Textdaten
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Autor: Joachim Ringelnatz
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Titel: Der Seriöse
Untertitel:
aus: Allerdings, S. 147–148
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Ernst Rowohlt Verlag
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld und Commons
Kurzbeschreibung:
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[147]
DER SERIÖSE


Wo ich abends Weißwürste fresse,
da sitzt oft drei Tische weit
Vor mir ein Herr von Noblesse,
Sehr groß, sehr ernst und sehr breit.

5
Sein Haar und Bart, seine Kleidung

Sind einwandfrei und gepflegt,
Wie er unter steter Vermeidung
Sich einwandfrei sicher bewegt.

Wie ihn die Kellner bedienen,

10
Ist er ein Fürst oder reich.

Doch bleibt das Spiel seiner Mienen
Jederzeit würdig und gleich.

Wenn diese würdig seriöse
Erscheinung vorübergeht,

15
Dann ist mir, als ob mein Gekröse

In Hirn und Leib sich verdreht.

Denn, wenn er mit seinen Blicken
Mich streifte – das fühle ich klar –,
Ich würde zusammenknicken

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Und nimmer sein, was ich war.


Doch ohne seitwärts zu schauen,
Schreitet er durchs Lokal.

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Seine gerunzelten Brauen –

Wie alles an ihm – sind aus Stahl.

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Und seine Schritte lenken

Sich dahin, wohin man nicht sieht.
Ich wage nicht auszudenken,
Was er dort etwa vollzieht.

Ach, ich bin klein, ich bin böse.

30
Mein Herz ist auch nicht ganz rein.

Ach dürfte ich solche seriöse
Persönlichkeit einmal sein!