Das Telephon (Die Gartenlaube 1877/50)

Textdaten
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Titel: Das Telephon
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aus: Die Gartenlaube, Heft 50, S. 847
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[847] Das Telephon. Zur Richtigstellung, respective Ergänzung der in dem Artikel: „Die menschliche Stimme auf Reisen“ gemachten Mittheilungen bemerken wir zunächst, daß der Erfinder des ersten elektrischen Telephons, der Physiker Philipp Reis, nicht in Friedrichshafen, wie in Folge eines Versehens gedruckt wurde, sondern in Friedrichsdorf bei Homburg vor der Höhe an dem dortigen Lehr- und Erziehungsinstitute wirkte. Das Telephon ist in der am Schlusse unseres Artikels angedeuteten Weise bereits auf verschiedenen Zweigstationen, z. B. in der Nähe Berlins, in amtlichen Dienst gestellt worden, und vor einigen Tagen konnten die Zeitungen eine „Dienstordnung für den Fernsprecher“ veröffentlichen. Es ist daraus besonders hervorzuheben, daß die Depesche deutlich und in solchen Absätzen gesprochen werden muß, daß sie der Empfänger sogleich niederschreiben und nachher zur Controle dem Absender wörtlich wiederholen kann. Auch in Varzin ist bereits eine Telephonstation eingerichtet worden. Diese schnelle Einstellung des Telephons, welches seit Jahr und Tag in Amerika nur zu nebensächlichen Zwecken benutzt wurde, in den öffentlichen Dienst ist, worauf wir nicht unterlassen wollen, hinzuweisen, charakteristisch für die energische Leitung des deutschen Post- und Telegraphenwesens. Es hat sich gezeigt, daß man auf Strecken, die nur eine Hin- und Herleitung haben, ohne daß daneben andere Drähte laufen, für die ungeheuersten Entfernungen sich verständlich machen kann. Auf unsern vielbeschäftigten Strecken wird das Telephon schwerlich die zuverlässig arbeitenden Drucktelegraphen verdrängen, sondern sie wahrscheinlich nur in der angedeuteten Weise ergänzen. Einzelne Consonanten, deren richtiges Verständniß im telephonischen Verkehre Schwierigkeiten bereitet, gedenkt man durch andere zu ersetzen. Von größtem Werthe werden die Telephons auch für den Vorpostendienst im Kriege werden, für welchen man vor Jahr und Tag erst einen besonderen complicirten Apparat patentirt hat, der nunmehr von dem unendlich einfacheren und keine Uebung erfordernden Telephon jedenfalls außer Dienst gestellt werden wird, noch ehe er bei uns in praktische Benutzung getreten war. Ebenso wird es für unzählige Privatzwecke die Haustelegraphen und Hörrohre zweckmäßig ersetzen. Den verschiedenen Anfragern in dieser Richtung erwidern wir, daß mehrere Berliner Firmen sich bereits mit der fabrikmäßigen Herstellung von Telephonen beschäftigen. So z. B. liefert Herr W. Teschner (Berlin, W., Friedrichstraße 180) das Paar Telephone für zehn Mark und berechnet Leitungsdraht das Meter mit fünfzehn Pfennigen. Ebenso offerirten die Telegraphenfabrik von Binger und Koch (Stallschreiberstraße 56) und die Firma Henning und Ventzke (Sebastianstraße 61) zu ähnlichen Preisen Telephone, über deren Güte Referent indessen ein Urtheil nicht abzugeben vermag. Die uns von einem an Schwerhörigkeit leidenden Leser unterbreitete Vermuthung, daß das Telephon seinen Leidensgefährten gute Dienste leisten möchte, dürfte immerhin einen Versuch verdienen, wobei man aber wohl den Schalltrichter wieder zu einem Hörrohre verengern müßte. Als Curiosum mag zum Schlusse erwähnt werden, daß, wenn mehrere Telephone in dieselbe Leitung eingeschaltet werden, natürlich in jedem einzelnen die auf der Endstation gesprochenen Worte wiederklingen. Der an mehreren Orten gleichzeitig sich vernehmbar machende Redner oder Sänger und Virtuose, von welchem früher in der „Gartenlaube“ die Rede war, ist also durchaus kein Phantasiegebilde, das sich nicht verwirklichen ließe.