Textdaten
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Autor: Christian Fürchtegott Gellert
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Titel: Der Hund
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch. S. 37–39
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
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[37]
Der Hund.


Phylax, der so manche Nacht
Haus und Hof getreu bewacht,
Und oft ganzen Diebesbanden
Durch sein Bellen widerstanden;

5
Phylax, dem Lips Tullian,

Der doch gut zu stehlen wußte,
Selber zweymal weichen mußte;
Diesen fiel ein Fieber an.

Alle Nachbarn gaben Rath.

10
Krumholzöl und Mithridat

Mußte sich der Hund beqvemen,
Wider Willen, einzunehmen.
Selbst des Nachbar Gastwirths Müh,
Der vordem in fremden Landen,

15
Als ein Doctor, ausgestanden,

War vergebens bey dem Vieh.

Kaum erscholl die schlimme Post,
Als von ihrer Mittagskost
Alle Brüder und Bekannten,

20
Phylax zu besuchen, rannten.

Pantelon, sein bester Freund,
Leckt ihm an dem heissen Munde.
O, erseufzt er, bittre Stunde!
O! wer hätte das gemeynt?

25
Ach! rief Phylax, Pantelon!

Ists nicht wahr, ich sterbe schon?

[38]
Hätt ich nur nichts eingenommen,

Wär ich wohl davon gekommen.
Sterb ich Aermster so geschwind:

30
O! so kannst du sicher schreyen,

Daß die vielen Arzeneyen
Meines Todes Qvelle sind.

Wie zufrieden schlief ich ein!
Sollt ich nur so manches Bein,

35
Das ich mir verscharren müssen,

Vor dem Tode noch geniessen.
Dieses macht mich kummervoll,
Daß ich diesen Schatz vergessen,
Nicht vor meinem Ende fressen,

40
Auch nicht mit mir nehmen soll.


Liebst du mich, und bist du treu,
O! so hole sie herbey;
Eines wirst du bey den Linden,
An dem Gartenthore finden;

45
Eines, lieber Pantelon!

Hab ich nur noch gestern Morgen
In dem Winterreiß verborgen;
Aber friß mir nichts davon.

Pantelon war fortgerannt,

50
Brachte treulich, was er fand;

Phylax roch, bey schwachem Muthe,
Noch den Dunst von seinem Gute.

[39]
Endlich, da sein Auge bricht,

Spricht er: Laß mir alles liegen!

55
Sterb ich, so sollst du es kriegen;

Aber, Bruder, eher nicht.

Sollt ich nur so glücklich seyn,
Und das schöne Schinkenbein,
Das ich – – doch ich mags nicht sagen,

60
Wo ich dieses hingetragen.

Werd ich wiederum gesund;
Will ich dir bey meinem Leben,
Auch die beste Hälfte geben;
Ja du sollst – – Hier starb der Hund.



65
Der Geizhals bleibt im Tode karg,

Zween Blicke wirft er auf den Sarg,
Und tausend wirft er mit Entsetzen
Nach den mit Angst verwahrten Schätzen.
O schwere Last der Eitelkeit!

70
Um schlecht zu leben, schwer zu sterben,

Sucht man sich Güter zu erwerben;
Verdient ein solches Glück wohl Neid?