Textdaten
Autor: Auguste Pattberg
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Titel: Construction der Welt
Untertitel:
aus: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. In: Neue Heidelberger Jahrbücher, Band 6, Seite 118–119
Herausgeber: Reinhold Steig
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Koester
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Erscheinungsort: Heidelberg
Übersetzer:
Originaltitel:
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Quelle: Internet Archive, Commons
Kurzbeschreibung:
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[118]

Als Gott die Welt erschaffen
Und allerhand Gethier,
Konnt er nicht ruhig schlafen,
Er hat noch etwas für;

5
Wann nur ein Mensch auf Erden,

Dacht er in seinem Sinn,
Die Welt muss voller werden,
Es sey noch etwas drinn.

Dem könnt wohl alles nutzen

10
So schön gemacht voraus,

Drauf nahm er einen Butzen
Und macht ein Männlein draus;
Er schnipt ihn in die Höhe,
Blies ihn ein bissel an,

15
Da sah er vor sich stehen

Adam! den ersten Mann.

Der Stein, wo Adam sasse,
Der war sehr kalt und nass,
Es fror ihn ans Gesasse,

20
Drum legt er sich ins Gras;

Gott Vater schaut vom Himmel,
Und schaut dem Adam zu,
Gedacht bey sich schon immer:
Was macht mein grosser Bu?

25
Ich darf ihn ja nicht schlagen,

Es ist ein jung frisch Blut,
Ein Weib muss ich ihm schaffen,
Sonst thut er mir kein gut.
Dann kommt er hergeschlichen,

30
Dass mans konnt merken schier,

Fein geschwind nahm er ein Rippe
Aus Adams Seit herfür.

Adam, der thut erwachen,
Und hat das Ding gespürt,

35
Es war ihm nicht ums Lachen,

Drum er so heftig schrie:
O Herr! Wo ist mein Rippen?
Ich bin kein ganzer Mann,
Wann ich daran will dippen,

40
So ist kein Ripp mehr da.


Adam sey nur zufrieden,
Schlaf fort in guter Ruh,
Vor Schaden dich will b’hüten,
Ich stell dirs wiedrum zu.

45
Ein Weib will ich draus machen,

Ein wunderliches Thier,
Du sollst mir drüber lachen,
Schau gschwind, da stehts schon hier!

[119] <poem>Kannst du so schöne Sachen

50
O lieber Gott und Herr!

Aus meinen Rippen machen, So nimm der Rippen mehr; Komm her mein liebe Rippe, Sey tausendmal willkomm,

55
Geh hin und nimm die Schippe,

Und grab die Erd herum.

Eins will ich euch noch sagen, Den Baum lasst mir mit Fried, Die Frucht so er thut tragen

60
Sollt ihr verkosten nit.

Ihr sollt des Tods gleich sterben, Zum Garten naus gejagt, Ins Elend und Verderben, Zum Garten naus gejagt.

65
Ach Gott, was schöne Aepfel,

So roth als wie ein Blut, Sie wär’n recht in mein Kröpfel, Ich glaub sie seynd recht gut! Braucht nicht lang zu studieren,

70
Könnt bald ein Doktor seyn;

Bräucht nicht lang zu studieren, Könnt bald ein Doktor seyn.

Darauf die Schlang sich krümmet An die verbotne Frucht,

75
Anbey ganz lieblich singet:

Glaubt nicht dass dieser Fluch An euch erfüllt soll werden, Viel lieber wird euch seyn Das Leben hier auf Erden,

80
Wie Götter könnt ihr seyn.

Mit Gott das lass du bleiben, Fängst schöne Händel an, Er ist im Stand, thut treiben Uns gleich zum Garten naus.

85
Adam wo bist hinkrochen?

O weh er ruft uns schon; Adam wo bist hinkrochen? O weh er ruft uns schon.

O Herr! thut mich verschonen,

90
Ich kann ja nichts dafür,

Die Rippe hats gethan, Die Schlang hat uns verführt. Die Schlang hat uns versprochen, Wir könnten was bessres seyn,

95
Drauf dachten wir wolltens wagen,

Und haben halt bissen drein.

Kriech mit mir unters Gebüsche, Geschwind lasst uns bedecken, Sonst thut er uns erwischen,

100
Wann er herein thut treten.

Adam wo bist hingangen? O weh! er ruft uns schon! Adam wo bist hingangen? O weh! er ruft uns schon!

105
Untreues Lumpeng’sindel,

Wie übel habt ihr g’hausst; Geschwind macht euren Bündel, Packt euch zum Garten naus; In Arbeit sollst du schwitzen,

110
Weil dieses hast gethan,

Und bey dem Rocken sitzen, Das ist der Sünden Lohn.

Die Eva wollt nicht gehen, Die rief sich ihren Mann,

115
Der wollt ihr nicht beystehen,

Da gieng das Zanken an. – Jezt wird das grösste Wetter Um meinen Hals hergehn, Hätt ich das alte Leder

120
Mein Lebtag nicht gesehn!

Zu Fuss sollst du nicht laufen, Ich sags bey meiner Treu, Was Schöns will ich dir kaufen, Wenn Kirchweih kommt herbey.

125
Und kriegst du mir erst Kinder,

Wohl übers Jahr hinaus, So wasch ich dir die Windel Und kehr die Stuben aus.[1]


  1. Aus des Knaben Wunderhorn 2, 399 bis 403, mit der Aufschrift: „Construction der Welt. (Mündlich.)“ Einiges darin von Achim von Arnim geändert (Arnim und Brentano S. 244). Vgl. oben S. 82.