« Kapitel B 19 Beschreibung des Oberamts Tettnang Kapitel B 21 »
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20. Gemeinde Tannau,
bestehend aus 27 Parzellen mit 1235 Einwohnern.
Der Gemeindebezirk bildete bis 1805 einen Bestandtheil des Tettnangischen Landwaibelamts, und hieß bis 1824 Gemeinde Missenhardt. Er gehört großentheils einem flachen Thal an, in dem der Bollenbach fließt. Der Bezirk ist sehr waldreich, der Boden ist meist naß und moorig, die Fruchtbarkeit mittelmäßig; in Ried und gegen Tettnang hin wird etwas Wein gebaut. Im Jahr 1776 wurde der ganze Gemeindebezirk vereinödet, jeder baute seitdem wo möglich in die Mitte des ihm zugefallenen Feldes. Die Straße von Tettnang nach Wangen durchschneidet den Gemeindebezirk. Das Verhältniß der unehelichen Geburten zu den ehelichen gehört zu den stärksten im Bezirk, es war von 1826/35 wie 1:38/10. Durch schlechte Angehörige| wurden die Gemeinde-Einwohner in einen sehr üblen Ruf gebracht. Es hatte sich nämlich ums Jahr 1814 eine Mordbrenner-Bande gebildet, welche ihre Verzweigungen auch außerhalb des Gemeindebezirks hatte und sehr angesehene und vermögliche Bürger unter ihre Mitglieder zählte. Das Haupt der Bande war Michael Betzle, von Alberweiler, Gemeinde Tannau, der 1816 auch auf dem Schaffot endigte. In der Gemeinde befinden sich alle gewöhnlichen Handwerker, darunter 18 Weber und von seltenern 1 Klein-Uhrenmacher und 1 Hammerschmied. Der Bezirk gehört zum C. A. Tettnang und ist unter die Pfarreien Tannau, Tettnang, Laimnau, Krumbach und Ober-Eisenbach vertheilt. Die Schulen sind für die einzelnen Filiale an ihren Pfarrsitzen. Die Zehnten haben: der Staat, die Pfarreien Tannau, Tettnang, Krumbach, die Kirchenpflegen Tannau, Tettnang, der Religionsfonds Lindau, der Spital Lindau; zehntfrei sind Argenhardt und Schoß. Die Gefällberechtigten sind: der Staat, die Stadtpfarrei Tettnang, die St. Georgi-Kapelle in Tettnang, die Kirchenpflege Tannau und einige Andere.
  • 1) Tannau, kath. Pfarrweiler mit 87 Einw., 1 St. östlich von Tettnang, auf einem sanften Hügelausläufer, am Bollenbach und an der Straße von Tettnang nach Wangen, mit 1 Ziegelhütte. Die alte Pfarrkirche zum h. Martin wurde 1720 reparirt, die Baulast ruht auf der Kirchenpflege, ebenso die des Pfarrhauses. Das Schulhaus wurde 1818 von der Gemeindepflege erbaut. 1780 wurden die Felder vereinödet. Die Pfarrei soll, einer Sage nach, 1116 von den Rittern von Flockenbach gestiftet worden seyn. 1490 stiftete eine Frau von Aspermont zu Ried dem heil. Martin zu Tannau und der heil. Margaretha zu Isenbach jedem den halben Theil des Zehntens zu Biggenmoos, welches daher auch vertragsmäßig das eine Jahr nach T., das andere Jahr nach Ober-Eisenbach eingepfarrt war, erst 1812 wurde es für immer Tannau zugetheilt. Der Pfarrsprengel beschränkt sich auf 7 Parzellen der Gem., das Patronat hat die Krone.
  • 2) Alberweiler, H. mit 8 k. Einw., Fil. von Tannau; der Hof liegt auf einer starken Anhöhe und hat ein großes zins- und gültfreies Gut. Nach den sehr starken Mauern des Wohnhauses| zu schließen, scheint hier eine Burg gestanden zu haben, wovon auch noch vor kurzer Zeit Überreste vorhanden gewesen seyn sollen.
  • 3) Argenhardt, W. von 2 zehntfreien Höfen mit 15 kath. Einw., Fil. von Tettnang, in dem Wald Argenhardt, von dem er auch den Namen hat. Der Ort bestand früher in einem schönen Wohngebäude, sogen. Schlößchen, mit einer Kapelle, das mit einem großen Hofgute den Paulinern zu Langnau gehörte, die hieher ihre Ausflüge machten. In alten Zeiten stand hier eine Zelle, die bald von Einsiedlern, bald von andern Religiosen bewohnt war. Als um das Jahr 1330 die Mönche in der Weißenau von den Anhängern Kön. Ludwigs des Bayern vertrieben wurden, wies Graf Wilhelm von Montfort einigen derselben diese Zelle zur Wohnung an (quandam cellam seu oraculum in nemore dicto Argenhardt). Ums Jahr 1402 erscheinen Mönche von dem Orden des heil. Pauls, des ersten Eremiten daselbst, welche die Grafen von Montfort von Hagenbuchen hieher versetzt hatten, s. a. Parz. 12. In diesem Jahre stiftet Rudolph von Wolfurt zur Vollziehung eines Vermächtnisses der Ursula von Wolfurt, gesessen zu den Giessen, Conrad v. Homburgs Ehefrau, einen Zehnten an Prior und Convent der Kapell und des Gotteshaus, genannt zu der oberen Zell in der Argenhardt Sct. Pauls Ordens zur Abhaltung von 2 Messen und 1 in der Georgs-Kaplanei zu Tettnang. 1403 versetzte Graf Heinrich v. Montfort mit seinen Söhnen Rudolph und Wilhelm die Argenhardter Pauliner in das von ihm gestiftete Gotteshaus Langnau, dessen Eigenthum nun das Hofgut wurde. Nach der Aufhebung des Klosters wurde das Gut als ein Erbpachtgut verkauft und im Jahr 1829 in zwei Theile vertheilt, die Kapelle aber zu einem zweiten Wohnhaus eingerichtet. Die Besitzer haben einen jährlichen Erbpachtzins von 195 fl. und im Veränderungsfall einen Erdschatz von 200 fl. an die Religionsfonds-Verwaltung in Lindau zu bezahlen.
  • 4) Baldensweiler, W. mit 73 k. Einw., Fil. von Tannau, bis 1812 von Laimnau, links von der Straße von Tettnang nach Wangen, auf einer schönen Anhöhe. Der Weiler hat gute Felder und Wiesen und zeichnet sich durch reiche Obstzucht, besonders Kirschen aus. Er hatte früher verschiedene Herrschaften, 3 Höfe waren Tettnangische Lehen, 1 H. Weingartisch, 1 H. Weißenauisch und 1 Langnauisch. Weingarten und Weißenau hatten die Niedergerichtsbarkeit und das Steuerrecht über ihre Höfe.
  • 5) Baumgarten, W. mit 36 k. Einw., Fil. von Tettnang, an der Straße von Tettnang nach Wangen, mit einer Schildwirthschaft. Es hat eine schöne Aussicht, gute Felder und starke Obstzucht, besonders Kirschenzucht. Ein Gut ist Pfarrei Tettnangisches| Lehen. Einen Hof trugen ehemals die von Schellenberg von den Grafen von Montfort zu Lehen.
  • 6) Biggenmoos, W. mit 111 k. Einw., Fil. v. Tannau. Über seine früheren kirchl. Verhältnisse s. bei Tannau. Ein Hof war früher Weißenauisch.
  • 7) Büchel, Bühel, W. mit 6 k. Einw., Fil. v. Tettnang. Der Zehnte, der zum Langnauischen Religionsfonds in Lindau gehörte, wurde 1836 in eine ewige Gült verwandelt.
  • 8) Dietmannsweiler, W. mit 92 k. Einw., Fil. v. Tannau, bis 1812 von Laimnau, an der Straße von Tettnang nach Wangen mit 1 Schildwirthschaft, einer Hammerschmiede, einer Ziegelhütte und mehreren andern Gewerben. Der Religionsfonds, die Kirchenfabrik Tannau und die Kaplanei Maria Loretto haben hier Lehengefälle.
  • 9) Enzisweiler, W. mit 21 k. Einw., Fil. von Ober-Eisenbach, besteht aus 2 vormals Weißenauischen Erblehenhöfen, nebst einer Mühle und einem durch den Aufenthalt von Räubern berüchtigten Nebenhause.
  • 10) Flockenbach, W. mit 46 k. Einw., Fil. von Krumbach, bis 1812 von Tannau, am Bollenbach mit einer kl. St. Anna-Kapelle, sehr bergig gelegen, berühmt wegen seines starken Kirschbaues. Im Thale steht eine Sägemühle. Auf einem steilen Bergkegel bei Fl. liegen die Ruinen der Burg Flockenbach, wovon noch 1830 ein über 100′ hoher Thurm stand, der nun aber auch abgebrochen ist. Hier saß ein adeliges Geschlecht, das sich v. Flockenbach schrieb, aber schon im Anfang des 14. Jahrhunderts ausgestorben ist. Unter den Mönchen des Kl. Weißenau findet man Nobiles de Flockenbach. Im Jahr 1360 siegelt ein Heinz v. Lachen und Flockenbach eine Urkunde des Grafen Heinrich v. Montfort, in welcher Immenstad Stadtrecht erhielt, und 1393 sind Heinrich und Frick Gebrüder von Lachen, die sich ebenfalls von Flockenbach nennen, im Besitze von Fl. Beide theilen in diesem Jahre den Thurm Flockenbach und die schwarze Eisenbach, den Hof zu Gebrazweiler, einen Hof zu Laimnau, und Stadel, Äcker, Wiesen, Wälder und Holz, auch Leut zu Fl. – Durch Heirath waren die v. Schönstein eine Zeit lang im Besitz der halben Burg. Später erscheinen die von Dankertsweiler im Besitze. 1469 siegelt Junker Hans v. Dankertsweiler zu Flockenbach gesessen, einen Vergleich und 1482 verkauft Friedrich v. D. an seinen Schwager Joachim v. Stuben das Schloß Fl. um 2000 fl. Im Jahr 1498 verkauft Johann v. Stuben an Graf Ulrich v. Montfort das Schloß und den Sitz zu Fl. sammt der Mühle und Säge, unter dem Schloß und Gesäß zu Fl., sammt allen Lehen und Rechten, auch| dem Vogtrechte über die Weingartischen Güter um 1500 fl. Von da an blieb F. im Besitze der v. Montfort und bildete einen Bestandtheil des Landwaibelamtes.
  • 11) Gemertsweiler, k. W. m. 26 Einw., Fil. von Tettnang, im Thale gelegen, bestehend aus 3 vormals Tettnangischen Lehenhöfen. 1362 verpfändete Eberhard v. Aspermont mit andern Gütern auch 2 Höfe und 2 Güter zu Gemrigswiler an Conrad v. Wolfurth.
  • 12) Hagenbuchen, kath. W. mit 91 Einwohnern, Filial von Tettnang, südlich von der Stadt, an der Straße von Tettnang nach Langenargen, mit 1 Schildwirthschaft. Der W. besteht aus zerstreuten, vormals Tettnangischen Lehenhöfen; mehrere Häuser wurden erst im vorigen Jahrhundert auf herrschaftlichen Grund und Boden gebaut. Einen Bestandtheil des Weilers macht das sogen. Bruderhaus aus, wo die Pauliner Eremiten zu Argenhardt zuerst ihren Sitz hatten. Bei dem Hause befindet sich ein Weiher mit einer Insel, worauf ehemals ein Haus gestanden zu haben scheint.
  • 13) Holzhäusern, W. mit 134 k. Einw., Fil. von Tannau, an der Landstraße von Tettnang nach Wangen, zerstreut auf einer Anhöhe gelegen, mit 1 Schildwirthschaft.
  • 14) Iglerberg, W. mit 23 k. Einw., Filial von Laimnau, ganz im Walde gelegen, 1 Lehengut gehörte dem Spital Lindau mit dem Steuerrecht.
  • 15) Matzenhaus, W. mit 74 k. Einw., im Thale, weitläufig gebaut, Fil. von Krumbach, bis 1812 von Tannau, 2 Häuser, die sogen. Herishäuser, gehören in die Pfarrei Ober-Eisenbach.
  • 16) Missenhardt, W. mit 23 k. Einw., Fil. v. Tettnang, an der Landstraße von Tettnang nach Wangen, hoch gelegen, mit weiter Aussicht. M. war vormals Hauptort der Gemeinde, s. o. Hier stand ein Schloß der Herren v. Ried, der Thurm genannt, von dem man noch einige Überbleibsel sieht, s. Ried.
  • 17) Neuhäusle, W. mit 41 k. Einw., Fil. von Tettnang, bestehend aus 7 Söldhäusern und einem Armenhause der Gemeinde. Der Ort ist erst seit 100 Jahren entstanden.
  • 18) Oberhof, H. mit 2 k. Einw., Fil. von Tettnang, ein eigenthümliches, sehr schönes, neuerlich aber etwas herabgekommenes Hofgut in der besten Lage. Es war früher Montfortisches Privateigenthum und wurde 1780 von dem Grafen Anton v. M. verkauft. Von der Gräflichen Zeit rührt auch noch das große ansehnliche Gebäude her.
  • 19) Reichen, H. mit 9 k. Einw., Fil. v. Laimnau, im Argenthal, ein vom Kloster Langnau herrührendes Erblehen des Religionsfonds Lindau.|
  • 20) Reitenen, W. mit 43 k. Einw., Fil. v. Tettnang, an der Landstraße von Tettnang nach Lindau, mit einer Speisewirthschaft. Die Güter waren früher schon eigen. Bei dem Weiler stand früher ein Hochgericht, und es wird daher auch das Wirthshaus daselbst gemeiniglich der Galgen genannt.
  • 21) Ried, W. mit 79 k. Einw., Fil. v. Tettnang, mit einer Mahlmühle, die der Besitzer im J. 1836 in eine Kunstmühle verwandelt hat. Der Ort hat meist geringe Häuser, die Einwohner sind größtentheils Weingärtner. Zu Ried saßen in einem festen Schlosse die Herren v. Ried, denen auch das Schloß bei Missenhardt gehörte. 1350 übergaben die von Ried einen Theil der Burg Bleichach im Allgäu und der Burg Ried bei Tettnang an die v. Aspermont, der andere Theil blieb im Besitze der Familie. 1362 verpfänden Eberhard v. Aspermont und seine Ehefrau Elsbeth von Ried mit Consens ihres Bruders Conrad v. Ried um 600 fl. an Conrad v. Wolfurth ihre 2 Höfe zu Ober- und Niederlinden, den Hof zum Pühel in der Herrschaft Tettnang, 2 Höfe und 2 Güter zu Gemingswiler, 1 Hof zu Pflummern und den Hof zu Stallenried, die alle zur Burg und Vöstin zum Ried Pfand waren; 1364 versetzten dieselben die Burg und die Veste, Leut und Güter zum Ried, das sie von Pfaff Conrad und Herrn Friedrich v. Riete, Gebrüder erhalten haben, um 842 Pfd. Heller Constanzer Münz an Graf Heinrich v. Montfort. Später findet man die Grafen v. Montfort im vollen Besitze.
  • 22) Schoos, H. mit 21 k. Einw., Fil. von Laimnau. Der Hof, der auf einem hohen Berge liegt, hat früher dem Pauliner Kloster Langnau gehört und wurde nach der Aufhebung des Klosters, wie Argenhardt, als ein zehntfreies Gut in Erbpacht gegeben <!–-Vorlage:gegegeben-->, wovon jetzt die Religions-Verwaltung zu Lindau den Zins zieht.
  • 23) Ucht, H. mit 3 k. Einw., Fil. v. Tannau, auf einer Anhöhe schön gelegen und gut angebaut, gegenwärtig der Sitz des Schultheißen. Der Hof scheint früher ein adeliges Gut gewesen zu seyn, was man auch aus den Rechten und Freiheiten schließen möchte, die er ehemals hatte. Vor wenigen Jahren sollen dort auch noch die Reste einer alten Burg zu sehen gewesen seyn, wo der Sage nach die Burgvögte von Flockenbach ihren Sitz gehabt haben.
  • 24) Wagnerberg, W. mit 9 k. Einw., Fil. von Tettnang. Der Ort ist sehr hoch gelegen und hat daher auch eine außerordentlich schöne und weite Aussicht, dagegen aber auch Mangel an Wasser. Er bestand früher aus einem einzigen Hofe, erst seit 1834 sind drei neue Häuser gebaut worden.|
  • 25) Waldhub, H. mit 8 k. Einw., Fil. von Tettnang, mit weiter Aussicht.
  • 26) Wiesertsweiler, W. mit 104 k. Einw., Fil. von Laimnau mit 1 Mahlmühle am Bollenbach, in einem wilden, durchschnittenen und mit Gesträuchen verwachsenen Thale. Häuser und Wohlstand sind gering.
  • 27) Zimmerberg, W. mit 48 k. Einw., Fil. von Tettnang, auf einer schönen Anhöhe mit vielen Obst-, besonders Kirschbäumen, und herrlicher Aussicht. Der Zehnte, soweit ihn der Bayerische Lindauische Religionsfonds hatte, wurde 1836 in eine ewige Gült verwandelt.