werde. Dann konnte er das siebente Haupt gar nicht mit der furchtbaren Gestalt des wiederkehrenden Nero identifizieren. — Wir kommen also zu dem Schluß, daß wir V. 10-11 der Quelle zuzuweisen haben. — Es bleiben noch einige Kleinigkeiten zur weiteren Erwägung. Da wir in Kap. 17 doch sicher mit einer Überarbeitung zu rechnen haben, so werden wir diesem Bearbeiter auch das seltsam nachklappende καὶ ἐκ τοῦ αἵματος τῶν μαρτύρων Ἰησοῦ V. 6 zuweisen. Ob wir die doppelte Deutung der sieben Berge auf die beiden Hände verteilen müssen, ist mir nicht sicher. Aber möglich ist es, daß dem Bearbeiter der Satz ἑπτὰ ὄρη εἰσίν, ὅπου ἡ γυνὴ κάθηται ἐπ’ αὐτῶν καί zuzusprechen ist. Ferner halte ich es für möglich, daß der Bearbeiter, der V. 8 schrieb in V. 11 ὃ ἦν καὶ οὐκ ἔστιν hinzugefügt hat. Auf der andern Seite möchte ich V. 15 und V. 18 der Quelle zuweisen. So treten in Kap. 17 Quelle und Bearbeitung ziemlich reinlich aus einander: Quelle: V. 1-7. 9-11. 15-18; Bearbeiter: V. 8. 12-14 und einzelne Worte in V. 6. 9. 11.

Von hier aus ergibt sich die Situation für die Quelle und den Bearbeiter mit hinreichender Deutlichkeit. Der Verfasser der Quelle schrieb unter dem sechsten römischen Kaiser. Das ist je nachdem man von Cäsar oder von Augustus an zählt, die Könige des Interregnum mitrechnet oder nicht mitrechnet, entweder Nero, oder Galba, oder Vespasian. Da zu Neros Lebzeiten die Weissagung vom wiederkehrenden Nero nicht entstanden sein kann, da Galbas Regiment kaum je so fest bestanden hat, daß der Apok. sagen konnte ὁ εἷς ἔστιν, so ist die Quelle in Kap. 17 zu Vespasians Zeit geschrieben. Nach Vespasian erwartete der Verfasser dieses Stückes noch das kurze siebente Regiment und dann die Wiederkunft Neros mit den Parthern zur Zerstörung Roms. Die Quelle kann, wenn wir dem Bearbeiter das ἐκ τοῦ αἵματος τῶν μαρτύρων Ἰησοῦ zuweisen, jüdisch sein. Wenn der Verfasser Rom trunken vom Blute der Heiligen sieht, so wäre das auf die Zerstörung Jerusalems und die Vernichtung des jüdischen Staates zu beziehen; und der Apok. würde dann seine ganze Hoffnung auf die Bestrafung des gottlosen Rom durch Nero und die Parther richten.

Diese Weissagung hat dann unser Apok. letzter Hand übernommen und[416] umgedeutet. Nicht mehr die Zerstörung Jerusalems, sondern die Verfolgung der Christen ist ihm die Sünde Roms. Nero aber ist das aus dem Abgrund der Hölle wiederkehrende Tier, die zehn Könige sind auch vielleicht nicht mehr die Parther, sondern irgendwelche gespenstische Gehülfen Neros. Und nicht mehr die Zerstörung Roms ist ihm die Hauptsache, sondern der Kampf des Tieres mit dem Lamm, den er uns 19,11 in seiner ganzen Großartigkeit und Furchtbarkeit schildern wird. Aber auch die Zählung der sieben römischen Kaiser hat er einfach übernommen. Denn wenn er unter Domitian schrieb, so will jene Zählung in keiner Weise mehr recht passen. Da er das ὁ εἷς ἔστιν übernahm, so muß für ihn Domitian der sechste Kaiser gewesen sein, während auch er den siebenten und achten noch von der Zukunft erwartete. Das kommt aber nur bei einer sehr künstlichen Zählung heraus, nämlich wenn man von Nero (exclusive) an zählt: Galba, Otho, Vitellius, Vespasian, Titus, Domitian. Die Zählung ist künstlich, aber bei einer solchen Herübernahme geht es ohne Künstlichkeit nicht ab. Aber vielleicht hat der Apok. überhaupt nicht so genau über die Einzelheiten nachgedacht, sondern einfach tradiert. Dazu daß er mit V. 10-11 nicht so viel anzufangen wußte, würde auch die Annahme stimmen, daß er erst in V. 9 die Deutung der sieben Häupter auf die sieben Berge hinzufügte.

Dagegen ist auf das bestimmteste die Annahme zurückzuweisen, daß für den Apok. letzter Hand das achte Haupt, das doch eines von den sieben sein soll, Domitian sei, daß also unser Apok. geglaubt habe, in Domitian sei die Weissagung von Nero redivivus erfüllt. Als das gesichertste Ergebnis unsrer ganzen bisherigen Untersuchung erschien vielmehr dies, daß der Apok. eine zwar nahe, aber doch furchtbar geheimnisvolle Zukunft weissagt. Ihm ist das Tier, dessen Todeswunde geheilt wurde, das wie das Lamm „geschlachtet“ und doch wieder aufgelebt ist, das aus dem Abgrund aufsteigen wird, um in die Verdammnis zu fahren, eine grausig, gespenstische, übermenschliche Erscheinung der Zukunft, nicht ein gegenwärtiger römischer Kaiser. Und dieser Apok. sollte die wilde Volkssage in rationalistischer Weise umgedeutet und den Domitian zum Nero redivivus gemacht haben! Und das Tier, das nach ihm mit den zwölf Königen gegen das Lamm kämpft, sollte Domitian gewesen sein? Und in der großen Messiasschlacht 19,11ff. soll man sich Domitian als Gegner dessen, der mit seinen Scharen auf weißem Roß dahersprengt, denken? Man raubt m. E. unsrer Apokalypse ihren Stimmungsgehalt, wenn man ihr jene banale rationalistische Umdeutung, die sich übrigens sonst nirgends nachweisen läßt, zuschreibt. Der Apok. hat es in seiner Weissagung mit überirdischen höllischen und himmlischen Gewalten zu tun. Die Deutung auf Domitian ist einfach stilwidrig[36].

Zum Schluß mag noch die Frage erwogen werden, ob etwa hinter der[417] Endredaktion in Domitians Zeit und hinter der Quelle aus Vespasians Zeit noch eine weiter zurückliegende Quelle anzunehmen sei, in der die Häupter des Tieres, also die römischen Cäsaren, noch gar keine Rolle spielten. Das ist die Meinung von Spitta, der sich Pfleiderer II 321 und J. Weiß 19ff. 121 anschließen. Sp. gebührt das Verdienst, zuerst darauf hingewiesen zu haben, daß in Kap. 17 das Bild (V. 1-6) und die Deutung des Bildes (V. 7ff.) nicht recht mit einander stimmen. Im Bilde reitet das Weib auf einem scharlachenen Tier; dieses Tier ist nur ein Nebenzug in dem Bilde, in dem vor allem die Üppigkeit und Pracht des Weibes hervorgehoben wird. Dagegen erscheint in der Deutung das Tier als die Hauptfigur, und ganz unerwarteter Weise tritt es hier, während es früher der Träger der Macht des Weibes ist, nunmehr als dessen Zerstörer auf. Sp. strich deshalb V. 7-18. Er hat den Eindruck seiner Kritik selbst abgeschwächt durch die willkürliche Verlegung des stehengebliebenen Torso in die Pompejuszeit. Auch Pfleiderer erkennt die hier vorliegende Diskrepanz an. Besonders eindrucksvoll und energisch hat J. Weiß die Kritik fortgesetzt, aber auch etwas verändert. Er beläßt dem Tier auch in der Urquelle seine sieben Häupter und läßt ferner der ersten Quelle die einfache Deutung der sieben Häupter auf römische Cäsaren. Er setzt deshalb seinerseits die Quelle unter Vespasian an („der sechste, der ist“). In dieser sei ganz allgemein der Untergang Roms, des üppigen Weibes, geweissagt, über der Gott und nicht das Tier das Gericht halte. Dieselbe Auffassung zeige auch das Kap. 18, in welchem Gott das Strafgericht vollziehe. (Auch Sp. rechnete bereits Kap. 18 mit 17,1-5 zusammen zu J².) Der Bearbeiter unter Titus habe dann erst die Wendung eingebracht, daß das Tier (Pseudo-Nero) sich mit den zehn Königen (den Parthern) gegen das Weib wenden werde. Da er unter Titus schrieb und dieser doch nicht der furchtbare, feindliche König war, den der Apok. erwartete, habe dieser künstlich ein achtes Haupt eingefügt und dieses dann noch mit dem Tiere identifiziert. Diese Weissagung habe endlich der Apok. letzter Hand übernommen. Ihm erst sei das Tier, das er nun auf Domitian, als den Nero redivivus beziehe, der Feind und Gegner des Lammes geworden. Ich kann mich Weiß weder in der Unterscheidung zweier Apokalyptiker aus Vespasians und Titus Zeit, noch (s. o.) in der Beziehung des Tieres auf Domitian im Sinn des Apok. letzter Hand anschließen. Aber ich kann mich den gemeinsamen Gründen von Sp., Pfl., Weiß nicht ganz verschließen. Ich halte es nicht für unmöglich, daß der von mir nachgewiesene Apok. aus Vespasians Zeit das Bild, das er 17,6ff. deutete, das Weib auf dem Tiere (vielleicht ohne die Häupter), bereits vorfand. Weiter kann ich aber nicht mitgehen. Alle weiteren Schlüsse über die Herkunft des kleinen Fragments scheinen mir unmöglich zu sein, selbst wenn Kap. 18 tatsächlich mit 17,1-5 verbunden werden müßte.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist aber auch die Weissagung von den sieben Königen, deren letzter nur eine kurze Weile bleiben soll, übernommenes Gut, das aus uralter Überlieferung stammt. Die Anschauung, daß sieben Herrscher in der Welt herrschen werden, ist nämlich eine weitverbreitete. Sie[418] ruht auf der Basis astrologischer Spekulation. Es war eine alte (babylonische) Annahme, daß der Zeitraum des großen Weltenjahrs in sieben Perioden eingeteilt sei, über die je einer der sieben Planeten als Herrscher regieren sollte. Sie hat sich noch im System der Mandäer erhalten (Realencyklopädie³, Art. Mandäer von Keßler XII 171. Brandt, mandäische Schriften S. 45). So ist die Vorstellung in die Weissagungen der Sibyllen übergegangen. Das „tuus jam regnat Apollo“ der vierten Ekloge des Vergils beruht auf ihr[37]. Zu vergleichen ist auch die Weissagung, von neun Weltaltern in der tiburtinischen Sibylle (Sackur, sibyllin. Texte und Forschungen 1898, S. 143), ferner die in der späteren griechischen Eschatologie (Bahman Nast, Zartust-Name) sich findenden Weissagungen von sieben Weltreichen, die durch Metalle symbolisiert werden (vgl. bereits äthiop. Henoch 52). Genaueres: Bousset, Archiv f. Religionsgesch. IV 243-244. Was in der älteren Tradition vom Weltall und seinen Herrschern gilt, wurde dann in der jüdisch-christlichen Überlieferung auf das römische Weltreich und seine Herrscher umgedeutet. So entstand das apokalyptische Dogma von sieben römischen Kaisern.


  1. υδατων πολλων ℵAP An.¹²⁴ 95; των υδατων των πολλων Q Rel. Letztere Lesart erscheint als die schwierigere den Vorzug zu verdienen.
  2. Über die Korrekturen γεμον ονοματα ℵcQ Rel. und γεμον ονοματων An. Hipp.cod. s. Studien S. 4. Den richtigen Text lesen ℵAP.
  3. A Min. εχων; ℵP εχοντα; Q Rel. Hipp. εχον.
  4. > Q Rel. (exc. An.¹ al.).
  5. αυτης A An. 51. 95 vg. ae. Tic.; της γης Q Rel. c s¹ Hipp. Cypr. Pr.; ℵ cod. αυτης και της γης (a läßt beides aus). Die Zeugen halten sich ungefähr das Gleichgewicht.
  6. A An.¹²³⁵ vg. c Vict. Tic. Pr. Hipp.e.r.; > εκ ℵcPQ Rel. Hipp.h (τω αιματι ℵ 38). Wegen des folgenden εκ ist auch das erste εκ in den Text aufzunehmen.
  7. > Q Rel. (exc. An.¹³⁵ 14. 38. 51. 95). Nach letzterer Lesart würde ἐκ τοῦ αἵματος – Ἰησοῦ noch mehr als Glosse erscheinen.
  8. σοι ερω ℵ P An.¹²³ am. fu. dem. tol. Pr.; ερω σοι ist die in der Apk übliche Stellung.
  9. υπαγει A 12. 80 s¹ Jr. Pr. Hipp.h; d. übr. υπαγειν.
  10. θαυμασθησονται AP, die ungewöhnliche Form ist durch 13,3 gedeckt: an eine Konformation in AP nach 13,3 wird man wegen der weiten Entfernung nicht denken können.
  11. (>επι) την γην Q Rel. (exc. An. 95) Hipp.e.r. (Pr. hat an allen Stellen den Akkus.); Konformation nach V. 2.
  12. τα ονοματα ℵP An. vg. s¹ a ae. Pr. Hipp.s; s. o. 13,8.
  13. AP An.¹³ 95 Hipp.h; Q Rel. επι του βιβλιου; 79. (95) g vg. Pr. Hipp.e.r εν βιβλω (τω βιβλιω).
  14. βλεποντες An. vg. Hipp. Pr.
  15. AP An.¹²³ 95 g vg. c s a ae. Hipp. Pr.; Q Rel. οτι ην το θηριον.
  16. παρεστιν ℵc An. s¹ Hipp.s.
  17. βασ. εισ. επτ. Q Rel (exc. An.¹²³ 38. 95); επτ. βασ. εισ. ℵ c.
  18. + δε 96 Pr. Hipp. Antichr.e.r Dana.
  19. δει αυτον μειναι Q Rel. (exc. An.) g vg. Pr.; αυτον μειναι δει ℵ; αυτον δει μειναι ist eine in der Apk nicht gewöhnliche Wortstellung (doch s. u. die Ausführung über die Spracheigentümlichkeiten unsres Kapitels).
  20. Einen Mittelweg schlägt Weyl. ein, der zwar das ὁ εἷς ἔστιν auch nicht wörtlich nimmt, aber die Apk. unter Titus geschrieben sein und den Apok. nicht den Domitian, sondern den Nero redivivus weissagen läßt.
  21. ουτος ℵQ Rel. (exc. An¹³(⁴)).
  22. So beziehen Ew., de W., Vlkm., Hilgf., Vischer, Vlt., Sp., Erb., Weyl., Hltzm., Pfleid., Weizs., Schmidt u. a.
  23. ου A fu.
  24. AP An.¹³ 38. 95 g vg. s¹² a Hipp. Tic. Pr.; εχουσιν γνωμην Q Rel. c; die verschränkte Wortstellung ist in dieser Textklasse beliebt (B. Weiß S. 28f.).
  25. P An.¹³⁴; > AQ Rel. (S. 175).
  26. δωσουσι An.² (sa. liest auch vorher εξουσιν) cle. fu. dem. tol. lips. Tic. Pr.
  27. ειπεν A vg. s¹ c a Tic. Pr. Hipp.s; d. übr. λεγει.
  28. AP An.² 38. 95 g vg. s² a ae. Hipp.; add. ποιησουσιν αυτην Qmg. Rel.; > και γυμνην Q An.¹ al.; και ηρημ. κ. γυμν. ποιησ. αυτ. 34 s¹ Pr.
  29. > ℵPQ An.⁴.
  30. και ποιησαι – γνωμην > A An.² g. vg. Tic. (Schreibfehler); μιαν γνωμην ℵP An.¹³ 95; γνωμην μιαν d. übr.
  31. Q Rel. (exc. An.¹²³ 51) τελεσθωσιν.
  32. Vgl. zum folgenden Zahn, apok. Studien ZWL. 1886 337ff. Geffcken, Studien zur älteren Nerosage Nachr. d. Ges. d. Wiss. Gött. 1899. Ders., Komposition u. Entstehungszeit der Oracula Sibyllina 1902. (Texte u. Unters. N. F. VIII 1.).
  33. Vgl IV. 135 f.
    γινώσκειν τότε μῆνιν ἐπουρανίοιο θεοῖο
    εὐσεβέων ὅτι φῦλον ἀναίτιον ἐξολέσουσιν.
    Vgl. V. 125ff. die Zerstörung des Tempels.
  34. Möglich daß ein Redaktor, ohne viel vom Eignen hinzuzufügen, diese Stücke durch leichte Übergänge verband, so daß sie nun den Eindruck eines zusammenhängenden Orakels machen.
  35. An dem Datum möchte ich mit Zahn unter Absetzung von V. 51 festhalten, trotz des Widerspruchs von Geffcken, der mit Beibehaltung von V. 51 das Orakel in die Zeit des Mark Aurel versetzt. Die Weissagung Sib. VIII 151-159 setze ich aus diesem Zusammenhang ab, da Geffcken mich belehrt hat, daß hier ein heidnisches Orakel von dem lebenden Nero vorliege.
  36. Wenn J. Weiß zwar den Urapokalyptiker wirklich für einen Propheten hält, den Apok. letzter Hand aber nur für einen Herausgeber und Deuter der Weissagung, so ist demgegenüber abgesehen von dem Recht dieser Scheidung überhaupt (s. o. S. 127f.), gerade darauf Gewicht zu legen, daß der Apok. letzter Hand, d. h. der, welcher den Kampf gegen den Kaiserkultus führt, sich als ein die Zukunft schauender Prophet gibt (s. o. S. 138).
  37. Vgl. dazu das erklärende Nigidiusfragment bei Servius zu Vergils Ekloge IV 10; Gruppe, griechische Kulte I 493.
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