« Kapitel B 43 Beschreibung des Oberamts Saulgau Kapitel B 45 »
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44. Hoßkirch; 356 G. Einw.

1) Hoßkirch, ein kath. Pfarrdorf, 3 St. südlich von Saulgau, an der Landstraße von Altshausen nach Pfullendorf, mit 333 Einw. Die Zehnten bezieht der Pfarrer.

H. liegt auf einer kleinen Erhöhung in der Ebene, ein Theil davon zerstreut an der Ostracher Straße. Der Ort hat 1 Schildwirthschaft, 1 Öhlmühle und mehrere zum Theil städtische Gewerbe, aber geringe Gebäude. Die alte Pfarrkirche zu St. Peter wurde 1796 erneuert, die Baulast derselben und des Pfarrhofes hat die Kirchenpflege und der Pfarrer als Zehentbesitzer; das Patronat ist landesfürstlich. In die Pfarrey gehören die Filiale Hüttenreute, Kleewiesen, Unterweiler, und seit 1816 auch Königseck und Watt, die vorher nach Altshausen eingepfarrt waren. Alle diese Orte und außer ihnen noch Ratzenreute und Milpishaus haben auch ihre Schule in Hoßkirch. Die Pfarrey wurde schon im 11ten Jahrhundert gestiftet. In Weingarter Documenten ist aufgezeichnet, daß Papst Urban II. i. J. 1098 die Kirche in Hoßkirch bestätigt habe, und daß dieselbe von den Stiftern der Abtey Weingarten übergeben worden sey. Papst Innocenz II. bestätigte i. J. 1143 den Besitz – Praedium| in Hussarchirche – und K. Friedrich der Rothbart übergab 1153 praedium in Hosskirch und die Kirche mit allem Zugehör und dem See neuerdings der Abtey. Im J. 1358 wurde die Kirche dem Stift einverleibt. Der Ort selbst ist vermuthlich erst nach der Stiftung der Kirche allmählig entstanden; denn ohne Zweifel hat er von der Kirche seinen Namen. Die Kirche scheint anfänglich auf einem benachbarten Hügel gestanden zu haben, der noch jetzt der Kirchbühl heißt; ein anderer Hügel dabey heißt der Schloßbühl. Der Ort scheint einmahl zu dem unmittelbaren Reichslande gehört zu haben. Man will sogar behaupten, H. sey Reichsstadt gewesen, und ein altes Kirchen-Calendarium aus dem Ende des 14ten Jahrhunderts nennt es geradezu eine ehemalige Reichsstadt, indem es sagt; Willa Hosskirch civitas fuerat imperialis et ad romanum imperium pertinuit. Daß der Ort auf dem Wege zur Stadt war, läßt sich aus den Spuren von Mauern und Gräben, die man noch findet, sowie aus den Thoren, wovon noch vor Kurzem Überreste vorhanden gewesen seyn sollen, schließen. Auch zeichnete sich der Ort dadurch aus, daß er sein eigenes Gericht mit Pranger und Galgen hatte. Die Behauptung aber, daß Hoßkirch Reichsstadt gewesen sey, beruht offenbar auf einem Irrthum. Kaiser Rudolph von Habsburg verpfändete laut Urkunde v. J. 1286 die Vogtey der Orte Hoßkirch, O. und U.Weiler (Advocatiam villarum apud Huskirch, Oberwyler et Niderwyler) an seinen Getreuen, Ulrich von Königsegg (Kungsegke), unter der Bedingung, daß er nicht mehr davon erhebe, als jährlich 8 lb. Constanzer, wenn er aber mehr erhebe, die Vogtey wieder an den Kaiser und das Reich zurückkehren solle. Hier ist von keiner Reichsstadt die Rede, und noch weniger findet man später eine Spur davon. Dagegen scheint es, daß Hoßkirch zu einer unmittelbaren Reichsvogtey gemacht worden sey, wozu sein Verhältniß zu Weingarten Veranlassung gegeben haben mag. In den Besitz dieser| Vogtey kamen nun die von Königsegg, Grundherr aber war und blieb das Kloster Weingarten. In den Jahren 1527 und 1535 überließ das Kloster dem Joh. Dionys von Kinseck den Ort nebst O. und U.Weiler zuerst pfandschaftlich, dann, mit Ausnahme des Patronat- und Zehentrechtes, käuflich. Das Patronatrecht des Klosters kam mit Weingarten an die Krone. I. J. 1418 ist das Dorf „sammt den 2 Thoren, die es dazumahl gehabt hat," verbrannt. I. J. 1799 entwickelte sich hier das Treffen bey Ostrach. S. 16. Vor dem Dorfe steht das Leprosenhaus, das von Hans Dionys von Königsegg erbaut worden ist, dem Spital in Königseckwald zugehört und zur Verpflegung armer Kranken dient. S. Königseckwald. Das Hoßkircher Ried wurde in neuerer Zeit der Gemeinde von der Grundherrschaft gegen Abtretung eines Waldweiderechts überlassen. Über die Seen s. S. 33.

2) Kleewiesen, ein Hof, 1/4 St. südwestlich von Königseck, mit 11 kath. Einw., Filial von Hoßkirch, die Zehnten bezieht das Pfarramt. Das Grundeigenthum des Hofs erkaufte Königsegg von dem Kloster Weingarten im J. 1527.

3) Königseck, oder Königsegg, Stamm-Schloß und Maiereygut der Grafen von Königsegg, wovon der Staat den Zehnten bezieht, mit 12 kath. Einw., Filial von Hoßkirch. S. o. Das Schloß liegt auf dem äußersten Vorsprung einer hohen und ziemlich großen Bergebene und gewährt eine weite und herrliche Aussicht. S. 36. Rückwärts stehen, außerhalb des Schloßbezirks, die Maiereygebäude. Ein kleiner Theil der Burg, dem der Einsturz drohte, wurde vor 20 Jahren abgebrochen, der noch stehende größere Theil ist gut unterhalten, sein Inneres verlor aber durch Einrichtung zu ökonomischen Zwecken sein ursprüngliches alterthümliches Aussehen. Bey dieser Einrichtung wurden auch die weiten geräumigen unterirdischen Gewölbe größtentheils verschüttet. Eine Hauptzierde verlor die Burg an einem sehr| großen hohen viereckigen Thurme, der Römischen Ursprungs gewesen seyn soll, und von dessen Zinnen man die umliegende Gegend bis in die weiteste Ferne überschauen konnte; er wurde i. J. 1790 aus übel berechneter Sparsamkeit abgebrochen. Es geschah nämlich, um mit den Steinen den Hof Watt zu bauen. Die noch vorhandene Capelle hat ein schönes Altargemählde vom Jahr 1527. Wann diese Burg erbaut worden, darüber mangeln zuverläßige Nachrichten. Daß sie von sehr hohem Alter sey, zeigt schon die feste, äußerst unregelmäßige Bauart. Welchen Werth Jakob Speners Nachricht habe (Historia insignium Illustrium Fol. 475), daß nämlich ein Abkömmling der Guelphen, Namens Cuno, i. J. 650 diese Burg erbaut, und sie Cunosegg genannt habe, woraus Kunsegg, Künsegg und Königsegg entstanden, läßt man dahin gestellt. Durch Heirathen und Erbschaften gelangte die Burg zwar auch an andere Familien, z. B. im 13ten Jahrhundert an die Grafen von Landau, im 14ten Jahrhundert an die Herrn von Bodmann; allein die Königsegg suchten jedesmahl den Stammsitz ihrer Ahnen möglichst bald wieder an sich zu lösen. Seit der Mitte des 17ten Jahrhunderts wird die Burg von ihren Besitzern nicht mehr bewohnt. Die Grafschaft Königseck, auf die wir bey Aulendorf zurückkommen werden, theilte sich in 3 Herr- und Landschaften: Aulendorf, Königseckwald, auch „Königseck zum Königsecker Berg" genannt, und Ebenweiler, wovon die erstere dem Oberamt Waldsee zugetheilt ist, die beyden letzteren aber dem diesseitigen Oberamtsbezirke angehören. Jede Herrschaft hatte ihre eigene Landschaftskasse, deren Sitz in Aulendorf, Königseckwald und Ebenweiler war; von der ersten wurden i. J. 1821 50.000 fl., von der zweyten 41.000 fl. und von der dritten, welche übrigens blos aus der Gemeinde Ebenweiler bestand, 13.500 fl. Schulden auf den Staat übernommen. Laubbach und die 5 Höfe zu Steegen, Laubbronnen und Ebisweiler waren keiner Landschaft einverleibt, und lieferten ihre Steuern an das Gr. Rentamt ab. | Wie die ganze Grafschaft, so waren auch die diesseitigen beyden Herrschaften, mit Ausnahme von Lugen, und der Gerichtsbarkeit in den obengenannten nicht landschaftlichen Orten, so wie der Forstgerichtsbarkeit in dem Walde Wagenhardt, und des Blutbanns reines Allodium. Nach der Grenzbeschreibung der alten Grafschaft Friedberg (S. 10), muß die Herrschaft zum Königseckerberg wenigstens theilweise noch zu dem Banne der Grafschaft Friedberg gehört haben, und wirklich entsagte Friedberg auch erst durch Verträge von 1728 und 1746 seinen Rechten und Ansprüchen auf die hohe Gerichtsbarkeit in dem Bezirke, namentlich zu Hüttenreute, Milpishaus, Wolfartsreute und einigen Feldern zu O. und U.Weiler, nachdem schon i. J. 1478 der Graf Eberhard von Würtemberg von dem Kaiser den Auftrag erhalten hatte, den darüber geführten Streit zu entscheiden.