« Kapitel B 26 Beschreibung des Oberamts Rottweil Kapitel B 28 »
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Schwenningen,
mit Eisenbahnstation,
Gemeinde II. Klasse mit 4314 Einwohnern, worunter 119 Katholiken, 1 von eigener Konfession und 1 Israelit. a. Schwenningen, Pfarrdorf mit Marktrecht, 4221 Einwohner; b. mittlere Mühle, Hof, 10 Einwohner; c. obere Mühle, Hof, 15 Einwohner; d. untere Mühle, Hof, 8 Einwohner; e. Wilhelmshall, Weiler, 43 Einwohner[1]; f. Ziegelhütte, Haus, 17 Einwohner. Evang. Pfarrei; die Katholischen sind nach Mühlhausen O.A. Tuttlingen eingepfarrt. 4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt gelegen. Schwenningen ist der Sitz von zwei Ärzten, eines Postamts und eines Amtsnotariats; auch befindet sich daselbst eine Apotheke. Überdieß hat der Ort eine Eisenbahn- und Telegraphenstation.
Schwenningen[2], mit Ausnahme der Oberamtsstadt, der weit größte und schönste Ort des Oberamtsbezirks, hat eine freundliche freie Lage auf der flachwelligen, zwischen der Keuperterrasse und dem Schwarzwald sich ausbreitenden Ebene, durch die sich der nur 1/4 Stunde südlich vom Ort entspringende Neckar eine unbedeutende Rinne gefurcht hat. Der größte Theil des Orts ist auf der linken Seite des noch ganz jugendlichen Neckars theils auf sanft gegen denselben geneigtem Terrain, theils auf einem Flachrücken hingebaut, während der weit kleinere und in jeder Beziehung minder ansehnliche Ortstheil auf der rechten Neckarseite seine Stelle gefunden hat. Der Ort ist mit breiten, gut unterhaltenen, gekandelten Straßen durchzogen und hat namentlich in dem nordwestlichen Theile nach dem großen Brande im Jahr 1850, den 23. Juli, wobei 100 Gebäude ein Raub der Flammen wurden, eine ganz regelmäßige Anlage erhalten. Der übrige Theil des Orts ist mit Ausnahme der Schützengasse und des auf der rechten Seite des Neckars gelegenen Ortstheils, „am Neckar“ genannt, weniger regelmäßig angelegt. Neben ansehnlichen, häufig im städtischen Stil gehaltenen Gebäuden trifft man hier stattliche Bauernhäuser, die zum Theil noch verschindelt und mit Schindeln gedeckt sind, wie auch einzelne auffallend kleine Wohnungen, die mit den übrigen kontrastiren. Der Ortstheil „am Neckar“ aber besteht durchaus aus kleinen einstockigen enge aneinander gereihten Häuschen, die meist von Taglöhnern und Arbeitern für| die Uhrmacher bewohnt sind. Eine besondere Merkwürdigkeit ist das in der Mitte des Orts an der Hauptstraße stehende uralte Haus, im unteren Stockwerk ganz von Stein und mit Gewölben, die z. Th. auf Steinpfeilern ruhen. Auch das Äußere mit seinen sehr dicken Mauern und zwei Rundbogeneingängen macht schon den Eindruck großen Alterthums. Im allgemeinen hat Schwenningen mehr den Charakter einer Stadt als eines Dorfs.

Die mit Ausnahme des im Westen stehenden alten (gothischen) Thurmes im Jahre 1700 erbaute, im Jahre 1835 vergrößerte und erneuerte Kirche steht frei in der Mitte des Orts und bietet weder außen noch innen etwas Bemerkenswerthes. An der Südseite stehen vier Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Das geräumige von rundbogigen Fenstern erhellte Innere ist mit Emporen besetzt und enthält die großen Ölbilder Luthers und Melanchthons, gemalt im Jahre 1857 von Jauch aus Schwenningen, auch eine von der Gemeinde gestiftete schöne eherne Gedenktafel an drei im Kriege 1870–71 gefallene Schwenninger. An der flachgewölbten Decke ist das herzogl. württemb. Wappen in Stuck ausgeführt. Über dem spätgothischen Spitzbogenportal an der Südseite des mit hohem achtseitigem Zeltdach bedeckten Thurmes ist wieder dasselbe Wappen angebracht. Die drei großen schön verzierten Glocken sind neu; die zweitgrößte ist gegossen von Christian Kurtz und Sohn in Reutlingen 1831, die dritte von Meinrad Antoni Grieninger in Villingen Anno 17… Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der Begräbnißplatz wurde im Jahre 1869 nördlich vom Ort angelegt.

Unfern der Kirche, dem alten Schulhaus gegenüber, steht das 1747 erbaute, ansehnliche, dreistockige Pfarrhaus, welches die Wohnungen des Pfarrers und des Helfers enthält und von der Gemeinde unterhalten werden muß. Es sind zwei Schulhäuser vorhanden, das alte südlich und das neue nördlich der Kirche stehend. Das noch in gutem Zustande sich befindende alte Schulhaus wurde 1779 erbaut und enthält 8 Lehrzimmer; für die stets zunehmende Schülerzahl war es nicht mehr groß genug, weßhalb sich die Gemeinde entschloß, ein neues Knabenschulhaus erbauen zu lassen, das den 11. December 1873 feierlich eingeweiht wurde; es enthält 4 Lehrsäle, ein Konventszimmer, ein Zimmer für den Lehrgehilfen, die Wohnungen des Reallehrers und des Oberlehrers. Die Wohnungen der übrigen 5 Schulmeister und des Unterlehrers befinden sich in Privathäusern. Das dreistockige Gebäude wurde nach den Entwürfen des Baumeisters Hetzinger aus Rottweil in sehr ansprechendem Stil errichtet, und dabei die in Rottweil sich öfter findende so schöne| Anordnung, den Fenstermittelpfeiler innen in eine Säule aufzulösen (s. S. 202), mit Erfolg wieder angewandt; der untere Stock ist von Stein.

Das ansehnliche dreistockige Rathhaus mit einem Thürmchen auf dem First und einer Uhr im vorderen Giebelfeld wurde 1851 auch von Architekt Hetzinger in sehr tüchtigem Rundbogenstil erbaut; es steht auf einem freien Platz, der an der Rückseite des ganz von Stein aufgeführten Gebäudes mit Kastanienbäumen bepflanzt ist, in deren Mitte ein hübscher Brunnen eine passende Stelle gefunden hat. Auch den Raum zwischen der Kirche und dem alten Schulhaus hat die Gemeinde mit Kastanienbäumen auspflanzen lassen und hiedurch nicht nur der Schuljugend einen schattigen Spielplatz, sondern auch dem Ort eine weitere Zierde verliehen. Außer diesen Gebäuden stehen noch weiter im Eigenthum der Gemeinde ein Krankenhaus, zwei öffentliche Waschhäuser, ein Farrenhaus und die ehemalige Zehentscheuer, an der das württ. Wappen mit der Jahrzahl 1743 angebracht ist.

Durch den Ort führt die frequente Rottweil–Donaueschinger Landstraße und überdieß berührt die Eisenbahn den Ortstheil „am Neckar“, in dessen Nähe sich auch der in ansprechendem Stil erbaute Bahnhof befindet. Vicinalstraßen sind nach Villingen, Dauchingen und Weilersbach angelegt.

Zehn laufende- und 200 Pumpbrunnen liefern dem Ort reichlich gutes Trinkwasser, das zum Theil in größeren 1/8 Stunde langen Deuchellagen zugeleitet wird. Überdieß fließt der Neckar durch den südlichen Theil des Orts und 4 Wasserreservoirs sind auf den Fall der Feuersgefahr angelegt. Die Markung ist nicht reich an Quellen und die einzige von Bedeutung der Ursprung des Neckars, der 1/4 Stunde südwestlich vom Ort bei Wilhelmshall als kräftige Quelle hervorsprudelt und zunächst derselben den ersten, aus einem Moor- und Wiesengrund herkommenden Zufluß erhält. An dem Neckarursprung hat Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, als er ihn besuchte, einen Denkstein mit dem württemb. Wappen und der Umschrift: E. L. H. Z. W. 1733 setzen lassen; dieser Denkstein, der im Laufe der Zeit verloren gegangen war, wurde im Jahr 1834 wieder ausgegraben, aufgerichtet, sodann die Quelle gereinigt und mit einer Gartenanlage umgeben. Auf der Markung liegt der Moosweiher, der abgelassen werden kann. Über den Neckar sind zwei steinerne Eisenbahnbrücken, eine innerhalb und eine außerhalb des Orts, angelegt, außer diesen bestehen noch über den Fluß zwei kleine steinerne Brücken und eine hölzerne; die Eisenbahnbrücken hat der Staat, die übrigen die Gemeinde zu unterhalten.

| Die im allgemeinen geordneten, sehr betriebsamen Einwohner, ein kräftiger wohlgestalteter Menschenschlag, erreichen nicht selten ein hohes Alter und gegenwärtig sind 16 Personen (12 Männer und 4 Weiber) über 80 Jahre alt, der älteste und noch ziemlich rüstige Mann hat sogar bereits das neunzigste Jahr überschritten. Die Vermögensumstände und Mittel des Auskommens sind in Vergleichung mit anderen Orten gut beschaffen und der Grundbesitz des vermöglichsten Ortsbürgers beträgt an Feldern 83 Morgen, der des sog. Mittelmanns 25 Morgen und der der ärmeren Klasse 3 Morgen. Auf angrenzenden Markungen besitzen die Einwohner etwa 1100 Morgen eigene – und etwa 500 Morgen Pachtgüter. Die Hauptnahrungsquellen sind Feldbau, Viehzucht und Gewerbe; von den letzteren sind die Uhrmacher und Schuhmacher am stärksten vertreten. Gegen 80 Schuhmachermeister besuchen mit ihren Waren alle Märkte der Umgegend und theilweise entferntere Messen. Die württembergische Uhrenfabrik verfertigt Nachtwächter-Kontroluhren, Eisenbahn-Kontroluhren, Schiffs- und Telegraphenuhren. Überdieß bestehen noch 6 Schwarzwälderuhrenfabriken; die Fabriken zusammen beschäftigen etwa 100 Arbeiter im Ort und nebenbei noch ebenso viele sog. Stuckarbeiter in der Umgegend. Außer den Fabriken sind noch etwa 100 Uhrmachermeister mit je 1–4 Gesellen im Ort. Auch befinden sich hier viele Uhrenhändler, die weithin, Uhren verkaufen, und beinahe in ganz Europa kann man den großgewachsenen kräftigen Schwenningern mit ihren Schwarzwälder-Uhren auf dem Rücken begegnen. Der Uhrenhandel wird hauptsächlich nach Bayern, Österreich, Ungarn, Böhmen, Preußen, Rußland, Italien, Holland und nach der Schweiz getrieben. Die Nachtwächter-Kontroluhren, Eisenbahn- und Schiffsuhren aber werden in ganz Europa und Nordamerika abgesetzt. Außer der großartigen Uhrenfabrikation besteht noch eine Zündhölzchenfabrik, die viele Personen, namentlich Kinder, beschäftigt und ihr Geschäft mit namhaftem Verkauf nach außen im Großen treibt. Ferner bestehen 3 Ortsmühlen mit je 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe (s. hier. unten). Überdieß sind alle nöthigen Handwerker genügend vertreten, von denen die Sattler, Schneider, Schlosser, Flaschner, Messerschmiede, Schreiner, Uhrenschilddreher, Uhrenschildmaler und Uhrengestellmacher auch nach außen arbeiten. Schildwirthschaften sind 13, Brauereien 3, Kaufläden 10 und ebensoviel Kramläden vorhanden. Die Linnen- und Wollspinnerei wird zum eigenen Bedarf und auch zum Verkauf, jedoch in nicht großer Ausdehnung getrieben. Als Nebengewerbe treibt man Strohflechten, Korbflechten und Besenbinden, der Absatz geht theilweise in die Umgegend. Im Ort wohnt ein Frachtfuhrmann,| der jede Woche Montags nach Freiburg im Breisgau abfährt und am Freitag wieder zurückkehrt.

Schwenningen hat das Recht, in den Monaten Mai und September je einen Vieh- und Krämermarkt abzuhalten, der Handel und Verkehr auf denselben ist jedoch nicht von Bedeutung.

Die große, schön arrondirte Markung ist beinahe ganz von badischem Gebiet umgeben und grenzt nur im Südosten an den Oberamtsbezirk Tuttlingen, während sie mit dem diesseitigen Oberamtsbezirk gar nicht zusammenhängt, jedoch nur durch einen ganz schmalen Streifen badischen Landes von demselben getrennt ist.

Die Markung hat, mit Ausnahme der ziemlich steilen und hohen Keuperterrasse, eine flachwellige, leicht zu bebauende Lage und im allgemeinen einen fruchtbaren, etwas schweren, theilweise hitzigen Boden, der vorherrschend aus einem gelben Lehm und aus den Zersetzungsprodukten der Lettenkohlengruppe, des Muschelkalkdolomits und im südöstlichen Theil der Markung aus denen der Gipsmergel besteht. Im südwestlichen Theil kommt in namhafter Ausdehnung Moorgrund vor und im Norden greifen wenig ausgedehnt die kalkreichen Zersetzungen des Hauptmuschelkalks in die Markung ein. Etwa eine halbe Stunde vom Ort entfernt wird der Hauptmuschelkalk zu Straßenmaterial gewonnen, auch sind mehrere Gips-, Lehm- und Kiesgruben vorhanden; Töpferthon wird an dem Gemeindewalde „Hölzle“ gegraben. Im Südwesten der Markung besteht ein der Gemeinde gehöriger Torfstich, aus dem jährlich über 6 Millionen Stück an 1050 Ortsbürger als Bürgergabe abgegeben werden. Über den Torfstich zieht zunächst der Landesgrenze die europäische Wasserscheide zwischen dem Donau- und Rheingebiet. Von Punkten, die schöne Aussichten, namentlich an die Alb und bei heller Witterung an die Schweizeralpen, gestatten, nennen wir: den Thürnleberg, die hohe Mark und unter dem Dickebühl.

Das Klima ist ziemlich rauh und feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. gedeihen nicht, auch ist die Gegend den Winden ausgesetzt und wird zuweilen von Frühfrösten und kalten Nebeln heimgesucht. Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten, indem die Villinger Steige eine Wetterscheide bildet.

Der landwirthschaftliche Betrieb ist ein vorzüglicher und zur Steigerung des Ertrags kommen außer den in gut angelegten Düngerstätten gesammelten Düngungsmitteln Gips und Asche in Anwendung. Von verbesserten Ackergeräthen haben neben dem Wendepflug der amerikanische Pflug, die eiserne Egge, die Walze und die Dreschmaschine Eingang gefunden. Man baut vorherrschend Dinkel, der sehr gut geräth, Mengfrüchte (Gerste, Linsen und Ackerbohnen) und| Haber, während Gerste und Mais weniger gut gedeihen, ferner Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Luzerne, Ackerbohnen, Flachs, Hanf und in größerer Ausdehnung Kopfkohl (Capiskraut), von dem viel in den badischen Schwarzwald ausgeführt wird. Von den Getreideerzeugnissen können jährlich über den eigenen Bedarf 1700 Schffl. Dinkel, 150 Schffl. Gerste, 200 Schffl. Haber und 10 Schffl. Weizen nach außen verkauft werden, der Absatz geschieht ebenfalls größtentheils in den badischen Schwarzwald. Der ausgedehnte Wiesenbau liefert reichlich gutes Futter, zu dem aber wegen des starken Viehstandes immer 1/4 des Bedarfs zugekauft wird. Die Wiesen, von denen etwa 20 Morgen Wässerung haben, sind zweimähdig und nur ungefähr 10 Morgen erlauben einen dritten Schnitt. Die mäßig ausgedehnte Obstzucht beschränkt sich hauptsächlich auf die um den Ort gelegenen Obstbaumgärten; sie beschäftigt sich meist nur mit spät blühenden rauhern Obstsorten, wie Saueräpfel, Luiken, weniger mit Birnen, vorherrschend mit Wadelbirnen und Holzbirnen, und von Steinobst mit Zwetschgen und Pflaumen. Zur Obstpflege ist ein besonderer Baumwart aufgestellt und die Jungstämme bezieht man meist aus der vorhandenen Gemeindebaumschule. In günstigen Jahrgängen können etwa 600 Simri Obst nach außen verkauft werden.

Aus den vorhandenen 800 Morgen Gemeindewaldungen (Nadelholz) werden jährlich etwa 600 Klafter und 8000 Stück Wellen geschlagen, die sämtlich an die Bürgerschaft vertheilt werden, so daß jeder Bürger 1/2 Klafter Holz erhält. Eine besondere Merkwürdigkeit besitzt die Gemeinde in dem sog. „Hölzleskönig“: eine großartige Tanne in dem Gemeindewald Hölzle (s. den Abschnitt „Waldbau“).

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden und nur die Brach- und Stoppelweide wird um jährlich 600 fl. verpachtet, überdieß trägt die Pferchnutzung der Gemeindekasse jährlich 500 fl. ein. Von den vorhandenen 1000 Morgen Allmanden wird 1000 Bürgern je ein Morgen gegen ein Pachtgeld von 2 fl. 20 kr. zur Benützung überlassen, was der Gemeindekasse eine jährliche Rente von 2333 fl. 20 kr. sichert.

Von namhafter Bedeutung ist die Pferdezucht, die sich vorzugsweise mit der Marbacher Race beschäftigt; die Stuten werden selten auf fremde Beschälplatten geführt, sondern meist im Ort belegt. Der Pferdeverkauf ist nicht von Belang, dagegen die Pferdehaltung (gegenwärtig 240 Stücke) die bedeutendste im Bezirk, weil hier der Pflug ausschließlich mit Pferden bespannt wird. Nebenbei befindet sich die Rindviehzucht in ganz gutem Zustande; man züchtet vorherrschend die Simmenthalerrace, die theilweise mit Landschlag| gekreuzt wird und hat 8 Farren, von denen nur einige von gekreuzter – die übrigen von reiner Simmenthalerrace sind, aufgestellt. In das Großherzogthum Baden wird ein ausgedehnter Handel mit Vieh getrieben, während das Mastvieh in mäßigem Umfang an die Metzger im Ort selbst zum Verkauf kommt; auch einiger Milchverkauf findet im Ort statt. Auf der Markung läßt ein fremder Schäfer den Sommer über 400 Bastardschafe laufen. Schweinezucht wird nicht getrieben, dagegen werden viele Ferkel (halbenglische Race) von außen eingeführt und theils für den eigenen Bedarf, größtentheils aber zum Verkauf aufgemästet.

Von Anstalten befinden sich im Ort acht Volksschulen, eine Realanstalt, eine Strickschule, eine Kleinkinderschule und eine freiwillige Feuerwehr, der 5 Feuerspritzen nebst einem Hydrophor zur Verfügung aufgestellt sind.

An öffentlichen Stiftungen sind vorhanden von verschiedenen Personen gestiftet 8300 fl., ferner an besonderen Stiftungen von Amtmann Schuler 1000 fl., von Johann Roller, Gutsbesitzer, 2000 fl. und von Chr. Roller, Gutsbesitzer, 1000 fl. Die Zinsen sämtlicher Stiftungen werden alljährlich an Ortsarme vertheilt.

Von Spuren aus früher Vorzeit nennen wir in erster Linie die römische Heerstraße, welche von Rottweil über Donaueschingen an den Oberrhein führte; sie zieht noch ziemlich erhalten ganz nahe, nördlich an Schwenningen vorüber, weiter hin an der Ziegelhütte und am östlichen Saum des Walddistrikts „Dickenbühl“ hin über die Landesgrenze; von ihr ging nahe bei Schwenningen ein Römerweg (Hochsträßle) ab, und lief gegen Nordstetten im Großherzogthum Baden. Zunächst der römischen Hauptstraße stand auf der 1/4 Stunde nordöstlich von Schwenningen gelegenen Flur „Steingen“ ein römischer Wohnplatz, von dem man zuweilen noch Grundreste, Gebäudeschutt und Fragmente römischer Anticaglien findet. Ein weiterer römischer Wohnort stand bei der sog. Steinkirche, auch kurzweg Kirch genannt, am oberen Weg, 1/4 Stunde östlich von Schwenningen, wo man ebenfalls entschiedene Spuren von römischen Gebäuderesten, römische Ziegel, Bruchstücke von Gefässen etc. auffindet. In der Nähe (nordöstlich) befindet sich eine für heilkräftig geltende Quelle. Man genießt von beiden sommerlich gelegenen Punkten prächtige Aussichten an die Alb. Etwa 1/2 Stunde südöstlich vom Ort wird im Staatswald Kaufholz eine hohe Bergspitze der „Thürnleberg“ genannt und zunächst dabei kommt die Benennung „Burgrain“ vor; ohne Zweifel stand auf diesem dominirenden Punkt, von dem man eine ausgebreitete Aussicht genießt, eine Burg oder ein befestigter| Wartthurm; einzelne herumliegende Mauersteine verrathen noch ein hier gestandenes Bauwerk.

In einem Garten, der an den alten Begräbnißplatz grenzt, werden eine Menge regellos zusammengehäufter menschlicher Gebeine gefunden; ohne Zweifel rühren sie vom ehemaligen Begräbnißplatz her, der früher größer war und auch über den Garten sich erstreckte, bei dessen Anlegung man die aufgefundenen Gebeine haufenweise verscharrte. Unterhalb Schwenningen wird ein in die Neckarthalebene hereintretender Hügel „Lukenburg“ genannt, vermuthlich ursprünglich Lugenburg, was auf einen hier bestandenen Späheposten hindeutet. In der Nähe des Neckarursprungs kommt der Flurname „Hofstatt“ vor; hier stand vermuthlich einst ein Hof. Noch ist zu bemerken, daß bei Schwenningen ein Meisel von Bronce, ein sog. Kelt, gefunden wurde.

Für die älteste Geschichte Schwenningens, welches, vor Alters wohl bedeutender, in Ober- und Unter-Schwenningen zerfiel (s. u.), bietet es einige Schwierigkeit, daß nicht sehr weit entfernt einige andere ganz oder fast gleichnamige Orte liegen, nämlich Schweningen, Pfarrdorf, großh. bad. Amts Stetten am Kalten Markt, und Schwaningen, Pfarrdorf, großh. bad. Amts Stühlingen, doch möchte folgendes am richtigsten auf unser Schwenningen bezogen werden.

Der Ort, früher Suuanningas, Suanningen, Suenningen, Schweningen u. s. w. geschrieben, – ein Name, welcher wohl auf das althochdeutsche Swan, neuhochdeutsche Schwan zurückzuführen[3] – wird das erstemal genannt, als K. Ludwig der Fromme den 4. Juni 817 hiesige Einkünfte an das Kl. St. Gallen schenkte. An den Besitz dieses Klosters reihte sich bald derjenige St. Georgens, welcher namentlich durch Schenkungen eines Freien Burkhard und seiner 4 Söhne Hermann, Konrad, Walther und Ulrich in den Jahren 1139 und 1140 begründet wurde, und welcher dem Kloster von den Päbsten Innocenz II. den 14. April 1139 und Alexander III. den 26. März 1179 („Swanningen cum ecclesia et medietate decimarum“) bestätigt wurde. Noch im J. 1535 bestand hier eine St. Georgensche Pflege (Wirt. Urk.-Buch 1, 90. 2, 10. 199. Mone 9, 223. Köhler 161).

Es gab wohl ursprünglich eine adelige Familie, die sich nach dem Orte und einer hiesigen Burg nannte. Die zimmerische Chronik (1, 137. 138) nennt einen Hans von Schwenningen im J. 1247 als Johanniterordensritter und Wiederaufbauer des Ordenshauses zu Rottweil, und sagt auch, daß Albrecht von Zimmern zu und um| Tuttlingen gelegene Güter am 1. Mai 1257 dem damals bestandenen hiesigen Johanniterhause übergeben habe. Ferner werden genannt: ein Peter von S. 1251, Rudolf von S. 1269, Heinrich von S., kaiserlicher Landvogt in Oberschwaben 1346 (Köhler 161).

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Im 12. Jahrhundert war hier zähringenscher Besitz; im J. 1140 treffen wir den Herzog Konrad von Zähringen auf der hiesigen Dingstätte vorsitzen (Stälin 2, 323). Um die Mitte des 13. Jahrhunderts werden die Gebr. Ritter Hugo, Heinrich und Burkhard von Kirneck als hiesige Vögte aufgeführt, die den 3. Jan. 1265 von der Abtei zu Zürich (s. u.) eine 10 Jahre lang rückständige Weizengült vollständig bezahlt erhielten, während zugleich die Edeln von Lupfen den Schaden, welchen sie Schwenningen zugefügt hatten, ersetzten. Den 29. Juli 1303 gelobten die Grafen Egen und sein Sohn Heinrich von Fürstenberg dem Ritter Johann von Kirneck und dem Rottweiler Bürger Konrad Bletz „zem Helfande“ wegen des Verkaufes von Dorf Schw., dem Kirchensatze, Leuten und Gütern Gewährschaft zu leisten, worauf Johann von Kirneck den Gebrüdern Konrad Aigelwart und Richard, Aigelwarts von Falkenstein sel. Söhnen und Johann Bertholds von Falkenstein sel. Sohne sein Dorf Schwenningen und all sein dortiges Gut „machte“, d. h. wohl zu Lehen auftrug. Zum Danke dafür stifteten die genannten Herren von Falkenstein um seines und seiner Vorderen Seelenheiles willen den 5. Dec. 1359 im Kloster Wittichen ein Almosen und Seelengeräthe mit 10 Mltr. Vesen jährlicher Gült[4] aus ihrem Laienzehenten zu Schwenningen, welchen sie dem Bruno von Kirneck abgekauft hatten, und welcher sich mit der „niederen Kirche“ Zehenten allda theilte. Zwar quittirte den 9. Nov. 1381 Hanmann von Falkenstein, Bertholds sel. Sohn, der Stadt Rottweil den Empfang von 1000 Pfd. Hllr. um Schwenningen das Dorf (Glatz Regg. 46), allein in der Folge erscheint dasselbe doch wieder als fürstenbergisches Lehen der Familie Falkenstein. Den 11. Juni 1392 belehnte Gr. Heinrich von F. der Ältere, Landgraf in der Baar, den Ritter| Berthold von Falkenstein auf Bitten des seitherigen Lehensinhabers Aigelwart von Falkenstein, seines Vaters, mit dem Dorf samt allen Rechten und Zugehörden. Dieser Berthold verkaufte im J. 1406 mit seiner Gemahlin Ursula von Lupfen an Bentz Dornham von Rottweil 8 Mltr. Vesen Ewigzins aus seinem hiesigen Laienzehenten um 80 Goldgulden, und im J. 1410 mit seinem Sohne Hans 53 fl. und 40 Hühner Ewiggült aus seinen Dörfern Schwenningen und Flötzlingen an Hanman Jüngling von Wolfach um 810 Goldgulden. Noch den 3. Nov. 1442 wurde Jakob von Falkenstein von Hans (VI) von Fürstenberg mit Schwenningen belehnt (Münch, Gesch. d. Hauses Fürstenberg 1, 363), allein den 26. Sept. 1444 verkaufte Konrad von Falkenstein mit der Feste Unter-Falkenstein unter anderem auch seine Hälfte an Schwenningen und Flötzlingen, auch was er allda versetzt hatte, sowie die Lehenschaft der oberen und unteren Kirche allhier, und im J. 1449 veräußerten die Söhne Aigelwarts von Falkenstein auch ihren Antheil an Sch. und Flötzlingen nebst dem Laienzehenten zu Sch. an den Gr. Ludwig von Württemberg (Steinhofer 2, 865, 908), und den 4. Dec. 1458 verzichteten die Gr. Heinrich und Konrad von Fürstenberg, zugleich als Vormünder des Grafen Egon von F., um empfangene 500 fl. Rh. gegen den Gr. Ulrich von Württemberg als Vormünder des Gr. Eberhard auf ihre Lehensherrlichkeit über das Dorf. Dasselbe wurde dem württembergischen Oberamte Tuttlingen zugetheilt, kam aber im J. 1842 ans Oberamt Rottweil. – Übrigens behaupteten die Fürstenberg wegen der Landgrafschaft Baar noch bis auf das jetzige Jahrhundert die Malefizobrigkeit über den Ort und hatten bis in die neuere Zeit, wie auch die Stadt Villingen, 1/4 der Jagdgerechtigkeit auf der Markung.

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Aus der neueren Geschichte des Ortes verdient außer den kriegsgeschichtlichen Ereignissen, welche schon bei der Geschichte Rottweils gelegentlich hervorgehoben wurden, noch folgendes bemerkt zu werden. Beim sogen. armen Konrad und im Bauernkrieg verhielten sich die Schwenninger ruhig; im J. 1514 bat der Ort, wie einige andere, den zur Huldigung auf den Tübinger Vertrag abgesandten Rudolf von Ehingen um herzoglichen Schutz für den Vogt und die ruhigen Bürger, und im J. 1525 zeigte der Vogt Hans Schlengker ein sehr kluges Betragen. Die Unfälle des 30jährigen Krieges trafen Sch. verhältnißmäßig früher als andere Landesgegenden: schon im J. 1624 hatte der Ort nur noch 27 Bürger, sein Badhaus war zerstört und wurde nicht mehr aufgebaut. Den 12./22. Febr. 1633 wurde das Dorf durch die Villinger Besatzung, welche schon gegen Ende des Jahrs 1632 einen Ausfall hierher gemacht, einige| Bewohner getödtet und etliche Häuser verbrannt hatte, geplündert und niedergebrannt, so daß nur 3 Häuser stehen blieben. Die meisten Einwohner verloren hiebei all ihr bewegliches Vermögen und flüchteten in andere Gegenden des Landes; erst nach dem westphälischen Frieden sammelte sich wieder eine kleine Gemeinde, zunächst nach Thunningen eingepfarrt, seit 1652 wieder mit einer Kirche und einem Pfarrer versehen (vergl. auch Schleicher a. a. O. 29, 63). Im J. 1830 erhielt Sch. das Recht, wöchentlich einen Fruchtmarkt und jährlich 2 Krämer- und Viehmärkte, am 2. Dienstag im Mai und am 27. Okt., zu halten. – Dasselbe hatte wiederholt durch Brandunfälle zu leiden: den 19. Juni 1621 zerstörte ein Brand in einer Stunde 12 Häuser samt Scheunen und dem meisten Hausgeräthe, im J. 1772 ein solcher 53 Gebäude, darunter 35 Wohnhäuser und 1/3 der um und in dem Flecken stehenden Obstbäume, ein weiterer den 16./17. Mai 1824 7 Häuser. Den 23. Juli 1850 zerstörte ein großer Brand innerhalb 5 Stunden 98 Haupt- und Nebengebäude, beschädigte 10 Haupt- und 4 Nebengebäude; 194 Familien, beziehungsweise einzelne Personen wurden durch dieses Unglück betroffen; der Gebäudeschaden betrug 205.448 fl., der Mobiliarverlust 138.442 fl. (Württembergische Jahrb. 1850, 28).

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Was die kirchlichen Verhältnisse speziell betrifft, so führt der liber decimationis vom J. 1275 die Pfarr-Rektoren von Svanningen superius et inferius auf (s. ob. S. 158), der Ort hatte somit in älterer Zeit 2 Kirchen; die eine stand an der Straße nach Rottweil auf einer Anhöhe, noch jetzt auf der Kirche genannt, zu der ein gepflasterter Weg führte, die andere auf einer Anhöhe bei der mittleren Mühle, wo man noch in neuerer Zeit bisweilen Backsteine und Ziegel im Schutte gefunden. Die eine dieser Kirchen ist wohl die erwähnte, im J. 1179 dem Kl. St. Georgen gehörige, die andere, die „St. Vincenzkirche“, dagegen gehörte um dieselbe Zeit der Abtei Zürich (vielleicht in Folge zähringenscher Schenkung). Den 10. Apr. 1185 verglich Herzog Berthold IV. von Zähringen, Kastvogt im Thurgau, den Probst Walther und die Chorherrn einer- und den Leutpriester Lütold zu „Swanlingen“ andererseits wegen der Einkünfte des letzteren unter Anderem dahin, daß derselbe statt der Hälfte der zur Probstei gehörigen Zehenten jährlich 10 Schffl. Waizen Villinger Messes und ein Schwein zu liefern hatte. Allein den 21. Dec. 1271 vertauschte die Probstei diese ihr zu entlegene Kirche gegen die Kirche zu Cham an den Bischof Eberhard von Constanz. In Urkunden der Abtei Zürich werden aus dem 13. Jahrhundert mehrere hiesige Geistliche genannt; im J. 1240 B. de Svenningen plebanus, im J. 1252 Burchardus plebanus in| Swaningen, im J. 1261 Johannes Manezzo plebanus in Swenlingen, sämtlich als Zeugen, den 3. Jan. 1265 (s. ob. S. 516) als Siegler Rum. quondam decanus in Swenningen, als Zeugen: Burchardus sacerdos vicarius in Sw., Johannes rector eiusdem ecclesie (vergl. Mitth. der antiquar. Gesellschaft in Zürich 8, 201. 473. 79. 112. 160.). Im 14. und 15. Jahrhundert erscheinen beide Kirchen in fürstenbergisch-falkensteinischem, dann württembergischem Besitz. Im J. 1563 wurde eine alte hiesige Kirche für 50 fl. auf den Abbruch verkauft. – Das Kl. Rottenmünster erscheint hier seit 1280 begütert.

Den 6. Juli 1836 wurde wegen der Größe der Gemeinde hier eine Helfersstelle errichtet (vergl. Regbl. von 1836 S. 268, 1837 S. 555).

Zu der Gemeinde gehören:

b. Mittlere Mühle, 1/8 Stunde östlich vom Mutterort am Neckar gelegen (s. oben).

c. Obere Mühle, liegt ganz nahe (östlich) am Ort ebenfalls am Neckar (s. oben).

d. Untere Mühle, liegt an einem Seitenarm des Neckars 1/8 Stunde südöstlich vom Mutterort (s. oben).

e. Wilhelmshall, ehemalige Saline, hatte 1/4 Stunde südwestlich von Schwenningen nahe beim Neckarursprung eine schöne freie Lage. Die Saline ist in neuerer Zeit aufgegeben, und die hiezu gehörigen Gebäude sind abgebrochen worden.

Geschichte der Saline Wilhelmshall bei Schwenningen.[5]

Nachdem in der Nacht vom 25. auf den 26. Febr. 1822 in Dürrheim bei Villingen in der Tiefe von 377 Par. Fuß Steinsalz erbohrt worden war, beschloß die k. württemb. Regierung alsbald, ähnliche Versuche auf ihrem Gebiete vornehmen zu lassen, wozu die nahe Gegend von Schwenningen gewählt wurde. Bis Juli 1824 waren nicht weniger als 7 Bohrlöcher angesetzt, wozu später im Jahre 1836 ein 8. Bohrloch kam. Die erbohrten Gebirgsschichten sind folgende:

|
Mächtigkeit in württemb. Fußen.
Gebirgsart. Bohrlöcher.
1 2 3 4 5 6 7 8
bei
Mühlhausen
am sog.
Meßnerbächle.
in den
Hülben.
nahe der
bad. Grenze
1200′ von
Nr. 2.
neben
Nr. 3.
neben
Nr. 2.
4000′ nordwestlich
von Nr. 2.
50′ von
Nr. 3
entfernt.
Keuper, Gips und Mergel 173 108,0 75 76 106,0 72,0 51,0 62,0
Lettenkohle 22 12,0 33 13 12,5 10,5 4,5 44,5
Hauptmuschelkalk 293 181,5 161 68
vor Ort
Höhlen
184,0 235,5 241,0 248,0
Gips und Anhydrit 99
Gestäng-
bruch0
265,0 265 267,0 185,0 148,5
vor Ort
Gips
176,0
Steinsalz 37,0
vor Ort
Steinsalz
50
vor Ort
Steinsalz
50,0
vor Ort
Steinsalz
14,0 57,3
Anhydrit mit Salzthon 31,0 10,2
Wellenkalk 10,0
vor Ort
Wellenkalk
Ganze Tiefe       587 603,5 584 157 619,5 558,0 445,0 598,0
| Von diesen Bohrlöchern, welche einen Gesamtaufwand von 48.811 fl. 7 kr. verursachten, dienten nur Nr. 2, 3 und 5 zur Soolegewinnung. Nr. 4 wurde wegen einer Reihe versunkener Höhlen aufgegeben, bei Nr. 6 hinderte der nachstürzende Thon die Auflösung, und Nr. 7 wurde verlassen, ehe das Steinsalz erbohrt worden war, weil die Horizontalwasser auf 338′ Tiefe fielen. Die volllöthige Soole von 27° wurde aus Nr. 2 anfänglich mit Menschenkraft gefördert; später, im J. 1824, errichtete man zwischen Nr. 2 und 5 einen Pferdegöppel, welcher für beide Bohrlöcher diente, und im J. 1829 wurde über Nr. 3 eine Windmühle gebaut.

Als am 26. Juli 1823 zuerst bei Nr. 2 Steinsalz erbohrt war, schritt man sogleich zum Bau eines Soolen-Reservoirs und einer provisorischen, später wieder abgebrochenen Siedhütte mit 1 Wärm- und 1 Siedpfanne, welche am 5. Januar 1824 in Betrieb kam. Gleichzeitig knüpfte man mit Erfolg Unterhandlungen mit einigen Ständen der Schweiz wegen Salzlieferungen an. Unter’m 17. Januar 1824 erfolgte die Königl. Genehmigung zur Errichtung einer vollständigen Salinenanlage in der Nähe des Neckarursprungs, 1/4 Stunde vom Pfarrdorfe Schwenningen, und wie durch Zauberschlag entstanden auf dem erkauften Areal von 21 Morgen 6 Siedhäuser mit den erforderlichen Soolenleitungen, Reservoirs, Magazinen, Beamten- und Laborantenhaus mit einem Gesamtaufwande von 242.559 fl. 27 kr., welcher durch ein von der Hauptsalzverwaltung aufgenommenes, vom Ertrag der Saline zurückbezahltes Anlehen bestritten wurde. Vor Schluß des Jahres 1824 waren sämtliche Siedhäuser in Betrieb gesetzt und die Straßen nach Schaffhausen und Sernatingen mit Salzwägen bedeckt; obgleich in Dürrheim das Steinsalz 11/2 Jahre früher erbohrt worden war, hatte die Württ. Regierung durch ihre Energie den Salzhandel in die Schweiz dem Nachbarstaat entrissen. Dafür rächte sich letzterer, indem er die Römerstraße, den Verbindungsweg zwischen Rottweil und Schwenningen, wo dieselbe bei Dauchingen nur einige hundert Schritte lang das badische Gebiet durchschneidet, durch tiefe Gräben unfahrbar machen ließ. Die Württ. Regierung wurde dadurch gezwungen, im J. 1825 eine neue Straße auf eigenem Gebiet zu erbauen, welche der Saline 43.167 fl. 51 kr. kostete.

So wichtig übrigens die Ergebnisse einer Salinen-Anlage am oberen Neckar im Allgemeinen waren, so hatten doch schon frühzeitig berufene Stimmen von dem gewählten Punkte bei Schwenningen abgerathen und Bohrversuche in der Gegend von Rottweil empfohlen, weil hier die Bedingungen für die Errichtung einer großen Saline in mehrfacher Beziehung viel günstiger sich darstellten. Selbst wenn| kein Steinsalz bei Rottweil gefunden worden wäre, hätte die Zuleitung der Soole von Schwenningen noch große Vortheile erwarten lassen. Als nun aber gegen Ende des Jahres 1824 die Bohrversuche bei Rottweil mit dem schönsten Erfolge gekrönt und die Anstalten zum Bau einer zweiten Saline beim Kloster Rottenmünster alsbald getroffen wurden, so war damit schon damals der Keim für den allmäligen Untergang der Saline bei Schwenningen gelegt, obgleich auf letzterer noch bis August 1828 der Sitz des gemeinschaftlichen Salinenamtes blieb. Schon mit Ende des Jahres 1825 wurden 2 Siedhäuser in Schwenningen kalt gelegt und abwechslungsweise nur in 2 Siedhäusern gesotten, wobei die Verunreinigung der Soole durch Torfwasser und der Umstand nachtheilig war, daß die Soole bei anhaltendem Betrieb an Gehalt bedeutend abnahm. Andererseits erwies sich aber die Verwendung des in der Nähe von Schwenningen vorkommenden Torfes als Brennmaterial sehr nützlich, und da immer mehr Ersparnisse und Verbesserungen im Betriebe eingeführt, auch in der Folge bedeutende Salzlieferungsakkorde mit den Schweizer Cantonen abgeschlossen wurden, so hob sich die Saline zeitweise wieder. Am Schlusse des Jahres 1829 waren wieder die 4 Siedhäuser in vollem Betriebe und unter 2 Beamten 39 Offizianten und Arbeiter beschäftigt. Damals (im Etatsjahre 1829/30) betrug der Kochsalzverkauf in Schwenningen 872,65 Centner nach Württemberg und Hohenzollern, 70.831,64 Centner in die Schweiz; 10 Jahre später, 1839/40 3412 Ctr. Landsalz, 124.971,71 Ctr. Schweizersalz. Hiemit hatte Produktion und Verkauf überhaupt ihren höchsten Stand erreicht und von da an ging es immer mehr rückwärts in Folge der Concurrenz der inzwischen entstandenen Salinen in den Cantonen Baselland und Aargau. Im Etatsjahr 1864/65 betrug der Absatz nur noch 1283,78 Ctr. Landsalz und 45.218,79 Ctr. Schweizersalz, und als am 31. Dezember 1865 durch das Aufhören des Akkords mit dem Canton Zürich eine Lieferung von jährlich ca. 40.000 Ctr. auf einmal wegfiel, sah man sich in die Nothwendigkeit gesetzt, die seither noch im Betriebe gestandenen 2 Siedhäuser kalt zu legen. Sämtliche Salinengebäude sind hierauf auf den Abbruch verkauft worden.

1

Während ihres 43jährigen Bestandes sind auf der Saline zu Schwenningen erzeugt worden 3.085.492 Ctr. Kochsalz und 105.123 Ctr. Viehsalz, zusammen 3.190.615 Ctr., wovon 2.377.134 Ctr. in die Schweiz spedirt wurden. Dabei kam auf ein Klafter tannenes Holz anfänglich ein Salzausbringen von 22–26 Ctr., welches später in Folge von Verbesserungen an den Gesiedeinrichtungen,| namentlich mittelst Benützung des abziehenden Dampfes auf 40 bis 44 Ctr. erhöht wurde.

f. Ziegelhütte, 1/4 Stunde westlich von Schwenningen an der Römerstraße unfern der Vicinalstraße nach Villingen gelegen (s. oben).



  1. In neuester Zeit weggezogen.
  2. Literatur: Sturm, F. W., Versuch einer Beschreibung von Schwenningen in der Baar in geognostischer, landwirthschaftlicher und medicinischer Beziehung. Tübingen 1823. Kohler, Tuttlingen, Beschreibung und Geschichte dieser Stadt und ihres Oberamts-Bezirks. Tuttl. 1839. II. S. 151–166.
  3. Das Ortswappen enthält demgemäß einen Schwan.
  4. Obige Gült von 10 Mltr. Vesen aus dem hiesigen Laienzehenten wurde von dem Kl. Wittichen den 9. Dec. 1545 an Jos Münch von Rosenberg überlassen und von dem letzteren den 1. Febr. 1546 an Herzog Ulrich von Württemberg verkauft. Sonst erscheinen im Besitze des Laienzehenten z. B. der Rottweiler Bürger Johanns der Girrer, welcher den 23. Okt. 1397 seinem Schwiegersohn Johann dem Herter zu Rotenburg und seiner Tochter Agathe wegen 300 Pfd. Hllr. Heimsteuer 20 Mltr. Vesen jährlicher Gült aus seinem hiesigen Laienzehnten verpfändet; Margarethe von Jungingen zu Radolfszell, welche den 4. Juli 1412 12 Mltr. Vesen von dem hiesigen Zehenten um 240 Pfd. Hllr. an den Spital zu Ebingen verkauft u. s. w.
  5. Von Bergrath Xeller.


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