« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Tuttlingen Kapitel B 5 »
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Gunningen,
Gemeinde III. Kl. mit 392 Einw., worunter 4 Ev. Kath. Pfarrei, die Ev. sind nach Hausen o. V. eingepfarrt. 3 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.
Am nordwestlichen Fuß des Hohenkarpfen, da wo der Lombach mit der noch jugendlichen Elta sich verbindet, ist auf einem flachen Terrainausläufer zwischen den beiden Gewässern der schöne und ziemlich große Ort hingebaut. An den meist gut unterhaltenen, mit Kandeln versehenen Ortsstraßen lagern sich in mäßigen Entfernungen von einander, zuweilen etwas gedrängt, die hübschen, größtentheils weiß getünchten mit Ziegelplatten gedeckten Häuser, von denen einzelne an den Wetterseiten verschindelt sind. An| den Ort lehnen sich frische Wiesengründe unmittelbar an, während nur die nicht überbauten Räume zwischen den Gebäuden mit Obstbaumgärten ausgefüllt sind; überhaupt ist die nächste Umgegend, mit Ausnahme der Waldungen, ziemlich baumarm, indessen wegen der großartigen, in der Nähe des Orts sich erhebenden Berge (Hohenkarpfen, Staufelberg, Lomberg etc.) nicht uninteressant und anziehend. Den Verkehr des Orts mit der Umgegend vermitteln Vizinalstraßen nach Durchhausen, Hausen ob Verena, Seitingen und Schura. Über die Elta führen zwei steinerne und zwei hölzerne Brücken, über den Lombach zwei steinerne Brücken (sämmtlich von der Gemeinde zu unterhalten).

Die dem heil. Georg geweihte Kirche steht in der westlichen Hälfte des Orts, wurde in den Jahren 1816–1820 im modernen Rundbogenstil neu erbaut, während der an der Südseite des schmäleren rechteckigen Chors stehende Thurm noch gothisch ist und in ein Satteldach mit zwei Staffelgiebeln ausgeht. Das freundliche Innere besitzt drei Altäre, die mit Gemälden von Sauter geschmückt sind, ferner gut geschnitzte auf Konsolen stehende spätgothische Holzfiguren: Maria, Stephan und Barbara. Auf dem Thurme hängen zwei Glocken; die größere hat die Umschrift: Vicit leo de tribu Juda Radix David. Alleluia. Pelagi und Benjamin Grieninger haben mich gegossen in Villingen. Anno 1757.

Auf der andern im gleichen Jahr und von denselben gegossenen Glocke steht außerdem: Et carne factum est verbum. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftung.

Der ummauerte Friedhof mit vielen sehr beachtenswerthen Schmiedeisenkreuzen liegt um die Kirche.

Das schöne Pfarrhaus, an das ein großer mit Obstbäumen besetzter Pfarrgarten stößt, hat über seinem spätgothischen Eingang das gut gearbeitete steinerne Wappen des Klosters Sankt Georgen mit der Jahreszahl 1707; es ist vom Staat zu unterhalten.

Das mit dem Rathhaus vereinigte hübsche Schulhaus wurde im Jahre 1825 erbaut, enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schullehrers.

Überdies sind zwei Gemeindebackhäuser, von denen eines zugleich Waschhaus ist, vorhanden.

Trinkwasser, das jedoch nicht zu dem guten gehört und theilweise einen schwefeligen Beigeschmack hat, liefern ein laufender-, 28 Pump- und 6 Schöpfbrunnen; überdieß fließen an| der einen Seite des Orts die Elta, an der andern der Lombach vorüber; beide Bäche treten zuweilen über ihre Ufer, jedoch ohne erheblichen Schaden anzurichten. Im allgemeinen ist die Markung arm an Quellen.

Die Einwohner sind fleißig, ordnungsliebend und befinden sich in mittelguten Vermögensverhältnissen; der Grundbesitz des vermöglichsten Bürgers beträgt 45 Morgen Feld und 4 Morgen Wald, des Mittelmanns 12 Morgen Feld und Wald und der unbemittelten Klasse 2–3 Morgen Feld. Auf angrenzenden Markungen besitzen die Ortsbürger etwa 40 Morgen Güter. Gemeindeunterstützung erhält gegenwärtig Niemand. Die Haupterwerbsmittel der Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe sich auf die nöthigen Handwerke beschränken, von denen die Schuster am stärksten vertreten sind und auch nach außen arbeiten; überdies bestehen zwei Ziegeleien eine Mühle mit Thiergöpel mit einem Gerb-, Mahl- und Ölgang, zwei Schildwirthschaften, eine Bierbrauerei mit Schenkwirthschaft und vier Krämer. Als Nebengewerbe wird das Strohhutflechten getrieben; den Absatz vermittelt ein Händler.

Die ansehnliche Markung, von der nur ein kleiner Theil mit Wald bestockt ist, hat eine theils bergige, theils flachhügelige Lage und einen mittelfruchtbaren, zum Theil etwas schweren, zum Theil leichten, naßkalten Boden, der meist aus den Zersetzungen der verschiedenen braunen Juraschichten und aus Lehm besteht. Einige kleine Steinbrüche in dem Sandstein des braunen Jura am Hohenkarpfen und mehrere Lehmgruben sind vorhanden.

Die klimatischen Verhältnisse sind wie in dem nahen Durchhausen (s. dieses); Hagelschlag kommt selten vor, auch Gewitter sind nicht häufig, indem der Hohenkarpfen und Lupfen günstige Wetterscheiden bilden.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben, obgleich das unebene Terrain den Betrieb merklich erschwert; von landwirthschaftlichen Neuerungen hat die eiserne Egge, die Dresch- und Feldwalze Eingang gefunden, dagegen ist der Wendepflug noch immer allgemein im Gebrauch. Zur Besserung des Bodens verwendet man außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln Gips, Asche, Kompost und hauptsächlich die in zweckmäßig angelegten Düngerstätten sorgfältig gesammelte Jauche. Man baut vorzugsweise Dinkel und Haber, ferner Gerste, Ackerbohnen, Kartoffeln, ziemlich viel Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Zetterklee, Esparsette), Kohlraben, Rüben, Flachs und Hanf. Von den| Getreidefrüchten können über den eigenen Bedarf verkauft werden 1300 Scheffel Dinkel, 120 Scheffel Haber und 30 Scheffel Gerste; der Absatz geht in die benachbarten Städte, nach Frankreich und der Schweiz. Von mittelmäßiger Ausdehnung ist der Wiesenbau und die Wiesen, denen keine Wässerung zukommt, liefern ein mittelgutes Futter, das im Ort verbraucht wird.

Die Obstzucht ist von keinem Belang und beschäftigt sich nur mit rauhen Kernobstsorten, und mit Zwetschgen, Kirschen und Pflaumen; der sehr mäßige Obstertrag wird theils grün oder gedörrt verspeist, theils gemostet und befriedigt nicht einmal das örtliche Bedürfnis. Eine Gemeindebaumschule und ein Baumwart sind vorhanden.

Die Gemeinde besitzt nur 50 Morgen Waldungen, die jährlich 20 Klafter nebst Reisach ertragen; hiervon erhält der Ortsgeistliche 6 Klafter und für die Heizung des Schul- und Rathhauses werden etwa 5 Klafter verwendet; der Rest wird verkauft, was der Gemeindekasse 30–40 fl. einträgt. Aus Weiden bezieht die Gemeinde 300 fl., aus der Pferchnutzung 300 fl., aus Allmanden, welche an die Ortsbürger verliehen werden, 300 fl. und aus Gemeindegütern etwa 150 fl. Eine Kirchenstiftung von 14.800 fl. und ein Schulfonds von 600 fl. sind vorhanden (über das Vermögen der Gemeinde s. Tab. III).

Die Pferdezucht ist ganz unbedeutend, dagegen wird die Rindviehzucht stark betrieben; man züchtet eine Kreuzung von Land- und Simmenthalerrace und hat 3 Farren (zwei von Land- und einen von Simmenthalerrace), welche die Gemeinde anschafft und unterhält, aufgestellt. Es wird hauptsächlich Jungvieh nachgezogen und an Viehhändler zum Verkauf gebracht. Die Schafzucht wurde früher von einem Ortsschäfer, jetzt nur noch von einem fremden Schäfer betrieben, der 100–150 Stück, meistens Mutterschafe, den Sommer über auf der Markung laufen läßt. Die Wolle kommt nach Tuttlingen und der Abstoß der Schafe geschieht nach Frankreich. Die Zucht der Schweine (halbenglische Race) ist nicht von Belang und beschränkt sich mehr auf den Ankauf, als auf die eigene Nachzucht der Ferkel, welche meist zum Verkauf aufgemästet werden.

Gänse- und Hühnerzucht, sowie Bienenzucht findet statt, doch nicht in ausgedehntem Maß.

Gunningen, Conninga, abzuleiten von einem der vielen a. d. Personnamen dieses Klangs, wie Chuono, oder einen mit kuni| Geschlecht oder cund Krieg zusammengesetzten, erscheint 30. März 797, als Warin Güter hier (in der Berchtoldsbaar unter Graf Karamann) an’s Kloster St. Gallen gibt. –

20. März 1092 schenkt Ulrich von Hausen auf Bitte seiner Schwester Gerhilde zwei Güter hier an’s Kloster Sankt Georgen. (Not. fund.).

10. Februar 1095 schenken die Brüder Luff und Egololf (von Thalhausen) demselben einen Mansus in Kunningen juxta Calphen castrum (eb.) 1163 bestätigt Bischof Hermann von Constanz dem Kloster das Recht auf die Kirche. „Sie ist von Alters her keiner andern Kirche unterworfen, sondern darf für sich Taufen, Begräbnisse, Zehenten, Gottesdienste und kirchliche Rechte haben. Kein Priester, den nicht das Kloster gewollt und bestätigt hat, kann darin ein Recht ausüben. Doch hat er auf Berufung des Archidiacons mit seinen Untergebenen in die Kirche Seitingen zu kommen und nach kirchlichem Recht vor ihm zu erscheinen (W. U. B. 2, 146).“ St. Georgen versah den Ort abwechselnd mit Hausen o. V., wo der Pfarrhof stand. 1275 residirte der Rector für Gunningen, Magister Conrad, in Wolterdingen und hatte noch die Pfründen Fischbach und Dietingen (lib. dec.), 1536 kam Gunningen nach Seitingen, wohin die gangbaren Leute gehen sollten, die Altersschwachen nach Durchhausen. In Gunningen wurde wöchentlich eine Messe gelesen. Einen eigenen Pfarrer erhielt Gunningen erst in unserem Jahrhundert. 1817 wurde die Kirche des heil. Georg neu gebaut mit 3998 fl. Baukosten außer den Fuhr- und Handfrohnen.

Den nicht zu St. Georgen gehörigen Halbtheil des Orts besaß sammt der Kirchenvogtei 1371 Heinrich von Blumberg, ohne Zweifel von Karpfen her (vgl. Regg unter 1444), verkaufte ihn aber 1378 mit Gericht, Vogtei und allen Rechten an Heinrich Dietinger und Albrecht Hagg, Bürger in Rottweil, um 260 Pfd. Heller. 1404 überließ Albrecht Hagg seinen Theil an Gunningen an seinen Vetter Berthold Hagg. Im gleichen Jahr verkauft dieser denselben an Heinrich Dietinger und Seifried Egger, seinen Schwager, mit allem Zubehör um 320 fl. 1452 aber verkaufen Hans Dietinger seinen Theil und Heinrich und Magdalena Freiburger den ihrigen an’s Kloster St. Georgen um je 200 fl. Neben diesem waren auch die Domprobstei Constanz, das Kloster Rottenmünster begütert; und 1429 Dienstag nach Hilari hatte Aigilwarth von Falkenstein an Benz Dornhain zu Rottweil seinen Theil des Zehntens zu| Gunningen verkauft. Zehnten und Gilten kamen auch 1444 mit Karpfen an Württemberg.

Die hohe Gerichtsbarkeit blieb Österreich wegen Hohenbergs. Dieß machte sich namentlich geltend, als Kloster St. Georgen württembergisch geworden war. 13. Mai 1566 ließ Herzog Christof einen evangelischen Abt nach St. Georgen setzen, und unter militärischer Bedeckung demselben in den Besitzungen der Abtei huldigen; allein der österreichische Amtmann von Fridingen fiel in Gunningen ein und zwang seine Einwohner, dem katholischen Abte zu huldigen (Sattl. H. 4, 226 ff.) Diese Streitigkeiten wurden durch Kaiser Max II. mehr zu Gunsten Herzog Christof’s gegen Erzherzog Ferdinand dahin entschieden, daß nur die in österreichischem Gebiet liegenden St. Georgischen Unterthanen dem katholischen Abte zu Villingen verpflichtet bleiben. Letzteres traf bei Gunningen zu, und wir verdanken diesem Umstande eine Reihe von Nachrichten über unsere Gegend aus der Zeit des 30jährigen Kriegs von der Hand des Abts Gaißer. 1632 im Oktober verlangte der württembergische Amtmann in Tuttlingen die Huldigung der Gunninger, wogegen Österreich keine Hilfe leisten konnte. 1636 wurde Gunningen stark mit Kontribution und Einquartierung heimgesucht, ebenso 1642. 1652 war große Rinderseuche.

Regesten. 11. Mai 798 verleiht Kloster St. Gallen die von Wigant, Warins Bruder, in Wurmlingen und Gunningen an das Kloster übertragenen Güter an diesen zurück (W. U. b. 1, 53). – 26. März 1179 bestätigt Pabst Alexander III. dem Kloster St. Georgen den Ort Gunningen (eb. 2, 199). – 6. November 1371 Villingen gibt Heinrich von Blumberg von dem sogenannten Karlengut in Gunningen den gewöhnlichen Zins an Korn und Geld an das Kloster St. Georgen, dieses darf auch das Gut einlösen um 80 Pfund Heller; doch muß es dem von Blumberg so dienen und geben, wie es andere Gotteshäuser geben, darüber er Vogt (Glatz, Karpfen). 8. April 1378 verkauft er das (halbe) Dorf mit Gericht, Vogtei und allen Rechten an Heinrich Dietinger und Albrecht Hagg, Bürger in Rottweil, um 260 Pfund Heller (St. Arch.). – 1404 überläßt Albrecht seinen Antheil an seinen Vetter Berthold Hagg (St. Arch.). – 1404 Dienstag nach Hilari (20. Januar) urkundet Eglofs von Wartenberg, Hofrichter zu Rottweil, daß vor ihm Berthold Hack von Harthausen zu kaufen gegeben habe Heinrich dem Dietinger und Seifried dem Egger, seiner Schwester Mann, Bürgern zu| Rottweil, das Dorf Gunningen mit Gericht, Schutz, Zwingen und Bännen, mit Vogteien und Vogtrechten, mit Zinsen und Gilten, mit Holz, Wäld, Wasser, Wunn und Weide, und Eiwin und seinen Sohn, gesessen zu Gunningen, und Conrad Khimm von Hangendenhausen (als Leibeigene). Und ist der Kauf beschehen um 320 alter rheinischer Gulden (St. Arch.; hier nach einer hohenbergischen Kopie beim O.-A. Tuttlingen). – 12. September 1411 tauscht Graf Egon von Fürstenberg mit dem Abt Johann von St. Georgen Eigenleute zu Gunningen und Hausen (Fürst. U. B. 3, 73). –

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Die Ansprüche auf Gunningen, welche 1444 Heinrich von Blumberg vor dem Hofgericht Rottweil an Heinrich Freiburger und Hans Dietinger, Bürger zu Rottweil machte, wurden gütlich verglichen (St. Arch.). – 1452 den 16. März verkauft Hans Dietinger das halbe Dorf Gunningen (seinen Theil) an St. Georgen um 200 fl. (St. Arch.) und am gleichen Tage verkaufen Heinrich Freiburgers sel. Kinder Heinrich und Magdalena durch ihre Vögte Leonhard Kum, Aberlin Eckher und Hans Freiburger, Jacob Freiburgers Sohn, demselben Kloster der beiden erstgenannten Kinder Halbtheil des Dorfes Gunningen mit Gericht, Zwingen, Bännen, Vogtei und Vogtrechten, Zinsen, Gilten, Holz, Wäld, Wasser, Wunn, Weide, Beiwasen, Beizweige, doch ausgenommen des Dietingers Gut, das sie ihnen selber behalten haben, um 200 gute römische fl. (wie oben 1404 b.). – 1595 Revers von Hieronymus und Sebastian Bolt, worin ersterer die Präsentation auf die Pfründe und den Altar in Gunningen mit dem Anhang erhielt, sich baldigst um eine andere Pfründe umzuthun (Martini 139). – 16. Februar 1607 schreibt Abt von St. Georgen an die hohenbergische Regierung wegen Streitigkeiten wegen Gunningen (St. Arch.). – 5. Mai 1628 schickte ein kaiserlicher Hauptmann, Nikolaus von Thammen, zwei Soldaten mit dem Gesuch an Gaißer, ihm ein Pferd durch die Bauern in Gunningen behufs Transport seiner Habe verabfolgen zu lassen, was auch geschehen zu sein scheint (Gaißer Annalen, wie auch das Folgende). – 25. Juli 1628 wurde in Gunningen die Huldigung der dortigen Unterthanen entgegengenommen. – 28. Mai 1629 war Gaißer in Gunningen, von wo aus er den Karpfen besichtigte. – 23. November 1629 wollten österreichisch-fridingische Beamte einen neuen Zoll in Gunningen aufrichten. – 22. Mai 1632 kam Gaißer von Amtenhausen nach Gunningen, berief die Gemeinde zusammen, legte ihr die Nothwendigkeit einer Kontribution| vor, welcher sich diese ohne Beschwerde unterwarf und in drei Raten 60 fl. bezahlte. Zugleich entwarf er ein spezielles Verzeichniß von den Familien in Gunningen, die ihre Kinder schon seit langer Zeit in andersgläubige Orte in Dienst gaben, wodurch oft gemischte Ehen und Religionsneckereien entstanden. Am 25. beging er die Grenzen der Markung in Begleitung des Ortsvorstehers und dessen Stellvertreters und bezeichnete dieselben von neuem. October 1632 ließ der herzogliche Amtmann in Tuttlingen die beiden Ortsvorsteher von Gunningen nach Rietheim kommen, verlangte von ihnen eine Huldigung zu Württemberg. Diese indessen vermochten sich durch die Erklärung aus dem Falle zu bringen, daß vorerst dem Konvente zu St. Georgen in Villingen Kenntniß gegeben werden müsse. Jene beiden begaben sich nach Villingen persönlich, statteten Bericht über die Zumuthung des württembergischen Amtmanns Wilhelm von Berkheim ab, mit dem Weiteren, daß sie von demselben nur unter der Bedingung nach Hause gelassen worden, wenn sie des folgenden Tags sich in Balingen stellen. Darauf berichtete Gaißer an die Obervogtei Fridingen mit der Bitte, den Amtmann zu Tuttlingen von seinem Vorhaben abzumahnen, da jener Ort als zu St. Georgen unter österreichische Herrschaft gehöre. Der Bote Konrad Buschlin traf den Obervogt Balth. Kalt nicht zu Hause; dessen Sohn aber erklärte, daß er hierin nichts thun könne, weder sein Vater noch er vermögen die Unterwerfung unter Württemberg zu hindern, noch viel weniger den Bürgern von Gunningen faktisch Hilfe zu leisten. 30. October 1632 erklärte der Vogt von Gunningen zu Villingen, daß von den Leuten zu Gunningen bisher der Huldigungseid nicht geleistet worden, sondern die ganze Angelegenheit bis zur Ankunft des Tuttlinger Amtmanns von Stuttgart abgewartet werde, und fügte die Erklärung des Sohnes des Obervogts bei, und daß dieser den Boten ohne Brief entlassen. 1633 vereinbarte sich Gaißer mit den Österreichern dahin, daß im Falle die Württemberger Gefällfrüchte von Gunningen, Schwenningen und Thuningen nach Tuttlingen transportiren, zu seiner und der Seinigen Sustentation das Nöthige zukomme. Nur das Fuhrwerk sollte er besorgen. 1640 Kontribution über Gunningen u. a. O. von Seiten des Klosters; ebenso 25. Mai 1641. 1642 wurde Gunningen von Truppen stark mit Kontribution heimgesucht. 1645 4. Februar Jahr- und Ruggericht abgehalten. 15. Juni 1645 übernachtete eine Schwadron Baiern in Gunningen, nicht| ohne Schaden, aber auch nicht ohne Schuld des Orts. 4. Januar 1648 wurde das Jahr- und Ruggericht gehalten, wie es scheint in St. Georgen. 1649 hat sich Pater Martinus Simplicius, ausgestoßen aus dem Konvent St. Georgen, wo er mehrjährige Säkularpriesterdienste verrichtete, zu Anfang der 40tägigen Fasten von Gmünd in seinen Vaterort Gunningen zurückgezogen. Er bewarb sich einige Zeit mit scheinbarem Erfolg um die Pfarrei Durchhausen, scheint sie aber nicht erlangt zu haben. 10. Dezember 1649 Jahrgericht mit Gunningen gehalten. 27. Juli 1650 kamen Leute von Gunningen zu Abt Gaißer mit der Bitte um Frucht, die gefehlt hatte in diesem Jahr. 1652 war in Gunningen große Rinderseuche, die im September bereits nachgelassen. Der Vogt berichtet, daß die Gemeinde deßwegen nach dem Dreifaltigkeitsberge eine Prozession gemacht. 8. October 1652 gibt Matthias Schlecht von Gunningen eine Erklärung über die Verhandlung betreffend seiner und seines wegen Verdacht der Zauberei verhafteten Weibes. 1653 noch war Gunningen an St. Georgen pflichtig, jährlich eine Henne aus jedem Hause und den Leibfall zu geben. 13. Februar 1655 kam der Vogt von Gunningen mit Christian Doser, seinem Tochtermann, wegen des Hauses, das am Backofen verbrannt, mit lauter Klage über seinen Verlust, „davor ich und ein anderes nicht kann; hab ihnen den Text ziemlich gelesen; Bauren sind nach einem alten Sprüchwort meistens Lauren und nicht selten gar Schelmen“ (Gaißer). 1750 gab St. Georgen Erlaubniß, den Abgebrannten in Seitingen 200 Tannen zu verabfolgen. (St. Arch.) Im St. Georger Kopiebuch von 1757 sind die Erbhuldigungen, welche der Prälat Cölestin in Gunningen einnahm, ausführlich beschrieben, wornach alle Gemeindsglieder dem Abte zu huldigen hatten. Die Huldigung geschah damals in folgender Weise. Auf einem Platz am Scheuerthor der Herrschaftsscheuer wurde eine Tribüne aufgemacht mit Tapeten und einem rothen Baldachin ausgezieret, über einem Throne. In Begleitung des Abts Cölestin kamen zwei Patres, Anselm Schababerle und Hieronymus Clarell, der Kanzleiverwalter Joh. Georg Widmann, ein Notar und zwei Zeugen. Hinter dem Thron des Abts stand der Kammerdiener, Kutscher, Vorreiter zur Bedienung. Der Eid wurde den Unterthanen, die vor der Tribüne standen, von dem Amtmann zuerst vorgesprochen, darauf hielt der Vogt Jo. Distel im Namen der Gemeinde an den Abt eine Anrede, worin er die Treue der Unterthanen bezeugte, sodann wurde der| Eid geleistet; es nahm der Prälat die Glückwünsche seiner Begleitung und einiger Gäste, die sich eingefunden, in Empfang, und endlich wurde die Feierlichkeit mit einem solennen Mahle der Gemeinde und Herren beschlossen (Martini 67 und 95). 1762 und schon in früheren Jahren war Gunningen mit seinen gangbaren Leuten nach Seitingen, mit Altersschwachen u. s. w. nach Durchhausen eingepfarrt. Die Jugend wurde für jedes Versäumniß des Gottesdienstes mit 15 Kreuzer bestraft. Jeder Wirth durfte bei Vermeidung von ordentlichen Strafen in Seitingen und Durchhausen bei dieser Gelegenheit kein Getränk verabfolgen. Fluchen, Kunkelstubenbesuch, Müßiggang wurden empfindlich gestraft. St. Georgen hatte seit vielen Jahren die einzige und zugleich höchste Gerichtsbarkeit ohne Appellation an auswärtige Gerichtshöfe, zudem Vogteigerechtigkeit. Bedeutende Holzfrevel wurden bis auf 3 fl. gestraft. (St. Arch.). 1633 wurden an den Priester zu Seitingen für die Pastoration von Gunningen 9 fl., dem in Durchhausen 19 fl. gegeben (St. Arch.). Gunningen war stets an Österreich kollektationspflichtig. Kloster St. Georgen hatte auch das Hagestolzenrecht; so bezog es 1715 von einem Hagestolzen nach dessen Tod aus 500 fl. zurückgelassenem Vermögen 50 fl. (eb.). Das Pfründvermögen bestand in 4050 fl. zu 5 %. Die Kirchenfabrik bezog Gilten. Der Novalzehnten war strittig mit Seitingen (eb.). Lehen in Gunningen waren: das Heiligenlehen, das Eßlinger-, das Domprobsteilehen, das St. Niklasgut, das Berings- oder Kammergut, das Württembergische, dann St. Blasische, endlich St. Georgische, das Rottenmünster- jetzt Pfarreilehen, das Hohenzollern’sche, Michel Haug’sche, Urban Schlecht’sche, Widdums- und Omeisenlehen, Karler- jetzt Karpfengut, Freiburgerhof, Böheimslehen, Heiligengut, Mösenlehen, Aigenhof, Mayerhof (eb.). 1766 ff. Beschwerden Gunningens bei Österreich gegen Kloster Sankt Georgen wegen ungebührlicher Forderungen (Tuttl. Akten).

Pfarrer: 1275 Mag. Konrad. Theogen Rombach bis 1816; Felix Rauscher 1817; Jos. Emhardt 1836; Kaspar Brauch 1839; Hipp. Fricker 1867; Fridolin Horn 1876.


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