« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Rottweil Kapitel B 2 »
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Ortsbeschreibung,

in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 34 Gemeinden oder Schultheißereien, jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt. Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen und III. des Steuerkatasters, des Gemeinde- und Stiftungshaushaltes.


Rottweil,
mit Eisenbahnstation; Spitalmühle, Haus; Fuchsmühle, Haus; Pulvermühle, Haus; Ziegelhütte, Haus; Bleiche, Haus und Ruhe Christi Kirche, Kapelle und Haus.
Gemeinde II. Klasse mit 5135 Einwohnern, worunter 793 Evangelische und 122 Israeliten. a. Rottweil, Stadt, 4207 Einwohner; b. Altstadt, kath. Pfarrweiler, 724 Einwohner; c. Bernburg, Haus, 8 Einwohner; d. Bettlinsbad, Haus, 15 Einwohner; e. Eckhof, Hof, 14 Einwohner; f. Hardthaus, Hof, 15 Einwohner; g. Hegneberg, Hof, 3 Einwohner; h. Hochmauren, Hof, 4 Einwohner; i. Hochwald, Weiler, 45 Einwohner; k. Neckarburg, Hof, 18 Einwohner; l. Rottenmünster, Weiler mit Wilhelmshall, K. Saline, 82 Einwohner.[1] – Katholische und Evangelische Stadtpfarrei; Katholische Filiale von Rottweil: Parzellen Bernburg und Hegneberg; von Altstadt: Hochmauren und Rottenmünster; von Hausen o. R.: Bettlinsbad; von Villingen D.: Hochwald und Neckarburg. Evangelische Filiale von Rottweil: Parzellen Altstadt, Eckhof, Hochwald und Rottenmünster. Die Israeliten sind dem Rabbinat Mühringen zugewiesen; eine Synagoge besteht seit 7 Jahren in Rottweil.
Die Oberamtsstadt, ehemalige Reichsstadt Rottweil liegt unter’m 26° 17′, 16,82″ östlicher Länge und 48° 10′ 6,21″ nördlicher Breite (Heiligkreuzkirche), 22 geometrische Stunden südwestlich von| Stuttgart. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt 2086 württembergische Fuß = 563 M. (Kaufhaus, Erdfläche an der Straßenecke).

Die Stadt ist der Sitz eines Kreisgerichtshofs, unter dem die Oberamtsgerichte Balingen, Freudenstadt, Horb, Oberndorf, Rottweil, Spaichingen, Sulz und Tuttlingen stehen. Die Ehegerichtsbarkeit für den Sprengel des Kreisgerichtshofs Rottweil steht dem Ehegerichte des Kreisgerichtshofs Tübingen zu. Ferner ist sie als Oberamtsstadt der Sitz des Oberamtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat und der Oberamtspflege, des Forstamts, des Kameralamts, des katholischen Dekanatamts und eines Postamts mit Telegraphenstation, einer Hochbau- und einer Straßenbau-Inspection. Das Revieramt ist in Rottenmünster (s. auch den Abschnitt Staats- und kirchliche Einrichtungen). Überdieß wohnen in der Stadt 3 prakticirende Ärzte, 4 Rechtskonsulenten, der Oberamtswundarzt, der Oberamtsthierarzt und der Oberamtsgeometer. Auch befinden sich daselbst 2 Apotheken.

Das Wappen der Stadt war am Ende des 13. Jahrhunderts ein rundes Siegel mit dem Reichsadler und der Umschrift: S. SCVLTETI. DE. ROTWIL. ET. BVRGENSIVM, in der zweiten Hälfte des 15. mit der Umschrift: S. SCHVLTETI. ET. CIVIV. I. ROTWIL. IMP. CVR. Das neue reichsstädtische Siegel war oval, und der Adler darin trug auf der Brust ein goldenes Kreuz; Umschrift: SIGILLVM. CIVITATIS. IMPERIALIS. ROTWILENSIS. Dieses Siegel ist noch im Gebrauch und nur das Wort Imperialis ausgelassen (s. auch Württ. Jahrbücher 1854 Heft 2 S. 111).

Durch die große weite Ausmuldung zwischen dem Schwarzwald und der Alb hat sich der Neckar ein anfänglich unbedeutendes Thal gefurcht; nachdem aber der noch ganz jugendliche Fluß durch die beiden Seitenzuflüße Eschach und Prim gekräftigt worden und zugleich in die Formation des Hauptmuschelkalks eingetreten ist, erhält das Neckarthal plötzlich einen ganz anderen, entschiedeneren Charakter. Die Thalwände werden höher, schroffer und brechen kantig, häufig felsig von der Hochebene gegen den Fluß ein, zugleich geht das ursprünglich mehr gerade gestreckte Thal in ein vielfältig gekrümmtes über (s. hier. oben Abschn. „Natürliche Beschaffenheit“). Gerade nun an der Stelle, bevor das Thal seinen Charakter gänzlich ändert, unzugänglicher, und die Überschreitung desselben äußerst schwierig wird, haben schon die kriegserfahrenen Römer eine namhafte Niederlassung gegründet (s. hier. unten) und ihre Hauptheerstraße über den Neckar geführt.

| Nach Vertreibung der Römer mag ein Theil der Sieger sich in der verlassenen Römerstadt niedergelassen, die noch erhaltenen Gebäude benützt, und neue dazu errichtet haben, wodurch die sog. Altstadt mit der uralten Pelagiuskirche entstand. Aber dieser Punkt war für die im Mittelalter eingetretene Vertheidigungs- und Befestigungsweise nicht mehr tauglich, es wurde ein anderer gesucht und hiezu die eine Viertelstunde nordwestlich von der Altstadt gelegenen Stelle der gegenwärtigen Stadt Rottweil aufs glücklichste gefunden, denn sie hat nun auf der linken Seite des Neckarthales über dem steilen, felsigen Thalrande zwischen zwei schroff eingeschnittenen, in das Neckarthal einziehenden Schluchten eine reizende, von Natur auf drei Seiten feste Lage. Auf der allein zugänglichen Westseite wurde die Stadt künstlich befestigt und vertheidigt. An ihrer Ostseite tritt ein schön modellirter Hügel von dem Neckarthalabhange hinaus und wird von dem Fluß in einem schönen haftenförmigen Bogen umspült, so daß er nur mittelst eines schmalen Sattels mit dem übrigen Terrain zusammen hängt. Dieser Hügel wurde ebenfalls befestigt und bildete ein starkes Vorwerk der ohnehin festen Stadt. Die Stadt selbst, legte man, wie man noch jetzt sieht, nach einem sinnreichen Plane als ein beinahe regelmäßiges Viereck an, das durch zwei breite Straßen rechtwinklich gekreuzt und in 4 ziemlich gleiche Theile getheilt wird. Gegen Osten, Süden und Westen endigten 3 von diesen Straßen ursprünglich an den 3 Thoren der Stadt, vor denen alsdann befestigte Vorstädte erbaut wurden.

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Neben dieser für einen festen Platz so überaus günstigen Lage entfaltet die nächste und entferntere Umgegend der Stadt mannigfaltige landschaftliche Reize. Gegen Osten schweift der Blick über das freundliche Neckarthal hinweg an die nahe herantretende Keuperterrasse, über der sich ein fruchtbares mit stattlichen Ortschaften belebtes Flachland ausbreitet, in dessen Hintergrund sich die Alb (Heuberg) mit ihren kühnen Vorbergen majestätisch erhebt. Gegen Süden öffnet sich dem Auge das breite liebliche, aus bewaldeten Keuperbergen hervortretende Primthal, durch dessen üppigen Wiesengrund das muntere Flüßchen dem Neckar zueilt. Den Hintergrund bildet ebenfalls die Alb mit dem Dreifaltigkeitsberg. Etwas mehr gegen Süden wird der einsiedlerische, frei sich erhebende Hohenkarpfen noch sichtbar. Im Rücken der Stadt, gegen Westen, dehnt sich ein ebenes, fruchtbares, von Wiesengründen und kleinen Wäldern angenehm unterbrochenes Ackerland aus, allmählig hügeliger und unfruchtbarer werdend, bis es in den einen dunklen Hintergrund bildenden Schwarzwald übergeht. Wendet man sich gegen Norden, so übersieht man ein weites mit stattlichen Ortschaften belebtes Flachland, durch das sich der| Neckar sein tiefes, enges, phantastisch gewundenes Thal gefurcht hat; an seinen steilen Abhängen ragen aus dunklen Tannenwäldern auf grauen Felshäuptern oder frei gewordenen Hügeln malerische Trümmer ehemaliger Burgen ernst hervor. Im allgemeinen bietet die Umgegend von Rottweil viele landschaftliche Abwechslungen, die jedoch mehr einen pittoresken und strengen als wirklich milden Charakter an sich tragen.

Treten wir nun in die Nähe der Stadt Rottweil, so erfreuen uns die schönen Ansichten, die uns diese echt mittelalterliche, wohl befestigte Bergstadt von verschiedenen Seiten bietet. Aus der noch mit der alten festen Ringmauer umgebenen Stadt steigen neben manchen alterthümlichen Hausgiebeln die herrlichen Kirchen und Thürme hervor, auf der höchsten Stelle der weithin die Gegend beherrschende Hochthurm; und rings um die Stadt liegen freundliche, häufig sehr hübsche Gärten, theils zum Vergnügen, theils nutzbringend angelegt.

Machen wir nun einen Gang um und durch die Stadt[2] selbst und nehmen unseren Weg von Altstadt her gegen die Südseite der Stadt, wo wir die aus ansehnlichen modernen Gebäuden bestehende Hochbrücken-Vorstadt erreichen; hier erinnert zuerst auf einem freien, mit Linden besetzten Platz der ehemalige Hofgerichtsstuhl an die frühere Bedeutung der Stadt, derselbe ist aus Buntsandstein in schönem Rococostil gefertigt und mit dem riesenhaften Reichsadler an der Rückenlehne geschmückt, an der Hinterseite steht die Jahreszahl 1781. Die Hochbrücken-Vorstadt war ursprünglich ummauert und mit einem Hauptthor und zwei kleinen Nebenthoren versehen. Am südlichen Anfang der Hochbrücke stand ein großer starker Thorthurm, und bildete mit den übrigen Befestigungen einen Brückenkopf zu der Hochbrücke; diese war ursprünglich mit Dielen, die abgetragen werden konnten, belegt. Jetzt ruht die Brücke auf zwei kühnen über den breiten Stadtgraben gesprengten, 72′ hohen Schwippbögen. Am anderen nördlichen Ende der Hochbrücke stand abermals ein Thorthurm, der sog. Wagdenhals, durch den man in die eigentliche befestigte Stadt gelangte. An diesen Thurm lehnte sich nun auf beiden Seiten die heute noch größtentheils erhaltene Stadtmauer und lief schnurgerade in östlicher Richtung bis an die Südostecke, in westlicher bis an die Südwestecke der Stadt. Außerhalb der Mauer zieht eine tiefe natürliche Schlucht vom Neckarthal herauf und vertrat hier die Stelle des Stadtgrabens; sie war auf beiden Seiten künstlich aufgemauert und hiedurch noch mehr unzugänglich gemacht. An dieser Südseite der Stadt stand, außer dem| Wagdenhalsthurm bei der Hochbrücke, der rothe Thurm, auch Hexenthurm genannt, an der Südwestecke der Stadt, zwischen diesem und dem Altröhrenthurm ein runder Thurm, der sogenannte Mehlsack; an der Südostecke der Stadt erhob sich der sehr ansehnliche Johannisthurm und zwischen diesem und dem Wagdenhalsthurm ein kleinerer runder Thurm. Außer dem an dieser Stadtseite befindlichen Hochbrückenthor bestanden zwischen dem Wagdenhalsthurm und dem Mehlsack das Altröhren-Thörlein und am Ende der St. Johannisgasse das St. Johannis-Thörlein. Von der Südwestecke der ursprünglichen Stadt lief die theilweise noch sichtbare Stadtmauer mit tiefem Vorgraben (Schützengraben genannt, weil sich hier die Armbrustschützen übten) parallel mit der oberen Hochmaienstraße bis an das schwarze Thor, das sich mit seinem Thurm noch erhalten hat, und weiter parallel mit der Oberamteistraße bis zur Nordwestecke der Stadt, wo sich der Predigerthurm erhob. Auch hinter dem Gasthaus zu den drei Königen stand an dieser Stadtseite ein weiterer runder Thurm. Diese gegen Westen gekehrte Seite der ursprünglichen Stadt war nun von Natur am leichtesten zugänglich und überdieß von höherem Terrain überragt; es mußte daher bei Zeiten darauf bedacht genommen werden, dieselbe stark zu befestigen und zu diesem Zwecke wurde auf der höchsten Stelle des bedeutend ansteigenden Terrains der großartige Hochthurm errichtet. Derselbe, bis zum Knopf 189,39 w. F. (54,26 m.) hoch, ist viereckig, mit scharfen Eckkanten, aus starken Buckelquadern (Kalktuff und Muschelkalkdolomit) erbaut, hat in seinen unteren älteren Theilen 12′ dicke Mauern und nur 8′ im Lichten, während die Außenseiten je 32′ lang sind. Gegen oben verjüngen sich die Mauern, so daß der Thurm 18′ im Lichten erhält. Im alten Theil des Thurmes befinden sich auf der Süd- und Nordseite je zwei schmale Lichtöffnungen (Schießscharten). Die Westseite ist ohne Lichtöffnung, dagegen war die gegen die Stadt gerichtete Ostseite ursprünglich offen und wurde erst später zugemauert. Sie hat drei Bogenöffnungen über einander, die oberste sehr hohe ist im Spitzbogen, die beiden untern sind im Rundbogen gewölbt und ruhen auf romanischen Kämpfern. Dieser Umstand, daß der Thurm gerade auf der gegen die Stadt gerichteten Seite offen war, beweist entschieden, daß er nie allein stand, sondern gleich bei seiner Errichtung in die Befestigungswerke der Stadt gezogen wurde. Man ließ ihn gegen die Stadt hin offen auf den Fall, daß, wenn er in die Hände der Feinde gefallen wäre, diese gegen die Stadt nicht schützte und daher auch nicht behauptet werden konnte. Ähnliche gegen befestigte Städte offen gelassene Thürme trifft man häufig an alten Stadtmauern. Freistehend würde demnach der Hochthurm ganz zwecklos gewesen sein, deßhalb müssen von ihm aus von jeher befestigte| Linien einerseits bis an die Südwestecke, andererseits bis an die Nordwestecke der ummauerten Altstadt angelegt gewesen sein, sie sollen anfänglich aus einem Graben und Pallisadenwerk bestanden haben (?) und an ihre Stelle erst später die Mauern getreten sein. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, daß die Mauern zugleich mit dem sehr alten Thurm angelegt wurden, hiefür spricht ihre mit dem Thurm übereinstimmende Konstruktion und die sichtliche ehemalige Verbindung mit demselben, die nur mit Gewalt von dem Thurmgemäuer abgespitzt werden konnte; und zwar ließ man vom Hochthurm aus zum Theil noch erhaltene Doppelmauern mit Vorgraben herablaufen. Es entstand hiedurch ein beinahe gleichschenkeliges Dreieck, dessen Basis die westliche (innere) Stadtmauer bildete, von der aus die beiden Schenkel des Dreiecks am Hochthurm zusammen liefen. Überdieß wurde an dieser Spitze noch eine besondere Bastion errichtet, die laut einer daran befindlichen Inschrift im Jahr 1608 ausgebessert wurde (s. v. Langen S. 30). Eine vortreffliche Fortifikation, die dem Feinde keine breite Angriffsseite, sondern nur eine weit schwerer zu bewältigende Spitze entgegenstellte. Der oberste Theil des Thurmes ist viel jünger, stammt aus spätgothischer Zeit, geht in ein niederes Achteck über und endigt in einem hohen achtseitigen Helm; an dessen Beginn läuft ein mit schönem schmiedeisernem Geländer versehener Umgang umher, von dem aus man eine herrliche Aussicht genießt. Unter diesem Umgang tritt gegen Osten ein über Eck gestelltes gothisches Erkerchen zierlich hinaus; auch treten nach oben an den alten Theilen des Thurmes Kragsteine heraus, die einst eine hölzerne Altane (Laufgang) trugen. An manchen der Buckelquader zeigen sich als Steinmetzzeichen griechische Kreuze. An dem Hochthurm stand das Waldthor, von dem ein Allmandweg durch den ehemaligen innerhalb des umfriedigten Dreiecks gelegenen, jetzt noch stehenden, jedoch veränderten Alpirsbacher Pfleghof in die Stadt führte. Später ging das Waldthor ab und es wurde an der südwestlichen Seite des Dreiecks das sog. „neue Thor“ errichtet, über dem sich ein fester Thurm mit Zinne erhob; es wurde ebenfalls später abgebrochen. An dem Thorthurm stand die Jahreszahl 1546, die jedoch wahrscheinlich nur die Zeit einer Renovation anzeigte, da schon im Jahre vorher dieses Thor in einem Kaufbrief erwähnt wird. An dem nordwestlichen Schenkel des Dreiecks stand der Pulverthurm, dessen Grundmauern im Jahr 1874 bei Anlegung des Wasserbassins wieder aufgefunden wurden. Weiter unten stand der Flötlinsthurm, durch den ein Thor führte, außerhalb desselben wurde im Jahr 1587, wie das Rathsprotokoll vom 25. Juli dieses Jahres sagt, eine ansehnliche Bastei errichtet, „weil die Stadt hier sonderlich blos sei.“ Innerhalb des Dreiecks stand ursprünglich| nur der Alpirsbacher Pfleghof und der übrige Raum wurde als Garten- und Ackerland benüzt, das zur Zeit einer Belagerung der Stadt den Bewohnern zum Theil die nöthigsten Lebensmittel lieferte. Später wurde der Raum theilweise überbaut und es entstand ein neuer Stadttheil, eine befestigte Vorstadt, der Waldthorort, im Munde des Volks Walterort genannt, durch die gegenwärtig die Neuthorstraße, die Hochthurmgasse und die Flötlinsthorstraße führen. Von der Stelle, wo der nordwestliche Schenkel des Dreiecks an die eigentliche Stadtmauer, die ebenfalls aus großen Buckelsteinen erbaut ward, sich anschloß, bildete eine natürliche tiefe Schlucht, der Nägelisgraben genannt, den Stadtgraben und die nördliche Stadtmauer lief zunächst an der Schlucht hin bis zur nordöstlichen Ecke der Stadt. An dieser Stadtseite stand in der Nähe des ehemaligen Dominikaner-Klosters der Predigerthurm (s. oben) und an der Nordostecke der Stadt steht noch heute der Bockshofthurm, so genannt von den Herren v. Bock, denen der Hof gehörte; von diesem Hof ging ein Thörlein in den Nägelisgraben, wegen seines wilden Charakters auch die Hölle genannt. Von der Nordostecke der Stadt läuft nun die Stadtmauer oben an der steilen und felsigen Neckarhalde hin und macht dort eine starke Ausbiegung bis zum abgegangenen unteren Thor, über dem sich ein starker Thurm erhob, von da macht sie wieder eine Biegung rückwärts und läuft bis an die Südostecke der Stadt. An dieser Ostseite der Stadt stand auf dem schon oben angeführten, gegen den Neckar vordringenden, schroff und felsig abfallenden Vorhügel die abgegangene Vorstadt „Au“; sie war in die untere und obere Au abgetheilt und ebenfalls mit einer starken Ringmauer befestigt, die auf der nördlichen Seite, zunächst dem früheren unteren Thor, den sog. Rankweg hinablief und von der Rankecke in östlicher Richtung am Neckar zu der Bruderschaftsmühle hinzog; von da lief sie bis zur Schömberger Brücke, wo ein Thor stand, weiter den östlichen Thalabhang hinan und schloß sich wieder an die östliche Stadtmauer an. Nach der noch vorhandenen Zeichnung von Merian (s. die Zeichnung) war auch die obere Auvorstadt noch mit einer besonderen Mauer umgeben. Auch war sie von der eigentlichen Stadt durch einen theils natürlichen, theils künstlichen Graben getrennt und mittelst einer Zugbrücke (jetzt steinernen Brücke) verbunden, die gerade an dem unteren Thor hinüber in die Vorstadt durch einen festen Thorthurm führte. Außer diesem Thor, in dessen Nähe die St. Michaelskirche stand, hatte die Vorstadt Au noch zwei weitere Thore mit Thürmen, eines am Rankweg und eines an der Schömberger Brücke. Jenseits der letzteren scheint auf der rechten Seite des Neckars an dem sog. „Bürgle“ ein Brückenkopf bestanden zu haben. In der| Nähe der Auvorstadt oberhalb der jetzigen Spitalmühle bei dem sog. Öschle lag noch eine Art Vorstadt, Angstdorf genannt, nach der die Spitalmühle früher Angstmühle genannt wurde. Die Bewohner dieses Orts begaben sich schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts nach Abbrennung ihres Wohnsitzes in die Auvorstadt (s. Ruckgaber S. 32.)

Fassen wir noch einmal die ganze Befestigung der Stadt ins Auge, so ergibt sich uns die eigentliche quadratische, auf allen vier Seiten ummauerte Stadt, auf drei Seiten schützen sie breite Schluchten, und wo diese ausgehen, gegen Westen und an einem ganz schmalen Theil der Ostseite, sind tiefe Gräben angelegt und überdieß diese beiden Punkte durch zwei gewaltige Bollwerke beschirmt, im Osten durch die mit oberer und unterer Mauer umschlossene Vorstadt Au, im Westen durch die eigentliche Citadelle der Stadt, das mit Graben und Doppelmauer umfaßte, zum Hochthurm ansteigende Dreieck. Mit Hilfe der Merian’schen Zeichnung können wir uns noch heute ein Bild von dieser ehemals wohl befestigten, imposanten, mit Thürmen Thoren, Mauern, Gräben etc. reich versehenen Stadt entwerfen. Im Laufe der Zeit, namentlich im gegenwärtigen Jahrhundert, hat die Stadt leider vieles von ihrem altehrwürdigen Schmuck verloren, die Thore mit ihren Thürmen und manche andere Stadtmauerthürme mußten mit Ausnahme des schwarzen Thors und des Bocksthorthurmes fallen, die Fallbrücken, welche über den Stadtgraben führten, sind in feste Brücken verwandelt und der Graben größtentheils ausgefüllt worden. Die Befestigung der Hochbrücken-Vorstadt ist abgegangen und die Auvorstadt ist bis auf wenige Häuser verschwunden. An die Stelle der Bastion beim Hochthurm sind jetzt schattige, mit Ruhebänken versehene Anlagen getreten, die den Rottweilern einen äußerst angenehmen Erholungspunkt mit lieblicher Aussicht gewähren und in neuester Zeit bis herab zum Flötlinsthor erweitert wurden; hier fand auch die schöne spätgothische Brunnensäule, die früher an der Hochbrücke (s. unten) stand, eine sehr passende Aufstellung. Die Stadtmauern sind erniedrigt und ihrer Zinnen, wie auch ihres Umlaufes beraubt worden, theilweise ganz abgegangen, ebenso wurden die Stadtgräben streckenweise eingeebnet. Dennoch hat sich der Charakter einer im Mittelalter wohl befestigten ansehnlichen Stadt nicht ganz vertilgen lassen und immer noch gewährt Rottweil, schon von außen gesehen, ein sehr ansprechendes Bild, das die ehemalige Bedeutung und Befestigung des Orts sichtlich verräth.

Wir gehen nun zurück auf die Hochbrücke, um von hier aus in die Stadt einzutreten, zuvor aber werfen wir noch einen Blick in das von malerischen Mühlen und den imposanten Bahnhofgebäuden| freundlich belebte Neckarthal, über das hinweg das Auge an den nahen Waldbergen und in weiterer Entfernung an den großartigen Formen der Alb so gerne verweilt. Auf der Brücke selbst steht ein schönes nach dem Entwurfe des Professors Hölder von seinem achtzehnjährigen Schüler Michael Holl aus Hagen bei Hall in Werkstein gearbeitetes Marienbild, das leider in neuester Zeit durch rohe Hände verstümmelt, aber glücklich wieder hergestellt wurde. Treten wir nun in die Stadt selbst ein und erfreuen uns an der schönen breiten Hochbrückenstraße, weiter hin Friedrichsplatz genannt, die von Süd nach Nord durch die Stadt bis an die evangelische Kirche führt; sie wird von Süd nach West, von der bis zum schwarzen Thor ziehenden Hauptstraße, so ziemlich in der Mitte der Stadt rechtwinklich durchkreuzt und durch diese Kreuzung ist die beinahe viereckige ursprüngliche Stadt in vier ziemlich gleiche Viertel getheilt und zwar: in den hl. Kreuzort, den Sprengerort, den St. Lorenzort und den St. Johannisort. Der hl. Kreuzort, auch Judenviertel genannt, umfaßt das nordwestliche Viertel der Stadt und hat seinen Namen von der in ihm stehenden hl. Kreuzkirche, der Sprengerort (südwestliches Viertel), schon 1319 genannt, der St. Lorenzort (nordöstliches Viertel), er schließt die auf dem Gottesacker stehende St. Lorenz-Kapelle in sich und der St. Johannisort (südöstliches Viertel), von der früher in seinem Bereich gestandenen St. Johanniskirche so genannt. Die an der westlichen Seite der ursprünglichen Stadt in dem Befestigungsdreieck später entstandene Vorstadt erhielt von dem beim Hochthurm gestandenen Waldthor den Namen Waldthorort (Walterort). Mit den sich durchkreuzenden, die Stadt in 4 Viertel theilenden Hauptstraßen, laufen nun die Seitenstraßen jedes Viertels beinahe parallel, woraus die sehr regelmäßige Anlage der Stadt ersichtlich ist. Die Seitenstraßen und Gassen sind meist enge, jedoch reinlich, gepflastert und gut gehalten, während die breiten, in ganz gutem Zustande sich befindenden Hauptstraßen in der Mitte macadamisirt, und nur auf beiden Seiten gepflastert sind. Von den Straßen läuft die Hauptstraße von dem ehemaligen untern Thor bis zum schwarzen Thor ziemlich bergan, während die Hochbrückenstraße von dem ehemaligen Hochbrückenthor bis zur Kreuzung der beiden Hauptstraßen eben und erst weiter hin etwas bergan geht. Die parallel laufenden Nebenstraßen haben ähnliche Neigungen. Eine besondere Annehmlichkeit der Stadt ist, daß die meisten Straßen Aussichten in das Freie gestatten, so daß ein Blick die Straßen entlang fast immer mit einem freundlichen Landschaftsbild geschlossen wird.

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Von öffentlichen Plätzen nennen wir: den mit Kastanienbäumen besetzten Kirchenplatz bei der hl. Kreuzkirche, den Marktplatz (Mathildenplatz) ein Theil der breiten Hochbrückenstraße, den| Friedrichsplatz, der die Verlängerung der Hochbrückenstraße bildet, der Platz vor der Realschule (ehem. Hofgerichtsgarten) und der ehemalige Begräbnißplatz bei der Lorenzkirche, auf dem noch einige alte Grabsteine stehen.

An den Straßen und Plätzen lagern nun ganz gedrängt die im allgemeinen nicht großen, und mit Ausnahme einiger neuerer Gebäude, größtentheils aus dem Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts stammenden Häuser, deren meist aus Stein aufgeführte Unterstöcke jedoch häufig einer früheren Zeit angehören, während die übrigen Stockwerke größtentheils aus Tannenholz errichtet sind. Die Gebäude stehen nicht, wie in anderen alten Städten, mit den Giebelseiten, sondern mit den Breitseiten gegen die Straßen und sind häufig mit niederen, altväterischen Fenstern versehen. Beinahe ein Drittel der Gebäude zieren hübsche Erker, die entweder über ein Stockwerk, nicht selten auch über 2 und 3 Stockwerke hinaufreichen. Die Erker bilden meist halbe Sechsecke, an den Eckhäusern dreiviertel Acht- oder Zehnecke und sind theilweise an den Brüstungen mit kunstreichen Holzsculpturen (Laub- und Blumenwerk, Wappen etc.) reich verziert (s. hier. auch unten). Diese niedlichen Erker an den heimlichen Häusern sind es hauptsächlich, die der Stadt einen so gemüthlichen Charakter verleihen und neben ihnen imponiren um so mehr die einzelnen öffentlichen, theilweise großartigen Gebäude, namentlich die herrlichen Kirchen, und verkündigen den schon lange eingebürgerten Wohlstand der ehemaligen Reichsstadt.

Von öffentlichen Gebäuden nennen wir in erster Linie die Kirchen und zwar:

1. Die Heiligkreuzkirche. Sie steht hoch im nordwestlichen Theile der Stadt auf einem freien mit Linden- und Kastanienbäumen besetzten Platze, und stammt aus drei verschiedenen Zeiten, die sich unschwer an ihr nachweisen lassen (s. auch den beigegebenen Grundriß). Der erste Bau fällt in den Beginn des dreizehnten Jahrhunderts, zeigte den Übergang vom Rundbogen- in den Spitzbogenstil: davon ist noch erhalten das Westportal, der das südliche Seitenschiff der Kirche unterbrechende Thurm, die beiden an ihn stoßenden spitzbogigen und auf drei viereckigen Pfeilern ruhenden Arkaden des Mittelschiffes und die unteren Theile des Triumphbogens. Die damalige Kirche war eine gestreckte, dreischiffige, flachgedeckte Pfeiler-Basilika; die bescheidene Ausdehnung ihrer niedrigen Nebenschiffe und des noch einmal so hohen Mittelschiffes, das die Breite des jetzigen Mittelschiffes hatte, erschaut man noch im Umriß an der Westfront der jetzigen Kirche. – Hundert bis hundert und fünfzig Jahre später wurden in den edlen Formen der entwickelten Gothik der das Mittelschiff der Kirche bedeutend überragende Chor| und die nördlich daran stoßende Sakristei errichtet. Der letzte, den ganzen Plan der Kirche verändernde Umbau geschah sodann zu Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts; die Jahreszahlen gehen hier von 1497–1534.

Die Abmessungen der Kirche sind jetzt folgende: Die lichte Breite des Langhauses beträgt im Ganzen 94 württemb. Fuß (1 w. F. = 0,286 m), hievon kommen auf die lichte Breite des Mittel-(Hoch)schiffes 28, die lichte Breite des südlichen Seitenschiffes sammt den Kapellen 27, ohne die Kapellen 19, auf die lichte Breite des nördlichen Seitenschiffes sammt den Kapellen 31, ohne Kapellen 22 F.; das südliche Seitenschiff ist also um 3 F., und seine Kapellen sind wieder um 1 F. schmäler. Ohne Zweifel verhinderte das Stehenbleiben des spätromanischen Thurmes (s. Grundr.) die weitere Verbreiterung des südlichen Seitenschiffes, man mußte seine Südmauer in die Südflucht des Thurmes bringen. Die Entfernung eines Arkadenpfeilerkernes vom andern beträgt 18 F., die ganze lichte Länge der Schiffe 150 F. beiläufig, die ganze lichte Länge der Kirche 203 F., hievon kommt auf den Chor bei 36 F. lichter Breite eine lichte Länge (samt dem Triumphbogen) von 54 F. (oder 11/2 × 36). Wäre das südliche Seitenschiff ebenso breit wie das nördliche gemacht worden, so hätten wir eine äußere Breite der Kirche, welche die Hälfte der äußern Länge (214 F.) betrüge, aber auch so ist die Breiten- zur Längen- und Höhenentwicklung außergewöhnlich groß. Die ganze Breite der ursprünglichen Basilika war wohl nur 70 F., weil die noch nachweisbare äußere des romanischen Hochschiffes 35 F. beträgt.

Betrachten wir die Kirche, die nach dem Gesagten von außen keine einheitliche Wirkung machen kann, genauer. Die Westseite bildet jetzt eine breite mit einigen spätgothischen Maßwerksfenstern belebte Fronte, weil nach dem letzten Umbau zu Ende des 15. Jahrhunderts das Hochschiff nur wenig über die Seitenschiffe emporragend gemacht wurde. Das Portal erinnert noch an den ersten, und das streng gefüllte Spitzbogenfenster des nördlichen Seitenschiffes an den zweiten Bau der Kirche. Das Portal treppt sich dreimal mit je einem Säulchen in der Ecke ein, die Kapitelle der Säulchen wurden in der Renaissancezeit durch etwas unförmliche korinthische ersetzt und über ihnen schließt sich die hier fortgesetzte so reiche Gliederung der Portalwände in gedrücktem Spitzbogen zusammen; über ihm ein großes spätgothisches Fenster. Die ganze Westseite der Kirche sitzt (wohl noch von dem Brandschutte des Jahres 1696 her) viel zu tief im Boden, so daß zum Portale sechs Stufen hinabführen; was seine Schönheit sehr beeinträchtigt, und dann führen erst noch einige Stufen auf den Boden der Kirche hinab. Noch ist zu bemerken, daß oben in der Westfaçade| ein Theil einer sehr alten Grabplatte eingemauert ist, darstellend die untere Hälfte einer eingeritzten Figur mit Abtsstab.

Das dreischiffige Langhaus der Kirche markirt sich gegen außen mit hohen Seitenschiffen, die von ziemlich breiten spätgothischen Fischblasenfenstern durchbrochen, und von den nur schwach und über Eck vortretenden stumpf an das Dachgesims anstoßenden Strebepfeilern belebt werden, weil die Hauptmasse dieser Pfeiler nach innen gezogen ist, und hier tiefe Kapellen bildet. Die größte Kapelle, dem hl. Nepomuk geweiht, nimmt den Raum südlich vom Hauptschiff und westlich vom Thurm ein, trägt oben an ihrer Südwestecke die Jahreszahl ihrer Vollendung 1534, und ist im spätesten gothischen Geschmack gehalten. Die ganze Anlage der Kirche erinnert sehr an die der Stiftskirche zu Stuttgart. Das Mittelschiff steigt nur wenig über die Pultdächer der Seitenschiffe hinauf und wird von ganz kleinen Rundfensterchen durchbrochen.

Höher aber ist der Chor, der zu den schönsten Chören der gothischen Baukunst gezählt werden darf. Starre, strenge, weit vorspringende Strebepfeiler steigen an ihm hinauf und gehen in blumige Giebel aus; dazwischen hohe, viertheilige, prachtvoll gefüllte Spitzbogenfenster. Denselben Stil zeigt die nördlich angebaute zweistockige Sakristei. Unter und über den Chorfenstern ziehen sich – eine in Rottweil beliebte Anordnung – kleine, mit dem Drei- oder Vierblatt gefüllte Rundfensterchen hin.

Der sehr stattliche, hohe viereckige Thurm, mit sehr dicken Mauern und einer Wendeltreppe in der Mauerdicke, ist in seinen drei untern Geschossen spätromanisch, hat wulstige Rundbogenfriese und im dritten Geschoß wirklich großartige Bogenfenster; in denselben tragen Säulchen, mit sehr schönen Blätterkapitellen, das aus zwei Spitzbögen und einem Kreis zusammengesetzte urthümliche Maßwerk; alles in großen kraftvollen Formen und von prächtiger Wirkung. Das erneuerte vierte Geschoß des Thurmes enthält vier große spitzbogige Schallfenster mit großlöcherigem gothischem Maßwerk, und hat über sich ein kolossales achteckiges, mit Kupfer gedecktes Zeltdach, aufgesetzt nach dem Brande von 1696. Das hübsche schmiedeiserne Kreuz darauf wiegt 4 Centner 84 Pfund, ist 211/2 Fuß hoch und 13 Fuß breit. Die in seiner Mitte befindliche Kugel verschließt eine Denkschrift zur Erinnerung an die große Feuersbrunst am 29. August 1696. An den vier Ecken des Daches springen vier schöne kupferne Drachen heraus.

Vor dem Haupteingang in das südliche Seitenschiff wölbt sich ein zierlicher, auf zwei reichgegliederten Freipfeilern ruhender Vorbau, der zugleich mit der Nepomukskapelle in einem schon mit Renaissanceformen vermischten Stil erbaut wurde. Über den zum Theil| verwitterten Kapitellen der beiden Freipfeiler stehen auch theilweise beschädigte steinerne Figürchen: Christophorus, Barbara, Christus u. s. w., und an den Schmalseiten der Vorhalle auf Konsolen die vier Kirchenväter. Den schönen Schlußstein des verschlungenen Netzgewölbes ziert ein Engel, den Stadtadler haltend, und über dem Eingang ist eine treffliche, leider weiß getünchte Steinskulptur mit der Jahreszahl 1441 angebracht: Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, mit St. Georg und einer weiblichen Heiligen. Zum Gekreuzigten schweben vier schön geflügelte Engel herbei. An der Südseite des Chores befindet sich sodann in Holz geschnitzt ein großer Ölberg, in sehr spätem gothischem Geschmack und von keinem bedeutenden Kunstwerth.

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Das durchaus gewölbte Innere der Kirche macht einen sehr schönen und harmonischen Eindruck, bewirkt durch die durchgängige Wölbung und Bemalung, das Fehlen aller Emporen, die stolze Höhe des Hauptschiffes, die Auflösung der Langwände der Seitenschiffe in Kapellenreihen und die Erfüllung der Chorfenster mit prächtigen Glasgemälden. Reich belebt mit Kehlen und Rundstäben steigen die Mittelschiffpfeiler empor und verbreiten im Hauptschiff und in den Seitenschiffen vielgestaltige, scharfgerippte, mit zahlreichen Schlußsteinen geschmückte Netzgewölbe, wozu der schlanke, von starken Rippenkreuzgewölben übersprengte Chor einen trefflichen Abschluß bildet, während in sämtlichen Kapellen wieder prächtige Netzgewölbe sich verzweigen. Alles schön bemalt mit Flammen und Blumen, im Chor mit goldenen Sternen auf blauem Grund. Das Mittelschiff hat an seinen reich gegliederten Pfeilern die (neueren) Gestalten der zwölf Apostel, auf hölzernen Konsolen stehend, ist beträchtlich über die Seitenschiffe erhöht, doch nicht so, daß es eigene Fenster erhalten konnte, und zeigt an seinem sternartigen Netzgewölbe 14 große und mehrere kleinere Schlußsteine, die theils Rottweiler Patrizierwappen, eines darunter mit der Jahreszahl 1517, theils die Bildnisse verschiedener Heiliger enthalten, wie des Nikolas, Paulus, der Margareta, Katharina, Maria, Barbara, des Sebastian. Die Jahreszahl 1517 bezeichnet ohne Zweifel das Jahr der Überwölbung des Hochschiffes; bedeutend früher wurden die Seitenschiffe zugewölbt, am frühesten das südliche. Auf einem seiner östlichen Schlußsteine steht: H. Wegele. Kircher. 1497; auf den andern hier befindlichen Schlußsteinen, es sind im Ganzen 18, sieht man wieder verschiedene Heilige dargestellt: Apostel, Engel mit Schweißtuch, eine Heilige mit egyptischem Kreuz (Julia?), dann Barbara, Ursula, Katharina, Christuskopf, Stadtadler, Dornenkrone und zuletzt im äußersten Osten das Meisterzeichen des Baumeisters. – Dasselbe findet sich auch an der Leonhardskirche zu Stuttgart und an der Stadtkirche zu| Markgröningen. Die Schlußsteine des nördlichen Seitenschiffes enthalten wieder ähnliche Darstellungen, darunter eine Heilige mit Winkelhacken und Hammer, dann St. Reinhold, Johannes den Täufer, Johannes den Evang., Andreas, Nikolas, das Zeichen des Baumeisters, das Stadtwappen, Barbara, Erasmus, Katharina, dann Marterinstrumente, Christi Brustbild segnend, u. s. w.; auf einem der Nebenschlußsteine steht das Jahr der Überwölbung 1504. Die frühgothischen, schönen Rippenkreuzgewölbe des Chors, zum Theil auf herrlichen Blätterkonsolen ruhend, haben auf ihren drei Schlußsteinen prachtvolle Blätterkränze und auf dem östlichsten das Lamm Gottes.

Kapellen (im Ganzen 14) ziehen sich an Kirche und Chor hin; betreten wir die Kirche von Westen, so zeigt sich zuerst rechts die große Taufkapelle (Nepomukskapelle). Auf einem der drei Schlußsteine ihres schönen spätgothischen Netzgewölbes, das auf Fratzenköpfen ruht, sieht man Stifter und Stifterin vor einem Häfelein, aus dem ein Crucifixus hervortaucht. Von sämtlichen Kapellen ist wohl am schönsten gewölbt, die am Südeingang der Kirche gelegene; ihr prächtiges Netzgewölbe ruht auf sehr kunstvoll gearbeiteten Trägern: Fratzen, dem Brustbild des Baumeisters (?) und denen der vier Evangelisten; der Schlußstein enthält, gleichwie auch der der gerade gegenüber liegenden Kapelle, das Zeichen des Baumeisters. Die südlich an den früher frei stehenden Chor gebaute Kapelle ist nichts anderes als die östliche Endigung des südlichen Seitenschiffes und war vor der Restauration offen, sie enthält die Fortsetzung seiner reichen Netzgewölbe, viele Schlußsteine und burleske Konsolen mit Thier- und Fratzengebilden; auf den Schlußsteinen sieht man Marterwerkzeuge, Agnus dei, Christi Haupt auf dem Schweißtuch, und wieder das Zeichen des Baumeisters.

Außer dieser so reichen baulichen Ausstattung besitzt die Kirche eine Menge vortrefflicher Werke der Bildschnitzerei, dann schöne Ölgemälde, und die Fenster des Chores strahlen in prachtvollen modernen Glasmalereien, gestiftet von König Wilhelm. Es sind die fünf östlichsten Chorfenster. Das erste Fenster links enthält als Hauptbild den Sündenfall, darunter die Austreibung aus dem Paradies, oben Isaaks Opferung; das nächste im Hauptbild Christi Geburt, unten den englischen Gruß. Das mittlere Fenster zeigt in herrlichem Laubwerk sechs Engel mit Marterwerkzeugen, unten steht die Inschrift: Gezeichnet und gemalt von Gebrüder Kellner in Nürnberg 1841.

Im vierten Fenster sieht man als Hauptbild die Grablegung, unten Auferstehung, oben Himmelfahrt. Das fünfte stellt den verewigten König Wilhelm (in württembergischer Militäruniform) dar und die allegorische Gestalt der Stadt Rottweil, der König steht, die| Rottweilia kniet vor einem Altar, worauf ein Krucifix; ganz oben die hl. Dreifaltigkeit; unten liest man, daß König Wilhelm diese Glasgemälde gestiftet habe im Jahr 1841, ferner: „Erfunden von Carl Heideloff.“ In den übrigen zwei Chorfenstern (gegen Süden) befinden sich in den Maßwerksfüllungen noch Reste von altgothischen Glasmalereien. Auch das in der Westfaçade der Kirche hinter der Orgel angebrachte gothische Fenster enthält eine moderne Glasmalerei, die hl. Cäcilia. Der schöne neue Hochaltar ist durchaus vergoldet, nur der darauf stehende große und großartige, tiefergreifend behandelte Krucifixus stammt aus spätgothischer Zeit. Der frühere Hochaltar war kolossal, im Renaissancestil, und besaß ein großes Ölgemälde, Christus am Kreuz, von Maler Christoph Kraft. Derselbe erhielt nach einem Rathsbescheid vom 16. Januar 1659 dafür 250 fl., samt Nachlaß einer Kapitalschuld von 30 fl., und der verfallenen dreijährigen Zinsen. Hinter dem Hochaltare zieht sich eine Reihe von schönen frühgothischen steinernen Wandnischen hin, zum Theil tüchtige neuere Ölgemälde, Darstellungen aus der Leidensgeschichte, enthaltend; das beste darunter, die Geißelung Christi, ist auf Holz gemalt und hat die Unterschrift: Melchior Drescher 1620. Elisabeta Dreüerin Sein Ehliche Hausfraw. gnad Ier gott. Amen. Dabei die Wäppchen beider Stifter. An der Nordseite des Chors, links vom Hochaltar, erblickt man sodann ein sehr schönes gothisches, von Fialen umfaßtes Sakramenthaus von Stein, mit einem herrlichen Adler im geschweiften Spitzbogenfeld und mit reichem, vergoldetem Schmiedeisengitter. An der gegenüberliegenden Südwand halten zwei al fresco gemalte, gothische Engel ein Teppichmuster. An derselben Wand hängt oben ein schönes altdeutsches Gemälde auf Goldgrund, Christi Geburt. Auch das stark erneuerte (spätgothische) Chorgestühl ist noch erhalten, und geschmückt mit schönem immer wechselndem Laubwerk und mit Apostelfiguren an den Seitenlehnen.

In den einzelnen Kapellen befinden sich folgende Kunstwerke.

Auf der Nordseite:

Erste Kapelle, der segnende Christus mit der Weltkugel, tüchtige Holzskulptur im Renaissancestil.

Zweite Kapelle, ein Altar mit einem großen und schönen antikisirenden Ölbilde: der hl. Valentin, der Kinder segnet: unten liest man Victor Heideloff pinx. 1792.

Die dritte Kapelle enthält einen modern gothischen Altar mit der Krönung Mariä, gestiftet von der Heiligkreuzbruderschaft in Rottweil 1865. Im Schlußstein der Kapelle sieht man das Wappen H. Wegelins, s. o. S. 180.

| Die vierte Kapelle den Herzjesualtar, von Maintel in Horb, gestiftet vom Kapellenfonds und freiwilligen Beiträgen.

Die fünfte Kapelle besitzt einen herrlichen reich gefaßten spätgothischen Schnitzaltar, im Schrein die Holzfiguren des Sergius, Bartholomäus und Bacchus, auf den Flügeln heilige Pilger, oben St. Georg mit dem Drachen. Die Flügel sind auf der Rückseite bemalt und hinter ihnen erscheinen unbewegliche zweite, auch bemalte Flügel mit vier Darstellungen aus der Leidensgeschichte. Auf dem Altartische stehen vier schöne lichtertragende Engel, spätgothische Holzskulpturen, und die ganz kleine des h. Veit.

Auch die sechste Kapelle besitzt einen sehr schönen spätgothischen Schnitzaltar mit bemalten Flügeln. Im Schrein Katharina, Ulrich und Leonhard, auf den Flügeln Mariä Verkündigung und Christi Geburt.

In die siebente Kapelle führt der Nordeingang.

In der achten sieht man den Grabstein des Joseph Uhl, gewesenen Stadtpfarrers, † 1777, 77 Jahre alt.

An der Südseite befinden sich:

Erstens die schon oben genannte große dem heiligen Nepomuk geweihte Kapelle mit drei aus Kloster Rottenmünster gebrachten heiligen Leibern und einem prunkvollen Rococoaltar, worauf eine schöne hölzerne Pieta.

In der zweiten Kapelle steht ein prächtiger spätgothischer Schnitzaltar; im Schrein Jakobus, Petrus, Paulus, in der Predella, auch trefflich geschnitzt, die übrigen Apostel, oben der segnende Christus (Brustbild) und sehr schöne Ornamente.

Die dritte Kapelle besitzt einen ähnlichen Altar, im Schrein laut Unterschrift: Thateus, Niclaus, Margaretha; auf den Flügeln Sebastian und Christoferus; oben Madonna mit dem Kinde.

In die vierte Kapelle führt der Südeingang, in ihr stehen zwei hübsche im Renaissancestil gehaltene Grabsteine sich gegenüber. Auf dem einen, mit der Kreuztragung und zwei Wappen geschmückten steht folgende Inschrift: Anno Domini 1624 Den 4. tag Novemb. Starb Die Edel undt thugentreiche Frow Soffia Vonn Werden Stain Geborne Spreterin Von Kreudenstain. Der Seelen Gott Gnad. amen. Der andere Grabstein mit sehr reichem Doppelwappen hat die Inschrift: Anno 1606 Den 22. marcy starb die Edel und Tugentsam frow sophia gaistin von wildegk geborne spreterin von kridenstain und neckherburg. weilandt Des Edlen und vesten hans Christoff Gaisten von wildegk gewester gemahel seelig, welcher seelen gott gnedig sein welle. Amen.

Die fünfte Kapelle enthält den schönen achteckigen Taufstein im Renaissancestil, noch mit gothischen Anklängen, dem Zeichen des| Steinmetzen und der Jahreszahl 1562; sein auch verzierter hölzerner Deckel trägt die Jahreszahl 1561 und ebenfalls ein Meisterzeichen. Im Schlußstein dieser Kapelle der triumphirende Christus.

Die südlich an den ursprünglich hier freistehenden Chor gebaute geräumige Kapelle, oder die Endigung des südlichen Seitenschiffes, wird jetzt durch einen hölzernen Boden in zwei Geschosse getheilt, dient unten als zweite Sakristei und besitzt manches bemerkenswerthe: an der Ostwand einen steinernen Altartisch mit sehr schönem hölzernem Rococoaltärchen, daran ein sehr tüchtiges Krucifix. An der Südwand ein noch bemaltes Grabmal des Johann Conrad Hettinger, Consuls und Assessors des Kaiserl. Hofgerichts, † 14. Juli 1572, alt 63 Jahre, ihm gesetzt von seiner Gemahlin Anna Möckerin. Darunter in trefflicher Renaissance ein reichverziertes steinernes Wasserbecken zum Hände-waschen. Ein herrliches gothisches Pförtchen, im Bogenfeld mit Maßwerk ausgegliedert, führt von der Kapelle in den Chor; es ging ursprünglich ins Freie.

Aber die Reihe der Kunstwerke ist noch nicht erschöpft: links vom Triumphbogen erhebt sich die ganz vergoldete Kanzel, mit wagrechtem reichgeschmücktem Zugang und im spätesten gothischen Stil; sie und der Zugang werden von prächtigen Laubgeschlingen und vielen Heiligen auf Konsolen umgeben. Den Kanzelstock bildet ein Löwe, der in den Vordertatzen eine Kugel hält; auch der Schalldeckel ist in schönen schlanken gothischen Formen gehalten. Ferner links von der Kanzel an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffes ist ein prachtvoller, großer Altar, aus früherer gothischer Zeit als die übrigen, aufgestellt, mit den halblebensgroßen Statuen der zwölf Apostel, mit St. Adalbert, St. Lorenz, in der Mitte Christus und Maria; ihm entspricht an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes ein großer spätgothischer Altar mit guten oberdeutschen Gemälden: die Anstrahlung und der Tod des. hl. Franziskus, in der Mitte in Holz geschnitzt Madonna im Strahlenkranz. In der Nähe ein sehr ansprechendes gothisches Gemälde: acht Engel, die zwei vordersten halten knieend eine Monstranz. Endlich sind die Seitenlehnen der Kirchenbänke in hübschem und reichem Rococostil geschnitzt und zum Theil mit Laubwerk und Familienwappen, zum Theil mit humoristischen figürlichen Scenen bedeckt. Ein ähnlich prächtiges Pförtchen, wie an der Südseite des Chors, führt nördlich in die von zwei starken Rippenkreuzgewölben überspannte Sakristei, eben so alt wie der Chor und von derselben ausgezeichneten Durchführung; sie besitzt einen schönen Renaissance-Schrank mit drei korinthischen Säulen und vier eingelegten Apostelfiguren, dabei die Namen: St. Matheus, St. Simon, St. Tadei, St. Mathias; über dem Schrank| ein sehr hübsches kleines Renaissance-Epitaphium vom Jahr 1679, worauf Christus am Ölberg. Nördlich stößt ein Kapellchen mit gurtenlosem Kreuzgewölbe an die Sakristei, und über dieser befindet sich das auch von sehr starken Rippenkreuzgewölben überspannte feuerfeste Archiv, in welchem die Urkunden der Stadt Rottweil aufbewahrt werden.

Die Kirche wurde in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts durch Heideloff restaurirt. Am östlichen Ende des südlichen Seitenschiffes steht am Gewölbe angeschrieben: „Diese Kirche wurde durch Herrn Conservator Heideloff aus Nürnberg nach dem alten Stile restaurirt unter der Verwaltung des Herrn Dekan Strobel, Stadtschultheiß Teufel, Bauverwalter Hezinger, Kirchenpfleger Benz.“ Die Kosten der Restauration beliefen sich auf 84.000 Gulden.

Nach dem Brand im Jahre 1696 sollten die Glocken auf dem Thurm neu gegossen werden, die Stadt schloß daher mit den Glockengießern Johann Rossier und Johann Arnold aus Lothringen einen Vertrag, dem gemäß dieselben vier Glocken, die größte 60 Centner, die übrigen zusammen etwa 120 Centner schwer gießen, den fehlgeschlagenen Guß ersetzen und ein Jahr Garantie leisten, dafür aber für jeden Centner, das Pfund zu 36 Loth berechnet, 51/2 Gulden Reichswährung, und außerdem 2 Malter Kernen und 2 Eimer Bier erhalten sollten. Die Glocken wurden im Stadtgraben beim neuen Thor gegossen und haben folgende Inschriften; auf der größten 57 Centner schweren steht an der Krone:

Αγιος ο ϑεος ιοχυρος αϑανατος ελεηςον ημας. Sancta trinitas miserere nobis, und unten am Rande: Durch Johann Arnold, Johann Rossier, Peter Rossier, Nikolaus Arnold und Claudius Rossier seindt wire 4 gegossen worden.

Die zweitgrößte Glocke (zu Ehren des heiligsten Kreuzes) wiegt 28 Centner 4 Pfund und hat die Umschrift:

Jesus Nazarenus, Rex Judaeorum. Ecce crucem Domini, fugite partes adversae, vicit Leo de tribu Juda, Radix David. Alleluja. 1697.

Auf der dritten, 14 Centner 85 Pfd. schweren, zu Ehren der seligen Jungfrau Maria geweihten Glocke liest man die Worte:

Ave Maria, gratia plena. Sub tuum praesidium confugimus, sancta Dei genitrix, nostras deprecationes ne despicias in necessitatibus nostris. Anno 1697.

Auf der vierten, 6 Centner 6 Pfd. schweren, zu Ehren des h. Joseph gegossenen Glocke steht:

Salve pater salvatoris,
Salve custos redemtoris,
Joseph ter amabilis. 1697.

| Auch eine fünfte, noch kleinere Glocke wurde damals gegossen, aber vor einigen Jahren vom Glockengießer Hugger in Rottweil umgegossen; die frühere Glocke hatte die Inschrift: Laudetur Sanctissimum Sacramentum, panis augelorum, frumentum electorum, ave verum corpus natum de Maria, Virgine, vere passum, immolatum in cruce pro homine. 1697.

2. Die Kapellenkirche zu unserer lieben Frauen, liegt östlich (rechts beim Hereingehen) an dem lang gestreckten Marktplatz und blickt mit ihrem bis zum Knopf 245,28 w. F. (70,27 m.) hohen, prachtvoll verzierten gothischen Thurm gerade auf den ziemlich höher liegenden Platz herein. Sie stammt aus drei verschiedenen Zeiten. Ihre erste, prächtigste und gediegendste Anlage weist in die schönste Blüthezeit der gothischen Baukunst in Schwaben, nämlich in die erste Hälfte oder Mitte des vierzehnten Jahrhunderts (vor 1354); ihre davon noch erhaltenen Theile, die drei unteren Geschosse des Thurmes, zeigen fast genau denselben Stil, wie die herrliche Heiligkreuzkirche zu Gmünd, welche laut Inschrift im Jahre 1351 begonnen wurde. Vom ursprünglichen Schiff der Kirche sind nur noch gegen Westen hin einige verschwindende Reste vorhanden, aber doch so viel, daß sich der alte Bau im Geist wieder aufrichten läßt; er war eine schlanke einschiffige Halle mit hohen schön profilirten Spitzbogenfenstern und mit gestreckten Halbsäulen an den Wänden, von denen die Rippenkreuzgewölbe ausgingen. Eine dieser Wandsäulen erhielt sich in der Nordwestecke, sowie ein halbvermauertes Fenster an der Südwand der jetzigen Kirche. Ferner sieht man noch an der Ostseite des Thurmes innen in der Kirche ein wagrechtes Gesims mit prächtigem Blätterkranze, und außen über dem Dach der jetzigen Kirche das schlank aufsteigende Giebelschutzgesimse des ursprünglichen Daches. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (1478) wurde sodann der noch jetzt stehende spätgothische Chor an Stelle des ursprünglichen errichtet – und im vorigen Jahrhundert kamen, nachdem seine Gewölbe im Jahre 1721 eingestürzt waren, die Jesuiten über das Gebäude, rissen das ursprüngliche Schiff nieder und bauten das Innere des Chors im Zopfstile um (1721–1729).

Betrachten wir nun die Kirche zuerst von außen. Der im Westen der Kirche stehende, fünfstockige Thurm, der Kapellenthurm genannt, gehört zu den schönsten und merkwürdigsten Thürmen der gothischen Baukunst und sucht besonders durch den Reichthum seiner Bildhauereien weit und breit seines Gleichen, übertrifft in dieser Hinsicht sogar den Thurm des Ulmer Münsters. Seine drei unteren Geschosse stammen noch aus der Zeit der Gründung der Kapellenkirche und stehen dem Stile nach zwischen dem Thurm der| Marienkirche zu Reutlingen und der schon genannten Heiligkreuzkirche zu Gmünd. An den beiden vorderen Ecken erheben sich gar zierliche vieleckige mit Strebepfeilerchen besetzte Treppenthürme, welche die Aufwärtsbewegung des Thurmes auf das Schönste unterstützen. Dazwischen über dem großen mit hohem Wimperg bekrönten Hauptportale stehen unter strengen Baldachinen die großen Bildsäulen der zwölf Apostel, und über dieser herrlichen Gestaltenreihe spannte sich früher von einem Treppenthürmchen zum andern eine leichte durchbrochene Gallerie auf reichgegliedertem Flachbogen schützend herüber; sie wurde leider vor einigen Jahrzehnten ohne Noth entfernt, wie überhaupt der Thurm in unserem Jahrhundert manche durch Nichts zu rechtfertigende Verstümmelungen erlitt. An seiner Süd- und Nordseite sind ähnliche Prachtportale, und in der Höhe der ehemaligen Gallerie tiefen sich an allen drei freien Seiten große hochschlanke giebelförmige Nischen ein, einst mit feinem Maßwerk übersponnen, im Grunde aber von je einem schön gefüllten Rundfenster (Rosette) durchbrochen, und ganz wieder an den Marienthurm in Reutlingen erinnernd. Außer diesen Nischen ist der Thurm am zweiten und dritten Geschosse mit reichem gothischem Leistenwerk gegliedert, und geht mit dem vierten Geschoß in’s Achteck und in den spätgothischen Geschmack über. Doch führen seine beiden obersten Geschosse (das vierte und fünfte) die Behandlung der unteren frühgothischen Theile in sehr geschickter Art weiter, so daß der ganze Thurm fast wie aus einem Guß erscheint. Die zwei obersten Geschosse bestehen aus rauhkörnigem und unverwitterbarem oberem Keupersandstein, während die drei unteren zum größten Theil aus feinkörnigem, aber leider leicht verwitterndem unterem Keupersandstein, Schilfsandstein, erbaut sind. Diese zwei obersten Geschosse werden von je acht großen mit geschmackvollem Fischblasenwerk gefüllten Spitzbogenfenstern durchbrochen, von reichen Lilienfriesen und von drei schönen Kränzen (Steingeländern) umzogen, an den Ecken von zierlichen Klebfialen belebt. Der Thurm endigte früher in einen durchbrochenen achtseitigen Steinhelm, der aber zu Ende des vorigen Jahrhunderts abgetragen und durch ein hölzernes mit Blech gedecktes Pyramidendach ersetzt wurde, wodurch der leicht aufstrebende luftige Eindruck des herrlichen Bauwerks beeinträchtigt wird. Bei einer Restauration im Jahre 1820 fand man auf dem oberen Gange des Thurmes einen Stein mit der Jahreszahl 1473, was so ziemlich die Erbauungszeit der obersten Geschosse des Thurmes bezeichnet.

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Betrachten wir nun die am Thurm in so großer Menge angebrachten Bildhauereien. Das Portal der Westseite enthält in seinem spitzen Bogenfeld Christus als Weltrichter, das Schwert| hinter ihm; er thront auf einem Stuhl von Wolken und über seinem lang gelockten Haupte ziehen Wolken, aus denen vier Engel hervortauchen, die zwei oberen Posaunen blasend, die zwei zu Seiten mit Marterwerkzeugen. Links (vom Beschauer) knieen neben Christus drei weibliche, rechts drei männliche Heilige; darunter sieht man die Auferstehung der Todten und die Abführung in Hölle und Himmelreich. Der Heiland ist dargestellt mit halbausgebreiteten Armen, sein langlockiges Haupt blickt gerade hinaus mit mildem Ausdruck, sein Leibrock ist eng und vielfach, noch halb byzantinisch, doch sehr schön gefältelt. Die Steinplatte des Bogenfeldes ruht auf zwei Konsolen, aus denen je ein streng und scharf ausgearbeiteter musizirender Engel hervorragt. An den Konsolen sieht man als Steinmetzzeichen je ein tiefeingemeißeltes h. Über dem sehr reich profilirten Portal erhebt sich ein hoher Wimperg, innen mit dem segnenden Christus, der auf prächtiger in eine Maske ausgehender Blätterkonsole steht; die beiden Enden des Wimpergs stemmen sich auf zwei halbzerstörte schlanke liegende Menschengestalten; der Tracht nach zu schließen, Steinmetzen, oder Baumeister. Außerhalb des Wimpergs stehen dann unter ihren Baldachinen die lebensgroßen Bildsäulen der zwölf Apostel. Weiterhin sind die sich gegenüber stehenden Eingänge der beiden Treppenthürme in ihren Bogenfeldern geschmückt mit halberhabenen Darstellungen von größter Schönheit: das eine Bogenfeld (rechts) enthält, vortrefflich in den engen zugespitzten Raum hineingedrängt, das sog. Brautrelief, einen Ritter und eine Jungfrau mit einem Kranz von Rosen um’s Haar, beide knieend und sich die Hände reichend, und in der so kleidsamen schlichten eng anliegenden Tracht des vierzehnten Jahrhunderts. Das gegenüberstehende Bogenfeld wird von einem ähnlich schönen Relief erfüllt; zwei (ebenfalls kauernde) Männer, ein alter und ein jugendlicher, halten zusammen das aufgeschlagene Buch des Evangeliums. Auch weiter oben an den Treppenthürmchen sitzen in den Lünetten der zwei zu der jetzt abgerissenen Gallerie führenden Thürchen kleine schöne Reliefbilder, darunter die Krönung der Maria; ferner erblickt man an der Südwestecke des Thurmes die hohe Gestalt der Madonna mit dem (bekleideten) Christusknaben. Die große Konsole, worauf die Madonna steht, wird getragen von zwei schönen eng sich verschlingenden Engeln, und ihr zu Häupten erhebt sich ein Baldachin, worauf Christus als zwölfjähriger Knabe sitzt, darüber eine schlanke Spitzsäule. Die ganze Anordnung dieses Aufbaues, sowie die reich und nobel gewandeten, schlanken und innig bewegten Gestalten selbst, sind von hervorragender Schönheit.

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Die Südseite des Thurmes zeigt wieder einen ganzen Kreis| von Gestalten. Das Bogenfeld besitzt nicht mehr seinen vollständigen Bilderschmuck, das untere Feld ist leer, im oberen sieht man zwei Engel und zwei Ochsen; neben und über dem Portale aber stehen, zum Theil stark verstümmelt, auch unter Baldachinen, die Bildsäulen der vierzehn Propheten, von denen jedoch nur noch zwölf vorhanden sind; dafür steht auf einer der Konsolen jetzt eine schöne alte Madonna. Die Nordseite des Thurms ist bedeutend einfacher gehalten, sie enthält nur in dem auch sehr reich profilirten Portal einiges Bildwerk: oben Mariä Verkündigung mit Sonne, Mond und Sternen, darunter die Anbetung des Kindes durch die drei Könige; die lächelnde Maria hält das freudig erregte Christuskind auf den Knieen.

Aber außer diesen so zahlreichen Bildwerken erscheinen an den Anfängen der Wimperge, Fialen, Giebelschrägen, auch an Konsolen u. s. w., Menschen- und Thierfiguren; dieses kecke Spiel setzt sich, nur derber und fratzenhafter, an den zwei obersten spätgothischen Geschossen des Thurmes fort, und wird von unten bis oben begleitet von einer großartigen Fülle herrlichen Blattwerks. Voll Ausdruck, nur oft etwas zu scharf geschnitten in Gesichtszügen und Gewandung und mitunter etwas kurz, sind zum Theil die großen Figuren, von schönster Bewegung, äußerst flüssig und weich ausgeführt die verschiedenen kleineren Gestalten, die an den drei unteren Geschossen angebracht sind; unverkennbar ist auch hier der Einfluß des französischen Stils.

Das Schiff der Kirche, das bedeutend breiter als das ursprüngliche angelegt ist, zeigt außen jene kahlen Wandflächen und langen Rundbogenfenster der meisten Kirchen der Jesuiten, denen es hauptsächlich um einen großartigen Innenraum zu thun war. Das Dach der Kirche war früher etwas höher, man sieht, wie oben schon bemerkt, an der Ostseite des Thurmes noch das schlanke steinerne Giebelschutzgesimse der alten frühgothischen Kirche.

Der ziemlich lang gestreckte Chor ist in hübschen spätgothischen Formen aufgeführt, seine Strebepfeiler sind mit Spitzsäulen geschmückt, doch haben seine Spitzbogenfenster bei der Verzopfung der Kirche ihre Maßwerke verloren. Auch sieht man im Innern noch die schlanken Dreiviertelssäulchen, von denen das Netzgewölbe ausging. Der Baumeister des Chores war ein Stuttgarter Steinmetz, Namens Albrecht Georg, der sich im Jahre 1478 um die Summe von 900 Gulden verbindlich machte, innerhalb fünf Jahren einen neuen Chor in einer Länge von 53, einer Breite von 30 und einer Höhe von 54 Schuh, nebst 5 Fenstern und 3 Thüren, einem Frohnaltar, einem Presbyterium, einem Sakramenthaus und einer Sakristei, mit einem darin befindlichen Altar und einem Wasserstein, alles aus gehauenen Steinen zu bauen, auch die Decken zu wölben und den Fußboden| mit steinernen Platten zu belegen (s. Ruckgaber II. 1, 321). Das Schiff der alten Kirche sei 80 lang, 33 breit und 54 Schuh hoch gewesen. Die nördlich an den Chor stoßende Sakristei zeigt noch einige gothische Fenster und in einer Nische ein Steinbild der Maria. Das Innere der jetzigen bedeutend breiteren Kirche macht einen weiten, lichten, heiter festlichen Eindruck, das Langhaus ist dreischiffig mit hohen viereckigen Pfeilern und mit Pilastern an den Wänden, der Chor einschiffig und alles mit flach gespannten Gewölben bedeckt, die ganz mit Ornamenten und Freskobildern geschmückt sind. Der Baumeister der Jesuiten war Pater Joseph Guldimann.

Die Kirche besitzt drei kolossale von Gold strahlende Rococoaltäre mit sehr großen schönen Ölgemälden, die an die spanische Malerschule erinnern. Der Hochaltar (im Chore) ruht noch auf dem ursprünglichen großen steinernen frühgothischen Altartisch, der innen einen bedeutenden kryptaähnlichen, an der Rückseite durch drei Spitzbogenthürchen zugänglichen Raum bildet. Die Kanzel ist in sehr reichem Rococo gehalten, und die Kirchenbänke, aus derselben Zeit, sind gut und reich geschnitten. Rings um den Chor her läuft eine Gallerie im Rococostil, worin zahlreiche Porträtsbilder der Jesuitengenerale aufgehängt sind.

Der Thurm, der früher auf drei Seiten offen war und sich gegen die vierte Seite, die Kirche, mit einem großen Bogen öffnet, bildet unten eine schöne Kapelle, übersprengt von einem hohen kraftvollen Rippenkreuzgewölbe mit prächtiger Blattrosette als Schlußstein, und gibt eine Ahnung davon, wie schön einst die ganze Kirche überwölbt war. Die Kapelle ist mit späten Freskogemälden geziert und enthält auf ihrem an der Nordwand stehenden Altar eine edle altgothische in Holz geschnitzte Pieta und darüber einen sehr großen Christus am Kreuz aus derselben Zeit. An der Westwand steht eine spätgothische steinerne Maria von geringem Kunstwerth. Vor Zeiten floß in dieser Thurmkapelle ein für heilkräftig geltender Brunnen. Die folgenden drei Stockwerke des Thurmes waren auch von Rippenkreuzgewölben überspannt, aber nur das Gewölbe des dritten Stockwerks erhielt sich, von den anderen sieht man noch die schönen Gewölbanfänge; das oberste fünfte Geschoß des Thurmes hatte, wie z. B. der des Freiburger Münsters, den offenen durchbrochenen Steinhelm über sich, so daß alles Holzwerk vermieden war (s. auch oben Seite 187).

Von den vier mit schwer leserlichen Umschriften versehenen Glocken im vierten Geschoß des Thurmes ist die größte die älteste und etwa gleichzeitig mit den unteren Geschossen; sie hat in schönen gothischen Majuskeln die Umschrift: o rex glorie criste veni cum pace und die| Namen der vier Evangelisten. Die zweitgrößte Glocke hat ganz dieselbe Umschrift, aber in gothischen Minuskeln, und ferner anno 1418 hans klain. Auf der drittgrößten Glocke steht in gothischen Minuskeln: Ave maria gracia plena dominus tecum 1488. Auf der kleinsten (sog. silbernen) Glocke steht cristus regnat cristus … und die Jahreszahl 1460.

3. Die protestantische Kirche, frühere Dominikanerkirche. Leider stark verzopft, aber einst ein herrlicher strenger frühgothischer Bau, dessen halb zehneckig schließender, noch erhaltener Chor mächtig aus dem nordöstlichen Theil der Stadt hervorragt. Zwar ist auch dieser Chor ziemlich entstellt, indem seine schlanken Spitzbogenfenster oben vermauert worden sind, doch stehen außen noch die schlichten hohen Strebepfeiler und über den Fenstern ziehen sich, wie an der Kreuzkirche, kleine Maßwerksrosettchen hin. Innen ist noch das ganze Rippenkreuzgewölbe erhalten, sowie die feinen Rundsäulen, die es tragen; freilich sind jetzt ihre Kapitelle durch in Stuck ausgeführte Putten verdeckt, und auch die zart profilirten Rippen versinken gegen oben in schweren Zopfwülsten.

Das breite, 1753 neu aufgeführte Schiff ist ein großartiger Raum mit Seitenkapellen und auf’s reichste verziert mit Stuckarbeiten und großen Fresken. Höchst ausartende im Zopfstil gehaltene Pilaster, Altäre und Stühle beleben noch weiter das Innere. Im Hauptbild oben an der flachen Schiffdecke ist die Bestürmung von Rottweil durch den französischen Marschall Guebriant und dessen Verwundung (den 17. November 1643) dargestellt, ein riesenhaftes Freskobild mit der Unterschrift: Josephus Wannenmacher Academico Romano Pittore de Tomertinga invenit et fecit 1755.

Derselbe Meister malte auch die Fresken in der Gottesackerkirche zu St. Leonhard in (schwäb.) Gmünd.

Marschall Guebriant starb am 25. November im hiesigen Dominikanerkloster und seine Eingeweide wurden im Chor der Dominikanerkirche begraben.

Die Seitenaltäre enthalten zum Theil tüchtige Ölbilder aus der Spätrenaissancezeit, an einem derselben steht: Jo. Achert inv.

Der kolossale Hochaltar enthält die Statuen Petri und Pauli und ein tüchtiges Mittelbild. Die Kanzel ist in schönem Rococo, der Taufstein alt und achteckig. An der Nordwand des Chors der kleine Grabstein des Priors Linsenmann, † 2. März 1795, 77 Jahre alt. Nördlich am Chore steht die Sakristei, eine schöne altgothische Kapelle mit Altartisch, die von drei Rippenkreuzgewölben übersprengt wird. Auf einem der Schlußsteine sieht man zwei Büffelhörner.

| 4. Die Lorenzkapelle, bei der nordöstlichen Ecke der Stadtmauer im alten noch ummauerten Friedhofe gelegen, und mit seinem östlich stehenden Chore hoch gegen das schroff abstürzende Neckarthal hinabschauend. Die Kapelle ist im spätesten gothischen Stil gebaut, jedenfalls erst im 16. Jahrhundert, zeigt eine große Trefflichkeit und Kraft in ihren Profilirungen, ja es scheint beinahe schon einen Einfluß der Renaissance; hiefür sprechen auch die sehr verwickelten Steinmetzzeichen, so daß man ihrer Vollendung in’s Jahr 1579 setzen darf. (s. Ruckg.) Der Chor ist halbrund geschlossen, aber wie das Schiff mit Strebepfeilern besetzt. Die beiden Portale (im Westen und Süden) sind reich und sehr kraftvoll profilirt, die Spitzbogenfenster mit schönen Maßwerksmustern gefüllt. Das Innere zeigt ein Netzgewölbe mit zierlichen Schlußsteinchen, enthält in der Mitte ihres Bodens vertieft eingelassen das Mittelbild des berühmten Mosaikbodens mit der Darstellung des Orpheus (s. unten S. 223), und rings umher die so werthvolle Dursch’sche Sammlung von altdeutschen Holzschnitzwerken, altdeutschen Gemälden und Glasmalereien. Diese befand sich bis zum Jahre 1851 im Chor der Kapuzinerkirche zu Wurmlingen bei Tuttlingen; weil aber der Ankauf derselben durch die hiesige Stadtgemeinde die höhere Genehmigung nicht erhielt und zu befürchten war, daß die so interessante Sammlung in’s Ausland verkauft werde, so erwarb sie Seine Majestät der verewigte König Wilhelm I. aus eigenen Mitteln und machte sie der Stadt Rottweil zum Geschenk. Sofort wurde die Sammlung am 14. Oktober 1851 der Stadtgemeinde zu bleibendem Eigenthum übergeben. Die Sammlung besteht aus 175 Stücken, darunter 7 Glasgemälde, ist in dem im Jahre 1862 in Rottweil gedruckten Verzeichnisse der altdeutschen Schnitzwerke und Malereien in der St. Lorenzkapelle mit erläuterndem Text aufgeführt, und enthält zum Theil Kunstwerke von höchster Schönheit, so jene trauernden Frauen (nicht ganz Lebensgröße), die auf dem Dachboden der Pfarrkirche zu Eriskirch am Bodensee gefunden wurden; in Gewalt des Ausdrucks, Anmuth der Gesichter und der Bewegungen und reicher antikschöner Fältelung der Gewänder ein ewig bewunderungswürdiges Werk der deutschen Holzsculptur des 15. Jahrhunderts (im Verzeichniß Nr. 6, 8 und 140). Ferner sind anzuführen Nr. 1 St. Anna, 3′ 3″ hoch, aus der Pfarrkirche zu Hausen ob Verena. Nr. 7 Hautrelief, die heilige Familie, außerordentlich zart, soll in der Stadtkirche zu Biberach gewesen sein. Nr. 9 Maria mit dem Christkind, 2′ 2″ hoch, früher in der Pfarrkirche zu Ennetach, Oberamts Saulgau, wo noch Chorstühle von Jörg Syrlin vom Jahre 1506 zu sehen sind. Nr. 18 heil. Sebastian, 3′ hoch, von Dürnau bei Göppingen. Nr. 22 hl. Anna von| Wangen am Rhein. Nr. 24 hl. Nicolaus, 4′ 2″ hoch, von Geislingen bei Balingen. Nr. 27. hl. Laurentius, 3′ 2″ hoch, gefunden auf dem Dachboden der alten Wallfahrtskirche von Heerberg (O.A. Gaildorf); aus derselben Kirche stammt der jetzt im Alterthumsmuseum in Stuttgart befindliche, von Zeitblom gemalte Hochaltar. Nr. 28 hl. Dominikus, 3′ 3″ hoch, aus dem Kloster Enzigkofen bei Sigmaringen. Nr. 29 Christus am Ölberg, 4′ hoch, aus Dietingen. Nr. 30 hl. Augustinus, 3′ 4″ hoch, aus dem Kloster Enzigkofen. Nr. 32 der hl. Wendelin, 3′ hoch, stammt wie Nr. 27, 33, 40, 41 von Heerberg und zeichnet sich durch geistvolle Auffassung aus. Nr. 33 der hl. Rochus. Nr. 38 Christus am Kreuz etc., (vortreffliche, gut erhaltene Gruppe) vom Kloster Urspring bei Schelklingen. Nr. 40 der hl. Veit, 3′ 2″ hoch. Nr. 41 der hl. Martin. Nr. 45 Christi Dornenkrönung, 2′ 6″ hoch. Nr. 46 und 48 die hl. Barbara und Maria Magdalena, 3′ 4″ hoch, aus dem Kloster Heiligkreuzthal. Nr. 47 hl. Anna, 3′ 3″ hoch, wie Nr. 49 der heil. Hieronymus und Nr. 51 heil. Elisabeth aus der Kapelle des dem Kloster Marchthal ehemals gehörigen Hauses in Ehingen a. d. D. Nr. 62 und 72 die heil. Margaretha und hl. Barbara. Nr. 67 der hl. Ottmar, 4′ hoch, aus der alten Pfarrkirche in Wurmlingen bei Tuttlingen. Nr. 70 der hl. Sebastian von Villingendorf. Nr. 80 die drei Frauen, welche den Heiland auf seinem Kreuzweg begleiten, 4′ 5″ hoch, sehr gute Arbeit, einst in Roggenbeuren bei Salmannsweiler. Nr. 84, 86, 87, 88, 90 Heiligenbilder, 4′ 3″ hoch, aus einem Altarschrank, früher in der Kirche zu Weilheim bei Tuttlingen. Nr. 85 der heil. Wendelin, 4′ 4″ hoch, aus der Pfarrkirche zu Dürbheim. Nr. 97, die hl. Katharina, 4′ hoch. Nr. 103 der hl. Wendelin, 3′ 3″ hoch, von Dürnau. Nr. 109 und 110 Brustbilder des dornengekrönten Christus und der schmerzhaften Maria. Nr. 111 Mariä Krönung, 2′ 7″ hoch und 3′ breit, Hautrelief von Heerberg. Nr. 112 Basrelief, heil. Margaretha, 4′ 3″ hoch, aus der Gegend von Waldsee. Nr. 134 Madonna mit dem Christkind, 5′ hoch, soll früher in der Pfarrkirche zu Balingen gewesen sein, Nr. 137 Madonna mit dem Christkind, 5′ 5″ hoch, aus der Pfarrkirche von Laitz bei Sigmaringen. Nr. 142 ein vollständiges Altärchen mit bemalten Flügelthüren, im Schrein die hl. Scholastika, die hl. Barbara und Gott Vater mit dem todten Sohn auf dem Schooß, von Molpertshaus bei Waldsee, ein Werk aus der früheren gothischen Zeit. Nr. 154 der heilige Nicolaus, 5′ 5″ hoch, von Eriskirch. Nr. 157 der Inhalt des Kapitelsaltärchens im Kloster Urspring. Nr. 166 Maria mit dem Christkind, 3′ 4″ hoch, von Binsdorf.

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| Dann verschiedene Figuren, die sich durch hohes Alter auszeichnen. Nr. 2, 3, 4, 52, 73 Apostelfiguren, 3′ 8″ hoch, lange hagere steife Gestalten in ausgebogenen Stellungen und enganliegenden, einfach gefältelten Kleidern; auf dem Dachboden der Pfarrkirche zu St. Georgen auf dem Schwarzwald gefunden, wo sie als Überbleibsel vom alten, nun zerstörten Benediktinerkloster aufbewahrt wurden. Nr. 20, 21 zwei Apostel aus der Übergangszeit, von Laitz bei Sigmaringen. Nr. 50 Madonna mit dem Christkind, die Zuflucht der Sünder (refugium peccatorum), diese als kleine Gestalten unter dem Mantel, 4′ 6″ hoch, aus der Pfarrkirche zu Gößlingen. Nr. 93 Grablegung, von St. Georgen. Nr. 115 Maria mit dem Christkind aus der Übergangszeit, 3′ 5″ hoch, aus dem Dorfe Überlingen. Nr. 126 Madonna, auf deren Schooße das Christkind steht, auch aus der Übergangszeit, soll in der hiesigen Heiligkreuzkirche gewesen sein. Nr. 164 fünf kleine Apostelfiguren aus Eichenholz, von Laitz.

Die wenigen altdeutschen Gemälde bieten nicht viel von Bedeutung, von den Glasgemälden sind zu nennen Nr. 3 und 4 österreichisches Wappen mit Maximilian II, und die hl. Elisabeth mit dem heil. Norbertus, einst in einem Fenster der Kapelle des Marchthalerhauses in Ehingen. Diese kurze Aufzählung möge genügen, um die Reichhaltigkeit der Sammlung, sowie das große Verdienst des unermüdlichen Sammlers, Herrn Kirchenrath Dr. Dursch, in’s rechte Licht zu stellen.

Kaum eine Viertelstunde südöstlich von Rottweil, links an der Straße nach Spaichingen, und an der westlichen Ecke des schönen Friedhofes, erhebt sich das Kirchlein zur Ruhe Christi, errichtet an der Stelle einer älteren Kapelle im Jahre 1715 in ansprechendem spätem Renaissancestil. Seine gegen die Stadt herschauende in gelblichem Sandstein ausgeführte Façade baut sich mit breiten toskanischen Pilastern auf, dazwischen stehen zwei Heilige in Muschelnischen; und darüber ist ein antikisirender mit großen Schnecken flankirter Giebel gebreitet. Das schöne von zwei korinthischen Säulen eingefaßte rundbogige Portal trägt auf seinem Schlußstein die Jahreszahl 1715. Auch an der Südseite sieht man ein hübsches Portal, dieses mehr im dorischen Stile gehalten. Das Innere wird von vier flachen mit schönen Laubwerkskränzen geschmückten Kreuzgewölben (Alles in Stuck ausgeführt) bedeckt, die je fünf Freskenmedaillons enthalten, schließt im Chore vieleckig und macht einen höchst erfreulichen und wohlthuenden Eindruck, der nur durch die oftmalige Übertünchung der feinen Stuckornamente etwas abgeschwächt wurde. Der für die Verhältnisse des Kirchleins kolossale Hochaltar ist in reichster| Spätrenaissance gehalten, ebenso die Kanzel. Von besonderer Schönheit sind die Balustrade vor dem Hochaltar und namentlich die beiden Chorstühle, an deren hohen Seitenlehnen prächtige Rebengewinde ausgeschnitzt sind. Das Kirchlein wurde erbaut im Jahre 1715 von Joseph Feuerstein von Rottweil, demselben, der auch der Baumeister des Klosters Bernstein im Jahre 1732, des Frauenklosters Kirchberg und in Rottweil selbst des nachmals von Göbel’schen Hauses, früher dem Kloster Rottenmünster gehörig, gewesen war. (v. Langen, Geschichte der Stadt Rottweil S. 415.) An die Kirche angebaut ist das Meßnerhaus mit spitzbogigem Eingang und der Jahreszahl 1717 darüber. Ganz in der Nähe des Kirchleins, steht unter zwei schattigen Linden ein laufender Brunnen, ein traulicher Rastort.

Östlich von der Ruhe-Christi-Kirche liegt sodann der große, von einem dichten Tannenhag umgebene wohlgepflegte Friedhof, ausgezeichnet durch seine schöne Lage mit herrlicher Aussicht, wie durch die Schönheit und den Reichthum seiner Grabdenkmäler. In seiner Mitte erhebt sich ein großes und großartig behandeltes hölzernes Krucifix. Außer den Steindenkmälern, von denen viele durch ihre treffliche Arbeit und durch gelungene Statuen (Madonnen) die Blicke auf sich ziehen, heben sich als ein ganz besonderer höchst merkwürdiger Schmuck hervor die noch sehr zahlreichen schmiedeisernen Todtenkreuze, von denen die meisten aus dem vorigen Jahrhundert und dem Anfang dieses, manche auch noch aus dem 17. Jahrhundert stammen, und die uns alle ein ruhmvolles Zeugniß von der kernigen Tüchtigkeit der alten reichsstädtischen Schmiedemeister geben. Die alterthümlichsten dieser oft bis zu 2 Meter und darüber hohen Kreuze halten noch den gothischen Stil fest, der sich ja im Schmiedehandwerk unter kaum merklichen Veränderungen bis zum Ende der Renaissance fortpflanzte, – andere zeigen den Rococostil in seinen verschiedenen Auswüchsen, während die jüngsten von ihnen eine mehr antikisirende Richtung bekunden. Viele haben noch jene großen prächtigen, sich gegen den Beschauer kühn herausneigenden gothischen Lilien, andere reichstes, im Zopfstil gehaltenes unruhiges Laubwerk; es findet sich bei wenigen einfachen Grundformen eine fast unerschöpfliche Abwechslung in den einzelnen Motiven, und jedes, auch das ganz schlicht gehaltene, wirkt sinnig und schön; und wer vermöchte die mit verwelkten Kränzen behangenen ohne innere Bewegung anzuschauen? – In der Mitte tragen die Kreuze oft ein kleines eisernes Kästchen, worin Christus am Kreuze mit Maria und Johannes gemalt, oder auch Sprüche und die Namen der Verstorbenen eingeschrieben sind.

Da die fromme Sitte besteht, die alten Kreuze immer wieder neu vergoldet und bemalt auf die Gräber zu setzen, so haben sich| manche derselben in den Familien Jahrhunderte lang fortgeerbt; und es ist zu hoffen, es möchten auch für die Zukunft diese echten und stilvollen Erzeugnisse deutscher Eisenschmiedekunst erhalten bleiben und vielleicht wieder ihrerseits veredelnd auf unsere heutigen Arbeiten einwirken. Auf den meisten Friedhöfen der Dörfer des Oberamts haben sich solche Todtenkreuze gleichfalls in Menge erhalten (s. darüber die einzelnen Ortsbeschreibungen).

Weitere öffentliche Gebäude sind und zwar im Eigenthum der Gemeinde folgende:

1. Das Rathhaus, ein stattliches dreistockiges Steingebäude, liegt im oberen Theile der Stadt, an der Nordseite der breiten die Stadt von Osten nach Westen durchziehenden Hauptstraße, gerade südlich von der Heiligkreuzkirche und enthält im untern Stockwerk das Lagerhaus, das Spritzen- und Materialienlokal; im zweiten die Kanzlei des Gerichtsnotariats, die Stadtpflege und die Wohnung des Rathsdieners; im dritten den Rathssaal, das Stadtschultheißenamtszimmer, die Rathschreiberei, das Arrestlokal und Partienzimmer. Das Gebäude wurde im Jahre 1521 vollendet, und zwar im spätgothischen Stil, in den sich schon einige Renaissanceformen eingedrängt haben; gegen die Straße heraus hat es zwei spitzbogige Eingänge, die beiden oberen Stockwerke aber zeigen sehr schöne geradgestürzte, von den zierlichsten Rundstäben umfaßte Fenster, je allemal vier Fensterchen, von denen die beiden mittleren höher sind, beisammen. An der Ostseite führt eine Pforte in’s Treppenhaus und darüber erblickt man in ausgesprochenem Renaissancegeschmack zwei Fenster mit Halbkaryatiden, dazwischen groß den (einköpfigen) Stadtadler, weiter oben einen Pelikan, der seine Jungen mit dem eigenen Blut aus der Brust nährt. Das Innere des Rathhauses besitzt sehr sehenswerthe Gelasse, so im zweiten Stock das geräumige Zimmer des Stadtpflegers mit schöner auf achteckiger Säule ruhender gothischer Holzbalkendecke (hier in Rottweil Geschoßbühne genannt), in der nordöstlichen Ecke ein großer steinerner auf einer Säule ruhender Baldachin, von einem Netzgewölbe übersprengt, das mit Rosetten und Wappenschildchen geziert ist. Auch befindet sich hier eine sehr schöne steinerne gothische Thürumrahmung, oben mit Maßwerken und einem großen Stadtadler, und ferner in prächtiger Rococorahme das Ölbild Kaiser Josephs II. (Geschenk des Malers an die Stadt) mit der Unterschrift: Johanes Andoni Wolff pinxit 1782 Rothweilanus. Neben diesem Zimmer liegt eines mit schöner gesprengter Holzbalkendecke. Das dritte Stockwerk enthält den reichgeschmückten Rathhaussaal; seine schöne Kassettendecke ist mit vergoldeten Rosetten besetzt, die Südwand aufgelöst in zwei gothische Stabwerksfenster und einen| herrlichen mit zwei Nischen für Heiligenfiguren belebten Mittelpfeiler, an dem die Jahreszahl 1521 steht. An der Nordwand erhebt sich eine sehr schöne steinerne gothische Pforte, oben in der rundbogigen Lünette mit zwei Drachen und drei Schildern (mit Reichs- und Stadtadlern) u. s. w., die Felder der hölzernen Thüre sind von trefflichem Maßwerk übersponnen. In den Fenstern prangen zahlreiche Glasgemälde:

1) Das Wappen des Johann Ludwig Grave zu Sulcz, vom Jahre 1549.

2) Das Wappen des Jerg von Hohenhaim, genannt Bombastt, vom Jahre 1554.

3) Das Wappen der Stadt, vom Jahre 1541.

4) Das Wappen des Hanss Bastian Ifflinger von Graneck, vom Jahre 1543.

5) Die Wappen der Achtzehner vom Jahre 1634; innen Krönung Mariä. Auch liest man hier folgende Sprüche:

Ein könig Seinen lieben seinen erzelt,
Die einheligkeit alles erhelt,
ein Jeitziger (einziger) Stab gnelt lichtlich ab,
einer Bürde man nit Bricht ab.

Ferner:

Hurtdaille (urtheile) nit auff eine klag,
Here auch vor was der ander sag.

6) Eine Sonnenuhr mit dem Stadtwappen und der Jahreszahl 1553; oben Wilhelm Tell, sehr gut.

7) Ein lustiges Gelage, die Meverschaft zu lovfen, vom Jahre 1553, sehr schön.

8) Ein schönes Wappen des Conradt von Mock, burgermeisters zu rotweil, 1540.

Außerdem besitzt der Saal ein sehr hübsches Ölbildchen eines der letzten Bürgermeister der freien Reichsstadt Rottweil, Franz Joseph Maier, unten steht K. 1787. Auch der gußeiserne Ofen mit dem Reichswappen und der Jahreszahl 1761 ist bemerkenswerth. An der Westseite führt ein reizendes steinernes Renaissancepförtchen,| an dem sich Blumengeranke hinaufzieht, in das Zimmer des Stadtschultheißen, das wieder mit schöner gothischer Holzbalkendecke geschmückt ist; an den Balken sieht man Lilien und Schildchen ausgeschnitzt, am Pfeiler zwischen beiden Fenstern das Stadtwappen und darüber eine mit einem Landsknecht verzierte Konsole. Das oben erwähnte Steinpförtchen ist auch in diesem Gemach künstlerisch ausgebildet und trägt an seinem steilen Giebel das Zeichen des Baumeisters. Dann bewahrt man hier noch die sehr schön geschriebene goldene Bulle vom Jahre 1434 s. u., ein altes geschnitztes Ballotagekästchen und eine hübsche Uhr mit der Jahreszahl 1760. Vor der mit schönem Schmiedeisenwerk beschlagenen Thüre des Rathhaussaales sind zwei ganz trefflich aus Holz geschnitzte Steinbocksköpfe mit je 3 Fuß langen echten Steinbockshörnern angebracht; die Böcke wurden im Jahre 1583 bei Herrenzimmern geschossen.

2. Die 1872 erbaute Wachstube liegt gegenüber (östlich) vom Rathhaus; sie enthält die städtischen Arrestlokale.

3. Das 1802 erbaute Kaufhaus, ein massives dreistockiges Gebäude, bildet die Ecke von der Hauptstraße und dem Friedrichsplatz; in demselben befinden sich im unteren Stock die Fruchtschranne, im zweiten das Schmalzwaglokal, der hübsche Bürgersaal und mehrere Nebenzimmer, im dritten die Gelasse für das Kreisgericht.

4. Das in neuester Zeit erbaute städtische Backhaus steht beim Farbbrunnen.

5. Der massiv erbaute ehemalige städtische Fruchtkasten steht in der oberen Hochmaienstraße und wird gegenwärtig zu Trockenböden für Hopfen benützt.

6. Außerhalb des ehemaligen Neuthors steht das städtische Holzmagazin, auf das jährlich 5–600 Klafter eingeführt werden, so daß die Einwohner immer trockenes Holz beziehen können.

Im Eigenthum der Stiftungspflege stehen:

1. Das bei der Heiligkreuzkirche gelegene ehemalige Bruderschaftsgebäude, ein massiv gebautes Haus, welches die Wohnungen des Stadtschultheißen, des Armenfondspflegers, das Eichamt und mehrere andere Gelasse enthält.

2. Das 1753 z. Th. neu erbaute deutsche Schulgebäude, früher Dominikanerkloster, ein großes dreistockiges, aus zwei Flügeln bestehendes massives Gebäude mit großem Hofraum und Garten, ist an die evangelische Kirche angebaut; es enthält in dem unteren noch frühgothischen Stockwerke Holzlegen und verpachtete Räume, in den übrigen Stockwerken 9 Lehrzimmer und die Wohnungen von zwei Schulmeistern; von den übrigen Schulmeistern wohnen zwei in einem Stiftungsgebäude in der Hauptstraße (ehem. Herderer’sches Haus),| einer in einem Stiftungsgebäude in der Schulgasse und einer in der Hausmiethe.

3. Das vordere Spital steht an der Hauptstraße nordöstlich von der Kapellenkirche; das massive dreistockige Gebäude, in welchem alte und gebrechliche Personen (der Zeit 80) Unterkunft finden, stammt noch aus der Zeit des Spitzbogenstils und ist mit einem Erker geziert, an dem folgender Spruch zu lesen:

Trinnckh unnd Iß.
Gott nitt Vergiß.
Bewar dein Ehr.
Dier würdt nit mer
Von aller deiner Haab,
Dann nur ain Tuch ins Grab.

Unter diesem Spruch ist ein Wappen (im Schild ein springender Fuchs) angemalt und dabei steht: Konrad und Dorothea von Balgingen vermacht dem Spitale bedeutende Güter zu Böhringen, Deißlingen und Rottweil im Jahr 1314.

Das Innere des Spitals enthält im unteren Geschoß eine hübsche spätgothische Kapelle zu St. Anna (ursprünglich St. Erath), die sich mit einem gothisch gefüllten Spitzbogenfenster gegen die Straße öffnet und von einem Netzgewölbe überspannt wird. Auf den Schlußsteinen sieht man den hl. Geist, die Wappen der Stadt und einiger hiesiger Patrizier, auf dem Altar ein altes St. Annabild (herüber gebracht von der an der Stelle des jetzigen Krankenhauses gestandenen St. Annakirche), und an den Wänden andere gothische, aus Holz geschnitzte Heiligenbilder: St. Antonius, Agatha, Maria, Ecce homo; auch besitzt die Kapelle ein großes Ölbild aus der Rococozeit mit den 14 Nothhelfern.

4. Das ebenfalls massiv gebaute Spitalökonomiegebäude, das in den 1780ger Jahren abbrannte und wieder neu aufgebaut wurde, liegt dem Spital gegenüber; es enthält den Farrenstall, die Wohnung des Farrenknechts und Räume zur Aufbewahrung von Futter und Stroh.

5. Hinter dem Spital steht das vierstockige Krankenhaus, in welchem gegenwärtig 40 Kranke (es waren auch schon 60) Aufnahme finden, und von 6 barmherzigen Schwestern, die in dem Gebäude wohnen, verpflegt werden.

6. Der hinter der Oberamtei gelegene Fruchtkasten, der an Ortsbürger verpachtet ist.

7. Der schwarze Thorthurm, derselbe stammt in seinen unteren Theilen aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts und ist aus großen mit spätromanischen Steinmetzzeichen versehenen Buckelquadern in| unverwüstlicher Festigkeit aufgeführt; er öffnet sich gegen innen und außen mit einem hohen, auf einfachem Kämpfergesims ruhenden Spitzbogen. Die oberen viel jüngeren Geschoße haben spätgothische Sprossenfenster und 4 steinerne Wasserspeier, auch ist an ihnen der städtische Adler und die Jahreszahl 1571 angebracht. In der Thorhalle selbst hängt ein Ölbild, die Kreuztragung darstellend, mit der Jahreszahl 1658.

Der Kirchenpflege gehören:

1. Sämtliche katholische Kirchen und Kapellen (s. oben).

2. Das katholische Stadt-Pfarrhaus, zunächst der Heiligkreuzkirche gelegen; das ansehnliche, dreistockige Gebäude wurde in neuerer Zeit namhaft verbessert und vergrößert.

3. Das unfern der Kapellenkirche gelegene Convictsgebäude, ehemaliges Jesuitenkloster, ein sehr ansehnliches aus 3 Flügeln bestehendes, dreistockiges, aus Stein aufgeführtes Gebäude, mit schönem an die östliche Stadtmauer grenzendem Garten; es enthält im unteren Stockwerk den Speisesaal, die Küche, Ökonomiegelasse etc., im 2. und 3. die Wohnung des Vorstandes, die Schlafsäle der Convictoren, das Museum und das Musikzimmer. Die Unterhaltung des Gebäudes ist Sache des Staats.

Der Studienpflege gehört:

Das Gymnasium, südlich von der Kapellenkirche gelegen und nur durch eine schmale Straße von dieser getrennt; das vierstöckige massive Gebäude, ursprünglich das Schulhaus des Jesuitenklosters, enthält 8 Lehrzimmer, einen Conventsaal und das Alterthumskabinet. An seinem Portal steht die Jahreszahl seiner Erbauung, 1718.

Der Armenfondspflege gehört:

Die Realschule, früher Waisenhaus, ein zweistockiges sehr stattliches, mit 3 Giebeln versehenes Gebäude, das in der Hochbrückenvorstadt innerhalb eines mit Linden besetzten Raumes steht. Es enthält die Wohnung des Vorstandes und Schul-, Modellier- und Zeichnungszimmer.

Dem Staat gehören:

1. Das an der westlichen (innern) Stadtmauer gelegene großartig aus Stein erbaute ehemalige Dominikanerinnenkloster; in demselben befinden sich jetzt die Beamtenwohnungen und Kanzleien des Oberamtsgerichts, des Oberamts und des Forstamts. Im Rücken des Gebäudes dehnt sich ein hübscher für die Beamten abgetheilter Garten aus.

2. Die evangelische Kirche (s. oben).

3. Das Kameralamtsgebäude, ursprünglich der Sitz des Johanniterordens, steht unfern des Convicts an der östlichen Stadtmauer;| zu dem dreistockigen massiven Gebäude gehört ein schöner Garten nebst Hofraum.

4. Das evangelische Stadt-Pfarrhaus (die frühere sogenannte Herrenstube auf dem Friedrichsplatz), ein vierstockiges massiv erbautes Gebäude, das die Wohnung des evangelischen Stadtpfarrers und die evangelische Schule mit 2 Lehrzimmern enthält; der evangelische Schulmeister wohnt in der Hausmiethe.

5. Der eine Viertelstunde südöstlich von der Stadt im Neckarthale freundlich gelegene Bahnhof mit seinen Nebengebäuden, zu dem eine schön angelegte Straße führt, ist ein großartiges, lang hingestrecktes Gebäude, im Mittelbau 3stockig, auf den Flügeln 2stockig, aus weißem Keupersandstein und gelblichem Tuffstein erbaut; schöne Rundbogenarkaden öffnen sich gegen den Thalabhang hin, wie überhaupt das ganze Gebäude in sehr entsprechendem modernem Rundbogenstil erbaut ist.

6. Das Oberamtsgerichtsgefängniß mit den Arrestlokalen und der Wohnung des Oberamtsgerichtsdieners steht in der Höllgasse.

7. Der Fruchtkasten, ursprünglich Ökonomiegebäude der Bruderschaft, in der Bruderschaftsgasse, enthält Scheune, Stallungen und im oberen Stockwerk Arrestlokale; es ist ein altes ganz massives Haus, woran in einer Nische eine steinerne Ritterfigur mit dem Stadtadler auf dem Schilde steht.

Der Amtskorporation gehören:

1. Das Irrenhaus, steht außerhalb (südwestlich) der Stadt am sog. Gänswasen; das dreistockige Gebäude enthält 4 Irrenlokale und die Wohnung des Irrenwärters.

2. Das Oberamtsgefängniß mit den Arrestlokalen und der Wohnung des Oberamtsdieners steht hinter dem Oberamteigebäude.

3. Das Beschälgebäude mit Stallungen.

Von älteren Privatgebäuden sind sehenswerth und stammen noch aus der Zeit des Spitzbogenstiles: das östlich an den Spital anstoßende Thomas Grathwohl’sche Haus; es ist ganz von Stein, hat gedoppelte von sehr zierlichen gedrehten Stäben umfaßte Fenster und einen Erker mit folgender Inschrift: Al los Dios los honores 1626; dann im Innern gegen Süden ein Wendeltreppenthürmchen und im obersten Stock ein kleines Zimmer, dessen Wände und Decke mit spätgothischer Holzvertäfelung in reichen Maßwerksfiguren auf das schönste belebt sind. Spuren gothischer Bauart zeigt auch noch das dem Rathhaus gegenüber gelegene Gasthaus zur Stadt, ehemals die städtische Kanzlei samt Archiv, weßhalb es auch in den zwei unteren Geschossen theilweise gewölbt ist; die Fenster enthalten Steinkreuze, eines davon ist noch spitzbogig, am mittleren zweiten Stockwerk springt ein| dreiseitiger steinerner Erker (mit der Jahreszahl 1547) heraus. Das Innere des Hauses zeigt entschiedene Renaissanceformen, im weiten Vorplatz des zweiten Stockwerks eine hölzerne Kassettendecke und an der Südwand eine Steinsäule mit verziertem Schaft und schönem Aufsatz. Das Schönste aber besitzt das Hauptzimmer dieses Stockwerks, hier ist die Wand gegen die Straße hin aufgelöst in zwei zierliche Steinsäulchen, die mit ihren breiten Aufsätzen (ähnlich wie im romanischen Stil) die tiefe schwer darauf lastende Mauer tragen. Die Kapitelle der Säulchen sind noch gothisirend und gehen in’s Achteck über, die Stirnen der Aufsätze tragen wohlgebildete Konsolen und darüber den Stadtadler; rechts vom zweiten Säulchen baut sich der oben genannte Erker hinaus, so daß die ganze Wand reizend belebt ist und gar bequeme lauschige Plätzchen bietet.

Das Stadtwirthshaus bildet den Übergang zur zweiten Reihe sehenswerther Privathäuser, zu denen im Renaissancestil, wovon wohl das älteste das östlich vom Rathhaus gelegene, ehemals von Kuon’sche Haus, jetzt dem Kaufmann Kirsner gehörig, vierstockig, mit einem hölzernen durch die drei oberen Geschosse gehenden Erker, dessen Fensterbrüstungen von hübschen gothischen Maßwerken bedeckt sind. Das Haus ist sonst ganz von Stein mit weitem rundbogigem Eingang, in dessen Zwickeln zwei Engelchen (Putten) ausgemeißelt sind. Die zierlichen geradgestürzten und gedoppelten Fenster haben zarte mit Masken besetzte Konsölchen unter den Simsen. Auf dem Friedrichsplatz besitzt das dem Gipsermeister Heinrich Kurz gehörige Haus ein in schönem Renaissancegeschmack vertäfeltes Zimmer, vollständig antik dekorirt mit Pilastern, Fries, Eierstab, Zahnschnitt u. s. w. und der Jahreszahl 1627.

Das sehr hübsche Herderer’sche Haus, westlich am Stadtwirthshaus, ganz aus Stein, vierstockig, im Spätrenaissancegeschmack, mit zwei schönen zweistockigen Erkern; die Fenster sind von toskanischen Pilastern eingefaßt und über dem großen mittleren Eingang besagt eine Inschrift, daß Thaddeus Herderer Consul das Haus erneuern ließ, weiter sieht man das Herderer’sche Wappen, die Jahreszahl 1709, die Zeit der Erbauung, und den Namen des Erbauers, Kaspar Ignatius Herderer, derzeit Amtsburgermeister. Ein sehr schmales steinernes vierstockiges Haus in ganz ähnlichem Geschmack ist an den schwarzen Thorthurm hingedrängt und hat die Jahreszahl 1702.

Dann sind sehr viele Häuser, ähnlich wie in den Schweizerstädten, z. B. in Schaffhausen, mit steinernen oder hölzernen Erkern (hier „Ausstöße“ genannt) geschmückt, die hölzernen zum großen Theil mit den Wappen der Erbauer und großformigen Blumenranken an den Brüstungen und mit den Jahreszahlen 1711, 1712, 1713, 1715.| Im Innern mancher dieser Häuser findet sich sodann jene schon beim Stadtwirthshaus beschriebene eigenthümliche und so wirksame Anordnung, daß innen die Wand zwischen den Fenstern auf Säulen ruht; es sind meist hölzerne und zum Theil sehr reiche korinthische Säulen, so im Hause des Baptist Maier; hier stehen vor dem Erker zwei prächtige Holzsäulen, auch die Balkendecke ist hier schön geschnitzt in der Art jener im Stadtschultheißenzimmer auf dem Rathhaus. Die Anordnungen mit Säulchen findet man auch im Gasthof zum wilden Mann, in der Bierbrauerei zum Pfauen, im Haus des Lederhändlers Wolf, im vorderen Spital, und in vielen anderen Häusern. Von malerischem Werth sind mitunter auch die fast an jedem älteren Haus angebrachten hölzernen Krahnenausbauten (Aufzüge); auch reich gezierten Wirthshausschilden und hübsch geschnitzten Hausthüren begegnet man nicht selten.

Endlich wären noch zu erwähnen im Gasthaus zum Stern (neben dem Grathwohl’schen Hause) innen schöne Thürumrahmungen, dann am Gasthaus zu den drei Königen (obere Hochmaiengasse) ein hübsches steinernes Renaissanceportal mit den Brustbildern von drei Heiligen, und auf dem Friedrichsplatz bei der protestantischen Kirche ein spitzbogiger Eingang, in dessen Bogenfeld ein schöner, großer (schwarzer) Adler (Stadtadler) ausgehauen ist.

Endlich sind noch als schöne Gebäude aus der Neuzeit anzuführen: das Hotel Gaßner, dann in der Hochbrückenvorstadt die Wohnhäuser des Kaufmanns Widmann, des Werkmeisters Glantz, des Kommissärs Haberer, der Wittwe Flaitz, des Kaufmanns Held, des Professors Dr. Rapp u. s. w.

Meist gutes Trinkwasser lieferten bis jetzt 25 (16 in Rottweil und 9 in Altstadt) öffentliche laufende Brunnen und 3 Privatbrunnen, und zwar in der Menge, daß eigentlicher Wassermangel nie eintrat, indessen war die Stadt doch nicht reichlich genug mit gutem Wasser versehen, weshalb der Gemeinderath den Beschluß faßte, eine großartige Wasserleitung nach dem Plane des Oberbauraths von Ehmann herstellen zu lassen, die am 1. August 1873 angefangen, und auf den 1. Okt. 1874 vollendet wurde. Die Kosten beliefen sich auf etwa 100.000 fl. Das Wasser wird aus einer sehr reichhaltigen guten Quelle im Brunnenthälchen gefaßt und mittelst eines Pumpwerks bis zu dem beim Hochthurm angelegten Reservoir 335′ = 96 Meter hinaufgetrieben; dasselbe ist 20,56 Meter lang und 13,0 breit mit einem Inhalt von 500 Cubikmeter = 1700 württ. Eimer. Hievon werden 25 öffentliche, theils laufende, theils sich selbst schließende Brunnen und 250 Gebäude mit Wasser versehen. Die| per Tag zu fördernde Wassermenge berechnet sich auf 600 Kubikmeter = 25.500 Kubikfuß. Die Einwohner der Stadt haben nunmehr 4120 fl. jährlich Brunnenzins an die Gemeinde zu entrichten.

Von den bis jetzt bestandenen Brunnen sind besonders zu nennen:

1. Der allein an seiner ursprünglichen Stelle belassene vierröhrige Marktbrunnen an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen, hat eine gegen 30 Fuß hohe Brunnensäule, die eine merkwürdige Umbildung einer durchbrochenen gothischen Brunnenpyramide in die Formen der Renaissance zeigt; er baut sich in 4 immer schmäler werdenden, auf Säulen ruhenden, offenen hallenartigen Stockwerken schlank empor, die in der Mitte von dem eigentlichen auch mit Säulchen verzierten Brunnenstamme gestützt und allenthalben von allegorischen auf Kugeln stehenden Figürchen (Glaube, Liebe, Hoffnung, Kaiserbildern u. s. w.) belebt werden. Auf der Spitze des ganz aus buntem Sandstein ausgeführten Werkes, das einzig in seiner Art ist, steht die Statuette eines Landsknechts. Der Brunnen wurde laut Inschrift im Jahre 1854 erneuert und leider mit chocoladebrauner Ölfarbe dick angestrichen (s. auch die Zeichnung).

2. Der Georgsbrunnen, auch Grafenbrunnen genannt, stand an der Hochbrücke; er hat eine schöne spätgothische Pyramide, woran 3 Heiligenfiguren (Maria, Georg und Katharina) in den reich verzierten Nischen. Die Brunnensäule ist jetzt in den neuen Anlagen unterhalb des Hochthurms wieder aufgestellt. Ein ähnlicher spätgothischer Brunnen, an dem jedoch die drei Nischen leer waren, stand in der Waldthorstraße beim Eingang in die Hochthurmgasse.

3. Der Dominikanerbrunnen (Christophorusbrunnen) stand bei der evangelischen Kirche; er trägt auf schön verzierter, mit korinthischem Kapitell bekrönter Renaissancesäule die lebensgroße Statue des hl. Christophorus. Am unteren Theil der Säule sieht man das Wappen der Stadt, das Zeichen des Steinmetzen und die Jahrzahl 1622. Die Brunnensäule steht jetzt auf dem Platz vor der Heiligkreuzkirche. Von demselben Meister war auch der reichverzierte steinerne Trog des Brunnens am Chor der Heiligkreuzkirche 1621 verfertigt.

Der Badbrunnen und der Grabenbadbrunnen sollen heilsame Kräfte haben.

Auch die Markung ist reich an Quellen, die jedoch nicht reichhaltig Wasser liefern. Die bedeutendste Quelle befindet sich im Brunnenthälchen. Der 1/8 Morgen große Feuersee liegt außerhalb (nordwestlich) der Stadt. Früher bestanden beim städtischen Hofgut Hardthaus 2 je 7 Morgen große Weiher, ein dritter ebenso großer lag nordwestlich der Stadt an der Straße nach Villingen; endlich| bestand ein See eine Viertelstunde nordöstlich von der Stadt zunächst der Römerstraße.

Überdieß fließen über die Markung der Neckar, in welchen nahe der Stadt die Prim einmündet; der südwestlichste Theil der Markung wird beim Eckhof von der Eschach und der nordöstlichste beim Hardthaus von dem Weiherbach berührt. Über den Neckar, die Prim und die Eschach sind 15 Brücken und Stege angelegt, welche mit Ausnahme der vom Staat zu unterhaltenden Brücken bei der Saline und bei der Steinmühle in Altstadt, wie auch der in neuester Zeit angelegten Brücken bei der Vögelesmühle und bei der Pulvermühle, sämtlich von der Gemeinde unterhalten werden müssen. Die Brücken bei der Vögelesmühle und bei der Pulvermühle haben die Eigenthümer der Mühlen zu unterhalten. In neuester Zeit wurde sodann mit sehr bedeutendem Aufwand der großartige das Neckarthal in langer Bogenreihe überbrückende Viadukt angelegt, der den früher so schwierigen Verkehr nach Schömberg außerordentlich erleichtert.

Den Verkehr der Stadt vermitteln, außer der im Jahr 1867 eröffneten Eisenbahn, die Staatsstraßen nach Schömberg, Spaichingen, Schramberg, Schwenningen, Villingen und Vicinalstraßen nach Dietingen, Hausen und Göllsdorf. Von der Stadt führt zum Bahnhof eine vortreffliche mit Zierbäumen und Anlagen besetzte Straße.

Was den Postverkehr betrifft, so bestehen täglich drei Omnibus-Verbindungen zwischen Rottweil und Balingen und 2 Postwagen-Verbindungen zwischen Rottweil und Schramberg. Auf der Eisenbahn kommen täglich 14 Personenzüge und zwar: von Stuttgart 4, unmittelbar von Reutlingen 1, von Immendingen (bezw. Schaffhausen) 5 und von Villingen 4. Nach Stuttgart gehen von Rottweil ab 4 und 1 nur noch bis Reutlingen, nach Immendingen 4 und 1 nur noch nach Tuttlingen, nach Villingen 4. Unter diesen Bahnzügen sind begriffen die Eilzüge, die jeden Tag einmal von Stuttgart nach Zürich und von Zürich nach Stuttgart führen und um die Mittagsstunde Rottweil berühren.

In dem Oberamtsbezirk sind Landpostboten eingeführt. Fahrende Boten kommen wöchentlich zweimal von Oberndorf, Dunningen, Nieder-Eschach und Trossingen in die Stadt.

Die eingeborenen Einwohner sind im allgemeinen kräftig und gegenwärtig zählen 15 Personen 80 und darüber Lebensjahre; man trifft, selbstverständlich mit Ausnahmen, Fleiß, kirchlichen Sinn, verbunden mit einem lebensfrohen, freundlichen und gefälligen Benehmen. Zu den besonderen Gebräuchen gehören die 2 Tage dauernden| Faßnachtsbelustigungen (Maskern gehen), bei denen man sich, in die verschiedensten und seltsamsten Kostüme gehüllt, in Schwänken überbietet und namentlich die mit Schellen überhängten sog. Schellennarren tollen Lärm durch die ganze Stadt verführen und nebenbei den Leuten „aufsagen“, d. h. begangene Fehltritte, Thorheiten, die sich Jemand während des verflossenen Jahres zu Schulden kommen ließ, aufdecken und ins Gedächtniß zurückzurufen. Sonst unterhält und belustigt man sich mit Scheibenschießen, Kegelschieben, Tanz bei Hochzeiten und Kirchweihen; bei letzteren, welche 3 Tage dauern, macht man häufig Ausflüge auf die benachbarten Orte. Den Sommer über werden die Biergärten fleißig besucht, wie überhaupt der Rottweiler sich gerne in den Wirthschaften gesellig unterhält. Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind im allgemeinen gut zu nennen und ziemlich viele Kapitalisten, wie auch vermögliche Gewerbsleute, sind vorhanden. Der Grundbesitz des vermöglichsten Einwohners beträgt etwa 50 Morgen, der des sogen. Mittelmanns 25 Morgen und der des sogen. Taglöhners 3–4 Morgen. Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig, außer den 120 Hospitaliten, noch viele Hausarme, für die jede Woche gegen 76 fl. verwendet werden.

Die Haupterwerbsquellen bestehen in Gewerben, Feldbau, Viehzucht und Taglohnarbeiten; was die Gewerbe betrifft, so gehört Rottweil, so viele Gewerbetreibende es auch aufzuzählen hat, dennoch nicht zu den gewerbsamen Städten des Landes, indem der Betrieb der meisten Gewerbe nur auf das Bedürfniß der Einwohner, nicht aber auf den Absatz nach außen berechnet ist.

Die bedeutenderen Gewerbeanstalten sind mit Ausnahme der Saline Wilhelmshall (s. hier. unten) folgende: eine Pulvermühle, eine Viertelstunde unterhalb der Stadt am Neckar gelegen; sie wird mit 12 Arbeitern erfolgreich betrieben; eine Reparaturwerkstätte beim Bahnhof, zwei Ziegeleien, zwei Kalkbrennereien, 15 Branntweinbrennereien, eine Leimsiederei und 9 Mühlen, von denen die Vögelesmühle in neuester Zeit zu einer großartigen Kunstmühle umgewandelt wurde; von den Mühlen haben die Liebermann’sche Mühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, ein Gipspoche, eine Ölmühle und Hanfreibe, die Lumpenmühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, eine Säge und eine Hanfreibe, die Bruderschaftsmühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, eine Säge, eine Gipspoche und eine Hanfreibe; an derselben steht die Lohmühle, die Kochlinsmühle mit 3 Mahlgängen, einem Gerbgang, einer Malzschrote, einer Säge und einer Hanfreibe; die Drehersmühle mit den gleichen Einrichtungen wie die letztere, die Spitalmühle ist eine Kunstmühle, und endlich| die Steinemühle in Altstadt mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang; die Katzenmühle ist eingegangen. Überdieß besteht noch die Dieterich’sche Sägmühle im Fuchsloch. Schildwirthschaften sind 41, Bierbrauereien mit Wirthschaften 15, Kaufleute 36 und Krämer 37 vorhanden.

Nach dem Stand vom April 1874 zählt die Stadt folgende mechanische Künstler und Handwerker:

Meist. Geh.   Meist. Geh.
Bäcker 24 7 Maurer 11 28
Barbiere 5 1 Messerschmiede 3 1
Bildhauer 1 Metzger 26 18
Bürstenbinder 1 Musiker 25
Buchbinder 10 2 Nadler 3
Buchdrucker 1 3 Nagelschmiede 2
Drechsler 3 Nätherinnen und Putzmacherinnen 30
Färber 1 Pflästerer 5
Flaschner 8 1 Sattler 8 7
Gerber 3 3 Schäfer 6 4
Gipser 9 4 Schlosser 6 4
Glaser 8 Schmiede u. Hufschmiede 10 8
Glockengießer 1 3 Schneider 38 24
Hafner 7 1 Schreiner 15 10
Hutmacher 3 2 Schuster 33 20
Kaminfeger 2 1 Seiler 3
Kammmacher 1 Seifensieder 5
Korbmacher 1 Tuchmacher 2
Kürschner 4 4 Uhrmacher 6
Küfer 13 4 Wagner 4 3
Kunst- und Handelsgärtner 3 2 Weber 4
Kupferschmiede 4 7 Zimmermeister 8 12
Leimsieder 1 1 Zimmermaler 3 3
Lithographen 1 Zuckerbäcker 7
Lumpensammler 3
Handelsgewerbe:
Kaufleute 36, Gehilfen 21   Fruchthändler 2, Gehilfen 0
Krämer 36, Gehilfen 0 Weinhändler 4, Gehilfen 05
Hausirer 8, Gehilfen 0 Landfuhrleute 30, Gehilfen 25
Holzhändler 5, Gehilfen 0

Von den Handwerkern sind die Schuhmacher, welche auch nach außen arbeiten, am stärksten vertreten.

| Von berühmten Rottweilern[4] sind folgende zu nennen:

Michael Rubellus (Roth). Diesem, durch seine gründlichen Kenntnisse, besonders seinen schönen lateinischen Stil, ausgezeichneten Lehrer verdankte die Rottweiler Schule im Beginne des 16. Jahrhunderts ihre Berühmtheit, vermöge der sie namentlich auch aus der benachbarten und verbündeten Schweiz strebsame Jünglinge anzog, so den Heinrich Glareanus (Loriti) aus Mollis im Kanton Glarus, den Freund des Erasmus von Rotterdam, und den Oswald Myconius (Geißhüsler) aus Luzern, Pfarrer und Professor in Basel. Im Jahre 1510 wurde R. von Rottweil als Lehrer der klassischen Wissenschaften und der Musik nach Bern berufen, und von seinen Schülern theilweise auch dorthin begleitet. (Vergl. u. a. Wolf, Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz 1, 1 und 2; Kirchhofer, Oswald Myconius 1 ff.)

Melchior Volmar Roth, Neffe und Schüler des vorigen. Im Jahre 1497 zu Rottweil geboren, ging er im Jahre 1521 nach Paris, wo er, der erste unter 100 Kandidaten, die Magisterwürde erhielt, lehrte als solcher allda drei Jahre und wurde Prokurator der deutschen Nation. Als Anhänger der Reformation verdächtigt errichtete er zu Orleans eine Privatschule, wurde dann von der Königin von Navarra, Margarethe von Valois, als ordentlicher Lehrer der griechischen Sprache nach Bourges berufen, kam aber 1535 als Lehrer des Civilrechts nach Tübingen, trat daselbst 1544 als Lehrer der griechischen und lateinischen Sprachen in die Artistenfakultät ein, und starb im Jahre 1561 zu Isny, der Heimath seiner Gattin. In den Jahren 1539 und 1540 wurde er von Herzog Ulrich zu Gesandtschaften nach Frankreich verwandt. Während seines früheren französischen Aufenthaltes verdankte ihm Theodor Beza seine ganze Erziehung und Bildung, Calvin die erste Richtung auf eine schriftmäßige Religion (Vergl. u. a. Schnurrer Chr. Fr., Oratt accad. p. 101–112; Herminjard Correspondance des réformateurs 2, 280, Stälin 4, 402.)

Valerius Anselm, genannt Rüd, Sohn eines angesehenen Rottweiler Bürgers, praktischer Arzt in Rottweil und besonders um Ausbreitung der Reformation dort bemüht, bis er im Jahre 1529 durch die dortigen Religionswirren gedrängt mit 5 Personen nach Bern auswanderte. Hier fand er ein ehrenvolles Unterkommen, wurde Stadtarzt, in der Folge auch Geschichtschreiber des Kantons Bern, in welcher Hinsicht er 60 fl. 20 Mütt Dinkel, 10 Fuder Holz unter der Bedingung ausschließlicher Arbeit an der Geschichte| als jährlichen Ehrensold erhielt. Darauf schrieb er seine verdienstliche „Berner Chronik“ vom Anfang der Stadt Bern bis 1526 (herausgegeben durch Stierlin und von Wyß in 2 Bänden, Bern 1825–26). Auch eine mit vielen Bildern gezierte Weltchronik verfaßte er und eignete sie auf Begehren des päbstlichen Botschafters in der Schweiz dem Pabste Leo X. zu; bedeutend vergrößert gab er sie später – ein seltenes Werk – in Druck heraus als „Catalogus annorum et principum sive monarcharum mundi geminus … ab homine condito usque in praesentem a nato Christo MDL. annum deductus et continuatus“. Berna MDL (die Vorrede ist datirt: IV. Non. Aug. MDXL).

Johann Jakob von Khuon, geboren allhier im Jahr 1673, Sohn des Bürgermeisters Joh. Jak. Eberh. von Khuon, zeichnete sich im österreichischen Kriegsdienste besonders unter Prinz Eugen von Savoyen und bei der Erstürmung Belgrads im J. 1717 aus, wurde k. k. Generalwachtmeister, Commandant von Freiburg im Breisgau, später Gouverneur von Pavia, wegen seiner Verdienste in den Reichsfreiherrnstand erhoben, und starb zu Rottweil den 8. Okt. 1726. (Vrgl. über ihn und seine Familie die, zum Theil übrigens unrichtigen Angaben bei Cast, Adelsb. des Großh. Baden S. 267 und unten Wildeck.)

Johann Baptist Joseph Karl von Hofer, geboren allhier am 16. März 1759, Sohn des Pürschvogts und Assessors Joh. Bapt. Hofer, den 1. Januar 1782 vom Magistrat und der Bürgerschaft zu Rottweil zum Hofgerichts- und Rathsassessor, den 1. Jan. 1796 von der Bürgerschaft zum Amtsbürgermeister gewählt, ein in den verschiedensten Zweigen der Verwaltung um seine Vaterstadt sehr verdienter Mann. Im Jahre 1802 trat derselbe in großh. badische Dienste, wurde Direktor des Seekreises zu Constanz, verwaltete mehrere Male das Finanzministerium, wurde bei seiner Pensionirung vom Großherzog Ludwig nobilitirt und starb zu Constanz den 21. Dezember 1838. Er ist auch Verfasser mehrer kleineren Abhandlungen politischen und historischen Inhalts.

Johann Baptist Bernhard (von) Camerer, geboren allhier am 24. Juni 1765, Sohn des Bauschreibers Bernhard Camerer, im Jahre 1787 Hofgerichts- und Rathsadvokat, 1788 Heiligen-Revisor, 1796 Straßen-Inspektor, Hofgerichtsassessor, Spitaloberpfleger, auch Schuldirektor, bald darauf auch Bruderschaftsoberpfleger, nach der Mediatisirung Rottweils Mitglied der in Stuttgart niedergesetzten Oberlandes-Regierungskommission, im Jahre 1803 Rath bei der neuwürttembergischen Landesregierung in Ellwangen, im Jahre 1806 bei dem katholischen geistlichen Rath und zugleich bei dem| Lehenrath in Stuttgart als Rath angestellt, im Jahre 1817 Kirchenrathsdirektor, gestorben den 16. Sept. 1836. Um die Verbesserung und Befestigung der Verhältnisse des katholischen Kirchen- und Schulwesens in Württemberg hat er sich große Verdienste erworben.

Johann Georg Herbst, geboren allhier den 13. Jan. 1787, Professor an der theologischen Anstalt zuerst zu Ellwangen, dann nach ihrer Versetzung zu Tübingen, in welcher Eigenschaft er die orientalischen Sprachen, die Einleitung in die Bücher des A. T. und die biblische Archäologie vortrug und die Schriften des A. T. erklärte, im Jahre 1832 auch Oberbibliothekar an der Universitätsbibliothek; gestorben den 31. Juli 1836.

Wenigstens wahrscheinlich wurde hier den 13. December 1484 geboren Paulus Speratus aus der adeligen Familie der Spretter. In Paris und auf italienischen Universitäten in der Theologie gebildet, neigte er sich frühe der Reformation zu und heirathete – einer der ersten Priester – vielleicht schon im Jahre 1519. Im Jahre 1523 half er, selbst Verfasser noch jetzt gebräuchlicher Kirchenlieder, Luthern bei seiner ersten Sammlung deutscher evangelischer Lieder, wurde 1524 Hofprediger bei Herzog Albrecht von Preußen in Königsberg und 1529 Bischof von Pomesanien, als welcher er sich um die Ordnung des Kirchenwesens in Preußen verdient machte; gestorben den 12. August 1551 zu Marienwerder. (Vrgl. Cosack, Paulus Speratus Leben und Lieder S. 3. – Leben und … Schriften der Väter der luth. Kirche, Band 8 v. Th. Pressel, Abth. P. Speratus.)

Endlich kann bemerkt werden, daß Wadding (Annal. Minor. edid. Fonseca 9, 57) im Jahre 1399 einen Bertold Huchi aus Rottweil als episcopus Senascopulensis erwähnt, und daß in den 70er und 80er Jahren des 15. Jahrhunderts der Rottweiler Adam zu Venedig und Aquila als Buchdrucker erscheint.

Die Markung von Rottweil ist mit Einschluß der Parzellen eine sehr ausgedehnte und hat einen Umfang von etwa 10 Stunden; sie wird von den Thälern des Neckars, der Prim, der Eschach und von deren Seitenthälern durchfurcht und bildet mit Ausnahme der Gehänge dieser Thäler und der theilweise noch in die Markung eingreifenden Keuperterrasse ein flachwelliges zum Theil hügeliges leicht zu bebauendes Land. Der im allgemeinen fruchtbare, vorherrschend schwere Boden besteht, soweit er für den Feldbau benützt wird, hauptsächlich aus Lehm und den Zersetzungen der Lettenkohlengruppe, der Gipsmergel und in geringerer Ausdehnung des Muschelkalks; die Zersetzungsprodukte der verschiedenen Keuperschichten bis zu den Knollenmergeln dienen meist dem Waldbau. Steinbrüche bestehen einer im Brunnenthälchen, aus welchem Muschelkalk zu| Straßenmaterial gewonnen wird, zwei im Muschelkalkdolomit, der eine an der Straße nach Villingen, der andere an der Prim, und ein Tuffsteinbruch, auf Bühlinger Markung gelegen, jedoch Eigenthum der Stadtgemeinde; auch sind Gips- und Lehmgruben vorhanden. Das Klima ist ziemlich mild und erlaubt noch einen namhaften Obstbau; feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. gedeihen in günstigen Jahrgängen. Frühlingsfröste und kalte Nebel kommen zuweilen vor, auch ist die Gegend feuchten Winden ausgesetzt. Hagelschlag kommt seit einigen Jahren häufiger vor als früher und hat namentlich in den Jahren 1864 und 1872 die Markung auf’s empfindlichste heimgesucht.

1

Die Landwirthschaft wird so viel als immer möglich mit Fleiß rationell betrieben und der Boden, mit Ausnahme der gewöhnlichen Düngungsmittel, mit Gips, Asche und Kompost zu verbessern gesucht; vervollkommnete Ackergeräthe, unter denen der Brabanter- und der amerikanische Wendepflug sehr häufig in Anwendung kommen, sind beinahe alle eingeführt. Zum Anbau kommen die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorzugsweise Dinkel und Weizen, ferner Kartoffeln, Luzerne, Reps, Mohn, Flachs und Hanf. Von den Getreide-Erzeugnissen können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 5000 Scheffel Dinkel, 2000 Scheffel Gerste, 3000 Scheffel Weizen und 3000 Scheffel Haber nach außen, hauptsächlich nach Baden und Elsaß verkauft werden. Die übrigen Felderzeugnisse werden in der Stadt selbst verbraucht. Der ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes Futter, von dem viel nach außen abgesetzt wird; die Wiesen sind durchaus zweimähdig und haben keine Wässerungseinrichtungen. Der Gartenbau ist von Bedeutung, und neben manchen zum Vergnügen hübsch angelegten Gärten, umgeben die Stadt ringsum Gemüse- und Baumgärten. Es sind drei Handelsgärtner vorhanden, die einen namhaften Handel mit Gemüsen, Blumen und Jungstämmen treiben. Der seit 4 Jahren bestehende Verschönerungsverein hat freundliche Anlagen beim Hochthurm und an der Straße zu dem Bahnhof herstellen lassen. Die immer noch im Zunehmen begriffene Obstzucht wird mit großer Umsicht sehr fleißig betrieben und zur besonderen Pflege sind 2 Baumwarte und in der Person des Stadtraths Herderer ein Obstbaumaufseher aufgestellt; letzterem ist nicht allein die Überwachung und Förderung der Obstzucht für die Stadtgemeinde, sondern auch für den ganzen Oberamtsbezirk übertragen, und dessen Eifer und Kenntnisse haben die Obstzucht wesentlich gehoben, so daß gegenwärtig auf der Markung Rottweil allein 26.000 Obstbäume stehen. Man pflanzt vorzugsweise Goldparmäne, rothe Strömlinge, sog. Siebenschläfer, Junkersbirnen, Bratbirnen,| Palmischbirnen, Knausbirnen, Zwetschgen und Pflaumen; Kirschen gedeihen nicht. Neben mehreren Privatbaumschulen sind drei Gemeindebaumschulen vorhanden, in welch letzteren etwa 10.000 Stück Obst- und Zierbäume gezogen werden. Die Jungstämme bezieht man größtentheils aus den örtlichen Baumschulen, theilweise auch von Reutlingen. In günstigen Jahrgängen können von dem Obstertrag etwa 2500 Simri nach außen abgesetzt werden.

Die Gemeinde besitzt 4045 Morgen vorherrschend Nadelwaldungen, aus denen nach dem Wirthschaftsplan jährlich 7000 Raummeter = 2067 Klafter geschlagen werden; hievon erhalten 730 Bürger je 21/2 Klafter Bürgergabe, die übrigen, diese Zahl überschreitenden Bürger, je 1 Klafter Stockholz. Der Rest des Holzertrags wird verkauft, was der Gemeindekasse eine jährliche Rente von etwa 35.000 fl. sichert, die theils zu den bedeutenden städtischen Ausgaben verwendet, und soweit sich Überschüsse ergeben, ausgeliehen wird. Für die Bewirthschaftung der im guten Stand sich befindenden Waldungen ist ein städtischer Waldmeister, über den der K. Revierförster in Rottenmünster die Aufsicht führt, aufgestellt. Die Armenfondspflege besitzt 2693 auf 8 Markungen zerstreut liegende Morgen Waldungen, die von einem geprüften Forstmann bewirthschaftet werden; sie ertragen nach dem Wirthschaftsplan jährlich 4350 Raummeter = 1285 Klafter, die im Jahre 1872–73 einen Bruttoerlös von 39.832 fl. 27 kr. lieferten. Ferner bezieht die Gemeinde aus 150 Morgen Weiden nebst der Brach- und Stoppelweide die Pachtsumme von 500 fl., aus der Pferchnutzung 200 fl., aus Allmanden, die an die Ortsbürger verliehen sind, 310 fl. 48 kr. und aus Gemeindegütern 4866 fl. (s. hier. unten). 1

Die Pferdezucht wie auch die Pferdehaltung ist von Bedeutung und im Zunehmen begriffen; man züchtet und hält einen etwas starken Schlag und bringt die Stuten auf die örtliche Beschälplatte zur Bedeckung. In sehr gutem Zustande befindet sich die Rindviehzucht, welche sich hauptsächlich mit einer Kreuzung der Simmenthalerrace mit der Landrace, auch mit reinen Simmenthalern beschäftigt, und zu deren Nachzucht 7 theils gekreuzte, theils reine Simmenthaler Farren und zwar 5 in Rottweil und 2 in Altstadt aufgestellt sind. Die Unterhaltung der Zuchtstiere hat in der Stadt die Stiftung, in Altstadt die Gemeinde. Ein nicht unbeträchtlicher Handel mit Vieh, auch mit gemästetem, wird nach Elsaß, Baden und in das Unterland getrieben; auch ist der Milchverkauf in der Stadt selbst ein namhafter. Die mit Rauhbastarden sich beschäftigende Schafzucht treiben hauptsächlich die Pächter der städtischen Höfe und einige Privaten, die den Sommer über 800, im Winter 1000| Stücke auf der Markung laufen lassen; die Wolle geht meist in das Ausland und der Abstoß der Schafe findet nach Frankreich statt. Was die Zucht der Schweine betrifft, so werden die meisten Ferkel (halbenglische Race) von außen bezogen und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf in namhafter Ausdehnung aufgemästet.

Die Fischerei wird im Feuersee künstlich auf Schleien betrieben, im Neckar, der Rauhfische, Barben und etwas Aale beherbergt, hat theils die Stadt, theils der Staat das Fischrecht, die es um einige Gulden jährlich verpachten. Die ziemlich häufig vorkommenden Fischotter schaden der Fischzucht.

Die Stadt hat das Recht, in den Monaten Februar, April, Juni, September (2 Tage), Oktober und November je einen Krämer- und Viehmarkt, in den Monaten Januar, März, Mai, August und Dezember je einen Viehmarkt abzuhalten. Von diesen Märkten ist der sog. Heiligkreuzmarkt der besuchteste und bringt vielen Verkehr in die Stadt. Überdieß wird jeden Samstag ein Wochenmarkt, auf dem hauptsächlich Viktualien verkauft werden, abgehalten. Von besonderer Bedeutung ist die Fruchtschranne, auf der jeden Samstag 6–8000 fl. umgesetzt werden.

Zusammenstellung der auf der Rottweiler Fruchtschranne im Jahre 1873 verkauften Früchte, des jährlichen Durchschnittspreises und des Durchschnittsgewichts (letzteres vom Dinkel und Haber):

Fruchtgattung. Verkaufsquantum Erlös vom ganzen
Jahr
Durchschnitts-
mittelpreis
Zentner. Pfund. fl. kr. fl. kr.
Dinkel 17.047 104.040 12 6 6
Haber 20.134 90.326 35 4 29
Kernen 23.433 209.336 11 8 56
Weizen 2317 20.641 25 8 54
Roggen 14 90 27 6 28
Gerste 1516 9838 52 6 29
Hülsenfrüchte 835 4280 14 5 8
Mengfrüchte 2344 12.407 31 5 17
Verkehrssumme vom ganzen Jahr:
450.961 fl. 27 kr.
Durchschnittsgewicht von 1 Scheffel Dinkel 172 Pfund,
Durchschnittsgewicht von 1 Scheffel Haber 170 Pfund.
Schon den ältesten Landesordnungen gemäß, die im Jahre 1618 erneuert wurden, waren die Unterthanen verpflichtet, was| sie an Veesen (Dinkel) Kernen, Haber und anderen Früchten entbehren konnten, unter das Kaufhaus der Stadt zu Markte zu bringen und vom verkauften Malter Frucht 7 kr. Zoll zu entrichten.




An den Kirchen der Stadt besorgen die gottesdienstlichen Verrichtungen und zwar:

A. An den katholischen ein Stadtpfarrer, zugleich Dekan, zwei Kaplane und ein Vikar in Rottweil, ferner ein Pfarrer in Altstadt. Überdieß sind 3 Gymnasialprofessoren verpflichtet, in der Kapellenkirche den Gottesdienst zu halten.

B. An der evangelischen Kirche ein Stadtpfarrer.

Von Schulanstalten befinden sich in Rottweil:

Ein Gymnasium in Verbindung mit einem niederen katholischen Convict, an demselben unterrichten (einschließlich des Rektors und des Convict-Vorstandes) 6 Lehrer (Professoren) an den vier oberen Klassen, ferner 3 Lehrer (ein Professor und 2 Präceptoren) an den 3 unteren Klassen. Überdieß stehen an der Anstalt ein Zeichenlehrer (Professor), ein Gesanglehrer, ein Turnlehrer und ein Schulmeister.

Eine Realanstalt mit einer oberen Klasse und zwei unteren Klassen; an der oberen Klasse unterrichten der Rektor und ein Professor, an den unteren Klassen ein Oberreallehrer (zugleich Turnlehrer) und ein Reallehrer. Überdieß ein Zeichenlehrer, der zugleich am Gymnasium Unterricht ertheilt.

Eine kath. Volksschule mit 6 Klassen; an ihr unterrichten 6 Schulmeister und ein Musiklehrer.

Eine evangelische Volksschule mit 2 Klassen und einem Schulmeister.

Ferner eine gewerbliche Zeichenschule, eine Winterabend- und Fortbildungsschule mit 7 Lehrern, eine Modellierschule, aus der schon mancher tüchtige Bildhauer hervorgegangen ist, eine Industrieschule, eine Kleinkinderschule und eine Turnanstalt.

Von Vereinen bestehen folgende: Der im Jahr 1832 gegründete Alterthumsverein mit einem Vorstand und 6 Ausschußmitgliedern; er zählt gegenwärtig im Ganzen 162 Mitglieder. Der Zweck des Vereins besteht in der Erforschung der Alterthümer und Geschichte von Rottweil und der Umgegend, deren Ergebnisse er in periodischen Heften veröffentlicht. Überdieß hat der Verein eine sehr| schätzbare Sammlung der in der Umgegend von Rottweil aufgefundenen Alterthümer angelegt (s. hier. unten.)

Der seit dem Jahr 1870 bestehende, 124 Mitglieder zählende Verschönerungsverein hat schon viel zur Verschönerung der Stadt und ihrer Umgebung geleistet; er bezieht seine Mittel theils aus den statutenmäßigen Beiträgen der Mitglieder, theils von der Stadtgemeinde.

Literarischen und geselligen Zwecken dienen:

Ein Museum mit besonderer Geselligkeits-Abtheilung und ein katholischer Leseverein.

Ein Liederkranz besteht seit 1854; er zählt gegenwärtig etwa 200 Mitglieder, die monatliche Beiträge leisten.

Eine Schützengesellschaft besteht in Rottweil schon seit dem 15. Jahrhundert (s. Ruckgaber).

Überdies ist eine militärisch-organisirte Feuerwehr vorhanden.

Von interessanten öffentlichen und Privatsammlungen sind vorhanden:

Die Sammlung altdeutscher Schnitzwerke und Malereien in der St. Lorenz-Kapelle (s. hier. oben).

Die Antikensammlung des Alterthumsvereins im Gymnasiumsgebäude; sie enthält hauptsächlich die Funde, welche bei Rottweil, namentlich auf Hochmauren und zunächst der Stadt, gemacht wurden, und zwar:

1. Aus der römischen Periode (größtentheils auf Hochmauern gefunden) ein schwerer goldener Siegelring, der 80 fl. im Goldwerth hat und auf dessen Platte ein einfach ausgeführter Vogel dargestellt ist. Ferner von Bronce: die Statuetten von Jupiter und Mars, allerlei Geräthe und Schmuckgegenstände wie z. B. ein Seiher, Löffel, Zirkel etc., sehr schöne Fibeln, worunter eine, die eine Schildkröte darstellt, Haarnadeln, chirurgische Instrumente, Beschläge, darunter eines einen Ochsenkopf darstellend etc. Von Bein: Haarnadeln, Schreibgriffel, Damenbrettsteine etc. Von Eisen: Schlüssel, Speerspitzen, Messer, Griffel, Ringe, Kloben, Beschläge, Nägel etc. Überdieß eine werthvolle Gemme und auffallend schöne Glasfabrikate. Von Thon: einige Figürchen, ziemlich viel erhaltene Gefässe, worunter eine sehr große vollständige Amphore und einzelne von sehr feiner Siegelerde; aus letzterer Masse viele interessante Gefässefragmente mit schönen Verzierungen, bildlichen Darstellungen und eine reiche Auswahl von Töpfer- und Töpfereienstempeln, welch’ letztere in den Mittheilungen des archäologischen Vereins zu Rottweil (Jahrgang 1845 S. 10 ff.) von Professor Lauchert aufs gründlichste zusammengestellt wurden. Indem wir auf diese vortreffliche Arbeit verweisen, geben wir hier| nur summarisch die vorkommenden Namen der Töpfer und Töpfereien (Officinen), sie sind folgende: Andegarus fec., Of. Apri…, Atto f., Avitus f., Cintusmus f., Communis (in neuerer Zeit auch bei Heidenheim aufgefunden), Felicis Man., Frontini, Gemmus, Germ. (d. i. Germanicus), Of. Jucundus, Julius f., Juniani, Justus, Marcellus, Martinus f., Maturus, Melausus f., Mercator, Of. Monc.–, Monta (d. i. Montanus), Nivalis f., Of. Passi, Pauhianus, Rinx, Sacratus f., Secundini m., Of. Severi, Of. Sulpici, Verecundus f., Victorinus f., Of. Vitalis, endlich noch Conatius f., letzterer, der ebenfalls auf Hochmauren gefunden wurde, befindet sich jedoch nicht mehr in der Sammlung. Von Stein: ein den Wegegöttern geweihter Altar (s. unten), ein Kopf aus Werkstein, die Statue eines Kriegers, 2′ 5″ hoch aus grobkörnigem Keupersandstein, Säulenfragmente etc. Überdieß bewahrt die Sammlung viele in der Umgegend von Rottweil gefundene römische Silber und Broncemünzen, von denen die auf Hochmauren gefundenen bis zur Zeit des Alexander Severus (229 n. Chr.) herabgehen.

Von deutschen Alterthümern finden sich hauptsächlich Gegenstände aus der allemannischen (fränkischen) Periode, namentlich hat die Ausbeute, welche die Reihengräber bei Bühlingen lieferten, die Sammlung wesentlich bereichert. Wir führen nur kurz folgende an, und zwar, von Gold: zierlich gearbeitete, mit farbigen Halbedelsteinen eingelegte Agraffen, Finger- und Ohrenringe etc. Von bronceartigem Metall, das sich schon dem Messing etwas nähert: Ringe, Fibeln, Ohrenringe, Beschläge mit Silber eingelegt, durchbrochene Metallscheiben, Schnallen, Spangen etc. Von Eisen: Schnallen und Knöpfe mit Silber und Kupfer eingelegt, lange zweischneidige Schwerter, Frameen, kurze einschneidige Schwerter (sog. Sachse), Messer etc. Ferner Perlen (durchbohrte Kügelchen) aus Thon von verschiedenen Farben und Glasuren, mehrere mit Schmelzstreifen, einzelne von gefärbtem Glas, Bernstein, Amethyst etc.

Außer diesen und noch manchen anderen Gegenständen bewahrt die Sammlung eine äußerst interessante Federzeichnung, die Stadt Rottweil mit ihrer Umgebung, landkartenartig in Vogelperspective vortrefflich ausgeführt, mit dem Monogramm A D und der Jahreszahl 1564, und wohl werth, besser erhalten und theilweise restaurirt zu werden; ferner eine Zeichnung von dem im vorigen Jahrhundert auf Hochmauren gefundenen Mosaikboden.

Von Privatsammlungen zeichnen sich besonders aus: Die Sammlung von Gemälden und Holzsculpturen des Herrn Dekan, Kirchenrath, Dr. Dursch; sie enthält hauptsächlich altdeutsche und altniederländische Gemälde (74 an der Zahl) mit religiösen Darstellungen.| Die Gemälde stammen aus der Zeit von 1450–1510, mit Ausnahme von 15 Stücken, die einer noch früheren Periode angehören, und sind durchaus von guten Meistern geschaffen. Von diesen nennen wir 3 Gemälde von M. Wohlgemuth und 2 von H. Schülein. Unter den niederländischen Gemälden zeichnen sich aus, eine Madonna von der van Eyck’schen Schule und eines von Jean Rogier dem jüngeren. Überdieß befinden sich in der Sammlung noch andere interessante Malereien und alte Holzsculpturen.

Ferner die streng systematisch geordnete, sehr interessante Sammlung von Coleoptheren (Käfern) des Herrn Kreis-Gerichtshofs-Direktor von Steudel, die zu den reichhaltigsten und belehrendsten dieser Art gehört.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet und der Vermögensstand der Gemeinde im besten Zustande (s. hier. Tabelle III). An öffentlichen besonderen Stiftungen sind vorhanden:

a. Die Armenfondspflege mit 469.683 fl. Kapitalien und 2695 Morgen Waldungen, die von einem besonderen Stiftungsförster verwaltet werden und im Jahr 1873 39.832 fl. 27 kr. ertragen haben.

b. Die Kirchenpflege mit 133.200 fl. Kapitalien und 19 Morgen Waldungen.

c. Die Schulpflege mit 137.500 fl. Kapitalien.

d. Die Studienpflege mit 99.600 fl. Kapitalien und 147 Morgen Waldungen.

e. Die St. Annapflege mit 3118 fl. Kapitalien.

f. Die Uhl’sche Stiftung mit 3118 fl. Kapitalien. Stifter Dekan Uhl.

g. Die Kistler’sche Stiftung mit 5158 fl. Kapitalien. Stifter Dekan Kistler.

Die einzelnen Stiftungen betrugen ursprünglich ad e 2000 fl., ad f 2000 fl. und ad g 4000 fl.

Die Zinse der Stiftungen werden verwendet für Armenzwecke, Kirchen- und Schulhausbaukosten, Pfarrbesoldungen, Studien- und Kultkosten, Lehrerbesoldungen und sonstige Schulzwecke. (Genaueres über die verschiedenen Stiftungen und Stifter s. Ruckgaber.)

Wie oben erwähnt wurde, hatten schon die Römer in der Nähe von Rottweil eine namhafte Niederlassung gegründet und hier eine Stelle gefunden, die sich einerseits zu einer militärischen Colonie vorzüglich eignete, andererseits einen ganz bequemen Übergang über den Neckar gestattete, wie man ihn unterhalb und oberhalb Rottweil vergebens suchen würde. Deshalb führten sie hier ihre| Hauptheerstraße (Consularstraße) gemeinschaftlich mit einigen anderen Römerwegen über den Neckar, wodurch sich bei Rottweil oder vielmehr bei Altstadt ein namhafter Straßenknoten entwickelte, der schon von vornherein eine Niederlassung von Bedeutung verkündet.

Da bekanntlich die Römer, wenn sie ein Land besetzten, zuerst ihre Heerstraßen und befestigten Lager anlegten und erst später in der Nähe derselben ihre bürgerlichen Wohnplätze gründeten, so halten wir es für angezeigt, auch bei der Beschreibung der Überreste dieses großen Volkes bei Rottweil ebenfalls mit den Straßen zu beginnen; sie waren folgende:

1. Die hauptsächlich militärischen Zwecken dienende römische Hauptheerstraße (Consularstraße), die einst Regensburg (Reginum) mit Windisch in der Schweiz (Vindonissa) mit Einhaltung des dominirenden Terrains auf großem Umwege verband, kommt von Rottenburg (dem römischen Sumlocenne) her an Dunningen und Zimmern o. R. vorüber nach Altstadt, führte hier über den Neckar und weiter über Hochmauren, an der Saline Wilhelmshall und an Lauffen vorüber nach Schwenningen etc. (s. den allg. Theil Abschn. „römische Alterthümer“).

2. Von dieser Hauptstraße ging bei Hohenmauren eine römische Straße nach der römischen Niederlassung bei Sulz.

3. Ein weiterer Römerweg ging ebenfalls von der Hauptstraße bei Altstadt ab, das Primthal hinauf gegen Spaichingen.

4. Von letzterer zweigte zwischen Rottenmünster und Neufra unter den Benennungen Saumweg, Altweg eine ehemalige Römerstraße ab und lief nach dem jetzigen Wellendingen und weiter gegen Wehingen.

Außer diesen Straßen scheint noch ein alter Weg von Rottweil aus die Katzensteige hinauf, weiter hin das Hasengäßle und die lange Gasse, gegen Jungbrunnen, Zepfenhan, Schömberg etc. gezogen zu sein, dessen römischer Ursprung jedoch nicht verbürgt werden kann.

Demnach liefen bei Altstadt 4, vielleicht 5 Römerstraßen zusammen, wofür auch der bei dem Hochthurm ausgegrabene Altar den schlagendsten Beweis liefert: er enthält folgende Inschrift:

BIVIIS TRIVIIS
QVADRVVIIS
EXVOTO SVSCEPTO
POSIIT PRIMVS
      VICTOR
V. S. L. L. M.

Biviis Triviis Quadruviis ex voto suscepto posiit (i. e. posuit) Primus Victor. Votum solvit libens lubens merito.

| Hier an dieser Stelle, an der sich früher der Befestigungs- und zugleich Wartthurm der Reichsstadt Rottweil erhob, hatten ohne allen Zweifel schon die Römer einen Späheposten, Wachposten angelegt, von dem aus sie die bei ihrem Castrum zusammenlaufenden Heerstraßen überwachen konnten und errichteten deßhalb hier einen den Wegegöttern geweihten Altar[5].

Nachdem wir nun den römischen Straßenknoten bei Rottweil nachgewiesen haben, entsteht zunächst die Frage, wo lag die eigentliche römische Niederlassung? Bis jetzt trug man kein Bedenken, den ehemaligen Römerort bei Hochmauren anzusetzen, weil man dort so ausgedehnte und interessante Spuren von römischen Gebäudesubstructionen etc. zu verschiedenen Zeiten auffand und noch heute das ganze Feld zunächst Hochmauren mit Trümmern von römischen Ziegeln, Gefässen etc. bedeckt ist. Wenn wir aber auf die Sache näher eingehen und alle Momente, welche die Römer bei Anlage ihrer befestigten Niederlassungen (castra) beobachteten, ins Auge fassen, so können wir dieser Ansicht nicht vollständig beipflichten. Die Römer errichteten bekanntlich ihre befestigten Städte nie an Stellen, an denen sie einen Fluß oder ein Thal im Rücken der Niederlassung hatten, sie suchten denselben immer auf der gegen das feindliche Land gerichteten Seite zu haben. Namentlich beobachteten sie dieß im römischen Zehentlande an größeren Flüssen, die mit dem Limes beinahe gleiche Richtung haben, wie z. B. am Neckar, an dem sämtliche größere Niederlassungen, wie bei Rottenburg, Köngen, Cannstatt, Benningen, Wahlheim, Böckingen, Wimpfen etc. sämtlich auf dem linken Ufer angelegt waren und somit den Fluß auf der Seite gegen die Reichsgrenze hatten. Die kriegsfertigen Römer erzielten hiedurch nicht allein verstärkten Schutz gegen die mehr bedrohte Angriffsseite, sondern auch einen mit weniger Terrainhindernissen verbundenen Rückzugsweg.

Ferner wählten sich die Römer bei den Anlagen ihrer Niederlassungen regelmäßig Punkte aus, die entweder über einem nicht zu hohen Thalabhang oder über irgend einer Terrasse lagen, und wenn diese nicht vorhanden waren, dann errichteten sie künstliche Terrassen vor der Niederlassung; man trifft derartige künstliche Terrassen häufig noch an Stellen, wo sogar nur minder bedeutende Niederlassungen bestanden, und nicht selten verrathen sie dem Kundigen heute noch die ehemaligen Wohnplätze dieses Volkes.

Diese beiden Hauptmomente treffen wir nun vereinigt bei| Altstadt und zwar auf der linken Seite des Neckars eine nicht hohe aber steile Terrasse (Thalabhang) gegen den Neckar, an die sich die großartige, in neuerer Zeit leider beinahe ganz eingeebnete Umwallung anschloß und einen Raum von etwa 115 Morgen umfriedigte. Diese Befestigung umfaßte die jetzigen Fluren „St. Nikolaus, Ruhe Christi, Mittelstadt, auf dem Kälberwasen und hinter dem Wall“ und lief von der Ruhe Christi-Kapelle oben an der Schlucht hinunter, die bei dem Bahnhof in das Neckarthal eingeht bis an Schildeck; hier machte sie eine Ecke und lief oben an dem Thalabhang gegen den Neckar bis nach Altstadt, von dem sie noch den nordwestlichsten Ortstheil einschloß und bis zu einer kleinen Seitenschlucht des Neckarthales hinzog. Hier machte sie wieder eine Ecke und führte südlich der Flur „hinter dem Wall“ oben an der Schlucht fort bis auf die Hochebene, wo sie sich abermals wendete und östlich an der unteren Ziegelhütte vorbeilief bis wieder in die Nähe der noch innerhalb der Umwallung gelegenen Ruhe Christi-Kapelle, wo sie die vierte Wendung oder vielmehr Ecke bildete. Die Figur des durchaus ebenen umfriedigten Raumes nähert sich einem länglichen Viereck.

Der Raum war auf 3 Seiten von Natur fest und nur auf der vierten (westlichen) Seite hängt er mit dem übrigen ebenen und somit leichter zugänglichen Terrain zusammen. Der Wall selbst ist jetzt noch an einer erhaltenen Stelle bei der Ziegelhütte 10′ hoch und war wohl, ehe er sich im Laufe der Zeit verflachte, noch ziemlich höher; auf seinem Rücken mag ursprünglich ein Pallisadenwerk angebracht gewesen sein, an seiner von Natur zugänglichen westlichen Außenseite lief ein Graben hin.

Schon wegen der Großartigkeit dieser Befestigung können wir den Ursprung derselben keiner anderen Periode als der römischen zuschreiben; allein abgesehen hievon sprechen noch weitere Momente entschieden dafür, daß hier das eigentliche ursprüngliche Castrum, die Militärkolonie der Römer bestand. Die von Rottenburg herkommende römische Consularstraße läuft heute noch deutlich erkennbar quer durch den umfriedigten Raum: überdieß durchschneiden denselben noch einige andere Wege, denen man an ihren geraden Richtungen und Strukturen den ursprünglich römischen Charakter noch wohl ansieht. Einer von diesen kommt durch eine Hohlgasse vom Neckarthal herauf und läuft schnurgerade quer durch den nordöstlichen Theil des ehemaligen Castrums bis an die Nordwestseite desselben; von ihm geht rechtwinkelig ein Sträßchen ab bis an die Nordostseite der ehemaligen Umwallung. Auch einige andere Wege, die vermuthlich wenigstens theilweise ihre erste Entstehung den Römern verdanken,| durchziehen ebenfalls den umwallten Raum; auch kommt innerhalb desselben die Benennung „Gäßlesstücklen“ vor.

Überdieß findet man bei näherer Nachforschung innerhalb der Umwallung eine Menge Fragmente von römischen Ziegeln, Gefässen etc., namentlich viele von Sigelerde, die entschieden nachweisen, daß ein ziemlich großer Theil des umfriedigten Raumes überbaut und bewohnt war. Diese letzten Zeugen von der ursprünglichen Ansiedelung erscheinen hier hauptsächlich auf der östlichen Hälfte der Flur St. Nikolaus, auf dem sogenannten Kälberwasen und gegen den oberen Theil von Altstadt hin, während sie auf der nordwestlichen und westlichen Seite des früher umwallten Raumes viel spärlicher oder gar nicht mehr vorkommen. Die zerstreut liegenden Überreste von Ziegeln, Gefässen etc. sind natürlich nicht so leicht erkennbar wie die auf Hochmauren, weil hier die Kultur den Boden schon viele Jahrhunderte bearbeitet und die Trümmer verkleinert, wie auch die dem Ackerbau hinderlichen Grundmauern wenigstens so weit entfernt hat, daß sie der Pflug nicht mehr erreichen kann. Indessen ist man hier schon früher auf Grundmauern gestoßen und heute noch liegen Trümmer von grobkörnigem Keupersandstein, der hier von Natur nicht verkommt, umher und verrathen, daß sie einst hier gestandenen Bauwesen angehörten. Auch die Benennung „Mittelstadt“, welche an der Stelle des ehemaligen Castrums haftet, beweist, daß man hier früher Gebäudesubstructionen vorfand, aus denen das Volk unrichtiger Weise folgerte: die Stadt Rottweil sei nach Zerstörung der Römerstadt bei Altstadt eine zeitlang auf der Stelle der Mittelstadt gelegen und erst später habe man das jetzige Rottweil erbaut. Daher nannte man das zwischen der Altstadt (Römerstadt) und der Stadt Rottweil gelegene ehemalige Castrum die Mittelstadt.

Hiedurch wird nun die Vermuthung, welche schon Ruckgaber in seiner Geschichte von Rottweil Band II. Abth. 2. S. 546 ff. aussprach, diese Verschanzung könnte von einem ursprünglichen römischen Lager herrühren, nicht allein bestätigt, sondern noch weiter nachgewiesen, daß die ursprüngliche römische Militärkolonie, das von einer Truppenabtheilung theilweise bewohnte Castrum, auf dieser befestigten Stelle stand. Der nicht überbaut gewesene Theil des Castrums wurde ohne Zweifel von den Militärkolonisten für die nöthigsten Lebensmittel bebaut und theilweise zu Exercirplätzen benützt.

Erst nachdem die Militärkolonie festen und gesicherten Fuß gefaßt hatte, machten sich allmählig unter dem Schutze des Castrums die bürgerlichen Verhältnisse geltend, um theils die Bedürfnisse der Militärkolonisten mehr zu befriedigen, theils um angenehme und gesicherte Wohnplätze hier zu gründen. Auf diese Weise entstand dann| erst die bürgerliche Ansiedelung außerhalb, jedoch zunächst des Castrums, bei Altstadt und namentlich bei Hochmauren. Auf letzterer Stelle scheinen sich mehr die vornehmeren und wohlhabenderen Familien ihre Wohnungen gegründet zu haben, was aus den hier aufgefundenen, theilweise sehr luxuriösen Überresten deutlich hervorgeht.

Auf Hochmauren, einem zwischen dem Neckar und der Prim sich mäßig erhebenden schmalen Bergrücken, von dem man eine sehr liebliche Aussicht über die nächste Umgegend genießt, fand man schon seit langer Zeit ausgedehnte Reste von Gebäudesubstructionen und viele Fragmente von Ziegeln, Gefässen etc. Dieß veranlaßte schon im Jahre 1784 den nachmaligen Bürgermeister von Rottweil, späteren baden’schen Staatsrath von Hofer, hier Nachgrabungen vornehmen zu lassen, die schon 1′ unter der Oberfläche die Grundreste eines unverkennbar römischen Gelasses zu Tage förderten, dessen Boden aus geschmackvoller Mosaik bestand, unter welcher das ursprüngliche Hypocaustum (Heizeinrichtung) noch ziemlich gut erhalten war. Die Zeichnung des Mosaikbodens bestand aus verschiedenem Blumenwerk und Bändern, die das Ganze umzogen und eine niedliche Einfassung bildeten, innerhalb deren abwechselnde mathematische mit Blumen etc. gezierte Figuren den ganzen Raum einnahmen. In der Mitte des Bodens war noch der Überrest einer geharnischten Figur, die etwas unter dem Arme trug, erkennbar (s. auch Nachricht von den unfern der Stadt Rottweil im Jahre 1784 entdeckten römischen Alterthümern. Rottweil, Herder’sche Buchhandlung). Außer diesem Mosaikboden fand man bemalte Wandreste, eine Säule toskanischer Ordnung, viele Bruchstücke reich verzierter Gefässe, römische Münzen etc. Der Mosaikboden soll jedoch so beschädigt gewesen sein (?), daß man nur mittelst Ergänzungen eine Zeichnung davon fertigen lassen konnte, die jetzt im Antiquarium in Rottweil aufbewahrt wird. Die Nachgrabungen mußten leider wieder eingestellt werden, ebenso ein weiterer 1817 veranstalteter Versuch, der noch schönere Mosaiken, Gegenstände von Bronce, Terracotten, Geräthschaften etc. lieferte.

Erst den verdienstvollen Bestrebungen des Rottweiler Alterthumsvereins ist es zu verdanken, daß man im Jahre 1832 gründlichere und umsichtigere Nachforschungen auf Hochmauren veranstaltete, deren Ergebnisse das Unternehmen aufs glänzendste belohnten. Man entdeckte ausgedehnte, fortlaufende Grundmauren von römischen Gebäuden mit Souterrains und zum Theil noch wohl erhaltenen Hypokausten, ferner Mosaikreste, Wandmalereien, feine Töpferarbeiten, Fragmente von gläsernen und Porphyrgefässen, Geräthschaften, Münzen, die bis zum Jahr 229 herabgehen etc. (s. auch oben die| Beschreibung der Gegenstände in der Sammlung des Alterthumsvereins). Die interessanteste Entdeckung aber machte der Verein im Sommer 1834; man stieß auf den Grund eines größeren Gebäudes, dessen ursprüngliche Eintheilungen, Hypokausten etc. sich größtentheils noch erkennen ließen; eines der Gemächer von etwa 24′ im Gevierte enthielt einen in Feldern eingetheilten Mosaikboden von ausnehmender Schönheit.

Nach den noch vorhandenen Überresten ergiebt sich die ursprüngliche Eintheilung des Bodens folgendermaßen: die von Mosaikbildern erfüllte Fläche zeichnet sich als ein großes griechisches Kreuz auf dunkelfarbigem einfachem Mosaikgrunde ab, so daß in den 4 Ecken des Gelasses 4 leere quadratische Felder entstehen; hier standen wohl Postamente mit Statuen (s. den Grundriß). In der Mitte des Mosaikbodens erscheint das je 6′ im Gevierte haltende Hauptbild, Orpheus auf der Lyra spielend. An dieses Hauptbild sezt sich an jeder Seite ein ebenso langes Bild, zwei davon sind noch theilweise erhalten und man kann darauf die Überreste von Wagenlenkern erkennen, der eine mit zwei, der andere mit vier vorgespannten Rossen. Durch diese 5 Bilder entstand abermals ein griechisches Kreuz, an dessen 4 Armen sich größere, die ganze Breite der oben beschriebenen Kreuzesform einnehmende Bilder anschloßen. Auf zwei derselben sind noch Reste von Jagdscenen erkennbar. Der Übergang von der inneren in die äußere Bilderreihe war sehr sinnreich durch je zwei an den Kreuzeswinkeln eingeschobene, mit Arabesken verzierte Rautenfelder vermittelt. Um das Ganze lief eine breite dunkle Fassung.

Betrachten wir das beinahe noch ganz erhaltene Mittelbild noch einmal näher: Orpheus als Jüngling dargestellt sitzt auf einem Felsblock zwischen Waldbäumen, das reich gelockte Haupt mit der rothen phrygischen Mütze bedeckt, über sein grünlich weißes mit dunklen Säumen versehenes Untergewand ist eine röthliche faltenreiche, auf der rechten Schulter mit einer goldenen Agraffe zusammengehaltene Chlamys (Mäntelchen) malerisch geworfen. Orpheus stützt die mit farbigen Steinen besetzte fünfsaitige Kithara (Leyer) auf die linke Vorhüfte, greift mit der linken Hand in die Saiten und ist eben im Begriff mit der rechten das Plectrum gegen dieselben zu führen. Die edle Haltung, sowie die zarte und weiche Bildung des an einen jugendlichen Apollo erinnernden Kopfes und das schwärmerische Feuer des Augenpaars zeigt einen ungemein schönen Ausdruck dichterischer Begeisterung. In jeder Ecke des Bildes ist ein durch das Saitenspiel hergelocktes Thier angebracht und zwar zu den Füßen des Orpheus ein Storch und ein Hund, und auf den zu beiden Seiten stehenden Bäumen ein Rabe und eine Elster. Das ganze Bildwerk| stellt sich den besten in Italien aufgefundenen antiken Mosaiken würdig zur Seite (s. die Zeichnungen).

Das Material zu diesem Kunstwerk besteht zum weit größten Theil aus Steinwürfelchen von 6–12 Millimeter im Gevierte, die mit Ausnahme von Glasfluß- und Terracottawürfelchen aus der Umgegend gewonnen wurden und zwar aus den in der Rottweiler Gegend sich so günstig zusammendrängenden Gebirgsschichten, des Buntsandsteins, des Muschelkalks, der Lettenkohlengruppe, des Keupers, des schwarzen, braunen und weißen Jura. Um einen Begriff von dem großartigen und mühsamen Werk geben zu können, haben wir die Würfelchen von einem Quadratfuß der Bodenfläche gezählt, und gegen 1000 erhalten; somit erheischte der 576 Quadratfuß haltende Mosaikboden gegen 576.000 Würfelchen.

Dieser kostbare Fund wurde anfänglich durch einen passenden Überbau gesichert, wozu Seine Majestät der König Wilhelm 400 fl. zu bewilligen geruhten. Später stellten sich jedoch durch Abnahme des Gebäudes, theilweises Einsenken des Bodens selbst und durch Verunglimpfungen von Feldmäusen, Maulwürfen etc. Übelstände heraus, die eine Versetzung des Mosaikbodens nöthig machten. Derselbe wurde nun im Jahr 1869 in die mit der Dursch’schen Sammlung bereicherte St. Lorenz-Kapelle versetzt und dort das Mittelbild und ein Theil der anstoßenden noch besser erhaltenen Darstellungen auf dem Boden der Kapelle vertieft angebracht. Die Überreste der ebenso kunstreich ausgeführten Nebenbilder konnten wegen Mangels an Raum auf dem Boden nicht angebracht werden und stehen jetzt vereinzelt in der Kapelle.

Außer den angeführten Gebäuderesten, Antikaglien etc. wurden bis jetzt auffallender Weise nur zwei Steine mit Inschriften aufgefunden oder vielmehr bekannt, und zwar der oben erwähnte den Wegegöttern geweihte Altar und ein weiterer mit nur theilweise noch erhaltener folgender Inschrift:

J. PERVINC SATVR.

Letzterer lag lange Zeit im Hof des Oberamteigebäudes und wurde im Jahr 1822 nach Rottenburg versetzt und in dem bischöflichen Garten eingemauert. Die Höhe des Bruchstückes beträgt 1′ 2″, die Breite 4′ 6″.

Auf zwei bei Hochmauren gefundenen Legionsziegeln, die sich wechselseitig ergänzen, steht:

LEG. XI. C. P. F.

d. i. Legio XI Claudia Pia Fidelis, wodurch das Standlager der XI. römischen Legion bei Rottweil nachgewiesen ist.

Was endlich den ursprünglichen Namen der römischen| Niederlassung bei Rottweil betrifft, so ist man nach den neuesten gründlichen Forschungen davon abgegangen, die hier ohne alle Begründung angenommene römische Station Arae flaviae zu suchen, dagegen das ebenfalls auf der Peutinger Tafel vorkommende Brigobanne mit schlagenden Beweisen hier anzusetzen (s. hierüber „Erklärung der Peutinger Tafel mit besonderer Anwendung derselben auf die Straßenlinien von Windisch (Vindonissa) nach Regensburg (Reginum) und von Pfin (Ad fines) nach Augsburg (Augusta Vindelicorum) von Finanzrath E. Paulus S. 19 ff.“). Hiedurch geschieht der Niederlassung bei Rottweil kein Eintrag, da dieselbe an Bedeutung gewiß nicht verliert, wenn man ihr den richtigen Namen statt eines nur vermutheten beilegt.

Noch ist zu bemerken, daß man während der Nachgrabung auf Hochmauren auf alte Gräber gestoßen ist, welche in den römischen Trümmerschutt eingesetzt waren; sie hatten eine Umfriedigung von unbehauenen Kalksteinen und waren mit rauhen Kalksteinplatten gedeckt. Derartige aus Kalksteinstücken ausgeführte Behälter wurden zehn aufgefunden; sie enthielten die Skelette von Männern, Weibern und Kindern ohne jede Beigabe und rühren ohne Zweifel von den Bewohnern her, die sich bald nach Vertreibung der Römer in deren hinterlassenen, theilweise noch erhaltenen Wohnstätten hier angesiedelt haben und demnach wohl den frühesten allemannischen Einwohnern von Altstadt angehörten. Ähnliche Grabstätten wurden auch anderwärts in Württemberg und in anderen Ländern schon entdeckt und als Leichenfelder aus der allemannischen (oder fränkischen) Periode erkannt.

In dem Allerheiligenwald befindet sich ein künstlich aufgeworfener Hügel, vermuthlich altgermanischer Grabhügel. Auf der Flur „Lehr“ wurde unfern der Römerstraße im Jahre 1844 von Stadtrath Herderer beim Setzen eines Bahnsteines ein aus Gipssteinen ausgeführtes, mit Platten gedecktes Grab aufgefunden, das ein auffallend langes Schwert, ein Streitbeil und Reste von Sporen enthielt; die Schwertklinge soll mit Gold eingelegt gewesen sein. Da die Gegenstände zusammenbrachen und nicht mehr vorhanden sind, so kann über das Alter dieses Grabs keine sichere Ansicht aufgestellt werden.

Etwa eine Viertelstunde östlich von Rottweil zieht ein alter, theilweise noch erhaltener Schanzgraben vom Dintenbühl gegen den Katzenbühl; derselbe wurde im spanischen Erbfolgekrieg im Jahre 1713 aufgeworfen (s. auch unten).

Die sog. Engelsburg, von der man noch Reste des Burggrabens| sieht, lag etwa eine Stunde nordöstlich von der Stadt unfern der Landstraße nach Neukirch. (Über einige andere Burgen s. unten.)

Von abgegangenen Orten nennen wir: den Bollershof; er lag vermuthlich bei der jetzigen Ziegelhütte an der Straße von Rottweil nach Hausen o. R. Der Hof soll mit dem dazu gehörigen Gut Eigenthum einer Rottweiler Familie Boller gewesen sein. Heute noch wird ein nahe gelegener Wald „Bollershof“ genannt. Der Ort Angstdorf lag oberhalb der Spitalmühle (s. oben) und der Ort Briel stand in der Nähe von Hardthaus.

Endlich haben wir noch einige Benennungen, die von historischem Werth sein könnten, anzuführen, wie die Schelmengasse; sie führt zwischen der Katzensteigmühle und der Vögelesmühle auf die Anhöhe, wo der Flurname „Schelmenacker“ vorkommt. Ohne Zweifel bestand hier ein Begräbnißfeld, ebenso in der westlich von der Stadt am Fuß des Mittelbergs gelegenen Todtengrübe. Zwischen Rottenmünster und Bühlingen liegt das Marterthal; hier sollen schon viele menschliche Gebeine ausgegraben worden sein. Ein alter Weg, der Reitweg genannt, führt westlich der früheren Landstraße von Rottweil nach Rottenmünster.

Geschichte der Stadt Rottweil.

Die am frühesten in Originalurkunden vorkommenden Schreibweisen des Namens der Stadt sind Rotuuila (902), Rothwilo (1158), Rotwil (1240). Über die Ableitung dieses Namens herrschen sehr verschiedene Ansichten (vergl. Ruckgaber 1, 16 ff.); am richtigsten möchte es sein, denselben auf „raud“ (altnordisch: raudhr, angelsächsisch: read, altsächsisch: rôd, althochdeutsch: rôt, neuhochdeutsch: roth) zurückzuführen (Förstemann, Altdeutsches Namensbuch Bd. 2, Aufl. 2, Sp. 1228).

Die Stadt, in der Bertholdsbaar gelegen (vergl. oben S. 150), tritt schon in der Karolingerzeit in der Geschichte öfters auf; königliches Kammergut und eine vom Oberhaupte des Reiches nicht selten besuchte königliche Pfalz befand sich hier. Es sind namentlich folgende Fälle zu nennen, in welchen Rottweil bis zum Untergang der Hohenstaufen aufgeführt wird[6]. Vom Jahre 771 wird in der Lebensgeschichte des hl. Gallus das Wunder erzählt, daß einem Mann „in fisco regali Rotundavilla“ bei einem Opfer zur Strafe für einen Diebstahl und Betrug Wachs in harten Stein verwandelt worden sei (Mittheil. zur vaterl. Gesch. hgg. von dem histor. Verein| in St. Gallen N. F. Hft. 2 S. 60); den 6. Dec. 792 verkaufte ein gewisser Cunthart „in villa Rotunvilla“ sein väterliches und mütterliches Erbe an den Bischof von Constanz (Wirt. Urk.-B. 1, 43); im Febr. 887 verweilte K. Karl der Dicke auf dem hiesigen Kammergute (nach 2 allerdings etwas zweifelhaften Urkunden, s. Dümmler Gesch. des ostfränk. Reichs 2, 276); den 6. Aug. 902 vertauschte K. Ludwig das Kind an das Kloster St. Gallen dem kgl. Fiskus und dem Rottweiler Hof gehöriges Eigenthum in Feckenhausen und (?) Dunningen (Wirt. Urk.-B. 1, 201); derselbe König weilte hier im Mai 906, K. Heinrich III. zu Anfang des Jahres 1040 (Stälin 1, 265. 486); ums Jahr 1099 machte Adalbert von Zollern vor dem Herzog Berthold II. von Zähringen und anderen Fürsten des Reichs auf der hiesigen Dingstätte bedeutende Schenkungen an das Kloster Alpirsbach (Wirt. Urk.-B. 1, 316. 363); P. Hadrian IV. nahm den 29. Jan. 1158 einen hiesigen Hof der Kirche des hl. Stephan zu Constanz mit 2 Mühlen in seinen Schutz (W. Urk.-B. 2, 119); eines Hofgerichtes, welches K. Philipp allhier gehalten, wird in einer Urkunde vom J. 1206 gedacht (W. Urk.-B. 2, 354); K. Friedrich II. weilte hier den 7. März 1214 und den 15. April (17. Mai?) 1217 (Stälin 2, 165. W. Urk.-Buch 3, 64); K. Heinrich (VII.) beauftragte am 29. Sept. 1230 den Schultheißen und die Bürger von R. (wie von einigen anderen Städten) mit dem Schutze des Klosters Salem, K. Konrad IV. am 28. Nov. 1237 den Schultheißen W. desgleichen mit dem des Klosters Rottenmünster (Lünig 18, 508. W. Urk.-B. 3, 405 – vergl. übrigens auch Stälin 2, 668); endlich hielt hier den 1. Aug. 1262 der junge Konradin, 10 Jahre alt, seinen zweiten Reichstag, und erscheint hier wiederum den 9. Jan. 1267 (Stälin 2, 213. 226. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 3, 19.)

Auch in späterer Zeit verweilte das Reichsoberhaupt nicht selten in den Mauern der Stadt, so K. Rudolf I. den 21. Okt. 1274 und zur Weihnachtsfeier den 25. Dec. 1286, K. Adolf den 19–21. Febr. 1293, K. Albrecht I. den 22. Mai 1305, K. Ludwig der Bayer den 26. Juli 1337, an welchem Tage er hier selbst das Hofgericht abhielt (Hergott, Geneal. 2, 659), K. Sigmund den 25. Jan. 1431, K. Friedrich IV. den 24. Aug. 1485.

Als sich im 13. Jahrhundert der reichsstädtische Charakter gewisser Städte entwickelte, befand sich auch das, in der Folge zur Reichslandvogtei Niederschwaben gehörige Rottweil unter der Zahl dieser Städte, weßhalb wir zunächst

die Verhältnisse Rottweils zum Reiche

zu betrachten haben.

| In dieser Beziehung treten uns zuerst entgegen die von Seite des Reichsoberhauptes der Stadt zu Theil gewordenen Privilegien (vrgl. Ruckgaber 1, 122–128) und zwar als (wenigstens urkundlich erhaltenes) erstes das K. Albrechts I., welcher den 19. Januar 1299 Rottweil die – den 1. April 1324 von K. Ludwig dem Bayern bestätigte – Vergünstigung verlieh, daß seine Bürger nicht vor auswärtige Gerichte geladen werden dürften u. s. w. (s. unten beim Hofgericht). Namentlich aber war es K. Karl IV., welchem die Stadt wiederholt Gnadenbezeigungen zu verdanken hatte. Zum Lohne für seine Anerkennung als König bestätigte er ihr schon den 27. Jan. 1348 zugleich mit über 20 anderen schwäbischen Reichsstädten – sowohl in der allgemeinen an alle diese Städte gerichteten, als auch in einer besonderen Urkunde – ihre Rechte und Freiheiten, ertheilte ihr die Versicherung, sie nie zu verpfänden oder sonst vom Reiche zu entfremden und erlaubte ihr, wenn sie von den ihr hier verliehenen Rechten gedrängt werden sollte, sich zu wehren und mit den anderen Städten zu gegenseitiger Hilfe sich zu vereinigen. Den 30. d. M. beauftragte er die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg mit der Abnahme des Huldigungseides allhier und belehnte die Stadt mit dem hiesigen Reichshofe (Ruckgaber 2b, 479). Den 20. Mai 1354 bekräftigte er der Stadt von Neuem, daß sie sich, ohne von Reichswegen Strafe fürchten zu müssen, gegen ungerechte Angriffe, welche schon erfolgt seien oder noch geschehen würden, wehren dürfe. Den 1. Aug. 1355 bestätigte er ihr im allgemeinen ihre Gnaden, Freiheiten, Handfesten u. s. w. Den 10. Juni 1359 verlieh er ihr das Recht, im Einverständniß mit dem kaiserlichen Schultheißen Jeden, sei er Bürger der Stadt oder ein Fremder, der von dem Rathe für todeswürdig erklärt werde, mit jeglicher Todesart zu bestrafen, ohne vom Kaiser oder seinen Beamten deßwegen behelligt zu werden (Blutbann); den 23. April 1370 endlich versicherte er sie von Neuem des kaiserlichen Schutzes. Am gleichen Tage gelobte sein bei ihm anwesender Sohn Wenzel der Stadt wie anderen Reichsstädten, wenn sein Vater sterbe, sie in ihren Besitzungen, Rechten, Gütern, Gewohnheiten und Freiheiten bis zur Wahl eines rechtmäßigen Königs gegen männiglich zu schützen. Am 31. Mai 1377 wiederholten K. Karl und K. Wenzel der Stadt wie anderen schwäbischen Städten die am 27. Jan. 1348 ertheilten Begnadigungen, verschrieben ihr auch, daß sie nimmermehr in der Grafen von Württemberg und Krafts von Hohenlohe Landvogtei oder Pflege kommen sollte, und den 16. Okt. d. J. verlieh ihr K. Karl das Recht, daß Niemand Schatzung und Steuer auf ihre eigenen Leute und Güter legen und setzen, sowie daß die Bürger Niemanden Fall| geben sollten. Den 30. März 1387 und den 28. Okt. 1397 bekräftigte K. Wenzel der Stadt ihre alten Rechte und Freiheiten, insbesondere aber am zweiten Tage deren Bürgern die Befreiung von fremden Gerichten und dem Hofgerichte, erlaubte ihnen, Ächter zu behalten, versprach der Stadt die Belassung des Hofgerichtes, bewilligte den Bürgern, in der Stadt alles nach ihrem Gutdünken zu besetzen und entsetzen, bestätigte ihre Zölle und ihr Umgeld und gestattete neben dem schon bestehenden Jahrmarkt am Kreuzerhöhungstag einen zweiten an Georgii: alles bei Vermeidung einer Strafe von 50 Mark löthigen Goldes.

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Den 7. Aug. 1401 bestätigte K. Ruprecht die von seinen Vorfahren der Stadt verliehenen Privilegien im allgemeinen und unter Wiederholung insbesondere derjenigen in der Urkunde vom 28. Okt. 1397, wenngleich er beifügte, daß er von K. Wenzel etwa neu gegebene Rechte nicht bestätigen wolle; den 13. August 1404 desgleichen den Besitz des der Stadt von K. Karl IV. überlassenen hiesigen Reichshofes mit Zugehörden. Nach K. Ruprechts Tod versicherte K. Sigmund von Ungarn, um sich in Schwaben einen Anhang zu verschaffen, schon den 5. Aug. 1410 von Ofen aus Rottweil wie anderen niederschwäbischen Städten die Bestätigung der Freiheiten und Rechte, sobald er zum römischen König erwählt sein werde (Stälin 3, 395). Zwar gelobte Rottweil mit einem großen Theil der schwäbischen Städte am 29. Sept. 1410 den Herzogen von Österreich, während der nächsten neun Jahre ihnen behilflich zu sein, daß bei Erledigung des Reichs einer von ihnen römischer König werde, allein K. Sigmund, welcher inzwischen von ein paar Stimmen gewählt war, bekräftigte den 4. Mai 1411, den 4. Juli 1415, den 10. August 1433 und den 2. März 1434[7] der Stadt ihre Privilegien, theils im allgemeinen, theils insbesondere die K. Wenzels vom J. 1397, ertheilte ihr auch am erstgenannten Tage noch besondere Begünstigungen wegen ihres Spitals (s. u.). K. Albrecht II. bestätigte die Rechte und Freiheiten der Stadt den 7. Okt. 1438, K. Friedrich IV., da dieselbe in Anbetracht der Unsicherheit der Straßen und der Feindschaft, die sie allenthalben um sich habe, derzeit nicht zu ihm kommen und um die Bestätigung bitten könne, den 16. Juli 1441 zunächst für ein Jahr, sodann ohne Zeitbeschränkung den 13. Juli 1442 und den 27. Mai 1458, K. Maximilian I. den 6. Nov. 1487 und 8. Okt. 1511. Der| letztere verlieh ihr den 2. Juni 1507 das Recht, den Markt am Kreuzerhöhungstag auf den Lukastag zu verlegen und den 17. Okt. 1511 ein Privileg wegen des in ihrer freien Pürsch zu Cappel gelegenen Bergwerks (Ruckgaber 2b, 622).

Diese allgemeinen Bestätigungen der Gnaden, Freiheiten, Rechte und guten Gewohnheiten der Stadt wiederholten K. Karl V. den 2. Juni 1521, K. Ferdinand I. den 24. Mai 1559, K. Maximilian II. den 4. März 1566, K. Rudolf II. den 25. August 1578, K. Matthias den 3. Juni 1613, K. Ferdinand II. den 3. Dec. 1620 u. s. f.[8].

Derartigen Begünstigungen von Seiten des Kaisers stunden jedoch auch mancherlei Lasten und Ausnützungen zu seinem und des Reiches Vortheil zur Seite. Zwar wurde die Stadt selbst – eine seltene Ausnahme bei den Reichsstädten – nie verpfändet, allein einzelne Einkünfte und Besitzungen derselben traf dieses Geschick längere Zeit. Im J. 1285 verpfändete K. Rudolf I. von Habsburg an seinen Schwager, den Gr. Albrecht II. von Hohenberg, dem er die Burg Neuenbürg und die Hälfte der Burg Kirchberg um 910 Mark Silber abgekauft, für den schuldigen Kaufschilling die Einkünfte des hiesigen Schultheißenamtes mit den Mühlen und dem (Reichs-)Hof daselbst und anderer Zugehör, dem Zoll, der Münze, den Fischteichen, der Laube, unter der man Frucht verkauft, nebst 56 Mark von der Reichssteuer allda, wovon die eine Hälfte an Michaelis, die andere an Aschermittwoch zu entrichten, und sämtliche Einkünfte von dem Dorf Epfendorf (Schmid Mon. Hohenb. 78).

Dies bestätigten K. Albrecht I., welcher noch überdies dem Sohne und Nachfolger des Gr. Albrecht, Gr. Rudolf I., den 11. Nov. 1307 für 200 Mark Silber 30 M. aus dem hiesigen Umgelde verpfändete, den 23. Nov. 1299, K. Heinrich VII. den 5. Mai 1310, K. Ludwig der Bayer den 28. August 1330. Genanntem Gr. Rudolf schlug den 17. Januar 1331 K. Ludwig wegen älterer Verbindlichkeiten noch 1000 Pfd. Münchener Pfennige auf diese von seinem Vater ererbten Pfandschaften. Derselbe gab übrigens den 29. Sept. 1328 der Äbtissin Anna von Triberg und der Nonne Katharina von Hornberg im Kl. Rottenmünster seine Fischenz im Neckar zu Rottweil in der Owe, Würtzlins Fischenz genannt, die Konrad Arnold hatte, zu Leibgeding und verpfändete den 23. Juni 1334 dem Rottweiler Bürger Heinrich Vock für 70 Pfd. Hllr.| die Zinsen und Gülten von den Fischenzen zu Rottweil. Von seinen Söhnen überließ der tiefverschuldete Gr. Heinrich den 2. März 1341 mit Einwilligung seiner Brüder den Rottweilern, welche seine Schulden im Betrag von 2000 Pfd. Hllr. zu bezahlen übernahmen, seinen Antheil an den hiesigen Reichseinkünften solange, bis diese die genannte Summe erreicht haben würden, versetzte den 25. Mai 1342 dem Rottweiler Schultheißen Heinrich dem Wirt und seinen Erben sein jährliches Geld von der hiesigen Münze um 60 Pfd. Hllr., schlug den 20. Sept. 1343 dem Hug Vock 20 Pfd. Hllr., die er demselben für einen Hengst schuldig geworden, zu den obengenannten 70 Pfd. Hllr. von der hiesigen Fischenz, verkaufte den 10. Jan. 1348 seine Hälfte an dem hiesigen Umgeld mit Einwilligung seiner Brüder um 120 Pfd. Hllr. an die Stadt, und den 24. Juni des Js. mit Einwilligung seiner Gemahlin Agnes von Schauenburg überhaupt alle seine hiesigen Rechte und Einkünfte, die Hälfte des Umgelds, die Steuern, die Zölle, die Münze, die Mühlen, Fischenzen, den Hof, die Hofstattzinse, den Zins von allen (Brod- und Fleisch-)Bänken und die Losung des Dorfes Epfendorf um 1000 Pfd. Hllr. an seinen Bruder Gr. Albrecht, damals erwählten Wirzburger, späteren Freisinger Bischof. Dieser letztere erkannte übrigens den Verkauf des Umgelds an die Stadt an, quittirte den 18. April 1349 derselben für 224 Pfd. von der hiesigen Steuer, verkaufte aber den 21. Aug. 1355 an sie um 1110 Mark Silbers und 1000 Pfund Münchner Pfennige obige ganze hohenbergische Pfandschaft der hiesigen Reichseinkünfte. Hiezu gab K. Karl IV. den 20. März 1358 seine Zustimmung und erklärte weiter den 29. Juli d. J., die Vogtei, das Schultheißenamt und das Umgeld mit Zugehör allhier in keiner Weise höher versetzen, verschreiben und verpfänden zu wollen, als bisher.

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Das Schultheißenamt war übrigens schon einige Zeit früher aus der Hohenberger Pfandschaft hinweg und in gräfl. württembergischen Pfandbesitz gekommen. Graf Ulrich III. von W. verlieh den 21. Jan. 1344 der Stadt dieses Amt mit den herkömmlichen Gewohnheiten von Kreuzerhöhungstag an auf 2 Jahre um 120 Pfd. Hllr. und wies sie den 30. des Ms. mit der Bezahlung dieser Summe an Heinrich von Geroldseck, gen. von Tübingen. Seinem Vorgange folgten seine Söhne, die Gr. Eberhard der Greiner und Ulrich IV. von W. und verliehen der Stadt das Amt den 8. Febr. 1351 und den 6. Febr. 1353 je von dem nächsten Weißen Sonntag an auf 2 Jahre um 90 Pfd. Hllr.; allein den 31. Mai 1361 erklärten dieselben, daß K. Karl IV. obiges Recht (wie desgl. zu Gmünd, Reutlingen und Wimpfen, dazu die Vogtei über die Klöster| Bebenhausen und Maulbronn) mit 5000 Pfd. Hllr. eingelöst habe. Im J. 1362 hatte der Kaiser laut einer Quittung Rudolfs von Homburg, Landkommenthurs zu Böhmen und Reichsamtmanns in Schwaben, vom 18. Jan. d. J. das Schultheißenamt auf 2 Jahre wieder an die Stadt verkauft; den 16. Dec. 1364 überließ es derselbe mit dem Banne und Stab, seinen Rechten, Nutzen, Gefällen und Zugehörungen auf Widerruf seinem Diener Heinrich von Nenningen, gestattete diesem aber den 16. März 1373 den Verkauf des Pfandes an Herzog Friedrich von Teck um 500 fl., welch’ letzterer es hinwiederum dem Ulrich Vais und Gr. Wolfram von Nellenburg überließ. Jedoch wurde dasselbe in dieser Zeit in der Regel Rottweil um 45 fl. jährlich wieder heimgestellt. Den 17. März 1380 verkaufte nun aber Herzog Friedrich der Stadt den Pfandschatz um 675 Goldgulden, und den 14. März 1383 überließ K. Wenzel auf seine Bitte denselben der Stadt um 800 fl. auf Wiederlösung, die jedoch nicht mehr erfolgte. K. Ruprecht bestätigte den 14. August 1401 die Verfügung K. Wenzels (Hugo Mediatisirung der deutschen Reichsstädte 369) und auf solche Weise erlangte die Stadt ihre völlige Reichsfreiheit wieder.

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Neben den im Bisherigen genannten Verpfändungen gingen aber noch einige weitere her. Kaiser Ludwig der Bayer verwies nämlich am 19. Mai 1336 auf den Überschuß, den die Steuer nach Abzug der dem Grafen von Hohenberg verpfändeten Summe betrug, den Heinrich von Reischach mit 600, den Friedrich von Lochen und seine Söhne mit 500 Pfd. Hllr. K. Wenzel belehnte den 27. Febr. 1379 seinen Diener und Hofgesinde, den Edelknecht Wilhelm von Burne mit 50 fl. von dieser Steuer, als dessen Nachfolger K. Ruprecht den 9. Nov. 1406 den Ritter Burkard von Mansberg, Herzog Friedrichs von Österreich Hofmeister; Burkards Sohn Heinrich aber gab das Lehen an K. Sigmund auf und nun wurde den 10. Aug. 1434 von letzterem Wilhelm von Münchingen damit belehnt. Den Rest der Steuer verschrieb den 1. März 1417 K. Sigmund dem Herzog Reinhold von Urslingen, welchen er mit einem Jahressold von 500 fl. zu einem Diener und Hofgesind angenommen, für 1500 fl. solchen Soldes. Dieser aber verpfändete die Pfandschaft den 17. Febr. 1422 wiederum an den Ritter Hans Bock zu Rottweil, von dessen Wittwe Ursula (welcher K. Albrecht II. den 11. Okt. 1438 dieselbe bestätigte) kam die Pfandschaft an Ursulas Bruder Dietrich Last von Tübingen, von diesem durch Kauf gegen 350 fl. und ein Leibgeding den 31. Mai 1447 an den Grafen Ludwig von Württemberg. Diesem bestätigte K. Friedrich IV. den 5. Febr. 1448 das Pfand und befahl zugleich der Stadt, die| betreffenden 50 fl. so lange an den Grafen und seine Nachkommen zu bezahlen, bis Kaiser und Reich das Pfand mit 1500 fl. einlösten. Im Oktober 1511 befreite Kaiser Maximilian I. die Stadt, nachdem es zwischen derselben und dem Herzog Ulrich von Württemberg wegen Bezahlung dieser Steuer zu Verwicklungen gekommen war, und nachdem sie sich in den österreichischen Schutz begeben (s. u.) – wie es in einer der Urkunden heißt: wegen ihrer Verdienste um ihn – für seine Lebenszeit von der Verpflichtung, jährlich 62 fl. 40 kr. an den Herzog von Württemberg und 50 fl. an Claus Reinhart von Weissach aus der Reichssteuer zu bezahlen, und verwies die Berechtigten bis zu anderweitiger Befriedigung auf die Kammer zu Innsbruck (das Nähere s. bei Sattler, Herzoge 1, 102. 103). – Endlich verpfändete K. Karl IV. am 24. Aug. 1376 dem Gr. Eberhard von Württemberg für die Anerkennung K. Wenzels als Röm. Königs und zukünftigen Kaisers mit Weil der Stadt und den Schultheißenämtern in Eßlingen und Gmünd u. a. auch die „Dörfer in der Birse bei Rottweil“; eine den 30. Aug. 1378 wieder aufgehobene Verpfändung (Stälin 3, 317. 327).

Die jährliche Reichssteuer Rottweils betrug nun aber in der Zeit K. Karls IV. (laut Quittung vom 21. Juli 1360), sowie auch noch in der Zeit K. Ruprechts (s. Chmel Regg. Ruperti reg. Rom. pg. 232) 400 Pfd. Hllr. – Augsburgs, Eßlingens 800, Ulms 700, Halls, Heilbronns 600, Reutlingens auch 400, Weils 300, Gmünds 270 –; später wuchs sie auf 500 Pfd. Hllr. – Daneben gingen aber noch andere nicht unbeträchtliche Geldanforderungen an die Stadt, wie auch an die anderen Reichsstädte, so hatte sie z. B. dem K. Karl IV. zur Erwerbung der Mark Brandenburg auf das Frühjahr 1373 5000 fl. zu entrichten, und den 6. Febr. 1487 bescheinigte ihr K. Friedrich IV. den Empfang von 1560 fl. Ungarnhülfe, erklärte jedoch den 7. d. M. ausdrücklich, daß dieser Anschlag der Stadt künftig in Reichsanschlägen keinen Schaden bringen solle (Stälin 3, 311. 631).

Was insbesondere die Leistungen Rottweils an Geld zur Reichsarmee betrifft, so wurde im J. 1521 der Matrikularanschlag[9] desselben auf 524 fl. festgesetzt, schon 1545 aber, weil der Anschlag als unverhältnißmäßig hoch erschien, auf 280 fl. herabgesetzt, wozu dann nach dem Ankaufe Herrenzimmerns im J. 1595 noch ein Zusatz kam. Im Jahre 1669 erfolgte eine neue Herabsetzung auf 177 fl. Dennoch bat nach Beendigung des spanischen| Erbfolgekrieges die Stadt von Neuem um Minderung, weil durch diesen Krieg ihre Finanzen in die größte Zerrüttung gerathen seien, und auch K. Karl VI. unterstützte sie dabei mit seinem Fürwort. Man stellte daher eine Untersuchung des Finanzstandes der Stadt an und setzte in Folge hievon im Jahre 1729 den Matrikularanschlag auf 1581/2 fl. herab, aber die Stadt konnte ihrer häufig wiederholten Vorstellungen ungeachtet nicht zum Genuß dieser Moderation kommen, bis sie von K. Karl VII. den 3. Febr. 1743, von K. Franz I. den 13. Okt. 1755 ernstliche Befehle deßwegen erlangte und in einem an die Kreisversammlung eingereichten Promemoria vom 20. Dec. 1756 darstellte, wie sie ohne eine solche Moderation aus ihrer Finanznoth nicht herauskommen könne, da sie über 170.000 fl. schuldig sei und ihre Unterthanen von 100 fl. Vermögen in Kriegszeiten jährlich 6 fl., in Friedenszeiten 3 fl. Steuern entrichten müßten, worauf sie endlich in den Genuß dieser Moderation gesetzt wurde. In den letzten reichsstädtischen Zeiten wurden je am 13. Sept. (früher an Martini) jährlich 300 fl. Wiener Währung Reichsstadt- oder Urbarsteuer bezahlt.

Das Rottweiler Kreiscontingent an Mannschaft, welches im J. 1696 128 und wegen Zimmerns 14 Mann betrug, wurde im J. 1687 auf 75 Mann (12 zu Roß, 63 zu Fuß), später auf 41/3 Reiter, 422/3 Fußgänger herabgesetzt. Seit dem J. 1795 mußte die Stadt 41/2 Simplen: an Fußvolk 115 Mann (zum wolfeggischen Regimente) und 12 Reiter (zum württembergischen Dragonerregimente) stellen.

Bei Reichstagen nahm Rottweil auf der schwäbischen Städtebank mit Überlingen abwechselnd die 10te und 11te, auf Kreistagen ebenso die 7te and 8te Stelle ein, und zwar sollte nach dem Vergleiche vom 6. Juni 1563 nicht mehr Vor- und Nachmittags, sondern nach Sessionen gewechselt werden.

Was die

äußere Geschichte der Stadt

und zwar zunächst vorzugsweise in den zwei letzten Jahrhunderten des Mittelalters betrifft, so bewegt sich dieselbe dem ganzen Charakter dieser Periode entsprechend einerseits zwischen Fehden und Kriegen, welche zum Theil mit der allgemeinen deutschen Geschichte, zum Theil mit der der benachbarten Territorien, insbesondere Württembergs, zusammenhängen, andererseits zwischen Verbindungen insbesondere der Reichsstädte, welche durch das Bedürfniß nach Ruhe und Frieden im Reiche bei der Machtlosigkeit des Reichsoberhauptes damals in großer Anzahl hervorgerufen wurden.

Die im folgenden gegebene Aufzählung und kurze Geschichte| der Rottweiler Bündnisse (eigenthümlich ist hier übrigens das Bündniß mit der Eidgenossenschaft) und Fehden dürfte daher zugleich in einem kleinen Rahmen ein getreues Bild des äußeren politischen Treibens der Reichsstädte überhaupt im späteren Mittelalter gewähren.

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Hinsichtlich der Bündnisse[10] werden schon in der Urkunde über den Landfrieden vom 29. April 1307 (Pertz, Monum. Germ. 4, 488), in welchem Kaiser Albrecht I. für Schwaben das erste Beispiel einer engeren Verbindung zwischen Herren und Städten gab, Leute erwähnt, „die den Lantfriede gesworen hant umbe Rotwile“. – Durch K. Ludwig des Bayern „Gunst, Gebot und Willen“ trat die Stadt am 29. Juni 1331 mit 7 anderen niederschwäbischen Reichsstädten: Eßlingen, Reutlingen, Heilbronn, Hall, Gmünd, Weil und Weinsberg, in einen Landfriedensbund zusammen, welcher die Lebenszeit Ludwigs und noch ein Jahr nach seinem Tode bestehen sollte; am 20. Nov. d. J. traten zu Ulm dem Bunde noch 14 weitere Städte, darunter Biberach, Ravensburg und Ulm, bei und sie vereinigten sich jetzt mit des Kaisers Söhnen Stephan und Ludwig (Markgr. von Brandenburg), sowie dem Bischof von Augsburg, und gelobten sich wechselseitig zum Recht behilflich zu sein, wozu der Kaiser den 5. Dec. seine Bestätigung ertheilte. Den 15. Jan. 1339 gebot derselbe denn auch den Städten Rottweil, Eßlingen, Reutlingen und anderen „ihren Eidgenossen und Gesellschaften“, dem Gr. Ulrich von Württemberg als Schirmherrn des Kl. Herrenalb oder dem Kloster selbst in allen Sachen behilflich zu sein. Als der Kaiser am 11. Okt. 1347 unerwartet schnell starb, verabredete die Stadt den 22. d. M. zu Ulm mit 20 anderen Städten die Fortsetzung des Bündnisses, bis ein König allgemein anerkannt würde, und den 14. Dec. d. J. schloß sie – in einem, dem neuen Könige Karl IV., feindlichen Sinn – mit den genannten Brüdern, den Herzogen Stephan und Ludwig, und 23 anderen meist schwäbischen| Städten einen freundlichen getreuen und steten Satz und Frieden bis zum 16. Okt. 1349, allein bei seiner persönlichen Anwesenheit in Schwaben im Jan. 1348 gelang es Karl IV., diese Reichsstädte durch Bestätigung ihrer Freiheiten und Rechte (s. oben S. 288) für sich zu gewinnen, und den 27. d. M. gestattete er ihnen die Aufrechterhaltung obiger Friedenseinigung mit Bayern auf die bestimmte Zeit. Hatte K. Karl im Anfang Septembers 1353 zu Ulm einen Landfrieden für Schwaben zu Stande gebracht, welcher den 7. November 1356 bis zum 23. April 1358 verlängert wurde, so trat jetzt Rottweil für die Zwecke dieses Friedens mit den anderen betheiligten 28 Städten in engere Verbindung, worauf den 7. Jun. 1359 dieser Landfrieden noch eine weitere Ausdehnung erhielt.

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Noch kurz vor dem großen Städtekrieg der JJ. 1376–1378, als die Städte und die Herren nicht sogleich sich so schroff gegenüber standen, schloß den 17. Juni 1375 Rottweil wie andere 13 Reichsstädte der oberen und unteren Landvogtei Niederschwaben mit dem Gr. Eberhard von Württemberg „um besseren Friedens willen eine freundliche Vereinigung“ auf ein Jahr, allein schon den 4. Juli des folgenden Jahres trieb die Furcht, der geldbedürftige Kaiser möchte zur Auftreibung der ihm nöthigen Summen ihre Freiheiten seinem Vortheile aufopfern, 14 Städte der Landvogtei Oberschwaben, aber auch einige von Niederschwaben, darunter Rottweil, zu einer neuen Einigung bis zum 30. April 1380 mit dem Charakter eines Vertheidigungsbündnisses. Diesem folgten seit Spätsommer 1376 die Kriegsrüstungen und Zusammenstöße, denen auch Rottweil nicht fremd blieb (s. u.), und den 20. Dec. 1377 umfaßte obiges Bündniß bereits 32 Reichsstädte und wurde bis zum 23. April 1385 verlängert. Den 4. Juli 1379 betheiligte sich die Stadt mit den Pfalzgrafen und Herzogen zu Bayern, dem Markgrafen Bernhard von Baden, 31 anderen meist schwäbischen Städten und dem Lande Appenzell an einem bis zum 23. April 1385 giltigen Vereine zur Erhaltung des Friedens, zum gemeinen Nutzen der Lande und zum Schirm der Wittwen und Waisen, der Armen und Reichen, der Pilgrime, Kaufleute, Landfahrer, Gotteshäuser und anderer geistlicher Leute. Den 17. Juni 1381 schloß sie sich im Verein mit dem schwäbischen Bunde der 33 Städte dem rheinisch-wetterauischen Vereine der Städte Mainz, Straßburg, Worms, Speier, Frankfurt, Hagenau, Weissenburg und Pfeddersheim zu einem Bunde bis Weihnachten 1384 (später verlängert bis Weihnachten 1391) an, den 9. April des folgenden Jahres der allgemeinen Einigung der Stände bis zum 6. Jan. 1384, in welcher sich die 34 Städte schwäbischen Bundes, der Herzog Lupolt von Österreich und die 3| Adelsgesellschaften zum Löwen, St. Wilhelm und St. Georg, den Grafen Eberhart von Württemberg an der Spitze, verbanden; den 26. Juli 1384 der durch K. Wenzel bewerkstelligten Vermittelung zwischen den Genossen des Landfriedens und den Städten in der Heidelberger Einigung, welche den 5. Nov. 1387 zu Mergentheim bis zum 23. April 1390 verlängert wurde.

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In das Ende des 14. und in den Anfang des 15. Jahrhunderts fallen einige speciellere Bündnisse der Stadt: den 20. Febr. 1398 nahmen die Städte des Seebundes Constanz, Überlingen, Ravensburg, Lindau, St. Gallen, Wangen und Buchhorn die Stadt in ihr Bündniß auf und den 7. Dec. 1406 schloß dieselbe mit Herz. Friedrich von Österreich, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auf den Straßen, ein dreijähriges Bündniß ab. Allein auch an den weiteren Bündnissen, welche die schwäbischen Städte, in steter Angst, in ihren Rechten verkümmert zu werden, den 20. Novbr. 1392, 23. Mai 1419, 29. Januar 1427, 5. Dec. 1439 (Tag des Beitritts von Rottweil zu dem von den 3 Städten Eßlingen, Reutlingen und Weil im J. 1433 errichteten Bunde) schloßen, betheiligte sich Rottweil gleichmäßig, was übrigens nicht ausschloß, daß nicht auch Angehörige des Herrenstandes, besonders die württembergischen Grafen in solche Städtevereinigungen eintraten. So schloß Graf Eberhard von W. den 7. März 1418 auf 4 Jahre ein Bündniß mit der Stadt ab, gingen Rottweil und mehrere dieser Städte den 21. Dec. 1419 mit der Gräfin Henriette von W. eine Einigung ein, und ähnlich später wiederum den 24. Febr. 1423 und 22. Dec. 1425; auch Graf Ludwig von W., welcher im Jahre 1426 volljährig geworden, trat bald nach seinem Regierungsantritt für sich und seinen minderjährigen Bruder Gr. Ulrich mit Rottweil und 17 anderen Reichsstädten auf zwei Jahre in eine solche Verbindung ein, welche den 17. Juni 1428, 6. Aug. 1431, 24. Febr. 1435 neu bestärkt und erweitert wurde; den 16. Febr. 1440 nahmen die Gr. Ludwig und Ulrich von W. die Stadt in ihren Bund mit den Städten Eßlingen, Reutlingen, Heilbronn und Weil auf; den 23. April 1443 trat Rottweil mit 15 anderen Städten in eine Verbindung mit dem rheinischen Pfalzgrafen; den 18. Juli 1443 nahmen die Württemberger Grafen einige Städte, darunter Rottweil, in das bis zum 15. Juni 1444 gültige Bündniß auf, das sie zuvor schon mit anderen Städten errichtet hatten; den 8. Mai 1444 trat Rottweil in die umfassende Städtevereinigung bis zum 23. April 1446 mit Augsburg und 21 anderen Städten; den 30. Juni 1455 schloß die Stadt ein Schutzbündniß auf 4 Jahre mit Erzherzog Albrecht von Österreich;| den 4. Jan. 1459 verlängerte Erzherzog Sigmund dasselbe auf vier weitere Jahre und den 13. Febr. 1462[11] gab sich die Stadt auf die noch übrige Zeit dieser Frist unter den gleichen Bedingungen in den Schirm des Erzherzogs Albrecht, nachdem dieser die Regierung der Oberlande wieder übernommen; endlich aber nahm K. Maximilian I. als regierender Erzherzog, Herr und Landesfürst des Hauses Österreich, am 8. Okt. 1511 die Stadt auf 35 Jahre in den österreichischen Schutz- und Schirmverband auf, was Mauth, Zoll, Schirm und Geleit beträfe, sollten die Rottweiler wie andere Verwandte des österreichischen Hauses gehalten werden (vrgl. Lichnowsky 7, 636).

Den 18. Juni 1463 trat nun aber die Stadt in ein wichtiges folgenreiches Bündniß mit der Eidgenossenschaft. Schon früher hatten Beziehungen Rottweils zu derselben statt gehabt: den 26. Sept. 1377, zur Zeit des großen Städtekrieges, ließ die Stadt, allerdings im Verein mit anderen Städten, sich mit den Ländlein Appenzell, Huntwil, Urnäsch, Gais und Teuffen in ein Bündniß ein (Stälin 3, 324). Den 4. Juli 1379 verband sie sich in ähnlicher Weise mit dem Lande Appenzell (s. oben Seite 136); den 21. Febr. 1385 schloß sie im Verein mit 13 rheinischen und 38 schwäbischen Städten eine 9jährige, freilich nicht sehr innige Einigung mit den Schweizerstädten Zürich, Bern, Solothurn, Luzern und Zug, welche die Verbündeten zunächst gegen Österreich sicher stellen sollte (Stälin 3, 339); und den 22. Febr. 1386 verglich sie die Eidgenossen und den Herz. Lupolt von Österreich (Samml. der eidgen. Abschiede I, XLII).

Dieses neue Bündniß dagegen, das die Stadt für sich allein abschloß, wurde, wie öfters erzählt wird, durch eine nicht näher bekannte Fehde mit Württemberg veranlaßt (Ruckgaber 2b, 173). Ihm gemäß versprachen sich Rottweil und die 8 eidgenössischen Orte Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus, zunächst auf 15 Jahre wechselseitig ihren Beistand gegen männiglich, desgleichen ihre Vermittelung in Streitigkeiten; es behielten sich aber die Eidgenossen das h. römische Reich, alle ihre Freiheiten, Gerichte und Herkommen, auch die seither geschlossenen Bünde, und ingleichen die Stadt Rottweil das h. römische Reich und das Hofgericht bevor. Das Bündniß wurde den 4. Aug. 1477 und den 13. Dec. 1490 je für weitere 15 Jahre vom Ablauf der Zeit des früheren Bundes an (zuletzt bis 10. Aug. 1507) erneuert, den 6. April 1519| aber wurde die Stadt, nachdem sie seit dem J. 1515 bei den einzelnen Kantonen durch Botschafter um Wiedererneuerung des Bundes sich beworben, von allen 13 Kantonen als ewige Eidgenossin aufgenommen. Rottweil versprach diesem Bündniß gemäß den Eidgenossen unentgeltliche Hilfe in Streit- und Kriegsfällen mit Leib, Gut und Macht, als ob es seine eigene Sache wäre, dafür sollte es aber auch, wenn es angegriffen würde, sich der Hilfe der Eidgenossen auf deren Kosten erfreuen dürfen. Ohne der letzteren Genehmigung sollte die Stadt mit Niemanden in Krieg, Leistungsverhältniß ober Bündniß eintreten; bei gemeinschaftlich geführten Kriegen sollten die Rottweiler in Sold und Beute den anderen Eidgenossen gleichgestellt sein. Hinsichtlich des Zolls und Geleits sollten die Angehörigen der Stadt in deutschen und wälschen Landen womöglich wie die Eidgenossen gehalten werden. Irrungen waren zu Baden im Aargau durch vier Schiedsrichter, und wenn sich diese nicht vereinigen könnten, noch weiter durch Zuziehung eines aus den Räthen von St. Gallen oder Mühlhausen erwählten gemeinen Mannes zu vergleichen. Wegen des Pabsts, des Kaisers, des h. römischen Reichs, vorhergeschlossener Bündnisse, des Hofgerichts, in dessen Besitz die Eidgenossen die Stadt zu schirmen versprachen, und des Hauses Österreich wurden ähnliche Vorbehalte gemacht wie früher. Bürgermeister, Räthe und Bürger zu Rottweil, alles was 16 Jahre und darüber war, beschworen diesen Bund. (Abdruck des Bündnisses von 1463 in Ruckgaber 2b, 219–222, des von 1490 in Amtl. Samml. der älteren eidgenöss. Abschiede 3, I. 729, des von 1519 in Ruckgaber 2b, 223–231, genauer aber in Bluntschli Geschichte des schweizerischen Bundesrechtes 2, 93–99.)

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Einem derartigen Bündniß mit den Eidgenossen stand die Reichsgesetzgebung, zumal zur Zeit der früheren Abschlüsse, schon deßhalb nicht im Wege, weil die letzteren sich erst am Ende des 15. Jahrhunderts – nunmehr eigentlich nicht mehr Glieder, sondern „Verwandte des Reiches“ – dadurch tatsächlich vom Reiche trennten, daß sie sich nicht mehr von ihm in Anspruch nehmen ließen, weder in den schwäbischen Bund, noch in den allgemeinen Landfrieden traten, auch der Gerichtsbarkeit des Kammergerichts sich nicht unterwerfen wollten, bis zum Westphälischen Frieden aber noch nicht völlig vom Reiche getrennt waren. Strenge genommen verstieß aber auch in späterer Zeit diese Verbindung nicht gegen das Reichsstaatsrecht, denn schon nach dem Landfrieden von 1495 sollten zwar „weder der Kaiser noch sein Sohn, noch Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reiches ohne Wissen und Willen jährlicher Versammlung einige Bündnisse oder Einigung mit fremden Nationen oder Gewalten| machen“, allein es war dies doch nur beschränkt auf solche Bündnisse, „die dem Reiche zu Schaden, Nachtheil oder wider sein möchten“, und daß diese Beschränkung bei den abgeschlossenen Bündnissen an sich schon Platz greife, ließ sich nicht durchaus behaupten; aber auch der Westphälische Friede anerkannte als ein Recht der Reichsstände die Befugniß, Bündnisse sowohl unter sich als mit auswärtigen zu ihrer Erhaltung und Sicherheit zu errichten, vorbehältlich jedoch der Rechte des Kaisers und Reichs sowie des Landfriedens. Natürlich aber sahen der Kaiser, das Reichsregiment und die Reichsstände dieses Verhältniß mit scheelen Augen an. Bei dem im April 1522 zu Naumburg gehaltenen Reichstage klagten denn auch das Reichsregiment und die Reichsstände dem Kaiser darüber, daß die Stadt sich in ein ewiges Bündniß zu den Eidgenossen verpflichtet und ein Ort derselben geworden, auch ihre Leute mit anderen Eidgenossen dem König von Frankreich zu Hilfe wider den Kaiser geschickt habe, und glaubten daher, es sollte der Stadt, ehe sie sich der Eidgenossenschaft entschlage und dem Kaiser und Reich wieder wie andere Städte zugethan sei, die Bestätigung ihrer Privilegien und namentlich des Hofgerichts vorenthalten werden, auch erklärte der Kaiser sich dahin, daß die Confirmation der Privilegien im Anstande gelassen und die Stadt nicht zum Sitz in der Reichsversammlung zugelassen werden solle, bis sie sich der Eidgenossenschaft entschlage. Allein mit der Ausführung dieser Erklärungen wurde nicht zu strenge vorgefahren. (Notizenblatt, Beil. z. Archiv für Kunde österreich. Geschichtsquellen 2. Jahrg. S. 17 ff.)

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In der That hatten diese Bündnisse der Stadt mit den Eidgenossen ihre praktischen Folgen. So blieb dieselbe – trotz Androhung der Acht und einer Geldstrafe von 100 Mark löthigen Goldes, sowie bei ihrem längeren Zögern der Entziehung aller Gnaden, Freiheiten und Privilegien und überhaupt alles dessen, was sie vom Reiche habe, durch die kaiserlichen Befehle vom 16. April und 17. Sept. 1488, 10. Juli 1492 – dem schwäbischen Bunde fern und betheiligte sich auch – trotz wiederholter Aufforderung Kaiser Maximilians I. zur Hülfeleistung, so z. B. den 6. März 1499 bei Vermeidung schwerer Strafe und Entziehung der Freiheiten und Privilegien – „zu gutem ihrem Nutz“ nicht am Kriege dieses Bundes mit der Eidgenossenschaft im J. 1499, wogegen die letztere allerdings auf eine Vorstellung Rottweils hin dasselbe für diesen Krieg nicht um Hilfe ansprechen und sich mit seiner Neutralität begnügen wollte.[12] Auf der anderen Seite betheiligte sich die Stadt| häufig an anderen Kriegen im Verein mit den Eidgenossen: so fochten im J. 1477 mit den letzteren in den Schlachten bei Granson und Murten Rottweiler gegen Karl den Kühnen von Burgund, und als Pabst Julius II. nach der Schlacht bei Ravenna im J. 1512 von den Eidgenossen auf sein Begehren 20.000 Mann Hilfstruppen erhielt, mit denen er die Franzosen aus Italien vertrieb, stellte Rottweil seine Mannschaft freiwillig dazu und erhielt dafür von dem päbstlichen Legaten in Deutschland den 24. Juli d. J. das Recht, in seinem Banner die Jungfrau Maria, auf dem linken Arm das Jesuskind, mit dem rechten den Adler (d. h. das Stadtwappen) haltend, führen zu dürfen (Ruckgaber 1, 104. v. Langen 235. Stälin 4, 90). Im J. 1531 schickte die Stadt den katholischen Kantonen 700 Mann Hilfstruppen, welche an der Schlacht von Kappel Theil nahmen.

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Über ein Jahrhundert lang nahm Rottweil an den eidgenössischen Angelegenheiten regen Antheil[13], seit dem 30jährigen Kriege war allerdings die Verbindung nicht mehr so enge und die Theilnahme an jenen Angelegenheiten hörte auf, allein förmlich aufgehoben wurde das Bündniß nie. So erklärten denn auch – um hier die Beziehungen der Stadt zu der Eidgenossenschaft vollständig zu erörtern – die Rottweiler Abgesandten auf dem Tage der Eidgenossen zu Baden den 15. Dec. 1649, auf welchem zu erscheinen sie von den letzteren eingeladen worden waren, sie seien zwar durch den vergangenen Krieg verhindert gewesen, lange nicht mehr bei diesen Tagsatzungen zu erscheinen, doch sprachen sie zugleich die Hoffnung aus, daß das alte Bündniß mit ihnen als fortdauernd gültig angesehen werde, und wenn auch die Stadt in der Folge nicht regelmäßig zu den Tagfahrten der Eidgenossen eingeladen wurde, so erschien sie | doch gerade wie seit dem J. 1515 Mühlhausen im Elsaß als „zugewandter Ort“.[14]

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Die Stadt hatte diesem Verhältniß überhaupt mancherlei Vortheile zu verdanken: häufige eidgenössische Verwendung zu ihren Gunsten, mehrere Gesandtschaften der Eidgenossen zur Vermittelung innerer Unruhen, die Aufnahme in verschiedene schweizerische Bündnisse, namentlich aber im 17. und 18. Jahrhunderte bei den verschiedenen Kriegen zwischen Deutschland und Frankreich wiederholte Verwendungen beim französischen Hofe, dessen Gesandten und Generälen, wodurch die Kriegsverheerungen wenn nicht abgewandt, doch wenigstens gemildert wurden. So wurde die Stadt den 22. Juli/2. Dec. 1582 in das Bündniß aufgenommen, welches die Eidgenossen mit K. Heinrich IV. von Frankreich abschlossen, im J. 1617 von K. Philipp III. von Spanien in den Allianzvertrag zum Schutze der katholischen Religion und guter Nachbarschaft, welchen K. Philipp II. von Spanien den 12. Mai 1587 zu Luzern zunächst mit 6 katholischen Orten der Eidgenossenschaft eingegangen hatte (Archiv f. schweizer. Reformat. Gesch. 1, 777). Noch im J. 1620 bezog sie die jährlichen 265 Frks. 3 Sous als Antheil an den Subsidiengeldern, welche Frankreich den kleinen Schweizerkantonen zahlte (v. Langen 262). Im Nov. 1663 wurde Rottweil durch die Intervention der katholischen Kantone in das Bündniß der Eidgenossen mit K. Ludwig XIV. von Frankreich vom 24. Dec. d. J. aufgenommen und durch Luzerns Gesandte in seinem Namen der Bundeseid geleistet (Sammlung a. a. O. 6, 602). Von Verwendungen für die Stadt in Kriegsnöthen sind namentlich solche zu nennen im J. 1632: auf dem Landtage zu Baden stellten den 25. Mai d. J. die 13 Kantone der Stadt das Attestat aus, daß sie vermöge des unverletzt erhaltenen Bundbriefes unverbrüchlich als Eid- und Bundesgenossin angesehen, und als dem ganzen eidgenössischen Leib inkorporirt anerkannt werde, sodann in den Jahren 1688, 1704; noch auf der| Tagsatzung zu Frauenfeld vom 7. Juli bis 1. Aug. 1704 gaben die Eidgenossen der Stadt eine offene Empfehlungsurkunde an die etwa auf Rottweil anrückenden Truppenchefs zu freundschaftlicher Behandlung, und im J. 1798 empfahlen Bürgermeister und Rath von Rottweil der in Rastatt befindlichen eidgenössischen Deputation ihr Stadtwesen zu kräftiger Verwendung bei dem Friedenscongreß, allein die Deputation reiste schon in den nächsten Tagen nach der Ankunft des Schreibens wieder ab (Sammlung 8, 207. 296).

Den im Bisherigen dargestellten Bemühungen der Stadt, im Verein mit anderen Reichsständen und den Eidgenossen auf Frieden hinzuwirken, und den verschiedenen in dieser Hinsicht abgeschlossenen Bündnissen zur Seite steht nun aber auch eine lange Reihe von Fehden und Kriegen, in welche Rottweil verwickelt wurde, und von denen wenigstens die bedeutenderen und interessanteren, wenn sie nicht bei anderen Gelegenheiten behandelt werden, hier eine kurze Darstellung finden sollen.

Schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts treffen wir die Stadt bei einigen Fehden betheiligt. Bei dem Reichskrieg, welchen K. Heinrich VII. Ende des J. 1310 gegen den Gr. Eberhard den Erlauchten von Württemberg eröffnete, war unter den schwäbischen Reichsstädten, welche sich gegen den Grafen erhoben, zumal derselbe sie gerne zu Landstädten herabgedrückt hätte, nach Eßlingen besonders auch Rottweil thätig, erhielt den 4. Okt. 1310 von Gr. Rudolf (I.) von Hohenberg das dem K. Heinrich VII. gegenüber gegebene eidliche Versprechen getreulichen Beistands (Schmid Mon. Hohenb. 174) und eroberte im J. 1312 das Konrad von Zimmern, Eberhards Anhänger, gehörige Städtchen Herrenzimmern mit der oberen Feste, in welchem sich 14 zimmerische Vasallen aufhielten, legte es in Asche und verbrannte den zimmerischen Burgstall Hohenstein, Schloß und Dorf Seedorf, sowie noch mehrere zur Herrschaft Zimmern gehörige Orte (Zimmerische Chronik 1, 176). Als nach K. Heinrichs VII. Tode im Okt. 1314 die Doppelkönige Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne von Österreich gewählt wurden, hielt Rottweil mit einer großen Reihe schwäbischer Städte bis zur Entscheidungsschlacht von Mühldorf (28. Sept. 1322) treu zu K. Friedrich, den 1. Apr. 1324 war es jedoch schon zu K. Ludwig übergetreten (s. ob. S. 228). Freilich traf den letzteren im J. 1324 der päbstliche Bannstrahl und der Fluch des Interdikts lastete auch auf unserer Gegend schwer, allein im Anschluß an die Beschlüsse des Kurvereins zu Rense vom 16. Juli 1338 und die Koblenzer Reichsversammlung vom Sept. 1338 vertrieben die Rottweiler, wie andere Reichsstädte, alle Priester, welche| keine Messe lesen wollten (Stälin 3, 211), und wurden erst nach K. Ludwigs Tode am 31. Jan. 1348 für ihre Gefügigkeit gegen K. Karl IV. durch den Bischof Friedrich von Bamberg als päbstlichen Bevollmächtigten vom Banne losgesprochen. – Mit einem Herrn (Johann) von Klingenberg auf Hohentwiel, welcher bei K. Friedrichs Bruder, Herzog Lupolt dem Glorreichen von Österreich († 1326), sehr beliebt gewesen, kam die Stadt in langjährige Irrungen, nach des letzteren Tode aber ums J. 1330 fiel derselbe im Kampfe mit Rottweil (Joh. Vitoduranus 33. Crusius p. 3. l. 4. c. 7.).

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An den wilden Verheerungszügen, in welchen sich in den JJ. 1376–78 die Herren einerseits, darunter die Gr. Eberhard der Greiner und Ulrich IV. von Württemberg, und die Städte andererseits befehdeten, nahm auch Rottweil mit anderen schwäbischen Reichsstädten Theil und stürmte mit ihnen Tuttlingen, worauf die Gefangenen theils nach Constanz, theils nach Rottweil gebracht wurden (Constanzer Chronik bei Mone Quell.-Samml. 1, 320. 322). Freilich traf die Stadt wie die mitverbündeten Städte die kaiserliche Acht, allein den 31. Mai 1377 befreiten sie K. Karl IV. und K. Wenzel aus derselben, gaben ihr einen vollkommenen Sühnebrief, worin sie ihr die Erneuerung ihrer Huld zusagten, und begnadigten sie auch sonst (s. oben), und das Ende dieser Kämpfe bewirkte endlich K. Karl IV. im Aug. 1378 zu Nürnberg durch eine Richtung zwischen dem Grafen Eberhard und den Städten überhaupt; der Graf mußte die Landvogtei Niederschwaben an den Herzog Friedrich von Bayern überlassen, worauf der letztere am 10. Okt. 1378 Rottweil und 12 anderen niederschwäbischen Städten eine Verschreibung ertheilte, daß er sie bei ihren Freiheiten und Rechten schirmen wolle, und ihm diese Städte „bis auf unseres gnädigen Herrn des Kaisers Widerrufen“ huldigten. Auch beim zweiten Städtekrieg von 1388 war Rottweiler Mannschaft betheiligt (v. Martens 83. 85.), doch wurde die Stadt zugleich mit 32 Genossinnen ihres Bundes den 3. März 1390 zu Kirchheim u. T. mit mehreren der Herren verglichen. Mit Gr. Eberhard dem Milden von Württemberg, mit welchem Rottweil den 7. Nov. 1394 wegen einer Reihe von Streitpunkten sich versöhnte (Ruckgaber 2b, 134 ff.), hielt dasselbe zusammen gegen die Schlegler, und hatte von den letzteren im Spätsommer 1395 einen Angriff zu bestehen, betheiligte sich darauf den 18. Dec. d. J. an dem zu Pforzheim zwischen dem Erzbischof von Mainz, dem Bischof von Speier, dem Pfalzgrafen Ruprecht II. und dem Markgrafen Bernhard von Baden mit dem Herzog Lupolt dem Dicken von Österreich, dem Gr.| Eberhard von Württemberg und 14 anderen schwäbischen Städten gegen die Schlegler geschlossenen Bündniß.

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Auf solche Streitigkeiten folgten andere mit Mitgliedern von verschiedenen Linien des Hauses Hohenzollern. Stoff zu Zwistigkeiten hatte es bereits früher gegeben, denn schon den 29. Jan. 1377 hatte Gr. Friedrich der Ältere von Zollern-Schalksburg und sein jüngerer Sohn Gr. Friedrich gen. Mülli geschworen, bis zu nächsten Weihnachten nichts gegen Rottweil unternehmen zu wollen, auch den abwesenden älteren Sohn bez. Bruder, Gr. Friedrich gen. Ritter, in diesen Vertrag eingeschlossen. Allein im J. 1400 brachen zwischen der Stadt und einigen Angehörigen der Familie von Neuem Streitigkeiten aus und solche zogen sich nun mit Unterbrechungen zwei Jahrzehnte hin. Im August 1400 wurde zu Balingen ein gütlicher Vergleich mit Gr. Fritz dem Älteren versucht; am 27. Sept. und 29. Okt. 1404 und 28. Jan. 1405 versprachen seine Söhne die Gebr. Gr. Friedrich der Oettinger und Eitel Friedrich der Stadt, auf gewisse Zeit Frieden zu halten, am 6. Nov. 1405 leisteten Friedrich der Schwarzgraf und sein Bruder Ostertag Tägli dasselbe Versprechen, und den 21. Jan. 1406 wurde durch den Gr. Eberhard von Württemberg ein Vergleich zwischen der Stadt und den beiden erstgenannten Brüdern aufgerichtet. Schon 1407 aber brach die Fehde von Neuem mit Gr. Friedrich dem Oettinger aus, und ein Vergleichsversuch, den K. Sigmund den 9. Okt. 1417 zu Constanz machte, war ebenfalls nur von vorübergehender Dauer (v. Stillfried und Märcker, Hohenzollerische Forschungen 1, 157. 211. 225. 226. 233. und Mon. Zoller. unter den betr. Jahren). Denn bald entbrannte der Krieg zwischen dem Gr. Friedrich dem Oettinger einerseits und Württemberg und den Reichsstädten andererseits, bei welchem gerade Rottweil die erste Triebfeder der Unternehmung war. Der Graf hatte räuberische Einfälle in das Gebiet der Stadt gemacht[15], die 2000 Pfund Schadensersatz, welche er wegen dieser Missethat nach richterlichem Spruche hätte zahlen sollen, blieb er nicht nur schuldig, sondern reizte die Stadt auch noch dadurch, daß er acht ihrer Bürger gefangen nach Hohenzollern wegschleppte. Rottweil wandte sich deßhalb an die Herrschaft Württemberg, die den Oettinger zur Rede stellte; als derselbe mit Spott antwortete,| wurde der schwäbische Bund nach Ulm zusammen gemahnt und der Krieg wider ihn beschlossen. Am 23. Mai 1422 sandte die Stadt ihren Absagebrief an den Grafen und in den ersten Tagen des Juni rückte das württembergisch-reichsstädtische Aufgebot von außerordentlicher Stärke vor die Burg Hohenzollern, welche sich ihm am 15. Mai 1423 ergeben mußte und von Grund auf zerstört wurde (Stälin 3, 422 ff.).

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Im J. 1409 kam es zu einer Fehde zwischen Rottweil und dem Gr. Rudolf (VI.) von Hohenberg, welcher sich an den Rottweilern rächen wollte, weil sie, aus unbekannten Gründen, im J. 1377 das Hohenberger Schloß und Dorf Bubsheim verbrannt hatten. Dieselbe wurde mit großer Erbitterung geführt, durch Vermittelung K. Ruprechts jedoch und des Gr. Eberhard von Württemberg, welchem die Rottweiler während dieser Fehde sein Dorf Winterlingen niederbrannten, den 2. Sept. d. J. beigelegt, dabei auch noch insbesondere festgesetzt, daß die Stadt dem Gr. Eberhard zur Entschädigung der Winterlinger 300 fl. Rh. bezahlen solle (Ruckgaber 2b, 141–143). – In den J. 1420–23 betheiligte sich die Stadt mit Württemberg an der geroldseckischen Fehde, im J. 1441 an dem Rachekrieg, den die Städte wegen Ausplünderung einiger Kaufleute gegen das Schloß Höven führten. – Wenige Jahre nach dem Bündniß vom Jahre 1443 entbrannte ein neuer Krieg zwischen den Städten und den Fürsten und Herrn, namentlich dem Gr. Ulrich (V.) von Württemberg, an welchem sich auch Rottweil betheiligte. Jost von Hornstein, welcher seit längerer Zeit die Feste Hohenberg von dem Herzog Albrecht VI. von Österreich pfandweise inne hatte, wandte sich, als er dieselbe im J. 1448 wieder auslösen lassen sollte, aber keine Lust hiezu hatte, an die Stadt Rottweil, deren Bürgerrecht er besaß, mit der Bitte um Unterstützung. Da jedoch die Stadt sich seiner nicht annahm, schickte er den 22. Aug. 1449 derselben einen Fehdebrief, fiel in ihr Gebiet ein, und suchte hier, wo er konnte, derselben Schaden zuzufügen. Darauf zogen die Rottweiler vor Hohenberg, eroberten es den 21. Sept. 1449 nach 16stündiger Beschießung und zerstörten es. Neunzehn streitbare Männer hatten Hohenberg vertheidigt, von denen 18 getödtet, meist die Mauern herabgestürzt wurden und nur Einer entkam. Nun aber schickte der Herzog Albrecht von Österreich als Inhaber der Feste Hohenberg und als Lehensoberherr der Rottweiler hinsichtlich der Altstadt und des Arnoldshofes den 23. Apr. 1450 der Stadt einen Feindsbrief, und es erfolgten darauf gegenseitige Einfälle und Plünderung; den 22. Juni 1450 kam zwar zu Bamberg ein vorläufiger Vergleich zwischen beiden Theilen zu Stand,| allein erst nachdem es auch zu Verhandlungen vor dem Rottenburger Lehensgericht, woselbst Herz. Albrecht die Rottweiler wegen Treubruchs verklagte, gekommen war, und nachdem ein paar angesetzte Reichstage nicht zum Ziele geführt hatten, wurde die Fehde am 26. Dec. 1453 durch den Markgrafen Albrecht von Brandenburg vollends dahin beigelegt, daß Rottweil an den Herzog 8200 fl. zu entrichten hatte, dafür aber auch seine Lehen von demselben wieder empfing. Doch gab es noch mehrjährige Verhandlungen zwischen Rottweil und den verbündeten Städten, namentlich Rothenburg an der Tauber, wegen des Antheils an den von den Rottweilern bezahlten 8200 fl.; den 1. März 1465 wurden zwar auf einem Züricher Rechtstage 11 solcher Städte zur Übernahme von 1650 fl. bewogen, allein erst am 31. Dec. 1472 wurden Rottweil und Rothenburg durch die Stadt Nördlingen dahin verglichen, daß Rothenburg sich zur Bezahlung von 223 fl. verstand. – Hans von Rechberg, welcher in der Mitte des 15. Jahrhunderts namentlich mit den Städten wilde Fehden führte, überfiel im Spätjahr 1454 bei Hans von Geroldseck in Sulz die Rottweiler und brannte deren Altstadt nieder, allein am 19. Nov. d. J. machten dieselben mit anderen Städtern einen nächtlichen Einfall in Sulz, so daß sich beide Herren durch die Flucht retten mußten.[16] – An dem Reichskriege K. Friedrichs IV. gegen den Herzog Ludwig von Bayern-Landshut nahm Rottweil erst Theil, nachdem es den 25. Sept. 1461 vom Kaiser, wie andere schwäbische Reichsstädte, den strengsten Befehl erhalten hatte, nicht mehr mit der Hilfe zu zögern, sondern Angesichts des Briefes bei Strafe von 1000 Pfund löthigen Golds, des Reichs Acht und Oberacht und der Entziehung sämtlicher bisher vom Reich erhaltener Freiheiten, auf das stärkste wider denselben auszurücken; den 4. Jan. 1462 versicherten die kaiserlichen Führer, Markgr. Albrecht von Brandenburg und Gr. Ulrich von Württemberg, die Stadt für ihre geleistete Unterstützung, daß sie kein Schaden in Folge dieses Krieges treffen solle. – Im J. 1496 unterstützte Rottweil den Veit Wernher von Zimmern, welcher den 6. Dec. d. J. sich des von ihm als väterliches Erbe beanspruchten Oberndorfs bemächtigte, wurde aber wegen dieser landfriedensbrüchigen Wegnahme der Stadt und wegen Vertreibung der Gr. von Werdenberg, welche solche als Reichslehen innehätten, von K. Maximilian I. den 7. Febr. 1497 auf dem Lindauer Reichstag mit dem genannten von Zimmern und dessen Genossen in die Acht| gesprochen, welche der Kaiser jedoch den 9. März 1498 bis zu nächsten Pfingsten hinausschob und den 23. Juli 1498 ganz aufhob.

Auch die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts brachte für Rottweil mancherlei Streitigkeiten und Fehden, insbesondere mit Herzog Ulrich von Württemberg in Pürschangelegenheiten. Als dieser Herzog jedoch im J. 1519 durch den schwäbischen Bund des Landes verjagt wurde, betheiligten sich auch die Rottweiler, welche nach der Eroberung Reutlingens für sich selbst von Ulrich zu fürchten begonnen hatten, am Kampfe, zwar nicht als Mitglieder des Bundes, sondern für sich unter der Schweizerfahne, dem weißen Kreuz in rothem Feld – sie führten zu jener Zeit den Spottnamen „neue Schweizerknaben“ – nahmen mehrere Tuttlinger Amtsorte (darunter Schwenningen), am 9. Apr. Rosenfeld, Kl. Alpirsbach und Schiltach ein und setzten auch Tuttlingen mit starker Mannschaft und ihrem Hauptgeschütz zu, doch ergab sich die letztere Stadt an Gangolf von Geroldseck im Namen des Bundes und des Hauses Österreich, sie selbst aber mußten nach dem Vergleiche vom 6. Okt. 1522 alle ihre Eroberungen an den Bund herausgeben gegen 4500 fl., welche die württembergischen Landstände zu zahlen versprachen. Bei seinem mißglückten Versuche, sein Land wieder zu erobern, übernachtete der Herzog vom 14. auf den 15. März 1525 in Rottenmünster, nicht ohne Gefahr von den Schweizern festgenommen und wohl gar ausgeliefert zu werden; nur durch einen heimlichen Ausgang aus dem Kloster gelang ihm mit Hilfe Etlicher in ein Gehölz zu entfliehen. Am 15. und 16. gewährte ihm und seinen Hauptleuten Rottweil selbst Aufenthalt, bezeugte ihm Ehre und streckte ihm am 16. für Überlassung des ihm noch gebliebenen Geschützes und Munition 500 fl. vor, wogegen er alle Fehde und Feindschaft mit der Stadt für abgethan erklärte; auch bei seinem zweiten Versuche stand er am 4. und noch am 7. Mai d. J. mit reisigem Zeug schon wieder vor Rottweil. Wegen der Herausgabe obigen Geschützes etc. kam es erst nach längeren Verhandlungen durch Vermittelung der Eidgenossen den 8. Dec. 1552 zu einem Vergleiche, welchem gemäß Rottweil 2/3 davon auslieferte. – Der Bauernkrieg spielte in dieser Gegend keine bedeutende Rolle; denselben in der zimmerischen Herrschaft vor dem Wald und im Rottweiler Gebiet zu bestrafen übernahmen Wilhelm Wernher von Zimmern und die Stadt selbst, da sie den Bund nicht zu ihnen kommen lassen wollten (Stälin 4, 265 Note 2. 290).

Die letzte Fehde endlich, die wir im 16. Jahrhundert zu erwähnen haben, ist die landenbergische. Hans von (Breiten-) Landenberg hatte im J. 1526 dem Hans von Rechberg die Herrschaft| Schramberg abgekauft, Forsten dieser Herrschaft jedoch sprachen die Rottweiler für ihren vom Reiche zu Lehen rührenden Pürschbezirk an und stellten daher in ihnen Jagden an. Deßhalb nahm der Landenberger im J. 1538 einen jagenden Rottweiler gefangen, wurde aber bald selbst durch die Rottweiler am 26. Aug. d. J. unterwegs ergriffen, auf eine Mähre gebunden und unter Schimpfreden nach ihrer Stadt in die Haft geschleppt. Am 12. Sept. wurde zwar er selbst auf Vorstellungen der Gr. Wolfgang und Egon von Fürstenberg freigelassen, und eine Tagfahrt, welche den 22. März 1539 zu Dießenhofen unter eidgenössischer Vermittlung gehalten wurde, schien den Streit zu stillen. Da erregte ihn Hansens Sohn, Christoph, aufs neue im Widerspruch gegen den Vater, der bald darauf starb. Von nahem und entferntem Adel unterstützt, legte sich Christoph seit Apr. 1540 gegen Rottweil. Durch seine Mannschaft, welche besonders an Reiterei stark war und am Ende auf ein paar Tausend anschwoll, wurden selbst Greise und Kinder niedergemacht; in Asche wurden gelegt die Rottweil mit Burgrecht zugethanen Ortschaften Beffendorf (österreichisch, aber im Pfandbesitze des Gr. Gottfried von Zimmern) am 11. Apr. und Wellendingen (im Besitze Konrad Ifflingers) am 3. Mai, die Rottweiler Dörfer Hochmössingen und Winzeln (dieses wenigstens zum Theil) am 12. Juli, der Rottweiler Spitalhof zu Zimmern ob Rottweil am 15. Nov. Die so nahe bedrohte Stadt hatte jedoch 100 Knechte aus der Herrschaft Hohenberg zum Schutze erhalten, auch waren ihr zu Hilfe bereits 1000 Mann Eidgenossen im Anmarsch begriffen. Herz. Ulrich, verdächtigt den Landenberger, seinen Diener, zu begünstigen, und deßhalb von den Eidgenossen angefeindet, entließ ihn mittlerweile den 1. Aug. aus dem Dienst, und verbot ihm, seinen Raub an Württemberger zu verkaufen. Endlich kam durch die Bemühungen der Eidgenossen, des Kurfürsten Ludwig von der Pfalz, der Stadt Straßburg u. a. m. den 29. Nov. 1540 zwischen Rottweil und Christoph von Landenberg ein Vergleich zu Stande, welchem gemäß die bisherige Fehde aufhören und die gegenseitigen Anforderungen binnen Jahresfrist gütlich oder rechtlich ausgetragen werden sollten, allein das Reichskammergericht erkannte noch den 2. Mai 1541 die Acht über den Landfriedensbrecher, und der Proceß wegen der Aufhebung derselben schwebte noch bis zu Christophs Tode im J. 1546. Übrigens wurde das Unheil, welches die Stadt hiebei getroffen, von Vielen als Strafe für die kurz zuvor erfolgte Austreibung der Protestanten angesehen (Bullinger, Reformationsgeschichte 2, 220).

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Nunmehr trat eine Zeit längerer Ruhe für die Stadt ein,| welche erst wieder im 30jährigen Kriege von Kriegsdrangsalen heimgesucht wurde. Mehrere frühere harte Durchzüge abgerechnet, kam der erste empfindliche Schlag, der Rottweil in diesem Kriege traf, erst im J. 1632 von Seite Württembergs. Da der Herzog Administrator Julius Friedrich in der Gegend österreichische Besitzungen einnehmen wollte, aber auf Widerstand stieß, so rückten am 2. Okt. 1632 der württembergische Oberst Rau und der Oberstlieutenant Bernhard von Gültlingen vor die Stadt und stellten an sie – ähnlich wie gleich darauf an Villingen – das Ansinnen, sie solle sich gegen Erlegung eines noch zu bestimmenden Schutzgeldes in den württembergischen Schutz begeben. Die Stadt erklärte sich bereit, deßhalb Kommissäre nach Stuttgart zu schicken, bat aber inzwischen die österreichische Regierung zu Ensisheim um Succurs und rüstete sich schleunigst zur Wehr. Als nun aber in der zweiten Hälfte Novembers bei dem Marsche durch das rottweilische Seedorf eine württembergische Abtheilung durch rottweilische Unterthanen überfallen wurde, rückte zur Strafe hiefür ein württ. Heerhaufe unter dem Oberstlieutenant von Rieppur den 14. Dec. vor die Stadt, und dieselbe mußte sich am 16. d. M. trotz tapferen Widerstandes, weil keine genügenden Vertheidigungsanstalten getroffen waren, ergeben. Die Stadt und die Landschaft hatte nunmehr unsäglich zu leiden. Außer der Verpflegung der in die Stadt gelegten Besatzung, welche über 1000 Mann stark war, hatte sie monatlich 5040 fl. zu bezahlen und den 10. Theil ihrer Frucht, Pferde und Rinder abzuliefern; die öffentlichen Kassen wurden so erschöpft, daß man die vorhandenen Silbergeräthe nach Schaffhausen und Straßburg verkaufen mußte, deren Erlös aber noch lange nicht zur Bezahlung der nothwendigen Ausgaben hinreichte; der gräulichen Zügellosigkeit der Soldaten konnte auch durch herzogliche Befehle nicht genügend gesteuert werden. Im Nov. 1633 kamen die Schweden unter dem Feldmarschall Horn durch die Stadt, und nahe bei derselben nahmen die Kroaten den schwedischen Oberst von Degenfeld mit einem Rittmeister und 10 Mann gefangen. Nach der Nördlinger Schlacht vom 27. Aug. 1634 zogen zwar die feindlichen Truppen ab, allein im September d. J. wurde der Stadt eine kaiserliche Garnison aufgedrungen[17], und die befreundeten kaiserlichen| und bayerischen Truppen führten sich nicht besser auf, Quartiere und Kontributionen dauerten fort. Am 2. Juli 1635 trieb eine Streifschaar Wiederholds das Vieh vor der Stadt weg, tödtete und verwundete etliche Bürger. Im Dec. 1638 wollten im Anschluß an einen Beschluß des Ulmer Kreiskonventes der Oberst Wolf und der Oberstlieutenant Edelstett der Stadt eine Besatzung von 800 Mann aufdrängen, und der erstere ließ, weil ihm der Eintritt abgeschlagen wurde, die Sturmleitern an die Mauern legen, und schon waren diejenigen der Vorstadt von seinen Truppen erstiegen, als die Rottweiler dieselben schnell wieder zurücktrieben. Doch mußte sich die Stadt im Jan. 1639 die Einquartierung von 200 Mann für längere Zeit gefallen lassen. Als Ende Julis 1639 diese Garnison endlich die Stadt verlassen, hatte sie und namentlich auch ihre Landschaft alsbald durch Durchzug kaiserlicher und bayerischer Kriegsvölker, welche vor Hohentwiel rückten, arg zu leiden; die meisten Bewohner der Dörfer flüchteten in die Stadt. Im Juni 1641 machte Wiederhold einen neuen Einfall ins Gebiet und nahm mit sich, was er an Pferden, Vieh und Lebensmitteln, besonders in Dunningen und Hausen vorfand, ließ auch in ersterem Orte mehrere Häuser verbrennen und 8 Personen niedermetzeln. Eine besonders schwere Zeit brachte aber das Jahr 1643. An der Spitze der französisch-weimaranischen Armee beabsichtigte nämlich der französische Feldmarschall Gr. Guebriant sich zunächst Rottweils zu bemächtigen, um von hier aus seine Armee zu verproviantiren und dann ins Württembergische zu ziehen. Als beim Annahen dieses Heeres die Garnison und die Bürgerschaft sich bereit erklärte, bis auf den letzten Mann sich vertheidigen zu wollen, schickte der Stadtkommandant Hauptmann Flettinger vom Mercyschen Regiment einen Expressen an den General Mercy mit der Bitte um Succurs, welcher auch am 23. Juli ankam, so daß die Garnison jetzt aus 3 Kompagnieen zu Fuß und 60 Reitern bestand. Am 24. d. M. traf Guebriant mit der ganzen Armee, bestehend aus 15 Reiter- und 13 Infanterie-Regimentern, ein und nahm sein Hauptquartier in Rottenmünster, während sich die Mannschaft theils im Neckarthale, in der Altstadt und in Göllsdorf, theils auf der Hochebene bis gegen Dietingen lagerte. Als die Stadt am 25. der Aufforderung, sich zu ergeben, keine Folge leistete, ließ Guebriant dieselbe mit solcher Heftigkeit beschießen, daß an diesem Tage 375 Kanonenkugeln in sie flogen, und nach abermaliger erfolgloser Aufforderung zur Übergabe Nachts auf 3 Seiten zugleich stürmen. Zwar mußte die Auvorstadt aufgegeben werden, allein die Besatzung wehrte sich so tapfer, daß die Stürmenden nach einem Verluste von 900 Mann sich zurückziehen| mußten, und Guebriant, der inzwischen Kunde von dem Anrücken der bayerischen Avantgarde erhalten hatte, hob die Belagerung auf und marschirte neckarabwärts. Allein den 5.–7. Nov. (N. St.) kam er mit der gegen 20.000 Mann starken französisch-weimaranischen Armee wieder angezogen und eröffnete den 7. d. M. die Belagerung. Nachdem mehrere Ausfälle der Belagerten glücklich abgelaufen, auch zweimalige Aufforderung Guebriants an die Stadt sich zu ergeben, trotz der starken Beschießung derselben (am 14. Nov. und in der folgenden Nacht geschahen 520 Schüsse gegen die Stadt) ohne Erfolg geblieben, verlor der Kommandant Oberstlieutenant Hettlach am 18. d. M., da ein Theil der Mauer fast ganz zusammengeschossen war, den Muth und kapitulirte trotz des Widerstrebens der Bürgerschaft. Am 19. begann darauf der Einzug in die Stadt und die siegreichen Truppen benahmen sich, wie wenn keine Kapitulation stattgefunden hätte, mißhandelten und beraubten die Bürger auf mannigfache Weise. (Dem Marschall selbst ward übrigens am 17., als er hinter den Schanzkörben stand, durch eine vom Mehlsack-Thurme aus geschossene Falkonetkugel der rechte Ellenbogen zerschmettert, so daß der Arm abgenommen werden mußte, am 21. bezog er sein Quartier im Dominikanerkloster, wo er einige Tage darauf, hauptsächlich in Folge ungeschickter Behandlung der Wundärzte, starb, nachdem er sich noch zuvor in die Rosenkranzbruderschaft hatte aufnehmen lassen. Seine Eingeweide wurden im Chor der Dominikanerkirche begraben, seine Leiche aber nahm General Rosen über den Rhein mit.) Doch zogen die Franzosen mit dem größten Theil der Armee bald wieder ab und erhielten am 24. d. M. bei Tuttlingen durch die Gegenparthie einen Hauptschlag. Am 26. ds. Ms. rückte das siegreiche Heer vor die Stadt, in welcher der junge Herzog Friedrich von Württemberg mit einer Besatzung von etwas über 2000 Mann zurückgeblieben war. Nach wiederholter Beschießung der Stadt und nachdem eine Bresche in die Mauer geschossen, kapitulirte der Herzog am 2. Dec. (v. Martens 450) und zog am gleichen Tage mit sämtlichen Offizieren und Bagagewägen ab, während die übrige Garnison mit Sack und Pack zur Disposition der Generalität gestellt und unter die kaiserlichen und bayerischen Regimenter gesteckt wurde. Am 5. ds. Mts. verließ das Heer die Stadt wieder unter Zurückbelassung einer Besatzung von 200 Mann. Allein drei Vorstädte, die Hochbrücker-, die obere und untere Auvorstadt, lagen in Folge der wiederholten Belagerungen dieses Jahres ganz in Schutt, alle Felder im Umkreise der Stadt waren verwüstet, die Thürme, Kirchen und andere öffentliche und Privatgebäude waren durch das Bombardieren sehr beschädigt, viele auch abgebrannt oder niedergerissen worden; in der| Landschaft lagen fast alle Dörfer in Schutt und Asche; die Schuldenlast war auf eine enorme Höhe gestiegen und vermehrte sich auch in den nachfolgenden Jahren immer noch mehr, da die Stadt fast ununterbrochen größere oder kleinere Garnisonen aufnehmen und dazu noch schwere Kontributionen und die fast unerschwinglichen Kreisprästanda zu leisten hatte. Am Ende des Kriegs waren von den 4000 steuerbaren Köpfen, welche die Bürger- und Bauerschaft ehemals zählte, nur noch 625 übrig geblieben, die anderen hatten Schwert, Hunger, Seuchen, Elend und Jammer aller Art weggerafft, der größte Theil der Stadtoffizianten mußte „ex defectu salarii pro congrua sustentatione“ sich kümmerlich mit Feldbau nähren, unter den Bürgern selbst war der Wohlstand spurlos verschwunden, viele irrten als Bettler umher, weil ihnen der Krieg Herd und Obdach genommen hatte. An den, den Schweden im Westphälischen Frieden bewilligten 5 Millionen Thalern hatte Rottweil (mit Inbegriff der zimmerischen Güter) 11.315 fl. zu bezahlen und erst im Sommer 1650 zog die kaiserliche Besatzung, welche von der Stadt zu verpflegen war, ab.

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Kaum hatte sich die Stadt wieder etwas erholt, als die Raubkriege K. Ludwigs XIV. von Frankreich neues Unglück über dieselbe brachten. Sie wurde in den JJ. 1675–1697 durch Truppenmärsche, Schatzungen, Frohnen und besonders durch Winterquartiere so hart mitgenommen, daß sie, schon zuvor erschöpft, sich genöthigt sah, den 29. März 1677 den der Bruderschaft gehörigen halben Flecken Cappel mit allen Zugehörungen, auch 80–90 Mltr. jährlicher Fruchtgefälle und in die 6000 fl. zinsbaren Kapitalien, um 10.000 fl. an Württemberg, den 4. Oktbr. 1689 das Dorf Balgheim um die gleiche Summe an den Junker Jakob Rudolph Streuth von Immendingen, den 13. Dec. 1690 die Schlösser Graneck und Friedeck sammt dem Dorf Nieder-Eschach um 28.000 fl. an den bischöfl. constanzischen Rath und Obervogt zu Bischofszell, Freiherrn Sebastian Ludwig von Beroldingen, zu verkaufen und außerdem noch mehrere Stadtkameralgüter, als Mühlen, Sägen, Bleichen, Höfe, Waldungen, Fischwasser, Waiden u. dgl. um geringes Geld wegzugeben. Am 9. Mai 1675 hielt der kaiserliche Feldmarschall Montecuculi große Heerschau bei Rottweil, zog aber sogleich wieder weiter; am 4. Nov. 1688 wurden Dunningen und Zimmern ob Rottweil von einem französischen Streifcorps geplündert. Rottweil mußte eine von Freiburg aus angesetzte Kontribution von 6777 fl. an die dortige französische Besatzung liefern. In den oben genannten Jahren betrug der Aufwand, den die Stadt für die eigenen Soldaten zu machen hatte, 88.240 fl. 42 kr. 5 hl., der Aufwand,| welcher für Stadt und Landschaft zusammen aus den Winterquartieren erwuchs, 176.781 fl. 16 kr., im Ganzen also die Summe von 265.021 fl. 58 kr. 5 hl.

Während des spanischen Erbfolgekrieges erschien im Mai 1704 eine kaiserliche Heerschaar unter dem Feldmarschall von Thüngen am 11. bei Schömberg und rückte von hier am 13. nach Rottweil, wo der Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg am 14., der Feldmarschall Gr. Styrum am 15. mit weiteren Truppen zu ihm stießen, so daß der am 19. Mai in Rottweil angekommene Markgraf Ludwig von Baden im Lager bei Nieder-Eschach 35.000 Mann versammeln konnte, welche aber gleich weiter zogen. Am 19. Juli wurden 300 Mann deutscher Truppen in der Nähe der Stadt durch die Franzosen überfallen und größtentheils getödtet oder gefangen genommen, die Besatzung in der Stadt und Gegend aber im August bis auf 6000 Mann verstärkt. Nach dem Sieg bei Höchstädt (13. Aug. 1704) zog Prinz Eugen von Savoyen durch Rottweil, im J. 1707 aber erschienen in der Nähe französische Streifschaaren, welche den 14. Aug. Zimmern ob R. verbrannten, weßhalb württembergische und schwäbische Truppen in die Stadt gelegt wurden. Im Sept. 1713 lagerte sich der österreichische General Vaubonne auf seinem Rückzug vor dem französischen Marschall Villars in der Nähe der Stadt und ließ östlich von ihr am Waldsaume des sogenannten Katzenwäldchens beim Harthause Verschanzungslinien ziehen, deren Überbleibsel man noch zum Theil sieht, welche aber der Stadt große Kosten verursachten. Doch unterblieb ein Einfall der Franzosen, da die Friedensverhandlungen bald begannen. Am 8. Okt. d. Js. kam Pr. Eugen von Savoyen wiederum hierher und hielt am folgenden Tage Heerschau über die daselbst aufgestellten Truppen. Den Gesamtschaden berechnete man damals zu 226.595 fl. 22 kr.

Von den Drangsalen der folgenden Kriege, welche Deutschland durchtobten, hatte Rottweil weniger zu leiden; im österreichischen Erbfolgekrieg sah es im Sept. 1744 den französischen Marschall Belleisle mit seinen Truppen durchziehen; am 7jährigen Kriege nahm es eben insoferne Theil, daß es als Reichsstand sein Kontingent stellen und die gewöhnlichen Kreisprästanda tragen mußte; der bayrische Erbfolgekrieg war für die Stadt von keiner Bedeutung.

Schwerer trafen Rottweil wieder die Kriege mit Frankreich am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1792, als die französischen Ausgewanderten, namentlich der Marquis von Mirabeau, in der Umgegend Werbungen anstellten, befahl der Rottweiler Rath den 2. Febr. dem Landvolk seines Gebietes,| sich zu bewaffnen und zu streifen, Mirabeau zog jedoch nach kurzer Zeit weiter. Dafür kamen am 19. Okt. d. J. die Schaaren des Prinzen von Conde und quartierten sich zu Dauchingen, Dunningen und Zimmern ein, wo sie bis zum März 1793 blieben. (Auch Schwenningen hatten sie besetzt, mußten es aber nach wenigen Tagen auf Befehl des Herzogs Karl von Württemberg wieder räumen.) Im J. 1794 wurde zu Rottweil ein Kreis-Militärspital errichtet, das der Stadt mancherlei Beschwerden verursachte und im J. 1796 nach dem Rheinübergang des französischen Generals Moreau mit Kranken und Verwundeten so überfüllt wurde, daß man einen Theil desselben nach Deißlingen und Irslingen verlegen mußte. Am 28. Juni d. J. traf die ganze Wagenburg der Reichsarmee in Rottweil ein, besetzte den sogen. Bollershof, zog aber schnell weiter. Nach dem Waffenstillstandsvertrag mit Moreau vom 27.–30. Juli mußte die Stadt an den dem schwäbischen Kreise auferlegten 10.648.875 fl. Kontribution an Geld und Naturalien an Geld allein 53.223 fl. 48 kr. 3 hl. zahlen, und die Naturallieferungen scheinen noch mehr betragen zu haben. Beim Rückzug der Franzosen im Herbst d. J. litt das Gebiet von Rottweil wieder sehr, da Vandamme die Österreicher nach einem lebhaften Gefechte bei Rottenmünster den 9. Okt. aus Rottweil vertrieb und dasselbe plünderte, bis der österreichische General Nauendorf die Franzosen wieder verjagt. Die Stadt, welche in dieser Zeit auch durch einige starke Feuersbrünste in ihr selbst und auf dem Lande beschädigt wurde, mußte in ihrer Geldnoth im J. 1796 den Hochwald verkaufen, denn der öffentliche Schaden seit dem J. 1793 betrug die bedeutende Summe von 793.256 fl., wobei die den öffentlichen Kassen sowohl als dem Privatmann zugefallenen Unkosten bei den fortwährenden Durchmärschen und Einquartierungen von Freundes- und Feindesvölkern, die Vorspanns- und Fuhrwesensleistungen, die sich über eine Tonne Goldes erstreckt haben sollen, nicht mitgezählt sind.

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Im Frühjahre 1799 kamen die Franzosen von Neuem nach Schwenningen und Rottenmünster, den 27. März erschienen in Rottweil selbst die Generale Soult und St. Cyr, ihre Truppen besetzten Schwenningen, Lauffen und Schömberg, allein aus letzterer Stadt wurden ihre Vorposten am 29. d. M. durch österreichische Truppen verdrängt, und im April zogen sie überhaupt beim Herannahen der Österreicher ab, ehe noch die starken von General Jourdan ausgeschriebenen Lieferungen geleistet worden waren. Beim neuen Vordringen der Franzosen unter General Moreau im J. 1800 blieb Rottweil von ihrem Besuche zwar verschont, mußte aber zu der dem| schwäbischen Kreise im Waffenstillstand vom 15. Juli auferlegten Kontribution 137.332 Fr. übernehmen.[18]

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Nachdem durch den Lüneviller Frieden vom 9. Februar 1801 der Herzog von Württemberg seine linksrheinischen Besitzungen verloren, dafür aber Ansprüche auf Territorialentschädigung von Reichswegen erhalten hatte, und nachdem durch den Pariser Frieden vom 20. Mai 1802 die französische Republik demselben ihre guten Dienste versprochen, um ihm die seinen Verlusten entsprechenden Entschädigungen zu verschaffen, erschienen auf Grund der inzwischen getroffenen weiteren Vereinbarungen am 8. Sept. d. J. zwei württembergische Commissäre, um die provisorische Besitznahme Rottweils und seines Gebietes vorzunehmen, worauf in den nächsten Tagen auch württembergische Truppen in die Stadt verlegt wurden, die jedoch den 21. Okt. einer Bittschrift des Magistrates entsprechend zum Theil in die Ortschaften des ebenfalls in Besitz genommenen Kl. Rottenmünster verlegt wurden. Den 23. Nov. erfolgte die wirkliche Besitznahme, und der Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 theilte unter anderem die Stadt samt dem genannten Kloster Württemberg ausdrücklich zu. Durch ein herzogliches Rescript vom 30. März 1803 und einen späteren Vertrag vom 14. Apr. 1821 wurden die städtischen Angelegenheiten organisirt und die Revenuen ausgeschieden; die Stadt behielt die Salzrente mit 1450 fl., 622| Jauchert Waldungen, den großen und kleinen Irslinger Zehenten, die Domäne Neckarburg, der Staat übernahm 100.000 fl. Schulden.

Zur Zeit der Mediatisirung Rottweils besaß dasselbe ein im Ganzen zusammenhängendes und wohl arrondirtes Gebiet von etwa 4 Quadratmeilen und ungefähr 10.000 Seelen in 25 Ortschaften. Die letzteren wurden – abgesehen von Böhringen und Neufra, über deren Ankunft an die Stadt nichts genaueres bekannt ist, und von Dunningen, welches sich im J. 1435 in Rottweils Schutz begab, – alle von der Stadt gekauft und zwar in den beigesetzten Zeiten: Sinkingen (1377), Zimmern ob R. (1405), Deißlingen (1407 und 1429), Dietingen und Irslingen (1412), Göllsdorf (1466), Dauchingen und Mühlhausen (1479), Fischbach (1488), Weilersbach (1509), Herrenzimmern, Thalhausen und Villingen (1513), Feckenhausen (1514), Epfendorf (1527), Horgen (1531), Hochmössingen und Winzeln (1535), Bösingen (1539), Seedorf (1595), Stetten und Nieder-Eschach (1598).

Diese Ortschaften bilden jetzt mit wenigen Ausnahmen Bestandtheile des Oberamts Rottweil. Von solchen Ausnahmen gehören htztge 1) einige ins Oberamt Oberndorf: Epfendorf (im J. 1527 nebst Schloß Schenkenberg dem Wolfgang Sigmund von Stain um 3716 fl. abgekauft); Hochmössingen und Winzeln (im J. 1535 dem Gottfried Wernher v. Zimmern dauernd abgekauft); Thalhausen (im J. 1513 dem Johann Wernher von Zimmern abgekauft); Seedorf (mit verschiedenen Zehenten und sonstigem Besitz den 10. Mai 1595 den Erben des letzten Grafen von Zimmern um 88.000 fl. abgekauft); 2) ins Oberamt Tuttlingen: Mühlhausen (dasselbe wurde mit Dauchingen den 18. März 1479 von Gregorius von Roggwil zu Constanz in seinem und seiner Frau Anna Mäßlin Namen vor dem Rottweiler Hofgerichte samt allen Rechten und Zugehörden um 1680 fl. Rh. an die Bruderschaftspflege verkauft); 3) einige in Folge des Pariser Vertrags vom 2. Okt. 1810 zum Großherzogthum Baden, nämlich Dauchingen (s. o.); Fischbach (den 17. Nov. 1488 dem Lorenz Ifflinger von Graneck um 320 fl. abgekauft); Nieder-Eschach (im J. 1598 mit Stetten der Familie Ifflinger abgekauft, im J. 1690 von Rottweil wieder verkauft, s. ob. S. 253, den 2. Apr. 1737 aber dem Freiherrn Marquard Joseph von Beroldingen um 28.300 fl. nochmals abgekauft); Sinkingen (im J. 1377 dem Johann Berthold Koller um 250 fl. abgekauft); Weilersbach (den 8. Nov. 1509 erkaufte die Rottweiler Bruderschaft von Hans von Scheppach und seinem Bruder Heinrich, Amtmann zu Ziln, W. mit verschiedenen Höfen und Gülten in der Umgegend um 560 fl.) – Einstens, aber nicht bis zum Aufhören der Selbständigkeit der Stadt derselben gehörige Orte sind: Balgheim (O.A. Spaichingen, schon im Anfang des 15. Jahrhunderts, wie es scheint, im Besitz der Stadt, im J. 1689 von ihr verkauft, s. ob. S. 253); Cappel (seit 1810 badisch). Nach dem Privileg K. Maximilians I. vom 17. Okt. 1511 in Betreff des Rottweiler Bergwerks zu Cappel [Ruckgaber 2b, 485] gehörte der| Ort zur Rottweiler freien Pürsch, auch ging er im 16. Jahrhundert in 2 getrennten Hälften von der Stadt zu Lehen. Jacob Freiburgers Erben verkauften den 28. Jan. 1566 den halben Flecken samt dem Schloß um 4900 fl. an die Bruderschaft, allein im J. 1677 verkaufte die Stadt die Hälfte an Württemberg [s. ob.] das zuvor schon – wann ist nicht bekannt – die andere Hälfte erworben hatte).

Endlich sind zu nennen einige abgegangene Ortschaften oder wenigstens Wohnplätze in unmittelbarer Nähe der Stadt:

1. Briel (Brül, Brüel). Dieses Dorf lag 3/4 Stunden östlich von der Stadt, in der Nähe des jetzigen Hardthauses, wo es noch jetzt „im Briel“ heißt. Die eine Hälfte desselben gehörte den Herren von Bern, im J. 1365 jedoch verkauften die Gebr. Hermann und Peter von B. dieselbe mit der Burg Bern (s. u.) um 172 Pfd. Hllr. an den Rottweiler Bürger Berthold den Boller; den 12. Dec. 1438 verkaufte der Rottweiler Bürger Heinrich Selfinger, genannt Schwitzer, 1 fl. Rh. jährlichen Zinses aus seinem Viertel an Briel um 20 fl. Rh., den 2. Dec. 1446 dsgl. 1/2 fl. Rh um 10 fl. Rh. an den Rottweiler Bürger Hans Beschaid, den 23. Nov. 1444 der Rottweiler Bürger Hans Eßlinger sein Viertel an Br. dem Dörflein mit Zugehörde um 54 Pfd. Hllr. an denselben. Der letztere erwarb weiteren Theil am Orte, den sog. „Bocksbriel,“ von den Herren von Bock, nach denen auch der hiesige „Bockhof“ genannt wurde, und verkaufte den 31. Okt. 1452 seine Hälfte an die Rottweiler Salzherren um 114 Pfd. Hllr. Die andere Hälfte gehörte damals Heinrich Hagg und im J. 1447 hatte das Rottweiler Dominikanerkloster den hiesigen Bollershof. Über das Abgehen des Dorfes ist nichts bekannt.

2. Omsdorf, vor dem Flötlinsthor gelegen. Den 17. Aug. 1367 erwarb der Rottweiler Bürger Konrad Bock von Claus an der Waldstraße 1/3 am Gerichte allhier, im J. 1357 wird eine Wiese im Omsdorfer Bann, 1432 ein Acker auf Omsdorfer Feld (Glatz Regg. 83), 1435 eine Wiese ob Omsdorf genannt.

3. Das Dörflein Angstdorf, in der Gegend der Spitalmühle gelegen, da diese früher die Mühle unter Angstdorf hieß, vielleicht in der Geroldsecker Fehde zerstört (s. ob. S 246 und v. Langen 36, 39–41).

4. Rechts von der Straße von Rottweil nach Neukirch, woselbst noch einige Mauerreste und Gräben zu sehen sind, lag die Burg Blonberg, Blänberg, Blainberg, auf welcher die Herren an der Waldstraße saßen. Mitglieder dieser in Rottweil verbürgerten adeligen Familie kommen im 13. und 14. Jahrhundert unter Anderem vor: Ulrich, Kirchherr zu Aixheim, den 13. Juni 1280 Zeuge bei einem Kaufe der Rottweiler Kommende (v. Langen 428), Dietrich den 19. Dec. 1282 desgl., Burkard, Ordensritter, den 14. Nov. 1295 desgl., Konrad 1308 Bürgermeister zu Rottweil, den 13. Juli d. J. Zeuge der Gr. Burkard (IV.) und Rudolf (I.) von Hohenberg (Schmid Mon. Hohenb. 170), Ulrich den 10. Sept. 1311 Zeuge der Gr. Berthold und Wölflin von Sulz, Rudolf im J. 1312 als zimmerischer Vasall in Herrenzimmern (Ruckgaber, Zimmern 55), Konrad im J. 1327 Schultheiß zu Rottweil, Rudolf 1327–1335 Kirchherr zu Aixheim, Ulrich, welcher das Holz, genannt der untere Blanberg ob Brül bei Rottweil (ein Hohenberger Lehen schon seiner Vorfahren), den 20. Juni 1334 von Gr. Rudolf I., Dieterich, welcher Antheil an den Hölzern und Holzmarken in Blänberg und den Egerden und den Wiesen am| Gygenrain (gleichfalls schon Hohenberger Lehen seiner Vorfahren) den 20. Febr. 1344, sowie zwei Gütlein bei Deylingen (O.A. Spaichingen) im J. 1348 von Gr. Hugo I. von Hohenberg geeignet erhielt (Schmid a. a. O. 312, 382, 237), Claus im J. 1393 durch Heinrich von Hornberg beschädigt (Ruckgaber, Rottweil 2b, 133). – Nach ihres Vaters Ulrich a. d. W. Tod verkaufte jedoch Elisabeth, Konrad Rychgers von Oberndorf Gattin, den 3. März 1360 mit ihren Geschwistern ihren Theil „der Burg in dem Blonberg mit dem oberen und unteren Blonberg“ samt allen Zugehörden um 76 Pfd. Hllr. an den Rottweiler Apotheker Heinrich Engeli (Engelhards Sohn), welcher den 1. Sept. 1371 sein Haus im Blänberg mit Zugehörden dem Rottweiler Bürger Heinrich Keller zu rechtem Markrecht gab (vergl. S. 225).
Die innere Verfassung der Stadt[19]
verdankt ihre allmählige Entwicklung 1) verschiedenen kaiserlichen Privilegien (s. o.), desgleichen einigen Erkenntnissen der höchsten Reichsgerichte; 2) dem Rechtsbuche von 1546 „Statuten, Reformation, Ordnung und Rechtbuech Burgerlicher pollicy des Heiligen Reichs Statt Rotwil“, einer obrigkeitlichen Sammlung der älteren Statuten, die aber durch nachgefolgte Gesetze und Statuten manche Abänderung erlitt[20]; sodann einer Reihe von Vergleichen zwischen dem Magistrate und der Bürgerschaft, die z. Th. nach heftigen inneren Fehden, welche namentlich in Folge schlechter Verwaltung seitens des Magistrates entstanden, durch fremde (eidgenössische oder kaiserliche) Vermittlung abgeschlossen wurden, nämlich: 3) dem sog. Schweizerlaudum vom 3. Febr. 1579 (Ruckgaber 2b, 7–21), einem| ausführlichen schiedsrichterlichen Spruch, welchen die Abgeordneten der 13 Kantone als erbetene Schiedsrichter zu Beilegung der damaligen Mißhelligkeiten zwischen Magistrat und Bürgerschaft ertheilten, und welcher auch in allen nachfolgenden Gesetzen zur Grundlage genommen und im J. 1618 von K. Mathias ausdrücklich bestätigt wurde; 4) dem kaiserlichen Commissionsreceß vom 24. Aug. und 3. Sept. 1688; 5) dem kaiserlichen Commissionsreceß vom 4. April 1713, bestätigt von K. Karl VI. den 14. April 1715 (Ruckgaber 2b, 40–48); 6) dem am 18. Dec. 1782 zwischen dem Magistrat und der Bürgerschaft errichteten sog. Bürgerreceß, welcher die bisherigen Grundgesetze theils erläuterte, theils bestätigte und überhaupt die ausführlichste Vorschrift über alle Theile der Verfassung enthielt (Ruckgaber 2b, 73–100).

An der Spitze des ganzen Gemeinwesens stand in Rottweil wie in anderen Reichsstädten ursprünglich der kaiserliche Schultheiß (vergl. die oben S. 227 genannten Urkunden vom 29. Sept. 1230 und 28. Nov. 1237 und „viri honorati scultetus et cives in R.“ in einer Urkunde vom 2. Sept. 1234 bei Mone, Zeitschr. 6, 405; „Cunradus scultetus in R.“ im J. 1279, Zeuge in einer Urkunde des Kl. Wald bei Schmid Monum. Hohenb. 59). Allein schon am Ende des 13. Jahrhunderts, im J. 1299, erscheinen (Jakob der Wirt) der Schultheiß, … der (von der Bürgerschaft gewählte) Bürgermeister und die (Schöffen oder geschworenen) Richter an der Spitze der Stadt (Schmid a. a. O. 139). Als das Schultheißenamt, wie ob. S. 232 dargestellt worden, aus der Hand des Kaisers allmählig in den Besitz der Stadt überging (vergl. auch Urk. vom 3. Febr. 1378 in Glatz Regg. S. 41), wurde der Bürgermeister die erste Person und im Rechtsbuche von 1546 verordnet, daß derselbe künftig nicht mehr bei der Thüre sitzen solle, sondern an der obersten Stelle dem Schultheißen auf der rechten Seite.

Seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts hatte die Stadt einen großen und einen kleinen oder engeren Rath. Der große Rath bestand ursprünglich aus 80 lebenslänglichen Mitgliedern (13 Richtern, 44 Zunftmeistern, 22 gemeinen Räthen und dem Stadtschreiber), doch wurde diese Zahl immer mehr verkleinert (auf 52, 40, zeitweise nur 18 Mitglieder) und im J. 1772 wurde diese Behörde folgendermaßen organisirt. Sie wurde gebildet durch: 1) die Beisitzer des kaiserlichen Hofgerichts, nach der ursprünglichen Vorschrift eigentlich 13, später weniger, zuletzt 8; dieselben, durch die sog. Siebener gewählt, bildeten zwar an sich ein selbständiges Collegium, waren aber in der Regel zugleich mit der Würde der Rathsglieder betraut und verwalteten die ersten städtischen Ämter, nämlich die des| Bürgermeisters, des Schultheißen, des Kastenherrn, des Pürschvogts, des Bruderschaftsoberpflegers, des Oberbaumeisters, des Spitaloberpflegers; 2) die Zunftmeister, ursprünglich 44, später 22, seit 1772 18, 2 aus jeder der 9 Zünfte. Sie waren abgetheilt in 2 Bänke, die alte und die neue Bank, deren jede ihren Vorsteher, „Redmann“, wählte. Außer diesen Rathsmitgliedern befand sich noch ein Stadtsyndikus, zugleich Hofgerichtskanzlei-Verwalter, übrigens nur mit berathender Stimme, im Rathe. Der Magistrat hatte die Besorgung aller auswärtigen Geschäfte und die Ausübung aller landesherrlichen und obrigkeitlichen Rechte im Innern, insbesondere die Gesetzgebung, die Civilgerichtsbarkeit in 2. Instanz, während er sie in 1. Instanz durch untergeordnete Behörden ausüben ließ, die peinliche Gerichtsbarkeit oder den Blutbann, welche er unmittelbar in der Weise ausübte, daß eine von ihm aufgestellte Deputation die Untersuchung führte und ihm ein schriftliches Referat zum Urtheilsspruch vorlegte, die vollziehende Gewalt u. s. w.

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Die untergeordneten Stellen waren theils politischer, theils ökonomischer Art. Zu jenen gehörten: 1) Der engere Rath oder die verordneten Herrn, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Schultheißen, den 3 Obervögten, den 2 Redmännern und dem Syndikus. In dringenden Fällen vertrat diese Behörde den Magistrat, ihre Verfügungen waren aber nur provisorisch und hatten ohne Genehmigung von Seite des letzteren keine verbindende Kraft. 2) Das Stadtgericht, bestehend aus dem Schultheißen (Vorsteher), den sämtlichen Assessoren (mit Ausschluß des Bürgermeisters) und den Zunftmeistern der neuen Bank (mit Ausschluß des Redmanns); es hatte in Schuld-, Gant- und solchen Rechtssachen zu richten, wozu schriftliche Verhandlung oder der Vortrag Rechtsverständiger und beeidigter Prokuratoren erforderlich war. 3) Das Bürgermeisteramt, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Schultheißen, dem Syndikus und einem Zunftmeister der neuen Bank. Es bildete die erste Instanz in allen Civilprocessen. Der Bürgermeister insbesondere war Vorsteher des Raths und der Bürgerschaft, der Vollzieher der obrigkeitlichen Verfügungen und Oberaufseher des gesamten gemeinen Wesens; er wurde, wie in späterer Zeit der Schultheiß, von der gesamten Bürgerschaft am Neujahrstage gewählt und am Dreikönigstage beeidigt. 4) Das Schultheißenamt, bestehend aus dem Schultheißen, einem Hofgerichtsassessor und einem Zunftmeister-Redmann. Sein Gegenstand war das Polizeiwesen. 5) Das Obervogteiamt, bestehend aus einem Hofgerichtsassessor als Obervogt und einem Zunftmeister der neuen Bank als Controleur. Es hatte die Civilgerichtsbarkeit in 1. Instanz über die ihm zugetheilten Dorfschaften des Rottweiler| Gebiets. 6) Das Pürschvogteiamt, bestehend aus einem Hofgerichtsassessor als Pürschvogt und einem Zunftmeister der neuen Bank als Controleur. Es hatte die Civilgerichtsbarkeit in 1. Instanz über die ihm zugetheilten Ortschaften. 7) Das Bruderschaftsamt, bestehend aus einem Hofgerichtsassessor als Oberpfleger, einem Zunftmeister der neuen Bank und einem Verwalter oder Rechnungsführer (dem sog. Bruderschaftshauspfleger). Das Amt hatte die Verwaltung des Bruderschaftshauses und die Civilgerichtsbarkeit in 1. Instanz über die bruderschaftlichen Dörfer. 8) Das Spitaloberpflegamt, bestehend aus einem Hofgerichtsassessor als Oberpfleger, einem Zunftmeister der neuen Bank als Controleur und dem sog. Hauspfleger. Das Amt hatte die Oberaufsicht und Verwaltung des Spitals und die Civilgerichtsbarkeit über das dem Spital grundherrlich zustehende Dorf Feckenhausen. Zum ökonomischen Fache gehörten: das Kastenamt, das Bau- und Forstamt, das Stadtkassenamt, das Landkassenamt. Den Charakter von städtischen Deputationen hatten folgende Behörden: die Rechnungs-, die Ökonomie-, die Chausse-, die Handwerks-, die Schul-Deputation, das Waisenamt, das Feldgericht, das Hirtenamt. Die Stadtkanzlei bestand aus dem Syndikus, dem Rathssekretär, dem Expeditor, dem Archivar, dem Kanzlisten, 4 Aktuaren, dem Stadtrechnungsrevisor und dem Heiligenrevisor. Das schwäbische Adreßbuch von 1799 nennt noch 2 Heiligenvögte, 1 Allerheiligenpfleger, 1 Stadtzoller, 1 Wachtmeister.

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Die Bürgerschaft wurde dem Magistrate gegenüber vertreten durch einen (permanenten) Ausschuß, welcher im J. 1379 in Folge von Streitigkeiten zwischen derselben und dem kleinen Rathe wegen eigenmächtigen Regiments und leichtsinniger Vermögensverwaltung des letzteren aus den damals bestehenden 11 Zünften als Ruhestifter gewählt wurde und ursprünglich 22, später aber, nach Reducirung der Zünfte auf 9, 18 Mitglieder zählte: die sog. Achtzehnmeisterschaft. Den Vorstand derselben bildete der von ihnen gewählte Achtzehener-Redmann. Ohne Vorwissen der Achtzehner durfte der Magistrat von den Stadtgütern nichts veräußern, keine städtischen Gelder an auswärtige Fürsten und Herrn ausleihen, keine beträchtlichen Schulden auf das Gemeinwesen kontrahiren u. s. w.; sie durften jährlich ordentlicher Weise dreimal schriftliche und in dringenden Fällen außerordentlicher Weise mündliche Vorstellungen machen und den Berichterstattungen beiwohnen, die vor dem versammelten Rathe in Betreff der Beschickung der Reichs- und der Kreistage geschahen; alle Jahre mußte ihnen der summarische Auszug aller Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Kassen schriftlich mitgetheilt werden. Weil diese Achtzehner daher in der Verfassung der Stadt eine so bedeutende Rolle spielten, sollten nach dem Schweizerlaudum nur die| Ältesten, Schiedlichsten und Friedlichsten aus den geborenen Bürgern der Stadt in diese Meisterschaft gewählt werden. Allein trotzdem legte die Achtzehnmeisterschaft dem Rathe in Ausübung seiner Rechte und Gewalt öfters unbegründete Hindernisse in den Weg, so daß es zu bürgerlichen Unruhen und vieljährigen Processen zwischen dem Magistrat und der Bürgerschaft kam. Um solchen für die Zukunft vorzubeugen, traf der oben erwähnte Receß von 1782 verschiedene Maßregeln.[21]

Die Bürgerschaft bestand aus geborenen Bürgern und aus solchen, welche das Bürgerrecht erkauft hatten. Das letztere wurde erworben von Männern für 150 fl., von Frauenzimmern für 75 fl., von den in väterlicher Gewalt stehenden Kindern für 35 fl. Jeder Bürger konnte seine Stimme abgeben in den gesetzlichen öffentlichen Versammlungen, die entweder in den Zünften oder auf dem Schulhause gehalten wurden. In den Zunftversammlungen wurden durch Stimmenmehrheit Zunftbeschlüsse, durch Mehrheit der letzteren Bürgerschlüsse herbeigeführt. Die ganze Bürgerschaft wählte den Bürgermeister und Schultheißen an der sog. Jahressatzung d. h. am Neujahrstag in der Pfarrkirche durch Bohnen, in den Zünften am Feiertag Johannes des Evangelisten ebenfalls durch Bohnen die Zunftmeister.

Die Rottweiler Landschaft zerfiel in vier Ämter: das Obervogteiamt mit Dunningen, Seedorf, Epfendorf, Irslingen, Böhringen, Dietingen, Göllsdorf, Thalhausen, Herrenzimmern, Villingen; das Pürschvogteiamt mit Winzeln, Hochmössingen, Bösingen, Fischbach, Sinkingen, Horgen, Neufra, Zimmern ob Rottweil, Nieder-Eschach und Stetten; das Bruderschaftsoberpflegamt mit Dauchingen, Deislingen, Mühlhausen, Weilersbach; das Spitaloberpflegamt mit Feckenhausen. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Stadt und der Landschaft wurden durch die Vergleichsrecesse vom 22. Juni 1698 und (eine Erläuterung des ersteren) vom 10. Juli 1783 bestimmt. Solche hatten ihren Grund in Reibereien und Unruhen, die besonders dadurch entstanden, daß seit den ältesten Zeiten sämtliche Unterthanen der Stadt verbunden waren, keine andere Professionisten als die von der Stadt zu benützen. Sie betrafen daher vorzugsweise den Gebrauch der bürgerlichen Professionen und die kommerziellen Verhältnisse überhaupt, das Frohn- und Steuerwesen (s. das Nähere bei Ruckgaber 1, 153–156 und 2b, 100–123).

Von Rottweiler Geschlechtern, deren manche nicht unbedeutenden Besitz im Oberamte hatten (s. ob. S. 152), sind in älterer Zeit besonders zu nennen: die Arzt, Betting, Bletz (nach ihrer nahe gelegenen| Burg Rothenstein zubenannt, s. Hausen ob Rottweil), Blum, Bock, Boller, Canzler (im J. 1328 kommt vor des Canzlers Haus unter dem Predigerkloster am Rindermarkt), Cronenberger, Dettinger, Egen, Fliher, Flöter, Freiburger, Gaist von Wildeck, Hagg (1310 Heinrich Hagg, Schultheiß), Imhof (1282 Eberhard Imhof, Bürgermeister), Khuon, Mäßlin, Mockh zu Hochmauren (Konrad Mockh war zur Zeit der Religionskämpfe in Rottweil), hiesiger Schultheiß; vrgl. über ihn Zimmersche Chronik 3, 370), Möckh (v. Balgheim, bekannt ist besonders der Rottweiler Bürgermeister Gall Möckh zu der genannten Zeit, Salzmann, Schaffner, Schappel (1295 Heinrich Sch., Bürgermeister zu Rottweil, Herr zu Aldingen und Lackendorf, 1455 Leonhard Sch., Bürgermeister und Konrad Sch., Johanniterordenskommenthur dahier), Spretter (von Kreidenstein; dieser Familie gehörte wohl Paul Speratus an, s. ob. S. 210), Vokk (1282 Hermann V. mit seinen Söhnen Alber, Hermann, Ulrich und Heinrich; 1314 Hug V., Schultheiß allhier); Waibel, Webersheim, Wirt (1280 Heinrich Wirt an der Egge; 1293 und 1308 Jakob Wirt, Schultheiß dahier); u. m. a. Außerdem aber begaben sich vielfach Mitglieder fremder adeliger Familien, welche an sich und für immer nicht Bürger der Stadt waren, vorübergehend auf eine gewisse Anzahl von Jahren in den Schutz der Stadt (sog. Satzbürger)[22]. Als solche sind zu nennen: die Almishofen, Balingen (1280 Eberhard von B., Schultheiß dahier, 1314 Dietrich von B. dsgl., 1314 Konrad von B. und seine Gemahlin Dorothee, Stifter zum hiesigen Spital), Bern (s. Bernburg), Bondorf, Brandeck, Breuning von Buchenbach, Bubenhofen, Buch, Bulach, Burgberg, Egisheim (1295 Konrad von E., Johanniterordenskommenthur zu Rottweil), Ehingen, Entringen, Enzberg, Falkenstein, Fridingen, Fürstenberg, Geroldseck, Grafeneck, Gundelfingen, Hausen, Helfenstein, Hemmling, Herbst, Hettinger, Heudorf, Hochmössingen, Hohenstein, Hormold, Hornstein, Humpis, Ifflinger, Justingen (1308 Heinrich, 1309 Berthold), Kirneck, Landenberg, Lupfen, Münzer von Sinkingen (1280 Rudolf M. v. S.), Neuneck, Ow, Pfullendorf, Pfuser, Pillnach, Ramming, Rathshausen, Reischach, Rosenfeld, Rüti (1290 Reinhold von R., Schultheiß dahier), von der Scheer, Scheerer von Nusplingen, Schildeck, Schönborn, Späth von Gamertingen, Spauer, Stehelin von Stocksburg, Stein, Sax von Sternstein, Stetten, Stöffeln, Stotzingen, Sulger, Gr. v. Sulz, Tanneck, Herzoge von Teck, Tengen, Herzoge von Urslingen, Vogelsang von Weiler, Waldkirch, Walzenburg, Wehingen, Wiersteig, Winzler, (Gr. v.) Zimmern.

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Den adeligen Geschlechtern im Gegensatz zu der Gemeinde stand auch hier in älterer Zeit ausschließlich das Stadtregiment, wie auch die Versehung der Richterstellen beim Hofgerichte zu. Allein die Zünfte wußten wie sonst, so auch in Rottweil, sich Antheil an dem Stadtregimente zu verschaffen (vergl. oben S. 262) und erwarben sich auch die Rathsfähigkeit. Die Vereinigung der Adeligen, die| sog. Herrenstube, nahm zwar, sich mehr und mehr mit dem demokratischen Elemente der Zünfte befreundend, zeitweise den Zunftcharakter an, und dieselbe erscheint als die erste der städtischen Korporationen, doch war dies nur vorübergehend. Im Jahre 1515 verlor sie durch einen öffentlichen Beschluß das Zunftrecht, in Folge wovon ihre bisherigen Rechte, besonders das Mitstimmrecht bei allgemeiner Umfrage, zwar angestritten, jedoch nicht umgestoßen wurden, während sie andererseits die Begünstigung erhielt, daß die 3 Candidaten, welche zum Bürgermeisteramt vorgeschlagen wurden, nur aus ihr erkiest werden sollten. Allmählig erweiterte sie sich aber auch zu einer eigentlichen Honoratiorengesellschaft. Als solche umfaßte sie in späterer Zeit alle diejenigen, welche Hofgerichtsbedienungen bekleideten, die Prokuratoren und Kanzleischreiber, alle die, welche unmittelbar zur Kanzlei gehörten, alle die, welche kein in die Zünfte und Handwerke ausschließlich gehöriges Gewerbe trieben (die sog. Müßiggänger), diejenigen, die aus ihren eigenen Mitteln lebten, alle Weltpriester, welche von dem städtischen Magistrate eine Pfründe oder sonst eine Versorgung erhielten, alle, welche die Studien einer oberen Fakultät absolvirt, wenn sie auch wirklich keine geistlichen oder Kanzleibedienungen bekleideten oder kein ausschließlich in die Zunft oder in ein Handwerk gehöriges Gewerbe trieben. Auch auswärtige nicht verbürgerte Honoratioren konnten als Ehrenmitglieder aufgenommen werden. Die Gesellschaft hatte ausführliche Statuten von den Jahren 1511 und 1608, erneuert im J. 1792. Vorsteher war der Oberstubenherr, welcher mit dem Unterstubenherrn, dem Jahrtagspfleger, dem jüngsten Hofgerichtsassessor, dem Hofgerichtskanzleiverwalter und Stadtsyndikus, dem jüngsten Chorherrn, dem praefectus gymnasii eine eigene beständige Deputation zur Besorgung der Herrenstubsgeschäfte bildete. Der Versammlungsort der Gesellschaft war zuletzt das früher grfl. zimmerische Haus, die alte Schule, später evang. Pfarrhof. Mit dem Aufhören der alten Verfassung im Anfang dieses Jahrhunderts und der Quelle, durch welche die Herrenstube bedingt war, erlosch auch sie selbst. – Die jungen Bürgerssöhne, welche nicht im Zunftverbande standen, hatten eine eigene, schon im Rechtsbuch von 1546 erwähnte Gesellschaft: zum Engel (vergl. z. Bisherigen v. Langen 345–404. Ruckgaber 1, 242–280).
Zur Geschichte des Polizeiwesens, des Privat- und Strafrechts.
Für die Sicherheit sorgte, soweit diese durch Bettler und heimathloses Gesindel gefährdet war, eine eigene Bettelordnung, welche| aufs nachdrücklichste einschärfte, stets ein strenges Augenmerk auf Vaganten, Bettler u. dgl. zu haben. Den Sicherheitsdienst der Stadt versahen besondere Rotten, die auf ein gegebenes Signal mit Gewehren bewaffnet bei dem Polizeiamte zu erscheinen hatten; auch waren die Unterthanen im Fall der Noth verpflichtet, die Wachen in der Stadt persönlich und ohne alle Widerrede zu versehen. Unter Umständen wurden die Nachtwachen verstärkt und mehrere Streifcorps, die man mit den Waffen aus dem Zeughaus versah, im Gebiete der Stadt umhergeschickt. An jedem Thor stand eine Wache, welche keinen verdächtigen Menschen hereinlassen durfte und den Fremden die Pässe abzufordern hatte. Eine eigene Feuerschau mußte im Frühling und Herbst in den Häusern Umschau halten; Kaminfeger, Nacht- und Hochwächter hatten eigene Instruktionen; in Folge langjähriger Bemühung des Magistrats trat die Stadt im J. 1791 in die Fürstenbergische Brandversicherungsgesellschaft zu Donaueschingen ein. Es bestand eine eigene Feld- sowie eine Holzordnung; jedem Bürger waren 4 Meß Brennholz à 2 fl. 15 kr. zugesichert, jedoch unter der Bedingung, daß er damit keinen Handel treibe; das Holzsammeln in den Wäldern, übrigens ohne Anwendung von Axt und Beil, war täglich erlaubt. Die Gesetze zur Handhabung des Friedens und der Ordnung wurden im J. 1618 erneuert und jedesmal bei den Jahrgerichten in Stadt und Land vorgelesen; zur Verhinderung von Unordnungen waren 2 Bettelvögte, 2 Stadtknechte, 4 Polizeidiener und 4 Nachtwächter aufgestellt.

Besonderes Augenmerk wurde von der Stadt auf die öffentliche Zucht und Sitte gerichtet. Es erschienen Verordnungen gegen das Fluchen und Gotteslästern, gegen den Ehebruch und das unkeusche Leben überhaupt (im J. 1762 besonders geschärft, so daß die fleischlichen Sünden nicht mehr lediglich und schlechterdings mit Geldbußen, sondern, um bessere Wirkung zu erreichen, mit öffentlichen Leibesstrafen gezüchtigt werden sollten), gegen das Spielen, Zutrinken, das lange Verweilen in den Wirthshäusern, das Tanzen, wozu bei Schießen und anderen dergleichen Gelegenheiten obrigkeitliche Erlaubniß nöthig war, das nächtliche Herumschwärmen und Lärmen, besonders in der Faßnacht, gegen Verschwendung und leichtsinnige Haushaltung, gegen zu großen Aufwand bei Hochzeiten. Die Heiligung der Sonn- und Feiertage, fleißige Besuchung des Gottesdienstes war strenge geboten; die Eltern wurden in dieser Hinsicht wegen der Kinder verantwortlich gemacht und gute Erziehung der letzteren war ihnen aufs strengste anempfohlen.

Verordnungen, welche sich auf die Gesundheitspolizei bezogen, betrafen die Verbote der Einheimsung und des Verkaufes von| unreifen Früchten, des Verzehrens und Verkaufes von verdächtigem Vieh, des Verfälschens von Getränken, das Gebot des Reinhaltens und fleißigen Kehrens der Gassen, das Verbot des Waschens in den Brunnen. Zur Besorgung der Kranken in der Stadt war ein Stadtphysikus, in der Landschaft ein Landphysikus aufgestellt; außerdem wurden ein Stadtchirurg, Accoucheur, 4 Hebammen besoldet. Im Jahre 1372 werden Meister Heinrich und Meister Engelhardt als „Apategger“ genannt (Glatz Regg. 37). Zu den Sanitätsanstalten gehörte außer dem Spital (s. unten) auch das schon im J. 1289 erwähnte Siechen- oder Leprosenhaus, „das Haus der Armen im Felde“ genannt, für Fälle ansteckender Seuchen.

Auch auf Maß und Gewicht richtete die Obrigkeit ihre Aufmerksamkeit und erließ im Jahre 1773 deßhalb ein besonderes Regulativ.

Über privatrechtliche Verhältnisse enthielt die Rottweiler Gesetzgebung, insbesondere das Rechtsbuch von 1546, nur wenige Bestimmungen. Im 5. Theile desselben befindet sich eine Bauordnung, der 6. handelt vom Erbrecht, vom ehelichen Güterrecht, von der Vormundschaft, von Lehen und Eigenleuten, vom Verkaufen, Versetzen, Verpfänden beweglicher und unbeweglicher Güter u. dgl., bespricht aber diese Gegenstände nicht vollständig und systematisch, sondern setzt die allgemeinen Grundsätze, wie sie dem gemeinen Recht und der Gewohnheit entsprossen waren, als bekannt voraus und gibt nur einzelne nähere Bestimmungen. Beim ehelichen Güterrecht scheint diesen zufolge ursprünglich Theilrecht gemischt mit Verfangenschaftsrecht gegolten zu haben, ein Verhältniß, das später als allgemeine Gütergemeinschaft aufgefaßt wurde (vergl. die S. 259 Note angeführte Literatur).

Zur Zeit der Hexenprocesse wurden nach den vorliegenden Protokollen und Todesurtheilen während der 87 Jahre von 1561 bis 1648 zu Rottweil 113 solche Processe geführt und 100 Personen theils geköpft und verbrannt, theils lebendig auf den Holzstoß geliefert. (S. Ruckgaber, die Hexenprocesse zu Rottweil am Neckar im 4. Jahresb. des Rottw. Archäolog. Vereins, zugleich S. 174–196 der Württemb. Jahrb. 1838 Hft. 1; vergl. auch v. Langen 114 ff.)

Zur Geschichte der Finanzverwaltung.
Die Einnahmen der Stadt bildeten namentlich: die Bürgersteuer, die ewigen Hellerzinse in der Stadt, der Zoll, das Umgeld, das Abzuggeld, die Geldstrafen in Stadt und Land, die Gebühren| für obrigkeitliche Bewilligung der Weinwirthschaftsgerechtsame, des Wein-, Bier- und Branntwein-Schankes, des Branntweinbrennens auf dem Lande, der Verpachtungsertrag der Monopolien einiger Handlungszweige, z. B. Sammlung der Asche, der Lumpen, des Sauerklees u. dgl.; die Gefälle vom Salpeter und Gypsgraben u. dgl.; die Gebühren auf den Jahrmärkten, die Thor- und Wegegelder; die Kameralgefälle auf dem Lande.

Nach dem Recesse von 1782 mußte jeder Bürger und Unterthan alle drei Jahre vor der verordneten Steuerdeputation in die Steuer schwören und sein steuerbares Vermögen angeben. Versteuert mußten werden alle liegenden Güter, Aktivkapitalien, das Vieh, jedes bürgerliche Gewerbe, dagegen nicht alle übrigen Mobilien, baares Geld und Früchte. Auch die kirchlichen Fabriken und milden Stiftungen, die Personen geistlichen Standes waren steuerpflichtig. Der Betrag der zu entrichtenden Steuer war ein sehr geringer (von 100 fl. Capital zu 5 Procent Zins jährlich 12 kr., bei liegenden Gütern war der Steueranschlag größtentheils noch gelinder). Die reichsstädtischen Unterthanen mußten außer den Kameralsteuern, welche sie gleich den Bürgern an die Stadtkasse zu entrichten hatten, besondere Anlagen zum Reiche und zum Kreise, das sogen. Contributionale, entrichten, welches sofort die Landkasse einzuziehen und zu verrechnen hatte.

Den früheren Wohlstand der Stadt schwächten jedoch immer mehr verschiedene Unglücksfälle, Feuersbrünste (s. ob. S. 256), Seuchen, Kriegskosten und Drangsale, Mißjahre, Sinken des Handels und Gewerbes, das namentlich zur Zeit der Kriege sehr hohe Reichsmatrikularquantum. Nach einer aktenmäßigen Berechnung war von 1710–1719 der Stand der öffentlichen Passivschulden 181.006 fl. 10 Btz. 8 Hllr. (52.608 fl. 4 Btz. 17 Hllr. an Gläubiger in der Stadt, 128.398 fl. 5 Btz. 15 Hllr. an solche außer der Stadt). Die Einnahmen betrugen 191.813 fl. 32 kr., die Ausgaben 221.609 fl. 46 kr., so daß sich ein Deficit von 29.796 fl. 14 kr. ergab[23].

Schon in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts war allhier eine (kaiserliche) Münze[24]. Von Rottweiler Währung ist öfters die| Rede in gräfl. zollerischen Urkunden von den J. 1266 und 1282, sowie im liber decimationis cleri Constantiensis von 1275 (S. Monum. Zolleran. 1, 83. 92, vergl. Stälin 2, 780), und nach dem Augsburger Stadtbuch von 1276 konnte ein Todtschlag mit 10 Pfd. Rottweilern oder mit 6 Pfd. Augsburgern gebüßt werden, was für die damalige weite Verbreitung der Rottweiler Münze zeugt. Im J. 1285 verpfändete K. Rudolf I. mit den Einkünften aus dem hiesigen Schultheißenamt und anderem die hiesige Münze an den Gr. Albrecht von Hohenberg (s. ob.), und in einer, die Neckarburg betreffenden Urkunde vom J. 1361 (s. u.) ist noch vom Hinterlegen von Geld bei der hiesigen Münze die Rede. Allein später ging diese Münzstätte wieder ein, denn nach dem schwäbischen Münzverein vom 20. Sept. 1423, an welchem sich unter anderen Reichsstädten auch Rottweil betheiligte, war die Münzstätte für diese Stadt zu Ulm (Stälin 3, 784). Im Anfange des 16. Jahrhunderts aber finden wir wieder Nachrichten von hiesigen Ausmünzungen: den 26. März 1506 beschloß der große Rath mit samt den Achtzehen fürohin zu münzen, und den 5. Aug. 1507 wurde Albrecht Baumgart von Cöln auf 5 Jahre zu einem Münzmeister angenommen; auch besitzt das Rottweiler Archiv noch verschiedene Münzstempel mit der Jahreszahl 1506. Den 15. Febr. 1512 ertheilte denn auch der Kaiser der Stadt in widerruflicher Weise ein Privileg, goldene und silberne Münzen zu schlagen, und zwar: 1) Reinisch [Gold-] Guldin, von dem Strich Nadel und Gehalt Korn Gewicht und Grad wie unser und des Reichs Churfürsten am Rein, und dem Gebrech [Gepräge] auf der ainen Seiten ein kayserlicher Apfel oben mit einem Creutz und der Umbschrift: Maximilianus Romanorum Imperator und der andern Seiten ein Adler mit seinen ausgebraiten Fluegen und der Umbschrift: Moneta aurea civitatis Rotwiliencis, und dann silberin Müntz nemlichen: 2) Dickhpfening, der 3 auf 1 Reinischen Guldin geen, und dem Gebrech: auf der einen Seiten ein Creutz und der Umbschrift: Salve crux sancta, und der andern Seiten ein Adler mit seinen ausgebraiten Fluegen und der Umbschrift: Moneta nova Rotwiliencis; desgl. 3) Pfening, der 4 auf 1 Gulden Reinisch, und 4) Pfening der einer 4 Creutzer gelten, und dann 5) Plappart, der 25 auf 1 Guldin laufen, mit sampt 6) den Vierern wie unser Stat Freiburg im Breisgewe müntzet, und 7) Pfening, der 188 Hllr. auf 1 Gulden, und 8) Heller, der 2 auf 1 Pfening gehen. Ein Gehalt war für die silberne Münze gar nicht vorgeschrieben, sondern nur dieselbe so zu machen befohlen, daß der Kaufmann bestehe und der gemeine Mann nicht betrogen werde. – Es sind| verschiedene Münzakkorde der Stadt bekannt, z. B. von den J. 1623, 1700; nach letzterem mußten die Münzmeister für die Lehenszeit von einem Jahre der Stadt 1000 fl. bezahlen. Das Münzschlagrecht wurde übrigens in späterer Zeit wenig mehr ausgeübt.
Zur Geschichte des Kriegswesens.[25]

Wie auch sonst bestand in früherer Zeit der Kern des Wehrstandes in Rottweil aus den waffenfähigen Männern der in Zünfte eingetheilten Bürgerschaft; bei einer im J. 1615 vorgenommenen Generalmusterung zählte man 668 Mann von der Bürgerschaft, 39 von den Nichtbürgern, 1360 von der Landschaft. Wenn in Kriegszeiten das Zeichen mit der Sturmglocke gegeben wurde, so mußten der Bürgermeister und der Schultheiß, letzterer mit dem Stadtbanner, sämtliche Richter, Müssiggänger, Söldner und Berittene vor der Herrenstube bei dem Kreuze bewaffnet erscheinen; vor dem Auszuge wurden die Kriegsartikel verlesen; wer im Gefechte sich feige benahm oder fliehen wollte, durfte von den Hauptleuten niedergestoßen werden, wer aber wirklich die Flucht ergriff, den traf ewige Verweisung, unter Umständen die Todesstrafe; die Kinder solcher, welche in der Stadt Kriegsdiensten gefallen, wurden steuerfrei. In Kriegszeiten wurde ein eigener Kriegsrath aufgestellt, gewöhnlich aus 9 Mitgliedern bestehend. Allmählig verdrängte wie auch sonst der Söldnerdienst das alte Wehrsystem.

Die früher hier bestandene Armbrustschützengesellschaft ging in Folge des Gebrauches der Feuergewehre am Ende des 16. Jahrhunderts ganz ein, nachdem sich schon im 15. Jahrhundert die Büchsenschützengesellschaft zur Seite gestellt hatte. Diese errichtete eine eigene Bruderschaft in der Kirche des Johanniterhauses zu Rottweil und wurde daher in die Gemeinschaft des Ordens aufgenommen; den 11. Oktbr. 1455 stellte der Rottweiler Kommenthur Konrad Schappel eine eigene Urkunde über die Art dieser Aufnahme aus; den 2. März 1477 wurde ein besonderer Jahrtag für die abgeschiedenen Brüder und Schwestern der Schützengesellschaft in der genannten Kirche gestiftet. Die äußere Verfassung der Gesellschaft mit der jährlichen Versammlung am Ostermontage im Schützenhaus wurde im J. 1754 auf Grund älterer Statuten durch neue Artikel geordnet, welche im Wesentlichen noch in dieses Jahrhundert herein in| Geltung blieben. Die Gesellschaft besaß bis 1797 ein eigenes Schützenhaus. Nicht selten wurden Mitglieder derselben auf auswärtige Freischießen geschickt, auch die Stadt selbst veranstaltete solche, namentlich ein großes im J. 1558. Mehr als 270 Theilnehmer sollen bei diesem Feste gewesen sein, und dasselbe wurde von Lienhard Lutz, gen. Flexel, welcher auch sonst viele Schützenfeste jener Zeit durch seine Reimsprüche verherrlichte (Stälin 4. 769), in einem, im Manuskripte noch vorhandenen Gedichte besungen.
Zur Geschichte des Nahrungsstandes.

Ackerbau und Viehzucht waren von alten Zeiten her die Hauptnahrungsquelle der Einwohner der Stadt und ihres Gebietes, womit sich dieselbe, wie es in einem Berichte von 1775 heißt, „in Ermangelung von Fabriken oder sonstigen Gewerbsamen, Landverbrauchen oder dergl. einträglichen Kommerzien kümmerlich durchschlagen mußte, da der obendrein noch sehr beschwerliche Feldbau kaum soviel ertrug, daß die Stadt sich und ihre Bürgerschaft mit Noth bedecken und den gesparsamsten Tisch vor Weib und Kind bestreiten konnte.“ Der Magistrat war daher auch sehr auf das Gedeihen und den Schutz des Feldbaus bedacht, setzte von Zeit zu Zeit den Taglohn für die Feldarbeiter fest und verabreichte in Zeiten der Noth zur Erleichterung den Fruchtsamen soviel als möglich zu herabgesetzten Preisen.

Hiesige kaiserliche Mühlen werden schon im J. 1285 genannt (s. ob. S. 230), die Mühle unter Angstdorf, welche später Spitalmühle wurde, 1314, eine Belzmühle 1331, die Katzensteigmühle 1391 (Glatz Regg. 53. 64. 65).

Das Fischereirecht war ursprünglich nach der öfters genannten Urkunde vom J. 1285 kaiserlich, später erwarb es die Stadt, und setzte durch eine besondere, in die Pürschordnung vom J. 1718 aufgenommene Fischereiordnung fest, auf welche Art und zu welcher Zeit gefischt werden solle (Ruckgaber 2a, 126 ff.).

Hinsichtlich der Geschichte des Zunft- und Innungswesens ist hervorzuheben, daß es hier ursprünglich 11 Zünfte gab: 1) Die Schmide, die erste unter den Zünften; sie hatten sehr starken Absatz ins Ausland; die Sichelschmide, die besonders in der Auvorstadt wohnten, sollen jährlich über 50.000 Sicheln verkauft haben. 2) Die Bäcker und Müller. 3) Die Tucher, welche aber nicht nur die Tucher, Zeug- und Hutmacher, Strumpfstricker- und Weber, Färber, Wagner, Hafner, sondern noch eine ganze Reihe Gespielte, d. h. solche Professionisten, welche in die Zunft durch Loos| zugetheilt waren, enthielt. Die Tuchmacher besuchten viel auswärtige Jahrmärkte und Messen, unter anderm die Frankfurter, wo sie sogar den Vorstand hatten, und die Triberger, woselbst sie nicht nur von allem Zolle, das gewöhnliche Standgeld ausgenommen, befreit waren, sondern auch ihre gewissen Plätze und Stände ohne Loos bekamen. 4) Die Metzger. 5) Die Krämer. 6) Die Schneider. 7) Die Schuhmacher und Sattler, 8) Die Gerber. 9) Die Weber und Seiler. 10) Die Öbstler, eine Zunft, die im J. 1502 aufgehoben und mit anderen Zünften vereinigt wurde. 11) Die Herrenstube, die als Zunft schon im J. 1515 aufhörte. Sämtliche Unterthanen der Stadt waren von den ältesten Zeiten her verpflichtet, keine anderen Handwerksleute, als solche aus der Stadt zu gebrauchen. Allein die Landschaft fühlte sich durch dieses Herkommen und namentlich durch die den Stadtzünften zustehenden Hausvisitationen in ihren kommerziellen Verhältnissen beeinträchtigt und wandte sich deßhalb mehrere Male an den Kaiser und den schwäbischen Kreis mit der Bitte um Abänderung dieses drückenden Verhältnisses, und so wurden endlich im J. 1698 durch den kaiserlichen Commissionsreceß die Mißhelligkeiten zwischen der Stadt und der Landschaft dahin geschlichtet, daß den von der Stadt am weitesten entlegenen Dorfschaften einige Handwerker gestattet sein sollten, diese Dörfer auch ihre Söhne nach Handwerksbrauch lernen lassen durften, übrigens gegen die spezielle Verpflichtung, sich bei dem Handwerk in der Stadt gegen Entrichtung der bestimmten Gebühr zünftig zu machen. Den nähergelegenen Dörfern wurde nur ein Schneider gestattet; die Wirthe auf dem Land durften, soviel ihre Nothdurft erforderte, schlachten, aber kein Fleisch verkaufen (Vrgl. ob. S. 263).

Der älteste Jahrmarkt in Rottweil wurde am Kreuzerhöhungstag (14. Sept.) gehalten; K. Wenzel gestattete den 28. Okt. 1397 der Stadt die Abhaltung eines zweiten an Georgii, was K. Ruprecht den 7. Aug. 1401, K. Sigmund den 4. Jul. 1415 und 2. Mrz. 1434, K. Maximilian I. den 2. Juni 1507 unter Verlegung des Markts am Kreuzerhöhungstage auf den Lukastag (18. Okt.), K. Karl VI. im J. 1715 bestätigten. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts waren es 4 Jahrmärkte, darunter ein stark besuchter Viehmarkt. Auf den Wochenmärkten wurde viel Frucht gekauft und größtentheils in die Schweiz geführt; allein vom 13. Dec. 1773–30. Juni 1774 wurden nicht weniger als 4110 Mltr. Früchte und vom 30. Juni 1774–31. März 1775 sogar 5893 Mltr. in dem Rottweiler Kaufhaus nur von Auswärtigen aufgekauft und ins Ausland verführt, die Früchte nicht eingerechnet, welche von den Dorfschaften unmittelbar an Fremde abgesetzt wurden.

| Zoll und Umgeld waren ursprünglich kaiserlich, kamen aber den oben (S. 230) genannten kaiserlichen Urkunden von 1285 und 1307 zufolge wenigstens theilweise in gräfl. hohenbergischen Besitz. Die Grafen von Hohenberg hatten beides noch im J. 1336 inne, überließen es aber bald nachher an die Stadt, welcher K. Wenzel den 28. Okt. 1397 Zoll und Umgeld „als sie die viele und lange Zeit inne und herbracht und gehabt haben“ bekräftigte, „daß sie dabei nun ewiglich bleiben solle,“ ein Privileg, welches K. Sigmund den 4. Juli 1415, K. Friedrich IV. den 13. Juli 1442 bestätigten. – Im J. 1695 ließ die Stadt zur Erhaltung ihres alten Zollregals und um dem Schleichhandel und den Zolldefraudationen zu steuern, aus den alten Zollverordnungen eine neue Zollordnung verfassen, welche jedem Unterthanen, der irgend eine Waare auf einen fremden Markt führte, gebot, bei der rottweilischen Zollstätte anzugeben, welche Waare und wie er sie führe, worüber ihm dann der Zoller einen Passirschein auszustellen hatte. Bei der Rückkehr mußte er angeben, ob und was er verkauft habe, um hienach den Durchgangszoll zu bestimmen. Im Unterlassungsfall wurde er als Zolldefraudant angesehen, bestraft und seine Waare confiscirt; dagegen sollten nach einer Verordnung von 1783 sämtliche Unterthanen ohne Unterschied von Erstattung des Durchgangszolls frei sein, wenn sie Vieh, das sie auf auswärtigen Märkten gekauft hatten, in die Landschaft hereinführten. Um dem Kippern und Wippern zu steuern war allen „Fürkäufern, Taglöhnern und andern Stimplern“ untersagt, in den Flecken Tauben, Gänse, Hühner, Eier, Schmalz, Käse, Flachs, Hanf u. drgl. aufzukaufen und aus der Landschaft zu tragen. – Um den Handel mit dem Auslande zu befördern, wurde mit der Schweiz und durch diese mit den österreichischen Landen im J. 1564 ein Zollvertrag abgeschlossen, wornach die Stadt das Recht erhielt, ihre Waaren und Güter zollfrei durch das österreichische Gebiet in die Schweiz einzuführen, eine Zollfreiheit, welche im J. 1577 auf die übrigen österreichischen Lande, namentlich die hohenbergische Herrschaft ausgedehnt wurde.

Außer Getreide umfaßte der Rottweiler auch auf auswärtigen Jahrmärkten und Messen betriebene Handel, Tücher, Seide, Wolle, Leder, Tabak, Hanf, Flachs, Federn, Kämme, Sporen und wie schon bemerkt, Sicheln. Allein die Entdeckung der neuen Seewege im Wendepunkt des Mittelalters und der Neuzeit wirkten auf ihn nachtheilig, und das Sinken der Gewerbe und die Abnahme der Bevölkerung untergruben ihn. – Den 26. März 1506 wurden der große Rath und die Achtzehner einig, „einen Wechsel zu haben und eine Bank zu errichten“.

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Kirchliches, Wohlthätigkeits- und Bildungs-Anstalten.

Hinsichtlich der obrigkeitlichen Aufsicht in Beziehung auf die Aufrechterhaltung des gesetzlichen Gottesdienstes ist zu erwähnen die im J. 1618 erneuerte Kirchenordnung, welche seit dieser Zeit mit den übrigen Geboten und Verboten jedesmal bei den Jahrgerichten vorgelesen wurde. Dieselbe enthielt Vorschriften über den regelmäßigen Besuch des Gottesdienstes (jeder Hausvater und jede Hausmutter sollten am Samstag und an anderen heiligen Abenden in die Vesper gehen, oder sonst ihr Gebet in ihren Häusern mit rechter Andacht verrichten, an Sonntagen und gebotenen Feiertagen, auch anderen gewöhnlichen angesagten Bettagen und Kreuzgängen sollte Jedermann sich zum Gottesdienst verfügen), über den Besuch der Kinderlehre, Sonntagsheiligung u. s. w.

Was einzelne kirchliche Institute betrifft, so ist es durch gleichzeitige Dokumente nicht nachweisbar daß die Heiligkreuzkirche, die Hauptkirche der Stadt, schon im J. 1121 von Bischof Ulrich von Constanz eingeweiht worden (Ruckgaber 2a, 317); allein urkundlich werden aufgeführt im J. 1240 ein plebanus de Rotwil in einer Urkunde des Bischofs Heinrich von Constanz, im J. 1258 ein Wer. plebanus und Ber. vicarius in Rotwil in einer kl. Offenhauser Urkunde, vielleicht dieselbe Person, wie der Berh. de Rotwil in einer gräflich zollerischen Urkunde vom 8. Okt. 1266, den 30. Dec. 1281 der Pfarr-Rektor Hugo dictus de Luphen als Siegler bei einem Verkaufe von Gütern zu Göllsdorf, derselbe auch im J. 1307 (Glatz Regg. 16), in den J. 1308–10 ein hiesiger Dekan Dietrich, 1316 Konrad Rüde, Diakonus allhier, 1328 Albrecht von Rüti, Domherr zu Augsburg, Pfarr-Rektor dahier, 1337–39 Peter von Rüti, Kirchherr zu Rottweil, Sohn Peters von Rüti (Crusius 2, 234), 1339 der Pfarrer und seine Kapläne (Vrgl. Wirt. Urkb. 3, 448; Neugart Codex Dipl. 2, 229; Mon. Zoller. 1, 83).

Diese Kirche war, der geschichtlichen Entwicklung der Stadt im allgemeinen entsprechend, eine Tochterkirche der Altstädter Pelagiuskirche (s. u.), die Zeit ihrer Trennung von der letzteren ist jedoch nicht genauer bekannt. Als ihre Patrone erscheinen daher auch, jenem Verhältniß entsprechend, im Jahre 1307 Herzog Konrad von Urslingen (Ruckgaber 2a, 214), im J. 1339 die 3 Gebr. von Rüti: Peter, Pfarr-Rektor, Renher und Johannes, im J. 1363 Volmar von Neuneck, genannt Spiser (P. Urban V. bestätigte den 9. Juli d. J. den von ihm dem Bischof von Constanz verspätet| präsentirten Stadtpfarrer Johannes Maier von Ottenwald). Den 2. December 1381 verkauften die Gebr. Burkard und Ulrich von Neuneck an die Stadt für den hiesigen Spital den Kirchensatz um 200 Pfd. Hllr., übrigens behielt sich die Stadt ein Reuerecht bevor und scheint von diesem Gebrauch gemacht zu haben, da der Spital später nicht im Besitz dieses Kirchensatzes vorkommt (Glatz Regg. S. 46) sondern noch im J. 1382 Burkard von Neuneck als Kastvogt der Kirche erscheint, im J. 1416 dagegen hatte die Stadt bereits das Präsentationsrecht (Glatz Regg. S. 70). Die Kirche umfaßte in späterer Zeit noch als Filialien Hausen ob R., Horgen, Lauffen und Zimmern ob R. Ferner gehörten zu ihr in älterer Zeit 16 Kaplaneien: 1) des h. Anton, wie es scheint die älteste; 2) der h. Katharina, seit 1338 erwähnt; 3) der Jungfrau Maria, seit 1339 erwähnt (damals präsentirten zu ihr die Rüti); 4) des h. Nicolaus, s. 1345; 5) des h. Martin, gestiftet 1349; 6) des h. Jakob, s. 1351; 7) des h. Valentin, s. 1357; 8) des h. Stephan, im J. 1376 durch den Rottweiler Bürgermeister Berthold Winkler gestiftet; 9) des h. Ulrich, s. 1379 (die Präsentation stund den Bletz zu); 10) des h. Michael, s. 1382; 11) des h. Sigmund, s. 1387; 12) aller Heiligen, gestiftet 1390; 13) des h. Johannes des Täufers, gestiftet 1395; 14) des h. Michael in der Au, s. 1438; 15) des h. Andreas, gestiftet 1510; 16) des h. Nepomuck gestiftet 1776. Von diesen Kaplaneien wurden die 4., 5., 6. und 7. im J. 1432 wegen zu geringer Einkünfte[26] aufgelöst und mit den anderen vereinigt. Der Stadtpfarrer mußte vor versammeltem Rathe eidlich geloben, daß er in eigener Person die Kirche versehen und sonst keine andere Kirche haben, daß er eine erledigte Pfründe in Gemeinschaft mit dem Rathe verleihen, daß er bei seinem Lehen und Herkommen bleiben und Niemanden beschwerlich fallen, sowie endlich, daß er das Pfarrhaus ohne Kosten des Heiligen und der Kirche bauen wolle. Ein Verzeichniß der Stadtpfarrer vom 13. bis zum Schluß des 18. Jahrhunderts gibt Ruckgaber (2a, S. 314–316[27]). – Schon in den J. 1319, 1339, 1371 (Glatz Regg. 36) erscheint eine| Heiligkreuz-Bruderschaft zum Zweck von Andachtsübungen und Todtenfeiern für die verstorbenen Mitglieder; dieselbe wurde den 1. Mai 1740 erneuert, von P. Clemens XII. neu bestätigt und mit Indulgenzen und Ablässen ausgestattet, auch den 17. Sept. 1848 abermals erneuert (Württ. Jahrb. 1848, I. 67).

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Die Kapellenkirche zu U. L. Frauen verdankt der Tradition zufolge ihre Entstehung einer Quelle, welche eine besondere Heilkraft für kranke Augen besessen, später aber zur Strafe wegen des mit ihrem Wasser getriebenen Aberglaubens versiegt sein soll.[28] Die Quelle soll in der Mitte des jetzigen Kapellenthurms entsprungen und ursprünglich nur von einer kleineren Kapelle überdeckt gewesen sein, als aber viele Wallfahrer herzuströmten und bedeutende Opferspenden niederlegten, sollen die Mittel so reichlich geflossen sein, daß man die Kapelle in den jetzigen Thurm umbauen und in der Mitte des 14. Jahrhunderts neben den damals schon vollendeten Thurm eine eigene Kirche mit einem Chor setzen konnte. – Auch diese Kirche zweigte sich, wie die Heiligkreuzkirche, von der Altstädter Pelagiuskirche (s. u.) ab. Demgemäß stand im 14. Jahrhundert die Schirmvogtei über sie dem Hause Österreich zu, von dem sie die Familie Rüti zu Lehen trug, und erscheinen ums J. 1330 als Schirmvögte Peter, Vater und Sohn (der letztere zugleich Kirchherr der Pfarrkirche), und Albrecht von Rüti. Dieselben hatten die Baulast zu tragen, dafür aber auch die Opfergaben für sich einzuziehen, allein da sie nur von letzterem Rechte Gebrauch machten, ohne ihrer Verpflichtung nachzukommen, so mußten sie sich den 22. Apr. 1331 zu einem Verzicht auf die Opfer, welche nunmehr durch die Kapellenpfleger eingezogen und für die Kapelle angelegt werden sollten, bequemen. Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts aber ging das Schirmvogteirecht von den Rüti, wahrscheinlich im Verkaufswege, auf den Ritter Volz von Neuneck gen. Spiser über, welcher den 15. Okt. 1354 die zwischen den Herrn von Rüti und der Stadt geschlossenen Verträge bestätigte, auch sich und seine Nachkommen verpflichtete, daß sie keinem Geistlichen, der nicht gelobt hätte, dieselben gewissenhaft zu achten, eine Pfründe verleihen, sowie daß er den Kirchensatz an Niemand verkaufen oder versetzen oder verkümmern wolle. Allein den 19. Nov. 1400 trennte Herz. Lupolt der Dicke von Österreich mit Zustimmung des Ritters Hans von Wilflingen und seiner Söhne Heinrich und Hans, der nunmehrigen Lehensinhaber, als Kastenvogt diese| Kirche von der Altstädter und Heiligkreuzkirche und trat in seinem und aller österreichischen Herzoge Namen alle Gefälle, Opfer und Gerechtsame der Kirche an den Rath zu Rottweil ab; doch sollten in ihr weder Begräbnisse gehalten, noch die h. Sakramente verwaltet werden dürfen. Diesen Bestimmungen ertheilten Bischof Marquard zu Constanz den 22. Nov. 1400 und P. Bonifazius IX. den 18. Febr. 1401 ihre Bestätigung.

Zur Bereicherung des Fonds dieser Kirche dienten einmal die Ablässe für die Besucher derselben: solche ertheilten z. B. Bischof Rudolf von Constanz den 2. Juli 1333 auf 40 Tage, Bischof Hermann von Constanz den 15. Febr. 1470 auf 140 Tage; sodann sehr viele Jahrestage, mit denen z. Th. eine Austheilung von Almosen an Brod oder Geld verbunden war: solche stifteten z. B. im J. 1354 Mechthilde Stainmerin, im J. 1375 Eglolf von Falkenstein und seine Gemahlin Adelhaid geb. von Landenberg, in den J. 1387 und 1390 Ida von Tockenburg, Gem. des Grafen Rudolf III. von Hohenberg (mit Gülten zu Schörzingen, Deilingen, Delkofen, Goßheim und Denkingen – Schmid Mon. Hohenb. 738. Glatz Regg. 52), im J. 1502 die Öbstlerzunft, welche bei ihrer Auflösung ihr ganzes Zunfteigenthum an die Kirche abtrat u. s. w., endlich eine Reihe sonstiger Stiftungen. Auf diese Weise gelangte die Kirche zu einem beträchtlichen Besitzstand, sie hatte an mehr als einem Dutzend von Orten ganze Hofgüter, sodann Zehenten, Waldungen, Geld- und Natural-Gülten u. s. w., das Vermögen verwaltete ein vom Magistrat aufgestellter Schaffner, dem ein Amtsobermeister und ein Zunftmeister beigegeben waren.

In dieser Kirche waren früher zur Zeit ihrer Blüthe 9 Altäre, davon 8 mit Kaplaneien: 1) der Altar des Marianischen Gnadenbildes, wohl der älteste in der Kirche, ohne daß jedoch die Zeit seiner Errichtung sich angeben ließe. Die Priester, welche auf diesem Altare den Gottesdienst verrichteten, wurden aus dem fallenden Opfer erhalten. Da dieses aber mit der Zeit versiegte, zogen die Geistlichen nach der Gründung der Kaplaneien diese Stellen ihrer bisherigen prekären Lage vor, und so blieb am Ende der Gnadenaltar ohne Kaplanei, weil kein eigener Fonds zur Erhaltung eines Kaplans ausgeschieden war. 2) Der Frohn- oder Hoch-Altar U. L. Frauen, im J. 1364 aus dem Opferstock der Kapelle errichtet. 3) Der Altar des h. Leonhard, ebenfalls im J. 1364 von dem Rottweiler Bürger Burkard Weißhaar und dem Priester Eberhard gestiftet. 4) Der Altar der h. Katharina, im J. 1382 errichtet. 5) Der Altar des h. Wendelin, im J. 1380 von der Verena von Landenberg errichtet. 6) Der Altar der h. Maria Magdalena, im| J. 1403 von der Innung der Scheerer und Bader gestiftet. 7) Der Altar des h. Moriz, im J. 1403 von dem Pfarrer Heinrich Heeler zu Neukirch errichtet. 8) Der Altar des h. Johannes des Täufers, im J. 1403 von 2 Gebr. Bock gestiftet. 9) Der Altar des h. Antonius, im J. 1408 von Adelhaid Braitheimer gen. von Sulz errichtet. Dazu kamen noch 2 Nebenaltäre, des h. Joseph und der h. Anna, in der Thurmkapelle. Da jedoch diese Kaplaneien schwach dotirt waren, die Kapläne sich beschwerten und zu befürchten war, es möchte der Gottesdienst Noth leiden, entwarf der Magistrat eigene Statuten und eine Gottesdienstordnung, welchen den 1. Jan. 1441 vom Bischof Heinrich IV. von Constanz die Genehmigung ertheilt wurde. Es sollten nunmehr nur noch 6 Kapläne an dieser Kirche sein, von denen Jeder einen Altar und eine Pfründe haben sollte; das Einkommen der übrigen Altäre wurde unter die Inhaber der fortbestehenden Kaplaneien vertheilt. Einer der Kapläne wurde zur besseren Handhabung der Statuten, zum Vorsteher „Oberstkaplan“ ernannt; er hieß auch Pfarrherr der Kapelle, hatte die beste Pfründe und Amtswohnung. Im J. 1485 wurden die Statuten mit Genehmigung des Bischofs Otto von Constanz mit Zusätzen versehen. Im J. 1502 wurde durch den Kaplan der H. Kreuzkirche Hans Remy entsprechend der in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts aufgekommenen Sitte ein eigenes Predigtamt gestiftet.

Allein die blühenden Verhältnisse der Kirche dauerten nicht zu lange. Im J. 1571 wurde die Zahl der Kaplaneien wegen zu geringer Einkünfte auf drei herabgesetzt, und auch jetzt noch war das Einkommen dieser Pfründen so gering, daß es durch Übertragung der St. Andreaspfründe an der H. Kreuzkirche erhöht werden mußte. Der 30jährige Krieg verzehrte nicht nur die Einkünfte, sondern drohte selbst dem Grundstocke den Untergang. Die Kirche mußte den 28. Nov. 1634 für einige Jahre geschlossen, zur Kirche gestiftete Kostbarkeiten mußten an das Kl. Wettingen in der Schweiz verpfändet, auch einige sonstige Veräußerungen vorgenommen werden. Hatte die Kirche im Anfange des Kriegs noch 2 Kapläne gezählt, so war seit 1637 nur noch einer hier, zu dessen Unterhaltung aber nicht einmal mehr die Einkünfte sämtlicher Kaplaneien hinreichten, so daß er am Ende davon lief und seine Pfründe im Stiche ließ. Im J. 1651 wurde daher die Kirche von dem Magistrat mit dem Grundstocke der Kaplaneien und der Hauspflege an den Jesuitenorden übergeben (s. u.).

Zur Geschichte der weiteren hiesigen Kirchen und Kapellen ist folgendes zu bemerken: die jetzige Ruhe-Christi-Kapelle wurde an einem uralten Wallfahrtsort im J. 1715 ohne Zweifel an der| Stelle einer älteren Kapelle aus den nach und nach gefallenen Opfergaben erbaut und noch nach ihrer Erbauung dauerten die Wallfahrten ziemlich stark fort, indem der Rath den 14. März 1724 „bei der bevorstehenden Wallfahrt zur Ruhe-Christi-Kapelle den Bäckern, Wachs-, Zucker- und Nuster-Krämern erlaubte, ihre Waaren gegen einen gewissen Zins aufzuschlagen und zugleich den Bettlern vergönnte, eine Hütte zu bauen“. In Folge einer Verordnung des Constanzer Ordinariates vom 3. Mai 1726 wurde der Stadtpfarrer mit dem Direktorium über die Wallfahrt betraut, unter ihm standen die bei der Kapelle angestellten Priester, deren es Anfangs zwei, später drei waren. Als in späterer Zeit die Wallfahrten nachließen und der Fonds abnahm, wurde im J. 1786 eine von dem ehemaligen Dekan und Pfarrer zu Deißlingen, Joh. Ant. Ignaz Herderer, zur Errichtung eines Calvarienberges bei der Kapelle testamentlich angewiesene Summe von 3000 fl. in ein beständiges geistliches Benefizium umgewandelt und mit einem Theile desselben die Besoldung der Geistlichen an der Kapelle ergänzt. Bis zum J. 1804 wurden hier Fastenpredigten gehalten, im Beginne dieses Jahres dieselben aber auf höheren Befehl eingestellt. – Nicht mehr vorhandene Kirchen, bezw. Kapellen sind: Die St. Moriz-Kapelle in der Mittelstadt neben dem ursprünglichen Sitz des Hofgerichtes gelegen: den 23. Juni 1404 gestattete K. Ruprecht dem Hans Bock von Rottweil, diese Kapelle „fürbas zu verleihen“ (Chmel, Regg. Ruperti 106), sie wird auch 1427 genannt (Glatz Regg. 78). Die St. Michaelskapelle in der Auvorstadt; sie erhielt zu ihrem besseren Emporkommen den 12. Mai 1337 von der päbstlichen Kurie zu Avignon einen 40tägigen Ablaß, und der Kaplan des St. Katharinen-Altars in der H. Kreuzkirche, Heinrich Schön, stiftete im J. 1482 mit bischöfl. constanzischer Genehmigung vom 10. Dec. d. J. eine Kaplanei in ihr; allein bei der Belagerung Rottweils durch den Marschall Guebriant im J. 1643 wurde sie mit der Auvorstadt zerstört. Die St. Jakobskirche oder -Kapelle in der Mittelstadt, in den J. 1319, 1389, 1418, 1484 erwähnt. Die St. Nikolauskapelle in der Mittelstadt, ebenfalls im J. 1319 erwähnt (bei ihr befand sich wohl auch die oben S. 158 genannte Nikolausklause). Die St. Ottilien-Kapelle, welche in der Hochhalden 3/4 Stunden von der Stadt in der Nähe einer angeblichen Heilquelle gelegen, ein stark besuchter Wallfahrtsort war. Endlich die Kirche der Johanniterkommende (s. unten S. 286).

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Das Dominikanerkloster. Sowohl über die Zeit der Gründung dieses Klosters als auch über die Person des Gründers, welcher der Sage nach der herzogl. teckischen Familie angehörte, steht nichts| urkundliches fest, doch dürfte jene am richtigsten um die Mitte des 13. Jahrhunderts zu setzen sein, eine Zeit, in welche die Gründung ziemlich vieler Klöster dieses Ordens in Schwaben fällt. Im J. 1266 wurde dieses Kloster in die Gemeinschaft des Ordens aufgenommen und den 6. Jan. 1267 empfahl es der zu Rottweil anwesende Herz. Konradin dieser Stadt (Archiv für ältere deutsche Geschichte 3, 19); den 1. Mai 1296 erscheint Br. Walther von Mößkirch, Prior des Klosters, als Zeuge des Gr. Friedrich von Zollern, des Ritters (Mon. Zoller. 1, 103). In Betreff der nicht bedeutenden Geschichte dieses Klosters, welches meistens in dürftigen ökonomischen Verhältnissen sich befand, z. Th. wohl in Folge ursprünglich knapper Dotation, z. Th. in Folge der ungünstigen politischen Verhältnisse, z. Th. auch in Folge schlechter Wirthschaft, kann folgendes hervorgehoben werden. Den 1. Jul. 1307 verglichen sich das Kloster und die Stadtpfarrei zum h. Kreuz dahin, daß jede Leiche, die auf dem Klosterkirchhofe begraben werden sollte, vor der Beerdigung bei der Stadtpfarrkirche während des 1. oder 2. Amtes bis nach dem Opfer ausgesetzt bleiben mußte und daß die Dominikaner Jedem, der es ausdrücklich wünschte, nur die österliche Zeit ausgenommen, die Sakramente, Beicht und Kommunion, sollten ertheilen dürfen. Den 18. März 1518 verglich sich das Kloster mit der Stadt über verschiedene Punkte, die Visitation des ökonomischen Standes des Klosters durch die Stadt, die Versteuerung der Klostergüter, den Weinschank Seitens des Klosters, die Behandlung weltlicher und geistlicher Streitigkeiten, die Veräußerungs- und Erwerbsbefugniß des Klosters hinsichtlich von liegenden Gütern, Renten, Zinsen und Gülten, endlich den von der Stadt dem Kloster zu gewährenden Schutz und Schirm. Als die Dominikaner in Folge der Reformation von Ulm vertrieben wurden, wandten sie sich im J. 1531 zu ihren Ordensbrüdern nach Rottweil und brachten hier einige Jahre zu, bis sie im J. 1544 sich wieder von hier wegbegaben. Dadurch wurden einige weitere Verträge mit der Stadt selbst veranlaßt, nämlich vom 27. Juli 1535, wodurch die Rechtsverhältnisse während dieser Vereinigung, beziehungsweise für den Fall der Wiederaufhebung derselben, insbesondere in ökonomischer Hinsicht geregelt wurden (der seitherige Ulmer Prior sollte das Rottweiler Kloster als Prior innehaben, ungefähr 8 Priester darin halten), und vom 18. Dec. 1544, wornach der Rottweiler Konvent dem das Rottweiler Kloster jetzt verlassenden Ulmer noch eine Abrechnung von 460 Pfd. Hllr. zu zahlen hatte. Auch in der Folgezeit brachte es das Rottweiler Kloster nicht zu Wohlstand, wie wiederholte, ihm wegen seiner Vermögenslosigkeit gewährte Steuerrückstände darthun, nur im 18. Jahrhundert scheinen die| Verhältnisse unter der vortrefflichen Verwaltung des Prioratsverwesers Hermengild Linsenmann von Rottweil sich etwas verbessert zu haben, denn es wurden jetzt das baufällige Klostergebäude und die gleichfalls baufällige Kirche – die letztere allein mit einem Aufwand von über 25.000 fl., wozu freilich die Stadt und Landschaft das Meiste beisteuerte – im J. 1753 neu erbaut. Jedoch brachte dieser Bau das Kloster auch in neue Noth, die bis zu seiner Säkularisation fortdauerte. Die letztere erfolgte durch die am 29. Dec. 1802 dem Magistrate der Stadt geschehene Eröffnung, daß das Kloster gänzlich aufgehoben, Chor und Kirche geschlossen und die Konventualen bis auf weitere Verordnung zu den Kapuzinern einzustoßen seien. Die Dominikaner hatten sich übrigens allhier sowohl durch sittliches Betragen, als auch durch gelehrte Kenntnisse und Liebe für die Wissenschaften und Schulen rühmlich ausgezeichnet (vrgl. unten). – Das Kloster ist heutzutage das deutsche Schulgebäude, seine Kirche[29] die evangelische Kirche.

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Das Kapuzinerkloster verdankt seine Entstehung dem Umstande, daß im J. 1623 auf einmüthigen Beschluß der durch die Predigt eines Kapuziners begeisterten Bürgerschaft der Magistrat das zu Baden in der Schweiz versammelte Kapitel des Kapuzinerordens um etliche Ordensmitglieder bat, welche auch zu kommen nicht säumten, gut aufgenommen und reichlich beschenkt wurden. Insbesondere aber vergabte ihnen der Stadtpfarrer Jakob Khuon einen Garten vor dem Hochbruckthor als Bauplatz, woselbst im J. 1627 der Bau des Klosters begann,| das aber kurz nach seiner Vollendung im Dec. 1632 von den Württembergern zerstört wurde. Hierauf räumte die Stadt den Kapuzinern den gegen solche Unfälle gesicherten Thummelhof als Bauplatz ein, aber der neue Klosterbau wurde der Kriegsunruhen wegen erst 1655 vollendet und den 19. Sept. d. J. die dazu gehörige Kirche geweiht. Die Kapuziner waren, wie es scheint, den Rottweilern stets werthe Leute und als Prediger sehr beliebt. Ihr Kloster befindet sich jetzt in Privatbesitz.

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Das Dominikanerinnenkloster St. Ursula. Den 13. Dec. 1387 beschlossen Schultheiß, Bürgermeister und Rath der Stadt Rottweil unter Mitwirkung des dortigen Kirchherrn und Constanzer Domherrn Albrecht von Bütelspach, weil Gott, die Jungfrau Maria und alle Heiligen ihre Gnade und Hilfe in allen ihren Sachen, zeitlich und geistlich mildiglich mitgetheilt haben, zu ihrem, ihrer Vorfahren und Nachkommen Seelenheil eine beschlossene Klause zu Unserer Frauen Kapelle in Hausen (ob Rottweil) zu ordnen und zu widmen, übertrugen die Aufsicht dem Rathe und Stadtpfarrer, behielten dem Rathe bevor, die Zahl der Schwestern zu bestimmen und setzten zunächst drei solche ein. Am 26. Sept. 1410 bekam diese Klause, deren Bewohnerinnen, wie es scheint, hinsichtlich der Reinheit ihres Lebenswandels Anstoß erregten, strengere Statuten, wodurch bessere Zucht und Vermögensverwaltung eingeführt werden sollte, und wurde um dieselbe Zeit in das Rottweiler Bürgerrecht aufgenommen. Den 1. Aug. 1455 nahmen die Schwestern, welche bisher Brigittinnen gewesen, mit bischöflicher Genehmigung die Regel des h. Dominikus an. Der unruhigen Zeiten wegen beschloß der Rath im J. 1525 sie in die Stadt zu versetzen, und mit einigen ähnlichen, hierselbst schon bestehenden Anstalten zu vereinigen: der St. Moritzklause in der Mittelstadt unweit des früheren Sitzes des Hofgerichts, erwähnt z. B. im J. 1403, der St. Jakobsklause oberhalb der sog. Fläschengasse in der Gegend, wo es noch jetzt „auf den Mauern“ heißt, gleichbedeutend mit der schon ums J. 1300 genannten Gr. Hugina Sammlung Prediger-Ordens oder der weißen Sammlung im Sprengerort. Diese letztere Klause soll durch den Grafen Hugo von Hohenberg und seinen gleichnamigen Sohn, welche Schwestern aus dem Dominikanerinnenkloster zu Oberndorf hierher schickten, gegründet worden sein. Die vereinigten Klausen kamen in das noch jetzt unter dem Namen der „weißen Sammlung“ bekannte Haus, in dessen Hauptkapelle das sog. geschossene Christusbild stand, von dem man ähnliche Wunder erzählte, wie von dem Marienbilde in der Dominikanerkirche. Im J. 1607 besaß das Kloster zu Rottweil und an benachbarten Orten:| an jährlichen Geldzinsen 575 fl. 2 kr., an Fruchtgülten etwa 40 Malter, jährliche Hühner 49, Eier 640, liegende Güter im Werth von 1970 fl., darunter 2 alte Häuser zu 300 fl. angeschlagen; später kam es in seinen ökonomischen Verhältnissen sehr herab. Im J. 1707 kauften die Schwestern den St. Georger-Klosterhof (s. u.) und bauten hier das noch vorhandene, heutzutage zu Kanzleien (Oberamtsgericht u. s. w. s. ob. S. 200) benützte Klostergebäude. Schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zwischen dem Kloster und der Stadt wegen der von Seite des Magistrates als der Schutz- und Aufsichtsbehörde des Klosters angesetzten Steuer- und Umgeldserhöhung zu hartnäckigen Streitigkeiten und langwierigen und kostspieligen Processen. Zwar brachte der Vergleich vom 8. Nov. 1691, den 14. Mai 1695 erneuert, längere Ruhe und dem Kloster etwas mehr Freiheit in seinen ökonomischen Verhältnissen, wenngleich es nach wie vor zur Fassion seines Vermögens angehalten wurde und sich von Zeit zu Zeit die Beiordnung eines der Stadt verpflichteten Oberpflegers gefallen lassen mußte, der im Namen der Stadt über die materiellen Interessen des Klosters zu wachen hatte, allein im J. 1786 brach der alte Streit wieder mit großer Erbitterung aus. Da gebot K. Joseph II. durch Erlasse vom 30. und 31. Okt. 1786 und 14. Sept. 1787, „daß der Konvent den Magistrat in Ausübung seines Territorial- und Advokatie-Rechtes durch widerspenstige Bemühungen nicht irre, sondern sich dessen gemäß betrage und die magistratische Einsicht in den ökonomischen Zustand des Klosters ruhig geschehen lasse“, sowie daß der Dominikanerordens-General, der das Kloster unterstützt hatte, dasselbe in seinem Widerstande nicht schütze. Den 29. Dec. 1802 wurde durch Herz. Friedrich die Aufhebung des Klosters und Schließung des Chors und der Kirche angeordnet, der Fonds des Klosters jedoch, das schon im J. 1782 und auch später wieder die Leitung der Mädchenschule übernommen hatte, sollte bis auf Weiteres zum Besten dieser Schule verwendet, die Klosterfrauen sollten einstweilen in der gemeinen Zusammenlebung gelassen, sowie der Schuldirektion die Oberaufsicht und Ordination überlassen werden.

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Die Jesuiten und die Benediktiner. Zum Theil um den in Folge des 30jährigen Krieges seit 1634 eingegangenen Gymnasialunterricht wieder zu eröffnen, zum Theil um die aus Mangel an Weltgeistlichen seit mehreren Jahren erledigten 3 Benefiziate an U. L. Frauenkapelle wieder besetzen zu können, beschloß die Stadt im J. 1646, aus dem Jesuitenkollegium zu Rottenburg sich einige Patres zu verschaffen. Es wurde im J. 1651 eine eigene Commission niedergesetzt, welche die Aufnahmebedingungen| entwarf, die dann vom Magistrate und – übrigens erst im Jahre 1692 – von Rom aus genehmigt wurden. Den 27. Okt. 1652 kamen vier Jesuiten nach Rottweil, übernahmen die gottesdienstlichen Funktionen in der Kapellenkirche, eröffneten den 14. Novbr. 1652 das Gymnasium (s. unten), und ertheilten seit dem J. 1655 auch den katechetischen Unterricht an den Trivialschulen. Allein so sehr die Stadt mit den Leistungen der Jesuiten in Kirche und Schule zufrieden war, fanden dieselben hier nicht ihren genügenden Unterhalt, da von den ihnen zugewiesenen Einkünften kaum der 4. Theil zusammengebracht werden konnte, und so kehrten sie im J. 1673 nach Rottenburg zurück. Noch in demselben Jahre verhandelte daher der Magistrat zu Mößkirch über die Aufnahme einiger Benediktiner zum Zwecke der Versehung des Gymnasiums mit den schwäbischen Prälaten dieses Ordens, und nachdem der Interimsreceß vom 13. April d. J. über deren Sustentation (insbesondere die Zinsen aus einem Capital von 24.000 fl.) allseitige Genehmigung erhalten hatte, fanden sich namentlich aus den Klöstern St. Trudpert, St. Peter und St. Georgen Geistliche ein und übernahmen die Thätigkeit der Jesuiten vorzugsweise am Gymnasium; nach dem Recesse gedachten die Benediktiner ferner hier eine Akademie oder hohe Schule zu errichten, deren Studirenden die Stadt dieselben Privilegien und Freiheiten einräumen wollte, welche die Angehörigen der Universität Salzburg genossen. Allein Kriegsdrangsale und Mißwachs verschlangen fast alle Einkünfte der Benediktiner, es kam zu Streitigkeiten, die Achtzehner und die Bürgerschaft fochten sogar den Interimsreceß an, und so verließen die ersteren, nachdem Vermittlungsversuche des Abts von St. Georgen in Villingen fehlgeschlagen, im J. 1691 die Stadt. Hierauf wurde von Neuem mit den Jesuiten in Rottenburg unterhandelt und den 20. Juli 1692 kam zwischen dem Ordensprovinzial und der Stadt ein Vertrag über ihre Wiederaufnahme zu Stande, vermöge dessen insbesondere der Societät die L. F. Kapelle mit allen Gefällen und Einkünften völlig und allein eingeräumt wurde. Nach Abschluß dieses Vertrages kamen zunächst vier Patres mit einem Ökonomen, zwar hatten auch sie Anfangs noch mit Mangel zu kämpfen, allein ihre Verhältnisse besserten sich besonders auch durch reichliche Privatunterstützungen (namentlich ihres Freundes und Verehrers des Pfarrers Reebholz in Schörzingen). Den 18. Mai 1702 wurde der Grund zu ihrem neuen Collegium rechts von der Kirche gelegt, zu welchem die Stadt über 1500 Frohnfuhren thun ließ, viele Nachbarn unentgeltliche Arbeit lieferten und der Abt Augustin von St. Blasien 24.000 runde Fensterscheiben schenkte, und welches im J. 1712 vollendet wurde.| Nachdem von Rom den 31. Okt. 1731 die Genehmigung ertheilt worden, wurde die seitherige Residenz in ein eigentliches Collegium verwandelt. Auch erwarben die Jesuiten manchen Besitz in der Umgegend: im J. 1700 das Gut Hochmauren, in den Jahren 1720 und 1736 den Eckhof, im J. 1747 Hohenberg (O.A. Spaichingen), welches um 12.000 fl. von ihnen gekauft, im J. 1772 aber von Österreich mit 15.641 fl. ausgelöst wurde; im J. 1724 wurde ihnen durch den Lehensbesitzer Schiller das Gut Wildenstein legirt, auf das sie jedoch in Folge eines Processes mit den Schiller’schen Erben im J. 1727 gegen 3150 fl. verzichteten. Auch nachdem der Jesuitenorden den 31. Juli 1773 aufgehoben worden und die Execution der päbstlichen Bulle – zum Leidwesen der Bürgerschaft – am 28. Febr. 1776 erfolgt war, blieben die Jesuiten in Rottweil zurück und besorgten mit Genehmigung des Bischofs von Constanz den Gottesdienst in der Kapellenkirche und den Gymnasialunterricht in der seitherigen Weise. – In dem neuen Collegium befindet sich jetzt das Convict, das Gymnasium im älteren Gebäude.

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Die Johanniter-Kommende. Die Zeit der Gründung dieser Kommende ist nicht bekannt, genannt wird sie zuerst in den 70er und 80er Jahren des 13. Jahrhunderts, indem sie im J. 1277 Zehenten zu Denkingen (O.A. Spaichingen), Lehen des Abts von St. Gallen von dem Grafen Friedrich von Zollern, den 15. Juni 1281 Güter zu Spaichingen von den Gebr. Grafen Albrecht und Burkhard von Hohenberg, den 19. Dec. 1282 ein Mühlrecht zu Rottweil von dem hiesigen Bürger Herm. Vokk erwarb. Nach späteren Urkunden zählte sie nebst dem Kommenthur 12 Mitglieder. Als Kommenthure werden zu den angegebenen Zeitpunkten folgende genannt: Konrad von Egesheim 1282–1295, Ulrich Bletz 1310, Rudolf von Maasmünster 1326, Walther von Rechberg 1365, Gylien der Flöter 1385, Johann von Ow 1398–1416, Reinbold zum Trubel 1429–1435 (Glatz Regg. 79, 86), Konrad Schappel 1455, Jörg von Ow 1470–1489, Konrad von Schwalbach 1503, Lienhard Gys 1512–1538, Georg Schilling von Canstatt 1550, Georg Andreas Kechler von Schwandorf 1557, Konrad von Frauenberg 1557, Georg Bombast von Hohenheim 1560, Hans Georg von Schönborn 1584, Philipp Riedesel von Camberg 1587, 1588, Bernhard von Angelloch 1595–1597, Weiprecht von Rosenbach 1600, Wolf Philipp Freiherr von Gutenberg 1680, Karl Philipp Reichsgraf von Freitag 1699, Matthäus Theodor Freiherr von Wendt 1706, Bernhard Moriz Freiherr von Cappel zu Horst 1724–1734, Johann Albert Freiherr von Liebenfels 1751, Karl Eusebius Freiherr von Truchseß Rheinfelden 1759–1772, Johann Jakob| Joseph Freiherr von Pfürt 1778–1783, Freiherr von Schönau 1785–1790, Ludwig Adam Maria Freiherr von Loe zu Wissen 1797–1799.

Gemäß den Ordensprivilegien waren der Kommenthur, die Amtleute, Diener, Angehörige, Unterthanen und Güter des Ordens von Steuer, Schatzung, Zöllen, Umgeld und anderen dergleichen Beschwerungen befreit, die Stadt hatte kein Jurisdiktionsrecht über dieselben und im Kommendehause – jetzigen Kameralamte – bestand ein erst den 28. Mai 1804 aufgehobenes Asylrecht. Die Kommende besaß mehr oder weniger bedeutende Güter und Rechte, Häuser, Höfe, Äcker, Gärten, Wiesen, Zinsen und Gülten in Rottweil (die Vögelinsmühle bei der Stadt, zu Altstadt, Bernburg) und Orten der Umgegend: Aldingen, Aixheim, Balgheim, Balingen, Betzweiler, Bickelsberg, Bierlingen, Böhringen, Bösingen, Böttingen, Bubsheim, Dauchingen, Denkingen, Dietingen, Dürrwangen, Dunningen, Epfendorf, Erlaheim, Feckenhausen, Göllsdorf, Hausen ob Verena, Horgen, Irslingen, Neufra, Oberhofen, Rietheim, Rosenfeld, Schörzingen, Schwenningen, Seitingen, Spaichingen, Stetten, Täbingen, Thalhausen, Trossingen, Vaihingen, Villingen, Wehingen, Weigheim, Wilflingen, Winzeln, Zepfenhan. Die Besitzungen den Kommende wurden von Württemberg im J. 1805 eingezogen.[30]

Neben den einheimischen geistlichen Instituten hatten aber auch manche auswärtige Klöster hier Besitz: Das Kloster Alpirsbach erhielt hier im J. 1309 Zinsen aus einem Hof in der Mittelstadt von Adelheid von Sinkingen, in der Folge aber namentlich durch die Stainmer’sche Familie Schenkungen: derselben angehörig vergabten den 24. Juli 1349 zwei Schwestern Gertrud und Mechtilde an das Kloster ihr Haus bei dem Wallthor und den Stock dahinter mit allen Zugehörden und einer Wiese vor dem Flädelinsthor, den 8. Mai 1354 Mechtilde ihr kleines Haus und ihren Garten vor dem Neuen Thor, wogegen an dem von ihr ebenfalls bewidmeten St. Jakobs-Altar in der H. Kreuzkirche eine ewige Messe mit ewigem Licht für sie gefeiert werden sollte. Den 18. August 1417 verglich sich das Kloster mit der Stadt dahin, daß es derselben aus seinen Besitzungen im Etter und Bann der Stadt jährlich 2 Pfund Hllr. zu geben versprach. Im J. 1514 kaufte das Kloster noch 2 Häuser vor dem Wallthor von Mathias Bock und seiner Frau| Adelheid um 100 fl. Es wurde hier eine eigene Klosterpflege errichtet, welche nach dem Landbuch von 1624 hier 2 Keltern besaß, wegen der jedoch im Anfang des 18. Jahrhunderts eine heftige Fehde zwischen dem Magistrat und der Bürgerschaft entstand (Ruckgaber 2b, 29 ff.) – Nach einem Einkünfteverzeichniß vom J. 1360 besaß das Kloster St. Gallen hier und zu Oberndorf 14 Schill. Hllr. und 2 Schffl. Mehl jährlicher Gült (J. C. Zellweger, Gesch. des appenzellischen Volks, Urkk. 1a, 181). – Das Kloster St. Georgen besaß hier, seit wann ist nicht bekannt, einen Hof, den „Jerger-Hof“, eine eigene Pflege und im Gebiete der Stadt überhaupt etliche Renten, Zinsen und Gülten. Obgleich das Kloster im württembergischen Schutz und Schirm war, begaben sich der Abt Georg, Prior und Konvent den 15. Nov. 1502 auf 10 Jahre in der Stadt Schutz, Schirm und Burgrecht, und versprachen derselben ein jährliches Schutz- und Schirmgeld von 10 fl. Rh., allein K. Maximilian I. gebot den 12. Dec. 1502 der Stadt und den 2. März 1503 dem Kloster bei schwerer Strafe (Entziehung der vom Reiche verliehenen Gnaden und Freiheiten) die Auflösung dieses Bündnisses und die Rückkehr des Klosters unter den württembergischen Schutz und Schirm, und den 9. Febr. 1504 entließ die Stadt den Abt wirklich aus ihrem Bündniß. In Folge der von Herzog Ulrich von Württemberg versuchten Einführung der Reformation flüchtete bekanntlich der Abt Johannes von St. Georgen unter österreichischen Schutz in seinen Pfleghof Villingen und bezog daselbst seine Gefälle aus nicht württembergischen Orten fort, wie denn auch Rottweil von K. Karl V. den Befehl erhielt, den Villinger Abt bei seiner Habe und seinen Gütern in der Stadt und deren Gebiet zu schützen, und den 20. Febr. 1536 von K. Ferdinand I. angewiesen wurde, ihm bis auf weiteres seine Gefälle zu verabfolgen. Nach Johanns am 8. April 1566 erfolgten Tode wandte sich Herzog Christoph wiederholt durch Briefe und Abgeordnete an die Stadt, damit sie ihm die Inventirung und Verwahrung des Hofes und der Pflege sammt den Zu- und Eingehörungen gestatte und dem für Villingen neu gewählten Abt vom Kloster-Einkommen nichts zukommen lasse, allein vergeblich, zumal K. Ferdinand stark dagegen wirkte. Im J. 1707 verkaufte das Kloster St. Georgen seinen hiesigen Hof an das Dominikanerinnenkloster. – Das Kloster Rottenmünster, war hier schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts begütert (s. auch Glatz Regg. 2), namentlich im 15. Jahrhundert aber besaß es hier mehrere Häuser. – Das Kloster Wittichen erhielt den 13. Jan. 1350 von Berthold Gäzzeler von Rottweil dessen Haus im Sprengerorte mit dem Garten und allen Zugehörden zu Geschenk und| hatte im J. 1572 eine eigene Schaffnerei hier. – Der Abt Heinrich von St. Blasien versprach den 6. Okt. 1382, daß er von den auf Rottweiler Bahn gelegenen Klostergütern die gesetzlichen Steuern entrichten und sich nach den Gesetzen und Gewohnheiten der Stadt richten werde (Glatz Regg. 47). – An das Kl. Salem stiftete Adelheid von Brendowe im J. 1360 ein hiesiges Haus (Cod. Salem. 4, 195). – Eine Reihe von Klöstern ließen sich zeitweise in den Schutz und das Bürgerrecht der Stadt aufnehmen, z. B. Bebenhausen 1363, Alpirsbach 1375, Gengenbach 1378, Petershausen und Reichenau 1406, Wittichen 1572.

Die Bruderschaft, d. h. eine – auch sonst häufig vorkommende – Vereinigung vieler Bürger, um gewisse Tugenden oder den Gebrauch verschiedener Tugendmittel zu befördern, zu welchem Zwecke dieselben eigene Satzungen, gewisse Gebete, Besuch der Kirche, Gebrauch der Sakramente, Krankenpflege, Armenunterstützung u. drgl. vorschreiben, ist hinsichtlich ihres Ursprungs in Dunkel gehüllt, fand jedoch bald Gönner an den Herren von Zimmern, von denen sie ein eigenes Haus, das sog. Armen-Gotteshaus-Bruderschaft,[31] erhielt. Eine Menge milder Stiftungen, welche der Bruderschaft im Verlaufe der Zeit zu Theil wurden, setzte dieselbe in den Stand, nicht nur ihre Hauptaufgabe, die Unterstützung der Armen und Nothleidenden zu erfüllen, sondern auch nach und nach einen nicht unbedeutenden materiellen Besitzstand zu gründen. Sie erwarb die Grundherrlichkeit über die Dörfer Deißlingen, Dauchingen, Weilersbach und Mühlhausen, wenigstens vorübergehend das Schloß und den halben Theil des Dorfes Cappel (s. ob. S. 258), den 27. Mai 1707 durch Kauf von Georg Hermann Freiburgers Erben den Zehenten zu Weilersbach samt Rechten und Zugehörden, den sog. Gührenhof und das sog. Hans Wenesengut daselbst, den sog. Segen-Zehenten zu Dauchingen als fürstenbergische Lehen, im J. 1791 den Kehlhof zu Deißlingen (s. u. – vergl. oben S. 263). Nach der Mediatisirung der Stadt wurde im J. 1805 das Vermögen der Bruderschaft und des Spitals (s. u.) vereinigt, und seit dieser Zeit besteht diese Vermögensmasse unter dem Namen: Armenfondspflege.

Der Spital zum heiligen Geist, auch St. Galli-, St. Erhards-Spital genannt, tritt uns urkundlich zuerst entgegen in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Den 13. April 1275 nahm P.| Gregor X. den Meister und die Pfleger des Armenspitals zu Rottweil, welche sich nach der kanonischen Regel des hl. Augustin eingerichtet, auf ihre Bitte in den päbstlichen Schutz, verordnete die ewige Festhaltung dieser Ordensregel im Spital – was jedoch nicht lange geschehen zu sein scheint, da man später nichts mehr davon hört – und bestätigte demselben allen gegenwärtigen und zukünftigen Besitz. Als jener wird genannt: der Ort des Spitals, Höfe, Wälder, Wiesen zu Briel, Dietingen, Flötzlingen, Göllsdorf, Hausen, Irslingen, Stetten, Wellendingen, Zepfenhan, Zimmern, sowie Denkingen und Mahlstetten (O.A. Spaichingen). Schon P. Nicolaus III. sah sich übrigens den 15. März 1279 veranlaßt, dem Abte von Gengenbach kräftigen Schutz des Spitals gegen seine Beschädiger und Unterdrücker zu befehlen, und P. Clemens V. den 8. Dec. 1307, den Abt von St. Georgen mit dem Wiederrufe der zum Nachtheile des Spitals unrechtmäßiger Weise geschehenen Veräußerungen zu beauftragen, und die päbstliche Kurie ertheilte im J. 1286, den 28. März 1342 und den 6. März 1345 für die Besucher und Wohlthäter desselben Ablaßbriefe.

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Der Spital wird im J. 1275 als frei von päbstlichen Zehenten aufgeführt (s. ob. S. 158). Er erhielt bald von verschiedenen Seiten kräftige Unterstützung, so namentlich von Konrad und Dorothea (der sog. „ersten Stifterin des Spitals“) von Balingen, welche im J. 1314 beträchtliche Güter zu Rottweil (die Angstdorfer Mühle, seither Spitalmühle genannt), Böhringen und Deißlingen vermachten (vgl. S. 199). Derselbe Konrad gründete für den Spital auch die St. Nikolauskapelle auf den Spitalfeldern, von welcher im J. 1585 noch die Mauern standen, als der Magistrat dieselben einreißen und an der Stelle eine andere, nicht mehr vorhandene Kapelle erbauen ließ. Die Stiftung selbst war schon früher in den Spital verpflanzt worden, dessen Kapelle von dem im J. 1410 errichteten Altare der hl. Anna den Namen St. Anna-Kapelle erhielt. – Derartige Unterstützungen ermöglichten es dem Spital, bedeutenderen Erwerb zu machen: über das Dorf Feckenhausen hatte er die niedere Gerichtsbarkeit, der Jungbrunnen, ein Hof und das Bulachsgütlein zu Feckenhausen, ein Hof zu Wellendingen, ein Hof im oberen Dorf zu Trossingen waren österreichische, Zehentantheile zu Zimmern ob Rottweil und Täbingen württembergische Lehen. Den 4. März 1411 begnadigte K. Sigmund den Spital, daß alle armen Waisen, verworfene und elende Kinder, die jetzt darin sind und in künftigen Zeiten darein aufgenommen, erzogen und ernährt werden, „dem Spital ewig eigen sein und ihm thun sollen, als des Landes Recht und| Gewohnheit von Eigenschaft wegen ist,“ ein von K. Rudolf II. am 7. Jan. 1591 durch wörtliche Wiederholung bestätigtes Recht. Manchen Mängeln, welche sich von Zeit zu Zeit in die Ökonomieverwaltung des Spitals einschlichen, wurde durch den Receß vom 24. August bis 3. Sept. 1688, sowie durch die – im J. 1767 erneuerten und verschärften – Instruktionen von 1752 vorzubeugen gesucht. Über das Spitaloberpflegamt s. oben S. 262.

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Auch in Rottweil fand die Reformation[32] Eingang und erblühte besonders hoffnungsreich daselbst gegen Ende der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts durch die Thätigkeit des zwinglisch gesinnten Heiligkreuzpfarrers Konrad Stücklin von Sigmaringen und des auf ihn selbst hinwiederum einflußreichen Stadtarztes Valerius Anselm (s. ob. S. 208). Allein der Rath, an dessen Spitze damals der Bürgermeister Gall Möckh und der Schultheiß Konrad Mockh standen, und welcher an dem Pfarrer Uhl zu Deißlingen, später zu Rottweil, einen Eiferer für die Beibehaltung der alten Confession fand, trat von Anfang an der neuen Lehre entschieden entgegen, ließ die von dem St. Stephanspfarrer zu Constanz Joh. Spretter, einem geborenen Rottweiler, den 14. Juli 1527 ihm übergebene „christliche Instruktion und freundliche Ermahnung, das göttliche Wort anzunehmen“, durch den Henker auf dem Markt verbrennen, namentlich seit 1528 einheimische wie fremde Anhänger der neuen Lehre einthürmen, mit Ruthen stäupen, in das Halseisen stellen. Stücklin wurde wegen seines Predigens beim Bischof von Constanz verklagt, der den Nichterscheinenden bannte; als ihn aber der Rath seines Amtes entsetzen wollte, wandte er sich Ende Oktobers an die Gemeindevertreter, die Zunftmeister und die Achtzehner, wodurch die Erhaltung des Pfarrers entschieden wurde. Der hiemit unzufriedene Rath stellte jedoch zur Einschüchterung und Bewachung den Evangelischen eine unbürgerliche Wache mit Gewehr und Harnisch auf und verwies aus der Stadt Anfangs 1529 durch einen Beschluß sowohl Stücklin, der freilich auch unvorsichtiger Weise auf der Kanzel die Altgläubigen Gottlose, die Rathsherren neidische gehässige Hinderer Gottesworts gescholten, als den frechen Dominikaner-Lesemeister Georg Neudörfer, welcher besonders stark gegen die Neugläubigen eiferte,| auch von zweien derselben „mit trockenen Streichen“ ohne Verletzung des Leibes gebläut worden war. Als nun aber der Rath weiter durch Leute aus Rath und Gemeinde Haus für Haus eine Nachforschung nach verbotenen evangelischen Schriften anstellen und Widersetzlichkeit gegen die Confiscation wieder mit Gefängniß, Halseisen und Auspeitschung bestrafen ließ, stellten die Evangelischen eine freundliche christliche Supplikation an denselben, in der sie um Aufhebung der Maßregeln und gütliche Bewilligung der Predigt göttlichen Wortes für sie und die ganze Gemeinde baten, und die sie durch eine Deputation einreichten. Allein statt der Antwort bestellte der Rath die altgläubige Landschaft heimlich auf etliche Tage in Wehr und Harnisch in die Stadt, und da evangelischer Seits ein Schlag gegen die Deputation gefürchtet, auch eine friedlichere Bemühung ohne Erfolg geblieben war, trat die Deputation mit einem großen Haufen Bürger vor den Rath und verlangte offene Antwort. Auf dieses herausfordernde Gebahren verurtheilte der Rath die Deputation zu 100 fl. Strafe, ließ die Rathsthüren zusperren, sowie Aufruhr durch die Stadt verkündigen und Knechte, Landschaft und Anhang in Wehr und Harnisch zum Streit hervortreten. Die Evangelischen trugen zwar jetzt auch die Waffen in ihren Häusern zusammen, sammelten sich an einem günstigen Vertheidigungspunkte, drohende Äußerungen sollen von ihnen gefallen sein, auf drei Rathsherrn wurde ein Angriff gemacht, allein ehe es zum Losschlagen kam, vermittelten Bürger und Fremde, Adel und Eidgenossen, in der Weise, daß die Evangelischen die Geldstrafe zugestanden und baar erlegten, dafür aber Rath und Gemeinde samt Landschaft und Hintersaßen versprach, des Handels einander im Argen nimmer zu gedenken, in Frieden und Ruhe neben einander zu leben. Darauf wurden von Rath und Gemeinde 2 Eide in einer Stunde auf dem Markt und in der Kirche geschworen. Allein noch im Juli 1529 brach der Rath diesen Vertrag wieder, indem er die zugesagte freie Religionsübung nicht gewährte, die Evangelischen unbillig drückte, solche die in Ämtern standen, wie insbesondere den noch übrigen evangelischen Diakon, von ihren Posten entfernte. Da rotteten sich die Evangelischen wieder zusammen und besetzten die Hochbrücker Vorstadt. Allein in der ersten Woche des August ließ der Rath die Häuser derselben mit Wachen, Landvolk, Stadtpöbel umstellen, Viele ins Gefängniß legen, schwer und peinlich foltern, Manche an Geld strafen, legte schwere Verschreibungen auf, verwies mit Weib und Kind aus der Stadt. Dazu kam auch noch, daß die oberösterreichische Regierung zu Innsbruck den 6. und K. Ferdinand den 8. Aug. von Linz aus die Stadt ernstlich ermahnte, beim alten Glauben zu bleiben, und| ihr andernfalls mit der Entziehung des Hofgerichtes drohte. Da griffen die Evangelischen von Neuem zu den Waffen und wollten nach der, von ihnen freilich lebhaft bestrittenen, Behauptung des Rathes das Zeughaus stürmen, die Rathshäupter nächtlicher Weile ermorden, die Altgläubigen aus allen Ämtern treiben, die Messe vernichten und am Ende die Güter theilen. Doch der Rath kam mit seinen Mannschaften zuvor, warf die Aufständischen aus der Stadt und verriegelte ihnen die Thore. Nur unter schweren Verschreibungen und Strafen, bei voller Rückkehr zum alten Glauben, wollte er ihnen die Heimkunft erlauben, sandte ihnen auch zugleich eine große Zahl Zurückgebliebener, desgl. nach Abweisung der Verschreibungen ihre Weiber und Kinder ohne jegliche Mittel in die Verbannung nach. So zogen denn 80–100 Rottweiler Bürger mit Frauen, Wittfrauen, Kindern, zusammen etwa 400 Köpfe, ohne Habe und Obdach der Schweiz (besonders Zürich, Schaffhausen, Dissenhofen), Constanz, Straßburg, Reutlingen, Gengenbach und anderen Reichsstädten, aber auch Baden und dem Hohenbergischen zu. Der Rath zu Rottweil aber wüthete nicht nur gegen die zurückgelassenen Angehörigen und die Habe der Ausgetriebenen, sondern auch gegen die zurückgebliebene neutrale Hälfte der Evangelischen und wies alle fremde, besonders die eidgenössische Verwendung von sich, und ein Mandat K. Karls V. vom 8. Juli 1530 verbot die Aufnahme der für Meuterei „leidlich gestraften“ Rottweiler bei kaiserlichen und des Reichs Ungnaden und Pönen.

So war der alte Glaube in Rottweil wieder ziemlich in ruhige Herrschaft eingesetzt. Doch mußte schon im J. 1534 wieder ein Pfarrer der H. Kreuzkirche, Konrad Rieser, wegen Neigung zum Lutherthum abgesetzt werden, und im J. 1545 wanderten die Evangelischen von älterer und neuerer Zeit in Folge ihrer Bedrückung mit Hinterlassung ihres Gutes aus der Stadt. Da lustwandelte, wie Crusius (Annal. 2, 656) erzählt, nach evangelischer Sage zum Schrecken der Bürger der Teufel durch die Straßen der Stadt.

Übrigens war auch bei den Verhandlungen des Reichs, beziehungsweise der Städte, über die Religionsspaltung, welche mit dem Speirer Reichstag von 1529 und dem Augsburger von 1530 in Verbindung standen, Rottweil mit Überlingen stets an der Spitze der schroff katholischen Städte (Keim a. a. O. 92 ff., 170, 203, 205, 211 ff.).

Zur Belohnung für obige eifrige Handhabung des katholischen Glaubens befreite K. Karl V. den 17. Nov. 1530 die Stadt auf 15 Jahre von der Reichssteuer, fügte übrigens dieser Begnadigung die drohende Bemerkung bei, daß, wenn die Stadt doch noch vom| alten Glauben abfallen sollte, ihr das Hofgericht genommen würde. Im Rechtsbuch von 1546 wurde in den Bürgereid das Versprechen aufgenommen, katholisch zu bleiben.

Als Rottweil im J. 1802 an Württemberg gekommen, wurde hier ein evangelischer Gottesdienst, zunächst für die Garnison, eingerichtet, ein eigener Garnisonslehrer bestellt, und anfänglich von dem Pfarrer in Flötzlingen alle 4 Wochen auf dem Kaufhaus evangelisch gepredigt. Erst im J. 1806 wurde die Dominikanerkirche dem evangelischen Gottesdienst übergeben und ein eigener Prediger unter dem Namen Garnisonsprediger bestellt. Im J. 1818, als längst keine Garnison mehr hier war, wurde die Pfarrei zu einer Stadtpfarrei erhoben und im J. 1862 der Stadtpfarrer von der Verpflichtung, am Gymnasium und an der Realschule den französischen Sprachunterricht zu ertheilen, befreit.

Juden gab es hier schon frühe in beträchtlicher Zahl, wie der bereits im J. 1315 vorkommende (v. Langen 44) Name des Stadtviertels „Judenort“ beweist, welches erst nach der Erbauung der St. Lorenzkirche den Namen Lorenzort erhielt. Den 1. April 1324 befreite K. Ludwig der Bayer den Juden Jacklin allhier und seine Kinder auf 5 Jahre von aller Steuer und Bete (Böhmer Regg. addit. I, 274). An der Judenhetze, welche der schwarze Tod in den J. 1347–49 hervorrief, betheiligte sich auch Rottweil, verfiel jedoch zur Strafe für die frevelhafte Tödtung von Juden und die Wegnahme des Vermögens derselben in eine Geldbuße; mit deren Bezahlung wies K. Karl IV. die Stadt an die Gr. Eberhard und Ulrich von Württemberg, welche denn auch derselben am 6. April 1349 für 700 Florentiner Gulden quittirten. Im J. 1355 wird eine Judengasse, Judenschule und Schulhof allhier erwähnt (Mone 9, 269).

Was die wissenschaftlichen Bildungsanstalten[33] und die sog. bildenden Künste betrifft, so haben wir in ersterer Hinsicht schon aus dem 13. Jahrhundert Kenntniß von einer hiesigen lateinischen Schule durch ein Siegel, auf welchem ein Lehrer in weltlicher Tracht abgebildet ist, der einen vor ihm knieenden Knaben segnet und das die Umschrift zeigt: Conradus magister puerorum Rotwile; im J. 1317 kommt Werner Hagg, im J. 1347 Konrad Schapel, Schulmeister zu Rottweil, vor (Heidelb. Jahrb. 1851, 426; Schmid, Gr. v. Hohenb. 235). Obige Anstalt zählte zuerst zwei oder drei, vom 15. aber bis zum 17. Jahrhundert (1621)| fünf Lehrer. Sie blühte besonders in der ersten Zeit des 16. Jahrhunderts unter Rubellus (s. oben S. 208). Allein die Schulfonds waren klein und es fehlte deßhalb längere Zeit an tüchtigen Schulmännern, daher sich im J. 1630 die Dominikaner gegen eine mäßige Remuneration die Anstalt zu übernehmen und neu zu organisiren erboten. Sie wurde nunmehr zu einem eigentlichen Gymnasium erweitert und mit 3 Professoren, 3 Präceptoren und 2 lateinischen Schulmeistern besetzt. In den schweren Zeiten des 30jährigen Krieges sah sich jedoch der Magistrat im J. 1638 genöthigt, das Gymnasium wieder eingehen zu lassen und nur eine lateinische Schule beizubehalten. Mit der Gründung des Jesuitencollegiums allhier am 14. Nov. 1652 erfolgte aber auch die Wiedereröffnung des Gymnasiums. Dasselbe erhielt jetzt 3 obere und 3 untere Klassen, wurde aus dem alten Schulgebäude (der ehemaligen Herrenstube, dem jetzigen evangelischen Pfarrhof) in das 1717–1722 erbaute neue Gymnasialgebäude verlegt. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens wurde, was von den Kapellgütern außer dem Gebrauch für Kirche und Gottesdienst übrig blieb, nebst den vorhandenen Jesuitengütern und Gefällen zum ferneren Unterhalt der Studienanstalt und ihrer Lehrer stiftungsweise angewiesen, die Anstalt selbst unter die Oberaufsicht einer Studiendirektion aus dem Magistrat gestellt, und es vergingen zwei volle Jahrzehnte ohne einige Veränderung, abgesehen von dem Wechsel in der Person der Lehrer.

In den Jahren 1796–98 bekam das Gymnasium eine Reform, durch welche namentlich der Unterricht in den theologischen Fächern eine weitere Ausdehnung erhielt. Im J. 1812 jedoch wurde die theologische Fakultät nach Ellwangen versetzt, und seitdem besteht die Anstalt als Ober- und Unter-Gymnasium auch zur Vorbereitung auf das akademische Studium. Durch eine Übereinkunft vom 18. Juni 1834 wurden die Kosten der Unterhaltung des Gymnasiums auf Grundlage eines Normaletats von der Staatskasse übernommen, wogegen die Stadt den sog. Kapellen- und Studienfonds in Verwaltung und Nutznießung behielt, dafür aber auch den Aufwand auf die Kapellenkirche und die Besorgung des Gottesdienstes in derselben, sowie einen Zuschuß von jährlichen 3300 fl. für das Gymnasium und die Unterhaltung, bezw. neue Einrichtung der für dasselbe erforderlichen, in ihrem Eigenthum befindlichen Gebäude (zunächst aus dem Kapellen- und Studienfonds) zu übernehmen hatte.

Das deutsche Schulwesen hatte sich zu R. wie auch sonst in früherer Zeit keiner besonderen Blüthe zu erfreuen. Erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts wandte man demselben größere Sorgfalt zu: im J. 1567 wurde eine eigene Schulordnung erlassen, die sich jedoch mehr| mit der äußeren Ökonomie der Schule befaßte, und den 1. Jan. 1576 verfügte der Constanzer Bischof Markus Sittich, welchem diese Schulordnung vorgelegt wurde, übrigens unter ausdrücklicher Anerkennung des alten Ruhmes der Rottweiler Schulen, die Inkorporation der Sigmundskaplanei in der Heiligkreuzkirche, gewisser Einkünfte von den Kirchenfabriken und der Hälfte von den Neubruchzehenten an die Schulen. Nach Verordnungen von 1569 und 1570 hatten die Knaben und die Mädchen besonderen Unterricht in 3 Klassen zu empfangen, doch scheinen es deren bald mehr geworden zu sein. Mit dem J. 1782 beginnt eine neue Epoche für das deutsche Schulwesen durch Errichtung einer Normalschule (d. h. Musterschule für die gesamte Volksschule) nach österreichischem Muster. – Die Aufsicht über die Bildungs- und Unterrichtsanstalten führte eine eigene Schuldeputation, die sog. Schulherren, in späterer Zeit bestehend aus dem Stadtpfarrer, 2 rechtsgelehrten Assessoren und dem Syndikus.

Hinsichtlich der bildenden Künste erhielten die eigentlichen Maler und Bildhauer zum Vorzuge vor den gemeinen Malern, bloßen Anstreichern und Bildschnitzern, eine eigene obrigkeitlich genehmigte Satzung (Ruckgaber 1, 214 ff.). Was jedoch die Kunstprodukte aus dem Gebiete der Malerei und Plastik betrifft, so hat die Stadt als solche nicht viele eigentliche Kunstwerke aufzuweisen (vergl. die Beschreibung der Kirchen und des Rathhauses).

Geschichte des Hofgerichts zu Rottweil.[34]
Neben den beiden höchsten Reichsgerichten, dem Reichskammergericht und dem Reichshofrath, erhielten sich bis zum Untergang des Reiches in wenigen Theilen von Deutschland als Überreste der älteren deutschen Gerichtsverfassung einzelne kaiserliche Untergerichte, während sonst im ganzen Gebiete des deutschen Reiches die alten| Grafschafts-, die späteren Landgerichte längst schon landesherrliche Gerichte geworden waren. Zu diesen Gerichten, welche den Amtscharakter als kaiserliche Gerichte bis zum Ende sich wahrten und in dieser Eigenschaft in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters sich eine weit über die Gränzen ihres ursprünglichen Jurisdiktionsbezirkes hinausgehende Competenz zu verschaffen wußten, gehörte außer dem k. freien Landgericht in Schwaben auf Leutkircher Heide und in der Gepirs, dem k. Landgericht des Burggrafenthums Nürnberg zu Ansbach, dem k. Landgericht des Herzogthums Franken zu Würzburg und dem k. Landgericht zu Bamberg das Rottweiler Hofgericht.

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Über die Gründung dieses Gerichts ist nichts Sicheres bekannt, denn die alte und weitverbreitete Behauptung, K. Konrad III. habe in den Jahren 1146–47 die Rottweiler zum Danke für die ihm während seiner Kämpfe mit K. Lothar gewährte Hilfe mit demselben begnadigt, beruht auf keiner feststehenden geschichtlichen Grundlage, wenn gleich sie sogar in späteren kaiserlichen Mandaten, so der Hofgerichtsordnung K. Maximilians II. von 1572, Aufnahme fand, und eine frühere, die älteste Hofgerichtsordnung (s. u.) geradezu auf K. Konrads Namen gestellt wurde,[35] wie denn auch die Stadt selbst dieser Entstehungsgeschichte des Gerichts großen Werth beilegte, um durch ihre Verdienste gegenüber einem Reichsoberhaupte und| durch den Nimbus des Alterthums, dem das Gericht entstammte, einer Auflösung oder Verlegung desselben, welche von den Reichsständen so oft beantragt wurde, möglichst vorzubeugen. Freilich läßt sich andererseits nicht läugnen, daß allem Anschein nach schon am Ende des 13. Jahrhunderts (s. alsbald hienach) das Hofgericht als ein schon länger bestehendes Institut vorkommt.

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Urkundlich erwähnt wird das Hofgericht, „das Gericht auf des Kaisers Hofe zu Rottweil,“ auch „das Landgericht des Hofes zu Rottweil,“ öfters auch schlechtweg „das Landgericht zu Rottweil“ genannt, das erste Mal im J. 1299,[36] indem den 19. Jan. d. J. K. Albrecht I. aus besonderer Gunst den Bürgern zu Rottweil wegen ihrer (übrigens nicht angegebenen) bedeutenden Verdienste, das denselben schon längst von seinen Vorfahren am Reiche verliehene Privilegium bestätigte, daß Klagen gegen die Bürger im Allgemeinen und im Einzelnen vor dem dortigen Schultheißen oder Richter, Klagen der Stadt und der Bürger aber gegen Auswärtige vor dem dortigen kaiserlichen Richter („coram illo qui in curia nostra Rottwile judice loco nostri pro tempore praesederit“) angebracht werden sollten. Dieses der Stadt verliehene Privilegium wurde von K. Ludwig dem Bayern den 1. Apr. 1324 unter wörtlicher Einfügung der Urkunde in die seinige bekräftigt (Lünig 14, 363). Um die Vermehrung der Reichsmacht bemüht, wollte K. Karl IV. in seiner so vielfach rechtlosen Zeit die kaiserlichen Gerichte wieder emporbringen und hob zu dem Ende am 5. Okt. 1361 die durch frühere Könige ertheilten Befreiungen von diesem Gerichte – sowie von dem längst abgekommenen, jetzt aber wieder erneuerten Gerichte zu Ulm – durch einen Befehl an alle Fürsten, Grafen, Freie, Herrn, Ritter, Edelknechte, Städte und Gemeinden wieder auf, so daß er bei dieser allgemeinen Verordnung nur zu Gunsten der Herzoge von Österreich für deren Land und Leute in Schwaben und der schwäbischen Reichsstädte eine Ausnahme machte (Goldast Reichssatzungen 2, 72). K. Wenzel begnadigte den 28. Okt. 1397 die Stadt Rottweil, daß das Hofgericht allweg bei ihr bleiben sollte, wogegen sie auch dasselbe in solchen Ehren und Würden halten solle mit Urtheilen, Zusprechen,| mit Rittern und mit Richtern und mit allen Punkten und Artikeln, als das seit Alters Herkommen sei (Ruckgaber 2b, 477), Die folgenden Kaiser und Könige bestätigten den Bestand des Hofgerichts im Allgemeinen, seine Freiheiten und Privilegien, die Fortdauer desselben zu Rottweil, gaben auch einzelne weitere Vorschriften zu seinen Gunsten, so K. Ruprecht den 7. Aug. 1401 und 13. Aug. 1404, K. Sigmund den 5. Aug. 1410, den 4. Juli 1415, den 7. Sept. 1418, den 26. Nov. 1430 und den 2. März 1434. In seiner drittgenannten Verordnung insbesondere erlaubte K. Sigmund, daß das Hofgericht, welches bisher bei St. Mauricii Clausen auf der Mittelstadt gehalten worden, in den der Stadt näher gelegenen Thiergarten übergesetzt werde, – ein Platz, der in der Folge der Haingarten genannt wurde – und bestimmte, daß wenn eine Sache an einem Tage nicht beendigt werden könne, man das Hofgericht mehrere Tage nach einander halten solle. Namentlich aber sah K. Friedrich IV. wiederholt sich veranlaßt, zur Aufrechthaltung des Ansehens des Gerichtes Befehle ergehen zu lassen.

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Unter anderem bekräftigte er den 24. Sept. 1442 einestheils die vom Gerichte ausgesprochenen Achturtheile und schärfte deren Beachtung ein, anderentheils gebot er dem Bischof von Constanz und dessen Offizial, daß sie fürderhin den Hofrichter in der Ausübung der ihm zukommenden Gerichtsbarkeit nicht stören sollen. Den 28. Apr. 1460 gebot er, daß die Juden dem Gerichte nicht entzogen werden sollen. Den 4. Aug. 1460 erließ er ein Mandat an den Kurfürsten Dietrich von Cöln als Herzog in Westphalen, daß er den Stuhlrichtern, Freigrafen und Freischöffen an allen freien Stühlen gebiete, sie sollen den Hofrichter, die Urtheilssprecher, Notarien und andere Zugewandte des Hofgerichts, auch die Stadt Rottweil und deren Einwohner mit den westphälischen Gerichten insbesondere durch Annahme von Appellationen nicht beschweren, schärfte dasselbe am gleichen Tage auch dem Herzog Johann von Cleve als Inhaber einiger solcher Stühle ein und wiederholte dieses Mandat den 22. Aug. 1464 allgemein unter Androhung einer Strafe von 40 Mark löthigen Goldes. Den 20. Aug. 1464 gebot er dem Hofrichter Gr. Hans von Sulz und den Urtheilssprechern, da sie nur dem Kaiser ohne Mittel zugehören, sollen sie sich durch keine Unberechtigten in Übung und Gebrauch des Hofgerichts stören lassen und nur auf ihn ihr Aufsehen haben. Den 18. Juni 1470 schärfte er die Aufrechthaltung des Gerichtszwangs des Hofgerichts ein. Den 3. Sept. 1471 machte er die Satzung, daß die Fürsten, Grafen, Herren und Städte, welche die Freiheit bekommen haben, Ächtern Aufenthalt zu gestatten, diejenigen Ächter, welche aus Trotz über ein ganzes Jahr und einen Tag in der Acht verharren, austreiben sollen, und bestimmte, daß, so oft es nöthig sei, dem Gerichte ein Fiskal bestellt werde, welcher alle und jegliche Frevel, Verhandlungen und Ungehorsam, so sich wider das Gericht und seine Ehehaften begeben, von Amtswegen zu verfolgen habe. Den 1. Okt. 1484 traf er Verordnung wegen der Kundschaft und Zeugen. Den 26. Febr. 1489 gebot er, daß am Hofgerichte jeder daselbst zu Recht sitzende Richter, wenn er aufgestanden,| sich wieder niedersetzen und weiter im Rechte handeln möge, ohne daß ihn einiges Statut, Herkommen oder Gewohnheit daran hindern solle, den 29. Aug. 1491, daß wegen Ungehorsams in die Acht erklärte Personen vor dem Hofgericht nicht selbst zu erscheinen haben, sondern sich vertreten lassen können.

Die späteren Kaiser bestätigten die früheren Verordnungen, theils die allgemeineren, theils einzelne spezielle, meistens durch wörtliches Einrücken der älteren Verordnungen, gaben auch da und dort einige weitere Vorschriften, so K. Maximilian I. den 17. Juni 1496, indem er insbesondere die Grenzen des Gerichtssprengels feststellte (s. u.), und den 2. Okt. 1511, K. Karl V. den 30. Mai 1521 und 22. Apr. 1544, K. Ferdinand I. den 24. Mai 1559, den 24. Mai 1563, indem er namentlich an die im Bezirk des Gerichtes gesessenen Stände ein Mandat erließ, daß sie desselben Gerichtszwang nicht schmälern oder hindern sollen, und den 26. d. M. durch Mandat an das Hofgericht selbst, K. Maximilian II. den 4. März 1566, den 13. Nov. 1572 durch Publicirung einer neuen Hofgerichtsordnung (s. u.) und den 18. d. M. insbesondere durch Vorschriften über die Ehehaften, auf deren Verletzung eine Strafe von 50 Mark löthigen Goldes gesetzt wurde, K. Rudolf II., indem er den 12. Febr. 1591 ein Pönalmandat gegen die dem Gerichte feindlichen Verabschiedungen der schwäbischen Kreisstände veröffentlichte, K. Matthias den 3. Juni 1619, K. Ferdinand II. den 3. Dec. 1620, K. Ferdinand III. den 21. Apr. 1654, K. Leopold I. den 23. Juni 1659, K. Joseph I. den 9. Juli 1706, K. Karl VI. den 12. Apr. 1715, K. Franz I. den 10. Juni 1749, K. Joseph II. den 21. Apr. 1766, K. Leopold II. den 6. Mai 1791, K. Franz II. den 18. Febr. 1793. (Vrgl. Chmel Regg. Ruperti 38. 110, ders. Regg. Friederici 125. 382. 627. 763. XLV; Lünig 14, 372 ff.; Ruckgaber 3, 476, 477).

Das Gericht stand unmittelbar und nur unter dem Kaiser, die Reichsstände hatten an sich nichts mit ihm zu schaffen; nur in Folge ihrer Beschwerden gegen das Gericht und ihrer Bitten um seine Aufhebung (vergl. unten) wurde auch auf Reichstagen über dasselbe verhandelt. Der Hofrichter wurde vom Kaiser ernannt, er sollte (wenigstens nach der Hofgerichtsordnung von 1572) mindestens ein Graf oder Freiherr sein, das Amt eigentlich in Person verwalten, bei ehehaften oder erheblichen Verhinderungsgründen jedoch einen Grafen oder Freiherrn zum Statthalter setzen. Als Hofrichter erscheinen:[37] 1336 und 1337 Erkinger Aigelwart von Falkenstein| „ein fry Hofrichter von mines Herren des Römischen Kaysers Ludwigs Gewalt uff sinem Hofe ze Rotwil“ (s. Hergott Geneal. 2, 658, Crusius Annal. Suev. 2, 234, vergl. übrigens auch Gerbert Hist. Silv. Nigr. 2, 128), 1344–1359 Konrad von Wartenberg (Crusius 2, 244. Gerbert 2, 129), 1360 Oswald von Wartenberg (Gerbert a. a. O.). Den 4. Nov. 1360 verlieh jedoch Kaiser Karl IV. das Hofrichteramt dem Grafen Rudolf von Sulz, solange er und seine Nachkommen dies nicht widerrufen würden (Glafey Anecdota 425), und in Folge hievon wurde dieses Amt ein erbliches Lehen dieser Familie. Bisweilen werden denn auch Mitglieder derselben als fungirende Hofrichter genannt, so: 1363, 1364, 1373 Gr. Rudolf (Crusius 2, 274, Sattler S. 211); 1390, 1392 Gr. Rudolf an der Stelle seines gleichnamigen Vaters; 1419, 1422 Gr. Hermann; 1442 Graf Alwig statt seines Bruders Johann; in den Jahren 1446, 1452, 1455, 1457, 1461, 1479 Graf Johann selbst; 1503 Gr. Wolf Hermann für seinen Bruder Rudolf; allein meistens erscheinen in den Urkunden Statthalter aus anderen Familien. So werden in den beigesetzten Jahren als Hofrichter genannt: 1379 Oswald von Wartenberg, 1380 Eglof von Wartenberg, 1382 Oswald von Wartenberg, 1382–1384 Zeisolf von Lupfen, 1386 Christoph von Lupfen, 1391–1417 Eglof von Wartenberg, 1420–1424 Hans von Lupfen, 1426 Ulrich von Klingen von der Hohenklingen, 1429 Erhard von Nellenburg, 1430 Ulrich von Klingen von der Hohenklingen, 1476–1479 Tegernhard von Gundelfingen, 1493–1507 Erhard von Nellenburg, im 16. Jahrhundert öfters die Gebr. Gr. Johann Wernher und Wilhelm Wernher von Zimmern, 1562–1563 Wilhelm von Grafeneck, 1593–1598 Ferdinand von Grafeneck, 1603 Christoph Franz von Wolkenstein, 1644 Hans Friedrich von Bissingen, 1690–1718 Karl Joseph von Hohenberg u. s. w. Nachdem das in Kriegen und bei Friedensverhandlungen oft genannte Sulzer Grafengeschlecht den 21. Aug. 1687 mit dem söhnelosen Grafen Johann Ludwig von Sulz ausgestorben war, kam das Amt durch dessen Erbtochter Maria Anna an deren Gemahl, den Fürsten Ferdinand Wilhelm Eusebius von Schwarzenberg († 23. Okt. 1703) und vererbte sich sofort in dessen Familie bis zum Aufhören des | Gerichts. Die Zahl der Urtheilssprecher (Assessoren), Beisitzer beim Hofgerichte, betrug nach der Hofger.-Ord. von 1572 dreizehn, in späteren Zeiten eilf, zuletzt acht; sie wurden von den sieben Wahlmännern (Siebnern) erwählt. Das Gericht hatte einen Fiskal und Commissarius, verschiedene Advokaten und Procuratoren.

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Was den Bezirk des Gerichtes betrifft, so war von K. Karl IV. in der genannten Urkunde von 1361 seine Gerichtsgewalt prinzipiell als eine über das ganze Reich sich erstreckende anerkannt, in diesem Umfang konnte das Gericht allerdings diese Gewalt nicht behaupten, allein sein Sprengel war doch immerhin sehr ansehnlich. In der ältesten Gerichtsordnung sowohl (s. u.) als in dem Privilegium K. Maximilians I. vom 17. [nicht 13., wie es Lünig 2, 168 ff. heißt] Juni 1496 wird der Sprengel als von Alters her über Franken, Schwaben, die Rheinlande bis Köln und einen Theil des Elsaßes und der Schweiz sich erstreckend bezeichnet, und noch im 18. Jahrhundert hielt man sich bei den Angaben über den Gerichtsbezirk im Wesentlichen an jene Gränzbestimmung. Unterworfen waren ihm sowohl die betreffenden Reichsstände selbst, als ihre Unterthanen, allein fast alle vornehmen in diesem Bezirk gelegenen Stände, nebst vielen von den geringeren, wie auch manche Mitglieder der Reichsritterschaft wurden durch kaiserliche privilegia de non evocando diesem Banne entzogen, so z. B. die Kurfürsten, Österreich, die Markgrafen von Brandenburg, die Grafen von Württemberg (Privilegien vom 5. Okt. und 4. Dec. 1361, vergl. hierüber Stälin 3, 278–79, Vertrag vom 14. Dec. 1472 zwischen Graf Eberhard dem älteren und dem Hofgerichte – später von mehreren Kaisern, so Rudolf II. den 28. Jan. 1591, Matthias den 3. Juni 1613, bestätigt, – bei Wegelin, Gründl. histor. Beweis u. s. w. Beil. 216 S. 289), der Johanniter- und der Deutsche Orden, die Städte Augsburg, Reutlingen, Ulm, Rottweil selbst, die Nippenburg, Rechberg u. s. w. Freilich bezogen sich derartige Freiheitsbriefe ordentlicher Weise nicht auf die sog. „Ehehaften“ oder dem Hofgerichte vorbehaltenen Fälle (besonders Gewalt, Rechtsversagung, Gefahr auf dem Verzug u. drgl., nach der Hof. ger. ord. v. 1572 28 Fälle), allein manche Stände waren auch mit der Zeit gegen diese Ehehaften privilegirt, während selbst derartige Privilegien im Falle der Rechtsversagung in Wegfall kommen sollten. – Innerhalb seines Sprengels hatte das Gericht, sofern kein Privilegium entgegenstand: 1) concurrirende Gerichtsbarkeit mit den höchsten Reichsgerichten, d. h. also in Klagen gegen Reichsunmittelbare, wo diese Gerichte in erster Instanz zuständig waren; 2) concurrirende Gerichtsbarkeit mit den Territorialgerichten, d. h. in Klagen gegen Mittelbare. In diesen Fällen entschied daher die Prävention. Auch nahm| das Hofgericht Beschwerden über verzögerte und verweigerte Justiz an. Von seinen Erkenntnissen ging die Appellation an die höchsten Reichsgerichte. Geistliche- und Ehe-Sachen, auch was in die kaiserlichen Vorrechte einschlug, konnten hier nicht angebracht werden, wohl aber wurden Akte der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit angenommen (vrgl. z. B. die feierliche Bestätigung des zwischen den Gebrüdern Grafen Eberhard dem Greiner und Ulrich IV. von Württemberg am 1. Mai 1362 zu Stuttgart geschlossenen Vertrags am 30. Juni d. J. vor diesem Gerichte, Stälin 3, 289). – Ordnungen über das Verfahren bei dem Hofgerichte sind zwei bekannt: 1) eine ältere, dem K. Konrad III. selbst noch fälschlich zugeschriebene, welche, wegen ihrer großen Ausführlichkeit namentlich, wohl erst an den Schluß des 15. Jahrhunderts zu setzen sein dürfte, gedruckt das 1. Mal im Jahre 1523 (Straßburg von Johannes Grieninger),[38] sodann 1535 (Rottweil), 1551, 1564 (Frankfurt a. M. bei Christian Egenolff), später z. B. in Lünig (4, 94–114), und 2) eine neuere, von K. Maximilian II. den 13. Novbr. 1572 erlassen, welche in 3 Theile je mit einer größeren Reihe von Titeln zerfällt und sehr umfangreich ist (Orig. Perg. 36 Bl. Fol. im St. A., gedr. Mainz durch Casp, Behem 1573 und öfters z. B. von Wehner. Frankfurt a. M. 1610, im Auszug bei Ruckgaber 2a, 27–81).

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Als am Ende des Mittelalters die Reichsjustiz durch die Organisirung der höchsten Reichsgerichte verbessert worden war und die Territorialgerichte in den Partikularstaaten sich immer mehr entwickelt| hatten, wurde das Gericht (wie die anderen im Reiche zerstreuten kaiserlichen Gerichte dieser Art) zu einer Anomalie. Seit dem 15., besonders aber dem 16. Jahrhundert häuften sich denn auch die Beschwerden gegen dasselbe; es wurde ihm namentlich schlechter Proceßgang, zu große Ausdehnung der Ehehaften, Nichtberücksichtigung der Exemtionsprivilegien (dem Gericht war es eben wohl vor Allem um die Sporteln zu thun) vorgeworfen, die höheren Stände wollten ihm schon deßhalb nicht gehorchen, weil es meist mit Personen geringeren Standes besetzt war, und der Jurisdiktionsstreitigkeiten gab es unzählige.[39] Nicht nur der Bundschuh zu Lehen (bei Freiburg im Breisgau) vom J. 1513 forderte die Befreiung von dem Rottweiler Hofgericht (Ruckgaber 2a, 100), eine Reformation des Verfahrens ward auch von den Kaisern und Reichstagen öfters in Aussicht genommen. So sagte der Reichsabschied zu Nürnberg von Galli 1438 eine Erläuterung und Bezeichnung der Competenz „der Landgerichte Franken, Nürnberg und Rottweil“ zu[40], und auf dem Mainzer Reichstage von 1517 verlangte zunächst der Ausschuß ein „erkorn leidlich Ordnung oder Maas“ für das Gericht, dann der Reichstag selbst, ebenso die Reichstage von Augsburg vom J. 1518 und von Worms vom J. 1521. Auf dem Reichstage zu Regensburg von 1532 wurde beschlossen, daß das Gericht eine Ordnung verfassen und den Visitatoren des Reichskammergerichts vorlegen möge.[41] Aber erst auf Grund des Reichstagsbeschlusses von Speier vom J. 1570 §§ 71–73, wornach der Kaiser versprach, das Hofgericht visitiren zu lassen, mit verständigen Urtheilern zu besetzen und mit einer neuen Ordnung zu versehen, wurde eine solche ausgearbeitet und im J. 1572 publicirt. Bei Abfassung des Westphälischen Friedens wurde von den Evangelischen zwar die Abschaffung dieses Gerichts wie die der anderen kaiserlichen Gerichte dieser Kategorie in Anregung gebracht, bei dem Widerspruche der Kaiserlichen und Katholischen aber die Sache wieder für die nächsten Reichstagsverhandlungen zur Berathung ausgesetzt (Instr.| Pac. Osnab. V. § 56), und diese Abschaffung wurde in den neueren Wahlkapitulationen wiederholt in baldigste Aussicht gestellt (Wahl-Kap. Art. XVIII. §. 8). Abgeschafft wurde nun allerdings das Gericht nicht, allein es verblieb ihm in seiner späteren Zeit „auch der Schatten nicht mehr vor seinem ehemaligen Ansehen“ (v. Langen 143).

Das Hofgericht wurde in der Regel gehalten „auf offener freier Königstraße“, „an der offenen fryen Kaiserlichen Straße“, wie dies in Urkunden der verschiedensten Jahrhunderte und in der Hof. ger. ord. von 1572 ausgesprochen ist, zuerst auf der Mittelstadt, dann in der Hochbrücker-Vorstadt (s. ob. S. 171). Zu Anfang jedes Jahres sollten wenigstens 14 Hofgerichtssitzungen, auf gewisse Zeiten vertheilt, öffentlich verkündigt werden. Dieselben begannen Dienstags um 12 Uhr und erstreckten sich dann auf die folgenden Tage. Die Schilderung des bei einer öffentlichen Hofgerichtssitzung wenigstens in späterer Zeit üblichen Ceremoniels s. bei Ruckgaber 2a, 114–119.

Es gibt einige alte Abbildungen, welche sich auf das Hofgericht beziehen, und zwar: 1) des Aktes, wie K. Konrad III. den Rottweilern das Privilegium übergibt, vermöge dessen das Hofgericht beständig bei ihnen bleiben soll, als Titelblatt zur Ausgabe der Hof. ger. ord. von 1523 und darnach bei Senkenberg (a. a. O. ad pag. 52), und 2) einer Hofgerichtssitzung als Titelblatt zu den Ausgaben der Hof. ger. ord. von 1551 und 1564. (Auch die Ausgabe von 1535 enthält Abbildungen von Gerichtsscenen auf dem Titelblatt, diejenige von 1573 den gekrönten Reichsadler und auf jeder Seite desselben einen Schild mit einem Kaiserbild und der Umschrift: (herald.) rechts: Conradus III. Caesareae aulae consistorium Rotwilam transtulit ibique fundavit 1146, links: Maximilianus II. hoc idem consistorium reformavit et constituit 1573.) – Die Hofrichter führten bald ihr eigenes Wappen, bald das Hofgerichtssiegel: den Reichsadler.

Zu den ältesten bekannten Gerichtsbriefen gehört ein solcher aus dem 2. Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts, als das K. Friedrich IV. anhängende Hofgericht auf Anrufen des Abts und Convents von Einsiedeln im Anschluß an den vom Bischofe von Constanz verhängten Bann die 3 Waldstädte Schwiz, Uri und Unterwalden wegen der Gefangenhaltung etlicher Conventualen in die Acht erklärte, ein übrigens von K. Ludwig dem Bayern den 25. Mai 1315 aufgehobenes Urtheil (Tschudi Chron. Helvet. 1, 268). Das letzte Hofgericht wurde den 22. Juli 1784 bei Gelegenheit der Beeidigung einiger neu angenommener Assessoren unter dem Vorsitz des Hofgerichtsstatthalters Freiherrn Ludwig von Freiberg zu| Wellendingen unter freiem Himmel an der offenen Landstraße gehalten.
Die Rottweiler freie Pürsch.

Dieselbe wird das erste Mal erwähnt in einer nur noch abschriftlich im 1. Band der sogen. Armbrusterbücher im Rottweiler Stadtarchive vorhandenen Urkunde, wornach der Schultheiß S., die Richter und die gesamte Bürgerschaft von Rottweil sich bei Herzog Konrad von Teck, dem getreuen Anhänger K. Rudolf I. von Habsburg, für 400 Pfund Rottweiler Gewichts verbürgten, welche der letztere dem ersteren als Kaufpreis „pro theoloneo et iurisdictione apud Rotwil ac bonis sive possessionibus dictis Bürsse [?cum] eorum pertinentiis“ schuldig wurde.[42] Nach der alsbald zu nennenden Urkunde von 1474 trugen die Rottweiler dem Kaiser vor, daß „sie den Hof bei ihnen auf der mittlen Stadt unter den Linden, darin dann das Birsgericht bei ihnen und um sie auf dem Schwarzwald gehört, von unseren Vorfahren am Reich zu Lehen hätten“, demgemäß erscheint die freie Pürsch als Zubehör des der Stadt seit dem 30. Jan. 1348[43] zu Lehen gegebenen hiesigen Reichshofes (s. ob. S. 228), und die genannten Urkunden von 1348 und 1474 sind es auch, auf welche sich die Stadt noch im J. 1515 in einem Rechtsstreit mit Herzog Ulrich von Württemberg zum Beweis ihrer Pürschgerechtigkeit berief.

Die erste noch erhaltene spezielle kaiserliche Bestätigungsurkunde dieses Rottweiler Besitzes rührt nämlich von K. Friedrich IV. her und ist vom 17. Okt. 1474 datirt. Dieselbe bestätigte der Stadt „die freie Birsch mit hohen und niederen Gerichten, sodann unter der Linden auf der mitlen Stadt in Gericht gehalten wird und sy von uns, unsern Vorfahren und dem h. Reich zu Lehen tragen, mit allen Herrlichkeiten, Wildbännen und Gewaltsamen, wie ihr| Altvordern und sy die bisher von uns und des h. Reichs wegen inne gehabt“ u. s. w., und spricht ausdrücklich von den kaiserlichen und königlichen Briefen, die Rottweil von des Kaisers Vorfahren verliehen worden. Auch die späteren Kaiser Maximilian I. – K. Leopold II. (1511–1791) ertheilten ihrerseits der Stadt die Bestätigung dieser Gerechtsame.

Der Rottweiler Pürschbezirk umfaßte im Durchschnitt 5–6 Stunden und enthielt nicht nur die Besitzungen der Stadt selbst, die sie nach und nach erlangte, sondern auch noch einige angränzende Orte benachbarter Reichsstände. Die Gränzen desselben blieben im Wesentlichen immer unverändert und waren durch besondere Pürschsteine mit Wolfsangeln und den Anfangsbuchstaben der Stadt und der da und dort angränzenden Ortschaften bezeichnet, die z. Th. noch jetzt stehen. Er erstreckte sich nach dem Lehenbrief K. Josephs I. vom 9. Juli 1706 (Lünig 14, 383) von der Neckarfurth ob Deißlingen Villingen zu, neben der Stadt hin an den Kirnbach zur Langenschiltach, über Tischneck nach Sulgen, von da neben Oberndorf in den Neckar, dann zum Böhringer Eck gegen Wildeck in Gallenbad, zum Landgraben bei Schörzingen, sodann nach Frittlingen und über den Aixheimer Wald zur Deißlinger Furth.

Zur Ausübung der in der Pürschgerechtigkeit liegenden Jurisdiktionsgewalt bestand in Rottweil ein eigenes Malefizgericht, das Pürschgericht genannt. Dasselbe versammelte sich auf der sog. Mittelstadt auf der dazu bezeichneten Malstätte unter einer Linde (vergl. unten S. 312). Die Art und Weise, wie dieses Gericht gehandhabt wurde, ergibt sich aus der „Ordnung, wie das Malefiz- oder Birstgericht uff der mittlen Stadt Rottweil gehalten wurdet“, von 1574, welche einer älteren nachgebildet ist (ein, übrigens nicht solennisirtes Exemplar im St.A., von welchem der Druck bei Ruckgaber 2a, 131–139 in einzelnen weniger wichtigen Punkten abweicht). Das Gericht bestand aus dem Pürschvogt als öffentlichem Ankläger, dem Pürschrichter und 12 Richtern von dem Land aus Rottweiler oder solchen Dörfern, deren Herren Bürger oder Satzbürger von Rottweil waren, und endlich einem Schreiber. Mit seinem alterthümlichen Beweisverfahren dauerte es bis ins 17. Jahrhundert fort; von dieser Zeit an wurde, da namentlich seit der Einführung des Römischen Rechtes die Formen der Criminalgerichtsbarkeit sich geändert hatten, die Criminaljustiz unmittelbar vom Magistrate auf Grund des von einer besonders aufgestellten Deputation eingeleiteten Inquisitionsverfahrens ausgeübt.

Wie auch sonst wurden in Rottweil von Zeit zu Zeit zur Regulirung der durch die Pürschgerechtigkeit begründeten Jagdfreiheit sog.| Pürsch-Ordnungen erlassen, die neueste den 20. April 1718 [Gedr. 4 Bl. Fol.], nachdem die Handhabung der älteren in den leidigen Kriegszeiten in Abgang gekommen war. Ihre 13 Artikel sind bei Ruckgaber 2a, 124 ff. wiedergegeben; aus dem ersten derselben ergibt sich, daß zur Ausübung der Jagd hier wie in anderen Pürsch-Bezirken die Bürger und Unterthanen, überhaupt alle in der Pürsch Gesessenen, weß Standes sie immer sein mochten, berechtigt waren.

Der Besitz der freien Pürsch verwickelte die Stadt in eine zahllose Menge von Streitigkeiten mit den benachbarten Herrschaften in Folge von gegenseitigen Gebietsverletzungen und Jurisdiktionseingriffen. Dieselben sind von Ruckgaber (2a, 143–211) ausführlich dargestellt, bei dem geringen geschichtlichen Werth, der ihnen im Allgemeinen zukommt, kann jedoch hier meist nur ein kurzer Überblick über sie gegeben werden.

Mit Württemberg fanden solche zuerst während der Regierung Eberhards im Bart statt; die im J. 1475 ausgebrochenen wurden zwar am 31. August d. J. durch einen Vergleich beendigt, allein schon im J. 1481 fingen neue Zwistigkeiten an, die auf mehreren Tagsatzungen zu Biberach, Schaffhausen, Baden, Villingen, beizulegen versucht, endlich aber im J. 1489 durch die Biberacher und Eidgenossen schiedsrichterlich entschieden wurden. Ein noch stärkerer Conflikt trat mit Herzog Ulrich ein wegen der hohen Gerichtsbarkeit in den Orten Flötzlingen und Weiler (jetzt bad. A. Villingen), indem der Herzog sowohl als die Stadt solche Gerichtsbarkeit als Zugehör je ihrer Pürschgerechtsame ansprachen. In der 3. Woche des Jan. 1510 fielen die Rottweiler mit etlichen Reisigen, Karrenbüchsen und bei 300 Fußknechten ohne vorherige Absage in das württembergische Gebiet ein, nahmen dortige Amtleute und Unterthanen – bei 20 Personen – gefangen, und führten sie als Übelthäter gebunden in ihre Stadt. Der schwäbische Bund erkannte deßhalb auf seiner Versammlung zu Augsburg den 24. Febr. dem Herzog Hilfe zu, 300 Mann zu Roß und 3000 zu Fuß, die württembergische Landschaft bewilligte ihm 20.000 fl. zum Feldzuge. Auf Andringen der Eidgenossen jedoch, welche übrigens Rottweil auf dessen Mahnung Hilfsmannschaft schickten, und nach einer Untersuchung, welche K. Maximilian I. am 26. und 27. Okt. in Villingen anstellte, wurden die Streitigkeiten verglichen und zwar den 24. Mai 1511 hinsichtlich der Gewaltthätigkeit der Rottweiler dahin, daß sie denen, die durch die Gefangennehmung gelitten, Abtrag thun sollen; den 23. Jan. 1515 hinsichtlich der Hauptsache dahin, daß die Ausübung der Malefizgerechtigkeit an den genannten und mehreren anderen Orten zwischen Württemberg und Rottweil jährlich zu wechseln hatte (Stälin 4, 78 ff. Über die Thätigkeit der Eidgenossen in dieser Sache s. Amtl. Samml. d. älteren Eidgenöss. Abschiede 3, II, 478. 495. 510. 564). Als nun aber zugleich auch – ohne Wissen und Willen des Kaisers – neue Marksteine gesetzt wurden, erklärten sich die Villinger hierdurch beeinträchtigt, hoben sie aus und zerschlugen sie, während der Kaiser den Vergleich am 2. März d. J. cassirte, und nach der Vertreibung Ulrichs wollte auch Rottweil sich durch den Vergleich nicht mehr gebunden erachten. Da| verzichtete Erzherzog Ferdinand als Inhaber des Herzogthums Württemberg aus Gnaden den 6. Okt. 1522 auf den ihm „nach dem Vergleich gebührenden Jahresantheil an dem hohen Gericht“ und den Malefizstrafen, und mit Württemberg gab es von da an keine namhafteren Pürschhändel mehr. Dagegen zogen sich die mit Villingen noch länger fort; nach Verhandlungen zu Überlingen, zu Engen und zu Rottenburg (1521, 1522) und nach einer Klage der Stadt Villingen gegen Rottweil vor der Regierung zu Ober-Ensisheim (1538) wurden beide Städte unter Vermittlung des Freiherrn Wilhelm von Grafeneck und Burgberg den 19. April 1582 durch den sog. Hüfinger Vertrag verglichen, welcher den 22. Sept. 1582 die kaiserliche Bestätigung erhielt. Bedeutendere Conflikte zwischen beiden Städten kamen nun nicht mehr vor, nur ein im J. 1554 entstandener Streit zwischen Rottweil und der Villinger Johanniterkommende wegen der hohen Gerichtsbarkeit in den Kommendedörfern Neuhausen u. s. w., welche Rottweil kraft seiner Pürschgerechtigkeit beanspruchte, war noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts unentschieden. Auch mit der österreichischen Herrschaft Hohenberg gab es von Anfang des 16. bis nach der Mitte des 18. Jahrh. eine längere Reihe von Mißhelligkeiten und Verhandlungen; hervorzuheben ist aus der Geschichte derselben der sog. Ferdinandeische Vertrag vom 9. Febr. 1544: ihm zufolge erhielt Österreich in Wilflingen, Zimmern unter der Burg, Altingen und Trossingen die forstliche und hochgerichtliche Obrigkeit, in Wellendingen, Frittlingen und Sonthof sollte Österreich zwar die hochgerichtliche Obrigkeit zustehen, ein Theil dieser Dörfer und des Hofes aber zur Rottweiler freien Pürsch gehören, endlich sollten Böhringen, Wildeck, Vaihingen, Neukirch, Aixheim, Neufra, Göllsdorf, Feckenhausen, Zepfenhan, Aichhof, Täfermühle, Deißlingen, Lauffen, die Altstadt, der Briel und Jungbrunnen im Bezirk der Rottweiler freien Pürsch und der hohen Obrigkeit liegen und bleiben. Sodann sind zu nennen wiederholte, zum Theil sehr heftige Reibereien zwischen der Stadt und den verschiedenen Besitzern der Herrschaft Schramberg, im J. 1512 Hans von Rechberg, im J. 1538 ff. Hans und später seinem Sohn Christoph von Landenberg (die oben S. 248 dargestellte landenbergische Fehde), Rochus Merz von Staffelfelden und seiner Wittwe von 1560 an, sowie ihren Rechtsnachfolgern dem Hause Österreich und dem Gr. Wilhelm von Zimmern, welch letzterer endlich den 29. April 1590 durch ein Reichskammergerichtsurtheil angehalten wurde, die Stadt in ihrem Besitz nicht zu stören, seit dem Jahre 1719 einige Unterbrechungen abgerechnet bis 1742, sodann 1755 und 1756, 1769–1790 mit den Herrn von Bissingen, in welch letztem Proceß namentlich die österreichischen Regierungen zu Innsbruck und Freiburg scharf gegen Rottweil vorgingen. Weiter kam es zu Pürschstreitigkeiten mit Oberndorf, zunächst den österreichischen Pfandinhabern: im J. 1533 Gottfried Wernher von Zimmern wegen der Zentgerichtsbarkeit in Betreff der Orte Beffendorf, Waldmössingen und Altoberndorf (beigelegt durch Vertrag vom 2. Sept. 1533), sodann mit Gr. Wilhelm von Zimmern in den Jahren 1580, 1585, 1587, später dem Obervogteiamt Oberndorf in den J. 1700, 1783–1790 u. s. f. Endlich fehlte es seit dem Ende des 15. Jahrhunderts nicht an vielen Pürschstreitigkeiten mit den benachbarten Grafen von Fürstenberg, welche z. Th. ziemlich heftig geführt wurden, sowie mit dem Reichsstift Rottenmünster.

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| Übrigens erstreckte sich der Pürschbezirk der Stadt Rottweil, insbesondere in früherer Zeit, nicht über das ganze Oberamt. Einmal nemlich hatten die Herren, bezw. Grafen von Zimmern ihren eigenen Pürschbezirk, ebenfalls als Reichslehen. Derselbe wird in der Bestätigungsurkunde K. Sigmunds für Johann von Zimmern vom 6. Mai 1434 beschrieben und ging vom Laubenlindenwald bei Sulgau (O.A. Oberndorf) gegen Röthenberg bis Marschalkenzimmern, über Weiden nach Epfendorf; von hier aus betrat der Bezirk unser Oberamt bei Hohenstein, und zog sich weiter über Lackendorf zwischen Dunningen und Bürenberg und zuletzt Schönbronn und Sulgau zu (Ruckgaber, Zimmern S. 77). Wegen dieses Pürschbezirkes gab es am Ende des 15. Jahrhunderts Streitigkeiten zwischen der Stadt und Hans von Zimmern (vergl. Ruckgaber 2a, 175 ff.), derselbe kam jedoch mit der Herrschaft Zimmern an Rottweil. – Sodann fiel der nordöstliche Theil des Oberamtes in die freie Pürsch-vor dem Schwarzwald oder den Pürschdistrikt bei Balingen, Ebingen, Onstmettingen, welcher in dem genannten Theile des Oberamtes an die oben beschriebene Gränze des Rottweiler Pürschdistriktes anstieß und dann die Schlichem hinauf bis gen Hausen am Thann und von da an den Lochenstein lief (vergl. den Vertrag zwischen K. Maximilian I. und Gr. Eberhard dem Ä. von Württemberg vom 21. Mai 1490). Endlich griff südlich von diesem Bezirk und östlich vom Rottweiler der Hohenberger Forst etwas ein, dessen Gränzbestimmung gegenüber vom Rottweiler nach dem Vertrage vom 9. Febr. 1544 schon oben S. 308 angegeben wurde.

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So mannigfache Streitigkeiten, wie die oben geschilderten, welche in ähnlicher Weise auch bei anderen Pürschdistrikten vorkamen, sowie verschiedene an das Pürschwesen sich sonst anreihende Unzuträglichkeiten bewogen die Stände des schwäbischen Kreises in ihrer Mehrzahl auf einer Reihe von Pürschconventen im 17. und 18. Jahrhundert sich gegen den Fortbestand des Pürschwesens in der alten Art und Weise auszusprechen, allein Rottweil erklärte sich mit einigen anderen besonders betheiligten Reichsstädten stets gegen die Aufhebung desselben, und wenn auch K. Joseph I. den 21. Mai 1687 den schwäbischen Kreis aufforderte, über diese Aufhebung Bericht zu erstatten und dieser letztere beifällig abgegeben wurde, so erfolgte die Aufhebung dennoch zu Reichszeiten nicht, und Rottweil insbesondere erhielt, wie schon oben gezeigt, stets wieder neue kaiserliche Bestätigung seiner Pürschgerechtsame. Als es aber an Württemberg gekommen war, wurde die freie Pürsch durch Rescripte der herz. Oberlandesregierung vom 15. April 1803 und 5./9. Juli 1806| (Knapp Repertorium 1, 370, Samml. der Gen. Rescr. vom J. 1806, 98) allgemein aufgehoben.


Parzellen.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Altstadt, Pfarrweiler, hat 1/4 Stunde südöstlich von Rottweil eine sehr freundliche Lage und ist unregelmäßig auf beiden Seiten des Neckars theils in die Thalebene, größtentheils aber an die Thalgehänge lang gestreckt hingebaut. Der Ort besteht meist aus ansehnlichen, zum Theil im städtischen Stil erbauten, durchaus ziegelbedachten Häusern.

Beinahe mitten im Ort auf sonnigem mit Akazien bepflanztem Hügel, mit der Westseite (Schauseite) gegen den Neckarfluß, erhebt sich die dem hl. Pelagius geweihte Kirche, eine der frühesten (romanischen) Basilikenanlagen unseres Landes; freilich nunmehr vielfach verändert, aber in der ursprünglichen, bei aller Schlichtheit doch schönen und bedeutenden Anlage noch wohl zu erkennen. Sie wurde errichtet als eine dreischiffige flachgedeckte Pfeilerbasilika, mit zwei Thürmen an den Ostenden der Seitenschiffe und mit großer halbrunder Abside, als Schluß des breiten Hauptschiffes und östlich zwischen den Thürmen vortretend. Auch die auffallend schmalen Seitenschiffe schließen mit halbrunden Absiden, welche sich in die Westmauern der beiden Thürme vertiefen (s. a. den Grundriß). Von diesen Thürmen stehen nur noch die unteren Geschosse und von der großen Abside des Mittelschiffes erhielt sich nur die Umfassungsmauer bis etwa zu 2m Höhe, so daß die Ostansicht der Kirche verunstaltet ist. Beide Thürme machen zusammen den Eindruck eines plumpen Querschiffes, an das sich eine sehr niedere halbrunde Abside (zur Sakristei dienend) anschließt. Man mauerte nämlich den hohen Scheidebogen zwischen dem eigentlichen Chor und der Abside zu und ließ nur unten einen niedrigen Bogen, als Durchgang in die Sakristei, offen. Ganz erhalten sind dagegen außen an der Westseite der Kirche das einfach schöne, einmal sich eintreppende Rundbogenportal, das etwas aus der Mauerflucht heraustritt und mit einem Gesimse bekrönt ist; – dann die beiden mit den alten Rundbogenfenstern belebten Wände des Hochschiffes, auch sämtliche Umfassungsmauern der jetzt von spätgothischen Fenstern durchbrochenen Seitenschiffe, und endlich im Innern die halbrunden Pfeilerarkaden, je sechs an jeder Seite. Ihre Kämpfergesimse bilden sich aus der attischen Basis, nur eines der linken Reihe zeigt bescheidenes Blattgeschlinge. Vor den schon genannten noch erhaltenen Seitenabsiden, die jetzt durch Altäre verstellt und| deren einst in der Halbrundung umhergezogenen Kämpfergesimse weggespitzt sind, spannt sich je ein spätgothisches Rippenkreuzgewölbe; sonst sind alle Decken flach. In dem auch noch ursprünglichen hohen Chore sieht man an der Nordwand ein gothisches mit sehr schönem Lisenenwerk geschmücktes Sakramenthäuschen. Schön ist auch und ergreifend der hier befindliche sehr große Krucifixus mit tiefgesenktem langlockigem Haupt; ein zweiter auf der Orgelempore im Westen. Beide Seitenaltäre haben tüchtige Gemälde von J. Fuchs, vom Jahre 1854. Das älteste Werk der ganzen Kirche ist der Taufstein, ein länglich rechteckiger Stein mit dem eigenthümlichen altchristlichen Zickzack-Ornament.

Die Maßverhältnisse des klaren Grundrisses gliedern sich, in römischen Fußen ausgedrückt (ein röm. Fuß = 0,2935 m.), in ganz einfachen Zahlen. Als Grundzahl erscheint die Breite des Mittelschiffes 21 (3×7) samt der Breite beider Arkadenpfeiler, die je 3 F. im Geviert halten, also 27 F., denn die größte Breite der Kirche an den Thürmen beträgt 2mal 27 oder 54, die größte Länge der Kirche 4mal 27 oder 108 r. Fuß. Die lichte Weite der Arkaden ist genau 10 F., die innere Länge des Chores, nach der alten Regel, ein Viertel der ganzen inneren Länge, die 100 F. beträgt. Das Mittelschiff hat die auffallend große Weite von 21 F. gegenüber den im Lichten nur 91/2 F. breiten Seitenschiffen.

Der vierstockige, im 15. Jahrhundert erbaute hohe Thurm steht an der Südseite der Kirche, und mit deren Westseite in einer Flucht. Unten herauf hat er sehr dicke Mauern, mit zierlichen rechteckigen Schießschartenfensterchen, oben schöngefüllte spitzbogige Schallfenster, und endigt in ein hohes achtseitiges Zeltdach, an dessen Beginn vier steinerne Wasserspeier weit hinausragen.

Westlich bei der Kirche steht das wohlgebaute, schon mehrere hundert Jahre alte, freundliche Pfarrhaus, dessen Unterhaltung, sowie die der Kirche, auf der Gemeinde ruht; – und südlich neben der Kirche befindet sich eine frühere, jetzt ganz verbaute Kapelle, der nach ihrem (leider in den letzten Jahren dick übertünchten) an römische Art erinnernden Gemäuer ein sehr hohes Alter zugeschrieben werden muß. Der Friedhof liegt gegen Norden auf dem rechten Neckarufer und enthält viele schöne Eisenkreuze.

Das ebenfalls bei der Kirche stehende ansehnliche Schulhaus wurde anfangs der 40er Jahre neu erbaut und enthält zwei Lehrzimmer, die Wohnungen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen, wie auch die Gelasse für den Gemeinderath.

Durch den Ort führt die Rottweil–Schwenninger Landstraße, von der am südlichen Ende des Dorfs die Rottweil–Spaichinger| Landstraße ablenkt und von dieser geht ein Vicinalweg nach Göllsdorf ab. Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 9 stark laufende Brunnen, überdieß fließt der Neckar durch den Ort, der unterhalb desselben die Prim aufnimmt. Im Ort führen eine steinerne und eine hölzerne Brücke, wie auch ein hölzerner Steg über den Neckar.

Die Einwohner, ein hübscher freundlicher Menschenschlag, treiben hauptsächlich Landwirthschaft, Viehzucht und etwas Gewerbe. Es bestehen 3 Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, 2 Kramläden und 3 Mühlen (s. oben). Viele Einwohner arbeiten in der Fabrik zu Bühlingen. Die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind dieselben wie in Rottweil, auf dessen Markung der Ort liegt; auch haben die Bürger von Altstadt die gleichen Rechte wie die Rottweiler.

Im nördlichen Theil des Dorfs befindet sich zunächst der römischen Heerstraße, schon auf der Flur Mittelstadt, die sog. Malstatt; man sieht daselbst auf einem freien Platz neben einer Linde 4 marksteinähnliche Tuffsteine, welche die Ecken eines Oblongums bezeichnen, dessen Langseite 14′, die Schmalseite 7′ beträgt. Hier wurde das Pürschgericht abgehalten.

Um die Mitte des 14. Jahrhunderts war der Hof zu Rottweil in der alten Stadt, den Arnold der Widemer baute, und da der Kirchensatz zu Rottweil und die Altstadt mit Gerichten, Zwingen und Bännen, Leuten und Gütern ingehörte, ein Bestandtheil der österreichischen Grafschaft Kiburg (Kantons Zürich)[44] und von Herzog Albrecht II. von Österreich an Herzog Reinhold von Urslingen, von dem letzteren aber hinwiederum an den Ritter Renher (Reinhard) von Rüti zu Lehen gegeben. Renher von Rüti kam zwar den 2. April 1353 mit genanntem Reinhold dahin überein, daß er den Hof an das Kl. Rottenmünster verkaufen dürfe, allein dieses Verkaufsprojekt kam nicht zu Stande, Renher verkaufte den Hof samt Zugehörungen vielmehr bald darauf an Volz von Neuneck, welchen obiger Herzog Albrecht den 25. März 1354 damit belehnte. Durch Schuldennoth gezwungen verkauften jedoch Volz von Neuneck und seine Söhne Burkhard und Ulrich an die Stadt Rottweil um 365 fl. „die alte Stadt zu Rottweil ennant dem Neckar mit Gericht, Vogtei, Vogtrechten, Zwingen und Bännen, Hofstätten, Tafern, Zinsen, Gülten, allen Rechten, Nutzen, Gewaltsamen und Zugehörden, ausgenommen allein den Widemhof, da der Kirchensatz und die Kirche zu St. Pelaien ingehörte, den Frohnhof daselbst und die Schultera| Gelds die sie allda hatten“, was sie für sich selbst zurückbehielten. Herzog Lupolt der Fromme von Österreich belehnte, von Burkhard von Neuneck persönlich darum ersucht, zugleich in seines Bruders, Herzogs Albrechts III., Namen den 11. März 1375 zu Freiburg die Stadt Rottweil mit den neuerkauften Lehen, während er an demselben Tage Volz von Neuneck und seine zwei Söhne mit den von ihnen zurückbehaltenen Lehen gemeinschaftlich belehnte, und den 12. April d. J. wurde der Verkauf durch das Rottweiler Hofgericht solennisirt.

Burkhard von Neuneck verkaufte jedoch bald darauf den Arnoldshof mit dem Kirchensatz zu Altstadt an seiner Schwester Sohn, Heinrich von Hornstein, und Herzog Lupolt der Dicke von Österreich belehnte daraufhin für den Fall von Burkhards Tod den 7. Aug. 1393 den genannten Hornstein, mit diesem Lehen. Allein bald gab es Streitigkeiten über die Verleihung der Kirche, welche der Pabst beanspruchte; nach der Behauptung des Herzogs Lupolt in Folge eines Treubruchs Seitens Burkhards von Neuneck, der ohne die lehensherrliche Erlaubniß dieses Recht an den Pabst übertragen, nach Burkhards Behauptung in Folge von Verhandlungen des Pfarrers, die ihm fremd geblieben seien. Durch das Gericht zu Ensisheim wurde den 29. Sept. 1396 auf einen Eid Burkhards erkannt, daß er bei der Sache nicht betheiligt gewesen, allein er leistete denselben nicht, und so wurde ihm das Lehen abgesprochen. Den 26. Dec. 1407 verlieh es sodann Herzog Friedrich mit der leeren Tasche in Ansehung der Verdienste, welche sich die Stadt Rottweil um seine Vorfahren, seine Brüder und ihn selbst erworben, und damit der Gottesdienst allhier um so besser gepflegt werde, als ein rechtes Mannlehen an die genannte Stadt, welche 4 taugliche Mitbürger zu Lehensträgern zu bestellen hatte. Den 27. d. M. wurden solche Träger vom Herzog wirklich belehnt. Zwar erhoben Hans von Hornstein und seine Söhne Heinrich und Hans noch Ansprüche an diese Lehen, allein zumal da sie von Herzog Lupolt anderweitig entschädigt worden waren (vergl. Glatz Regg. 59), wurden sie den 2. Juni 1412 durch ein Contumacialerkenntniß des Herzogs Friedrich mit ihrer Klage abgewiesen, entsagten auch den 30. Nov. d. J. in einem durch Gr. Eberhard von Württemberg herbeigeführten Vergleich ihren Ansprüchen, und selbst P. Johann XXIII.[s 1] bestätigte den 20. Dec. 1413 die Belehnung Rottweils. 1

Jahrhunderte lang wurden die Lehenbriefe von Seiten Österreichs für die Altstadt selbst und für den Arnoldshof getrennt ausgestellt, wobei nur in der Mitte des 15. Jahrhunderts in Folge der Hohenberger Fehde (s. o. S. 246) durch Aufsagung der Lehen Seitens der Stadt Rottweil eine kurze Unterbrechung eintrat, der alte| Rechtsstand aber bald wieder hergestellt wurde. Erst K. Karl VI. vereinigte den 28. Mai 1723 beide Lehen in einem Lehenbriefe und so war es noch der Fall bei dem letzten österreichischen Lehenbriefe vom 20. Juni 1793. – Als drittes österreichisches Lehen der Stadt Rottweil allhier wird im 15.–17. Jahrhundert die Mühle

zu der schon im J. 1321 erwähnten Steinbrücke genannt; sie wurde den 8. Febr. 1755 an Philipp Banholzer um 400 fl. mit Vorbehalt eines jährlichen Kanons eigenthümlich überlassen (vergl. auch Lichnowsky 4 S. DCCCV., DCCCVI., DCCLXXXV., 5 S. XC., 6 S. CLVII., CLXV.).

In den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts kommt das hiesige sog. Hartmannsgut als hohenzoller’sches Lehen der Familie Bletz von Rothenstein vor, wurde aber den 27. Jan. 1702 von dem Fürsten Friedrich von Hohenzollern dem Johann Christoph Bletz von Rothenstein geeignet.

Die genannte Pelagiuskirche war die erste Kirche auch für Rottweil überhaupt und von ihr zweigte sich die dortige Heiligkreuzkirche ab; damit nun aber der Gottesdienst allhier besser versehen und der Pfarrer insbesondere stets durch einen Helfer solle unterstützt werden können, wandte den 4. Mai 1441 die Stadt Rottweil als Kastvogt beider Kirchen (der Altstädter wenigstens in Lehensweise) mit Einwilligung des Heiligkreuzpfarrers Johannsen v. Stöffeln der Pelagienkirche wieder die ihr ursprünglich zugehörigen Nutzungen: die Widemhöfe zu Wilflingen (Hohenzollern-Hechingen’sche Enclave) mit den Zehenten, zu Frittlingen, zu Wellendingen, zu Neufra und zu Feckenhausen zu, was Bischof Heinrich von Constanz den 2. Aug. d. J. bestätigte. – In diese Kirche waren weiter noch früher eingepfarrt Wilflingen bis 1543, Wellendingen (urkundlich nicht, nur der Sage nach), Feckenhausen und Neufra bis 1803; heutzutage sind es noch Bühlingen und Göllsdorf.

Von den schon oben (S. 158) genannten zwei hiesigen Klausen wird die sog. Herrn Berchtolds-Klause, auch in den J. 1321 und 1496, die St. Jakobsklause im J. 1518 erwähnt. Das Kl. Rottenmünster kommt im J. 1225 hier begütert vor.

Im J. 1454 brannte Hans von Rechberg die Altstadt nieder. (s. ob. S. 247).

c. Bernburg, liegt 1/4 Stunde nördlich von Rottweil auf einem gegen das Neckar-Thal eindringenden ziemlich schmalen Bergrücken, unter dem der Eisenbahntunnel durchführt. Der Hof besteht aus einem einzeln stehenden Haus, zu dem ein 30 Morgen großes fruchtbares Gut gehört. Ein laufender Brunnen ist| vorhanden, der jedoch in trockenen Jahreszeiten versiegt, so daß der Wasserbedarf etwa 1/4 Stunde weit herbei gebracht werden muß.

Westlich vom Hof standen auf dem schmalen Rücken die drei Bernburgen, die vordere, mittlere und hintere Burg; von der vorderen sieht man noch den Graben, die nur noch 3′ hohe Ringmauer und den 10′ hohen Rest eines viereckigen Thurms.

Nach der Burg, beziehungsweise den Burgen Bern nannte sich eine bereits im 13. Jahrhundert vorkommende adelige Familie. Ums J. 1203 erscheint ein Burchardus de Berno als Zeuge des Herzogs Berthold von Zähringen und seines Sohnes Rudolf (Rotulus San-Petrinus §. 9, 10) und im J. 1222 Bruno von Berne als Dienstmann der Gebr. Grafen Berthold und Alwig von Sulz (Wirt. Urkb. 3, 131). Den 15. Juni 1289 verglichen sich die Gebr. Ritter Dietrich und Ludwig von Berne, welche den Markgrafen Heinrich von Hachberg ihren Herrn nennen, mit ihren Vettern, den Gebrüdern Konrad und Gerung von Berne, wegen des Bernerfeldes ob der Burg Berne in der Weise, daß den zwei letztgenannten das Feld gehören, den erstgenannten aber zwei Wegerechte gegen Brül und gegen die Omersdorfer Steige zustehen sollten, und den 27. Dec. desselben Jahres verkauften die erstgenannten zwei Gebrüder das Eigenthumsrecht eines 48 Jauchert Acker großen Hofes zu Wettelbrunn (bad. Amts Staufen), den die Brüder Unmäßig von ihnen zu Lehen hatten und ihnen wieder aufgaben, um 45 M. S. mit ihrer Herren (d. h. des Stifts Basel) Hand an Berthold von Greßgen (Mone 2, 331. 11, 381). Mitglieder der Familie begaben sich in der Folge in das Bürgerrecht der Stadt Rottweil, die Burg selbst erscheint aber als Lehen der Familie von dem fürstenbergischen Grafengeschlechte, bis den 30. Nov. 1355 die Gebr. Heinrich und Hugo von Fürstenberg dem Dietrich von Bern die Burg wegen seiner getreuen Dienste eigneten. Daraufhin kam freilich diese Burg beziehungsweise die Burgen – es ist bei den im Folgenden genannten Verkäufen nicht ganz deutlich, ob es sich um selbstständige Burgen, oder um Bestandtheile eines einzelnen größeren Anwesens handelt – bald in fremde Hände. Denn den 28. März 1357 verkauften Dietrich von Bern und seine Töchter Margarethe, Anna und Heilwig mit Einwilligung der Vögte der letzteren, der Gebr. Eberhard und Burkhard Schenk von Schenkenberg ihren „Halbtheil der Burg mit allem dem das darzu höret, zwischen dem vorderen Graben und dem hinteren Graben und den Bühel ob der Burg“ um 130 Pfd. Hllr. an das Kloster Alpirsbach, und den 1. Juli desselben Jahres verkauften der Rottweiler Bürger Hug von Tanneck und seine Gemahlin Adelheid von Bern,| Dietrichs von Bern Tochter, mit Einwilligung Burkhards Schenk von Schenkenberg als deren Vogts ihren „Halbtheil der Burg mit dem das darzu höret, intenthalb den Graben als der Grabe gat untz an den Neckar wider die Müli abher und die Müli ze Berne und die oberen Vischentzen nebst einigen Wiesen“ um 250 Pfd. Hllr. an dasselbe Kloster, welches von Dietrich von Bern am gleichen Tage noch einen Theil an dem Acker, die Hurst genannt, und am 27. Octbr. 1361 mehrere Güter allda schenkweise erhielt. Endlich verkauften den 13. Jan. 1365 die Gebr. Hermann und Peter von Berne, Peters sel. von Berne Söhne, „Berne ihre Burg mit allem dem das dazu höret“ und ihren Halbtheil des Dorfes Brül um 172 Pfd. Hllr. an den Rottweiler Bürger Berthold den Boller, welcher jedoch der Stadt Rottweil alsbald versprach, sie nach ihrem Begehr über kurz oder lang in den Kauf eintreten zu lassen. Am 28. Sept. 1377 verkaufte er denn auch wirklich der Stadt „seine Burg Bern, die hintere Burg ze Berne und die Häuser und das Gesesse so zu derselben Burg höret und das Burgstall und den Berg da die Burg uf staht und den Bann und die Waid ze Berne uf dem Berg uf dem Acker den man nennt den Braitenacker … und alle seine Rechte des Bannes und der Waide ze Bern in dem Thal“ um 250 Pfd. Hllr. – Von nun an verschwindet die Burg aus der Geschichte, den 18. Aug. 1417 jedoch versprach das Kl. Alpirsbach an die Stadt Rottweil deßhalb keine Ansprüche erheben zu wollen, weil dieselbe die Feste Bern vor „etwinil Zeiten und Jahren“ gebrochen, und das Württembergische Landbuch von 1624 führt unter Kl. Alpirsbach den alten Burgstall Bern am Neckar zunächst bei Rottweil als des Herzogs von Württemberg eigen auf. – Eine Fischenz, Weiher mit Häuslein, Wiesen, Hölzer mit Boden und Zugehörden u. s. w. allhier verkauften den 29. Okt. 1398 drei Mitglieder der Familie Boller um 344 Pfd. Hllr. an die Kommende zu Rottweil.

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Was die Familie Bern betrifft, in welcher der Name Dietrich vorherrschend ist, so werden von ihr sonst noch aufgeführt: im J. 1309 Ritter Ludwig von B., im J. 1315 Dietrich v. B. als Bürge Gr. Rudolfs von Hohenberg, in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts Dietrich u. Konrad v. B. als hohenbergische Lehensleute (Schmid Monum. Hohenberg. S. 199, 916, 917), im J. 1414 Wilhelm v. B. als württ. Lehensmann (R. Arch. Urk. 1, 27) und 11. Okt. 1437 als Schuldner der Stadt Rottweil (Glatz Regg. 87,) endlich in den J. 1444–1481, als der letzte des Stammes Jakob von Bern, vermählt an Anna von Zimmern, Schultheiß zu Zell am Harmersbach, Lehensmann des Klosters Gengenbach (vergl.| Zimmerische Chronik 1, 349 ff. Ruckgaber Zimmern 87. Glatz Regg. 3, 95, 115. Mone Zeitschr. 16, 401). Die noch vorhandenen Siegel der Familie zeigen im Wappen einen Rechtsschrägbalken, soweit erkenntlich mit 3 sog. Eisenhütchen belegt. Übrigens ist es mit Rücksicht auf die genannten zähringen-hachbergischen Beziehungen schon für wahrscheinlich gefunden worden, daß diese Familie ein zähringen-hachbergisches Dienstmannengeschlecht war, daß ihr Name mit der Stadt Bern in der Mark Verona zusammenhing und daß namentlich der bei ihr beliebte Name Dietrich eine Erinnerung an die deutsche Heldensage bildete (vgl. Mone 2, 331. Uhland, Dietrich von Bern, in Pfeiffers Germania 1, 313 ff. Bacmeister, Alemannische Wanderungen 1, 101).

d. Bettlinsbad, Eigenthum der Stadt Rottweil, eine Stunde südwestlich von Rottweil in einem leicht eingefurchten Wiesenthälchen abgeschieden gelegen, besteht aus einem Wohnhaus u. zwei Ökonomiegebäuden; dazu gehört ein 205 Morgen großes Gut (180 Morg. Äcker u. 25 Morg. Wiesen), das einen fruchtbaren Boden hat und von einem Pächter rationell bewirthschaftet wird. Auf dem Gut ist ein Viehstand von 40 Stück Rindvieh und 200 Schafen aufgestellt. Ein reichlich laufender Brunnen ist vorhanden, auch bestand früher ein kleiner See daselbst, der jetzt wieder theilweise als solcher angelegt wird.

e. Eckhof, hat 5/4 Stunden von Rottweil eine geschützte stille Lage im Eschach-Thale und ist mit Wasser hinreichend versehen; zu dem aus einem Wohn- und einem Ökonomiegebäude bestehenden Hof gehören 970 Morg., darunter 75 Morg. Äcker und 25 Morg. Wiesen. Die ausgedehnten Weiden sind sehr gut und erlauben dem Pächter des Guts 150 St. Schafe zu unterhalten; überdies sind noch 30 Stück Rindvieh und 4 Pferde aufgestellt. Der Hof ist Eigenthum der Stadt Rottweil, die ihn verpachtet.

Den 15. Dec. 1307 versetzte der Ritter Johann von Schilteck dem Rottweiler Bürger Konrad von Balgingen seine Vogtey und Fischenz zur Egge. Der „Hof zu der Eck an der Eschach“ selbst wird zuerst genannt im J. 1391, in welchem der Rottweiler Bürger Johann Freiburger die eine Hälfte von Heinrich von Rosenberg, die andere von Johann Schrezer (zwei Schaffhauser Bürgern) erwarb. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erscheinen die Bletz von Rothenstein im Besitze dieses Gutes; 1495 trug es Boley Bletz dem Gr. Eitel Friedrich von Hohenzollern, Hauptmann der Herrschaft Hohenberg, welcher dafür ein bletzisches Gut zu Balgheim vom Lehensverband befreite, zu Lehen auf. In der rothensteinischen Familie blieb der Hof einige Jahrhunderte; den 27. Jan. 1702| eignete ihn übrigens Fürst Friedrich Wilhelm von Hohenzollern dem Johann Christoph Bletz von Rothenstein. Von Joh. Franz Christoph von R. erwarb ihn das Rottweiler Jesuitenkollegium, zuerst den 23. Dec. 1720 als Unterpfand mit Nutznießung für ein Darlehen von 6000 fl., dann aber, da der Verpfänder dieses Darlehen innerhalb des 12jährigen Termins nicht zurückzahlen konnte, den 24. Jan. 1736 um 8000 fl. als Eigenthum, wobei der Fürst von Hohenzollern, weil zu dem Verkaufe des Jahres 1702 der agnatische Consens nicht ertheilt worden, für angesprochene lehensherrliche und sonstige Rechte mit 500 fl. abgefunden wurde. Nach der im Jahre 1773 erfolgten Aufhebung des Jesuitenordens, welcher schon wiederholte Ansprüche an das Gut Seitens der Ritterschaft abgewiesen hatte, erhob dieselbe, beziehungsweise die Familie Rothenstein, wegen des ihr zustehenden Auslosungsrechts, von Neuem Ansprüche an den Hof, allein derselbe wurde, besonders auf die Vorstellung hin, daß von seinem Besitze die Rettung der Studienanstalt in Rottweil abhänge, durch eine kaiserliche Entscheidung vom 3. Dec. 1776 der Stadt zum Behuf der Lehr- und Prediger-Anstalten zugesprochen, wogegen die Ritterschaft in Ausübung der auf dem Hof bestehenden Immediat- und herkömmlichen Steuerrechte nicht gehindert werden sollte (vergl. Ruckgaber 2a, 282. 291).

f. Hardthaus, liegt eine Stunde nordöstlich von Rottweil in dem anmuthigen Weiherbach-Thälchen an der Rottweil–Schömberger Landstraße. Der Hof besteht aus einem Wohngebäude, einem Schafhaus und einem Ökonomiegebäude; einige 100 Schritte westlich von Hardthaus steht bei einer alten Linde eine große Kapelle. Seit 4 Jahren ist ein laufender Brunnen hier errichtet, dessen Wasser 1/4 Stunde weit hergeleitet wird. Zu dem Hof, der Eigenthum der Stadt Rottweil ist und von einem Pächter rationell bewirthschaftet wird, gehören 114 Morgen Äcker, 64 M. Wiesen, 3–4 M. Gärten und 105 M. Weiden; auf letzteren läßt der Pächter 200 Schafe laufen und überdieß hat er 40 Stück Rindvieh und 4 Pferde aufgestellt.

g. Hegneberg, hat 1/2 Stunde nordwestlich von Rottweil eine freie Lage auf der Hochebene unfern dem linken Thalgehänge des Neckars; zu dem einzeln stehenden Haus gehören 40 Morgen fruchtbare Güter. Wasser ist hinreichend vorhanden.

h. Hochmauren, hat 1/2 Stunde südöstlich von Rottweil eine herrliche Lage mit reizender Aussicht auf einem mäßig hohen Bergrücken zwischen dem Neckar- und Prim-Thale. Das einzeln stehende ansehnliche Gebäude ist mit Einschluß eines Gartens und Hofraums von einer Mauer umfriedigt, die meist aus Steinen von| den Überresten der hier gestandenen römischen Gebäude aufgeführt ist. Zu Hochmauren gehören 20 Morgen Güter.

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts hatte hier unter dem Pfalzgrafen Hugo von Tübingen und in Gegenwart von Zeugen aus fast ganz Schwaben ein öffentliches Gericht statt, vor welchem Adalbert, ein Edler aus dem Hause Zollern-Haigerloch, Schenkungen an das Kloster Reichenbach (im Murgthal) machte („in loco qui dicitur Hohinmur in placitoetc. Wirt. Urkb. 2, 411). Im Anfange des 13. Jahrhunderts erscheint hier eine Frauenklause, an welche Ritter Berthold von Egesheim (O. A. Spaichingen) mit Einwilligung der Grafen Egeno des Älteren und des Jüngeren von Urach als Lehensherrn Güter in Dürbheim (O. A. Spaichingen) vergabte, eine von K. Friedrich II. als Oberlehensherrn den 15. Apr. 1217 bestätigte Schenkung (Wirt. Urkb. 3, 64). Zwar zweigte sich nur einige Jahre später von dieser Klause das Kl. Rottenmünster ab (s. u.), allein die Klause selbst erhielt sich am alten Platze und es erscheinen sogar im J. 1314 eine „niedere Sammenung“ und im J. 1360 eine „obere Sammenung ze Hochmuran“. Noch im J. 1482 befand sich eine Klause hier, hörte jedoch bald nachher auf, und die Gebäude zerfielen. Im J. 1528 baute der Rottweiler Schultheiß Ritter Konrad von Mockh, welcher das Gut erwarb, hier einen Hof, der später an die Rottweiler Bürgerfamilie Wild kam. Der Villinger Pfarrer Franz Wild verkaufte denselben jedoch im J. 1700 um 3000 fl. an das Jesuitenkollegium zu Rottweil, welches die Ökonomiegebäude erweiterte. Den 20. Dec. 1700 mußte es der Stadt gegenüber sich verpflichten, wegen dieses Gutes alle Staatsbeschwerden und Steuern zu tragen, alle Communlasten mit der Altstadt zu theilen, kein bürgerliches Gewerbe hier zu treiben, keine Schäferei oder Sennerei zu errichten, bei einem Wiederverkauf des Guts es zuerst Rottweiler Bürgern anzubieten, auch so lange es im Besitz sei, kein anderes bürgerliches Gut mehr anzukaufen; jedoch wurde im J. 1734 noch der Ankauf von 15 benachbarten Jaucherten Ackers gestattet (Ruckgaber 2a, 276. 284). Das Gut ist seit wenigstens 7 Decennien Privatgut und hat seine Besitzer vielfach gewechselt. – Am Ende des 13. Jahrhunderts besaßen die Herzoge Reinhold und Heinrich von Urslingen hier Äcker, welche Mitglieder der Familie von Schilteck von ihnen zu Lehen trugen, und die sie dem Kl. Rottenmünster eigneten.

i. Hochwald, ein aus 7 Wohngebäuden mit Scheuenen bestehender Weiler, der 13/4 Stunden nordwestlich von Rottweil abgesondert von der Rottweiler Stadt-Markung liegt. Ein kleines Kirchlein, in welcher der Pfarrer von Villingen alle 4 Wochen eine| Messe zu lesen hat, ist im Ort. Die Kinder besuchen die Schule in Villingen, wohin die Stadt Rottweil die Schulgelder bezahlt. Trinkwasser liefert spärlich ein laufender Brunnen, der übrige Wasserbedarf muß von Lackendorf herbeigeschafft werden. Die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind wie in Villingen.

In dieser Gegend befand sich früher ein den Herrn von Zimmern gehöriger Wald des Namens, der seine eigene Markung hatte, und wie es scheint erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts theilweise urbar gemacht wurde. Zu Anfang des 18. Jahrh. wurde hier ein kleiner Hof gebaut, welcher aber sogleich Anlaß zu Streitigkeiten gab: wegen des Waidgangs mit der Gemeinde Villingen, wegen des Zehentens mit der Johanniterkommende zu Rottweil als Patronats- und Zehentherrin zu Villingen. Der letztere Streit wurde durch einen Vergleich vom 4. Sept. 1715 (bestätigt zu Worms den 21. Juni 1716, zu Rottweil den 21. Juli 1716) dahin beigelegt, daß der jeweilige Pfarrvikar in Villingen für die Zukunft auf dem Hofe gegen die in der Pfarrei Villingen gewöhnlichen Stolgebühren die Sacra verwalten und die Stadt der Kommende für ihre Ansprüche an den Hof jährlich 6 Mltr. Frucht liefern sollte, wofür die Stadt den Hochwald mit allen Rechten und Gerechtigkeiten, insbesondere dem ausschließlichen Zehentrechte besitzen sollte. Im Jahre 1796 verkaufte dieselbe jedoch aus Geldnoth den in 4 Stücke zertheilten Hof (ausschließlich des Waldes) im Ganzen um 13.933 fl. 30 kr. an einzelne Käufer.

k. Neckarburg, hat im tief eingeschnittenen Neckar-Thale 13/4 Stunden nördlich von Rottweil eine romantische Lage zunächst der hier vorbeiführenden Eisenbahn und besteht aus einem ansehnlichen Wohnhaus, einem großen Ökonomiegebäude, der Wohnung eines gräfl. Bissingen’schen Jägers und zwei kleineren Häuschen. Wasser ist hinreichend vorhanden. Ganz in der Nähe des Hofs erhebt sich ein schön modellirter Hügel, um den der Neckar einen reizenden Bogen beschreibt; auf ihm ragen die äußerst malerischen Ruinen der Neckarburg empor, von der noch die 3 Stockwerke hohen Mauern des ehemaligen Schlosses, die Ringmauer und Kellergewölbe erhalten sind. Hinter der Ruine steht ein gut erhaltenes, freundliches Kirchlein nebst dem Begräbnißplatz, auf den früher die Verstorbenen von Neckarburg beerdigt wurden, was seit neuerer Zeit auf den Gottesacker in Villingen geschieht. Auch die Kinder gehen in die Schule nach Villingen. Zu dem Hof, der jetzt Eigenthum des Grafen von Bissingen-Nippenburg ist, gehört ein arrondirtes Gut mit 181 Morgen Äcker, 87 M. Wiesen, 86 M. Weiden und 320 M. Waldungen. Die meist ergiebigen Feldgüter sind verpachtet und| werden von dem Pächter rationell bewirthschaftet. Auf dem Hof ist ein schöner Viehstand von 60 Stück Rindvieh und 4 Pferden aufgestellt; überdies läßt der Pächter 200 Schafe auf den Weiden laufen.

N. wird zuerst genannt im Besitze von Nachkommen der im Jahre 748 gestürzten gotefrideschen Herzogsfamilie: Berthold, welcher dem Kloster St. Gallen an vielen Schwarzwaldorten und so auch in „Nehhepurc“ Besitzungen überlassen hatte, erhielt diese den 27. März 793 von genanntem Kloster zurück (Wirt. Urkb. 1, 44). Auch noch später erscheint hier St. Galler, sowie in den Jahren 1225 und 1226 Kloster Kreuzlinger Besitz (s. unten Villingen; Eccehardi IV. Casus S. Galli aus den Jahren 890–971 in Pertz Monum. 2, 142 und Cod. Trad. S. Galli S. 492. Wirt. Urkb. 3, 159. 161. 197).

Was hiesigen Ortsadel betrifft, so werden aufgeführt: im 11. Jahrhundert vom Rotulus San-Petrinus (p. 84) ein Adalbero und Wolverado von Neckarburg, der erstere auch in der Zimmerischen Chronik (1, 62); in einer Urkunde der Johanniterkommende Rottweil vom 13. Juni 1280 der Ordensbruder Burkard von „Nekkarburg“, möglicherweise zur Hohenberger Familie gehörig; im Jahre 1295 Haug von Neckarburg als Schwager des Ritters Benz Stöckli von Möringen und mit ihm Verkäufer von Huben zu Seedorf und Dunningen an das Kl. Rottenmünster. Dagegen kommen die von Bucelin (Germ. Top. Chron. 3, 200) angegebenen Vögte von Neckarburg urkundlich wenigstens nicht vor.

Wie die Burg hieß in älterer Zeit auch ein unterhalb derselben gelegener Weiler, der eine eigene Pfarrkirche besaß. Im J. 1275 erscheint der hiesige Pleban zugleich als Geistlicher zu Dittishausen (s. ob. S. 158) und den 20. Nov. 1278 „Lutfriedus plebanus de Neckerburch“ als Zeuge des Grafen Hermann von Sulz, für welch letzteren den 18. Dec. 1278 die Herzoge Konrad und Ludwig von Teck zu N. eine Urkunde besiegelten (Besold Doc. rediv. mon. Alpirsp. nro. 5) und welcher selbst im J. 1279 hier eine solche ausstellte (Dokumentenbuch des Kl. Rottenmünster S. 301); die Aufzeichnung der Hohenberger Lehen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts spricht von dem Kirchensatz hierselbst (Schmid Mon. Hohenb. 916) und in den verschiedenen unten zu nennenden Urkunden aus der 2. Hälfte des 14. und dem Anfang des 15. Jahrhunderts wird der unter der Burg gelegene Weiler, bezw. ein Theil desselben aufgeführt, später aber verschwindet er aus der Geschichte.

| Die Burg selbst zerfiel in eine vordere und eine hintere Burg, welche beide z. Th. in verschiedener Herren Besitz waren, ohne daß jedoch in den einzelnen Urkunden dieß immer streng geschieden würde. Als schon vom Vater her überkommener Besitz eines Mitgliedes der Hohenberger Familie, in deren Geschichte N. auch in den J. 1315 und 1325 vorkommt (vergl. Schmid a. a. O. 200. 248), erscheint die hintere Burg in der oben genannten Aufzeichnung; dieselbe trugen Renher und Peter von Rüti zu Lehen. Mitglieder dieser letzteren Familie: Peter, seine Söhne Renher und Johann, sowie sein Großneffe Albrecht erscheinen übrigens schon den 11. Nov. 1307 allhier gesessen (Crusius Annal. Suev. 2, 197). Den 8. Dec. 1373 stellten die Gebr. Johann, Albrecht und Renher von Rüti vor dem Rottweiler Hofgericht ihren Theil an der Feste Neckarburg samt Zugehörden dem Grafen Rudolf (III.) von Hohenberg wieder zu, welcher denselben den 26. Okt. 1381 mit seiner übrigen Herrschaft an den Herz. Lupolt von Österreich verkaufte und, nachdem er sein Land auf seine Lebenszeit wieder zurückerhalten hatte, den 18. Dec. 1385 an Burkhard von Neuneck um 300 Pfd. Hllr. verpfändete.

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Die neuneckische Familie hatte übrigens selbst schon Antheil an N., besaß vielleicht die vordere Burg, denn im J. 1357 erscheint Volz von N., genannt der Spiser, Burkhards Vater, hier angesessen. Den 4. Aug. 1361 gab genanntem Burkhard sein Schwiegervater Renher von Rüti 600 Pfd. Hllr. Morgengabe auf der Mühle und dem Bauhofe zu Neckarburg, und verpfändete ihm für 1900 Pfd. (obige 600 Pfd. und 1300 Pfd. Zugeld Volzens von Neuneck) unter anderem Neckarburg seine Burg mit einem Theil des Weilers zu N. und mit aller Zugehörung, Dietingen das Dorf mit Leuten, mit Gütern, seine Hälfte an Hohenstein und an Irslingen dem Dorf mit allen Rechten und Zugehörden. Im J. 1369 kam es übrigens zu Streitigkeiten zwischen Albrecht und Renher Gebr. von Rüti einestheils und der Stadt Rottweil, obigem Volz von Neuneck und seinen Söhnen anderntheils, in Folge deren die Burg von den Rottweilern genommen aber wieder herausgegeben wurde (Ruckgaber 2b, 395), und im J. 1379 verpflichteten sich Egenolf, Geori und Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenstein, die Gebr. Burkhard und Ulrich, Volzens von Neuneck sel. Söhne, an ihrer Feste Neckarburg nicht mehr zu irren. Den 16. Dec. 1375 verschrieben Burkhard und seine Gemahlin Margarethe von Rüti dem Grafen Eberhard von Württemberg die Burg auf ewig zu einem offenen Haus; den 22. Dec. 1382 übergab Burkhard seiner genannten Gemahlin für den Fall seines Todes seinen Burgstall Neckarburg samt Baumgarten, Häusern, Mühlen und Mühlstätten, überhaupt allen Rechten und| Zugehörden, den 6. Juli 1394 den Burgstall N. mit allen Zugehörden, namentlich einer Mühle und Fischenz, den Burgstall Hohenstein mit seiner Zugehörde und einer Fischenz, das Dorf Dietingen, seinen Theil an Irslingen, den Thannwald zu Dietingen.

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Gegen Ende des 14. Jahrhunderts erscheint nun aber auch die gräflich sulzische Familie, welche vielleicht schon früher (s. ob. S. 321) hier begütert gewesen, mit lehensherrlichem (z. Th. wohl jedenfalls selbst wieder hohenbergisch-österreichischem Lehen) und sonstigem Besitz allda: den 18. März 1387 belehnte Gr. Rudolf von Sulz den genannten Burkhard von Neuneck mit seinem Theil der Feste N. und des Weilers darunter, der seines Schwiegervaters Renhers von Rüti selig gewesen, und den 26. Juli d. J. verglich er sich mit demselben und seiner Gattin dahin, daß ihm die letzteren zum Mauerbau an seiner Feste N. Stein und Sand von ihrem Burgstall N. leihen sollten. Zu Gunsten Burkhards und seiner Gattin verzichteten noch den 23. Juni 1407 Anverwandte von Margarethens Mutter Adelheid von Honburg, die Edlen Albrecht und Heinrich von Honburg,[45] in ihrem und ihres Bruders Namen auf ihre Rechte, Forderungen und Ansprüche an den Burgstall N. und den Weiler darunter; das Dorf Dietingen, den halben Theil von Irslingen und den Burgstall Hohenstein. Endlich verkaufte nach Burkhards Tode Margarethe den 11. April 1411 ihren Theil an N. mit allem Begriff, mit dem Weiler und der Mühle darunter, den Burgstall Hohenstein, das Dorf Dietingen, ihre Hälfte des Dorfes Irslingen, mit allen Rechten und Zugehörden, Eigen und Lehen, um 1300 fl. Rh. und 8 Pfd. Hllr. Leibgedings an den Gr. Hermann von Sulz. Derselbe verkaufte jedoch den 23. Apr. d. J. die beiden Dörfer Irslingen und Dietingen mit allen Rechten und Zugehörden, den Dietinger Thann und andere Hölzer, Felder, Äcker, Wiesen und Egerden daselbst (zum Theil der Margarethe abgekauft), an die Stadt Rottweil um 1700 fl. (vrgl. Glatz Regg. 68) zu rechtem Eigen, und versprach auch, da ein Theil der Kaufgegenstände österreichisches Lehen war, die Einwilligung und Eignung der Güter Seitens dieser Herrschaft, sowie die Zustimmung seines Bruders, des Gr. Rudolf von Sulz und seines Tochtermanns des Gr. Fritz von Hohenzollern in bestimmter Frist zu bewirken (vrgl. Mon. Zolleran. 1, 460), und verpfändete den 28. Aug. 1412 alle anderen früher rütischen Güter zu N.: den Burgstall N. samt Weiler und Mühle und den| Burgstall Hohenstein samt Fischenz der Stadt für die Erreichung jener österreichischen Einwilligung, allein es kam noch zu längeren Verhandlungen über den Kauf, insbesondere auch das der Verkäuferin versprochene Leibgeding, und noch den 17. Febr. 1421 sagte Gr. Hermann von Sulz der Stadt die Aufrechterhaltung des Verkaufsbriefs zu. Den 7. Dec. 1437 versprach Gr. Johann von Sulz der Stadt Rottweil, wenn sie ihm innerhalb des nächsten halben Jahres behülflich sei, das Schloß N. – aus wessen Gewalt, ist nicht bekannt – zu seinen Handen zu bringen, dasselbe zu einem offenen Haus für sie zu machen; er setzte sich auch wirklich in dessen Besitz und hielt im J. 1466 mehrere Johanniterritter allhier mit Hab und Gut gefangen. Noch im J. 1475 wurden die Gebr. Gr. Alwig und Rudolf von Sulz von Herz. Sigmund von Österreich mit Schloß N., dem Dietinger Thann und dazugehörigen Dörfern belehnt, und den 30. März 1528 verpfändete Gr. Rudolf von Sulz das Schloß mit allen Zugehörungen an den Hofschreiber und Bürger zu Rottweil Gall Möckh. Allein den 3. Mai 1580 verkauften die Vormünder des Gr. Christoph von Sulz, Domherren zu Köln und Straßburg, das Haus und Schloß N., das jedoch damals nicht mehr bewohnbar war, als ein frei adelich Gut mit seinem Bezirk Zwing und Bann, der Kirche, dem Kirchensatz und der Kaplanei, St. Michaels Pfründ genannt, Zehenten, Zinsen und Gülten, überhaupt allen Rechten und Zugehörden – „ausgenommen die Malefiz, so mit Hand und Band des Nachrichters zu strafen und der Stadt Rottweil zuständig“ – um 6000 fl. an Dr. Johann Spretter von Kreidenstein, gewesenen sulzischen Statthalter und Vormundschaftsrath, in dessen Familie das Gut blieb, bis es Hans Adam Spretter den 18. Febr. 1648 dem Rottweiler Bürger Christoph Lindau überließ. Schon den 26. desselben Monats aber verkaufte es der letztere wieder an den kurcölnischen Rath und constanzischen Domprosteioberamtmann Ludwig Wietz als ein freiadelig Gut mit der oben beschriebenen Zugehörde. Wegen des Kaufschillings kam es jedoch zwischen beiden zu einem Proceß, in Folge dessen das Hofgericht dem Lindau den Besitz der Neckarburg wieder zusprach, dieser aber dieselbe gegen Bezahlung des Kaufschillingsrests von 2013 fl. 6 kr. an die Stadt Rottweil abtrat. Allein auch Wietz und seine Gattin Maria Salome überließen den 10. Jan. 1663 das Gut durch eine Schenkung unter Lebenden an die Jesuiten zu Rottweil, welche gewisse darauf haftende Lasten tragen und die lindauschen Ansprüche befriedigen sollten. Vermöge eines zwischen der Stadt und den Jesuiten den 24. Jan. 1665 geschlossenen Vergleiches überließ nun| aber die erstere den letzteren das Gut mit allen Rechten und Zugehörden, übernahmen dieselben die Bezahlung obiger 2013 fl. etc. an Lindau, erkannten die hohe malefizische und freipürschliche Obrigkeit der Stadt Rottweil an, erboten sich, die bei der niederen Gerichtsbarkeit eintretenden Straffälle von einem aus dem Rath oder der Bürgerschaft im Namen des Superiors administriren und dem Deputirten die Hälfte der Strafsumme zukommen zu lassen, versprachen ohne Bewilligung des Rathes keine Mühle zu dem Gute zu bauen, und beim Wiederverkaufe des Guts der Stadt das Vorkaufsrecht einzuräumen. Beim Abzug der Jesuiten von Rottweil im J. 1673 kam N. an die Jesuiten von Rottenburg, welche das Gut den 11. Nov. 1683 an die Benediktiner in Rottweil um 10.075 fl. verkauften. Bei dem Wegzug der letzteren aus Rottweil im J. 1691 kaufte der Prälat von St. Georgen zu Villingen das Gut von der schwäbischen Benediktinercongregation, allein die Stadt Rottweil genehmigte den Kauf nicht, und so kam dasselbe nochmals in den Besitz der Jesuiten, die inzwischen nach Rottweil wieder zurückgekehrt waren. Im Anfange des 18. Jahrhunderts kam es nun aber doch an obiges Kloster St. Georgen; nach einem im Allgemeinen dem Vergleiche vom 24. Jan. 1665 nachgebildeten Vergleiche vom 30. Aug. 1706 zwischen dem Abt zu St. Georgen und der Stadt Rottweil sollte der erstere in der Proprietät, Nutz- und Nießung des Guts durch die letztere nicht mehr gekränkt werden, doch mußte er sich hinsichtlich der Betreibung von Gewerben auf dem Gute Beschränkungen gefallen lassen und durfte nur eine Mühle zu 2 Gängen für seinen Gebrauch einrichten. Das Gut wurde von dem Kloster in zeitlichen Bestand gegeben. Es blieb dem Ritterkanton Neckarschwarzwald einverleibt und der Abt hatte deßhalb zur Ritterschaftskasse als Simplum 22 fl. zu steuern. Nach der Besitzergreifung Rottweils machte Württemberg Ansprüche an N., und dasselbe verblieb ihm auch gemäß dem Tauschvertrage zwischen Württemberg und Baden vom 17. Okt. 1806. Den 14. April 1821 wurde es der Stadt Rottweil als Entschädigung für einige frühere Verluste zugetheilt und von dieser den 10./21. Okt. 1836 für 80.000 fl. an den dermaligen Besitzer Graf Dr. Cajetan von Bissingen-Nippenburg zu Schramberg verkauft. Den 12. Juni 1874 errichtete derselbe über die rechtlichen Verhältnisse und die Vererbung, sowohl des Ritterguts Ramstein als der bürgerlichen Güter Neckarburg und Hohenstein, ein Familienstatut (Reg.-Bl. 215).

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Die St. Michaelskapelle allhier, welche namentlich mit einem schönen Zehentbezirk und reichen Zehenten bedacht war, wurde in späterer Zeit nicht mehr durch selbständige Pfründner versehen, nach| Vergleichen zwischen dem Abt von St. Georgen zu Villingen einerseits und den Pfarrern zu Villingerdorf andererseits vom 19. Okt. 1748 und 30. Juni 1781 versahen diese letzteren gottesdienstliche Handlungen für die hiesigen Einwohner und hielten insbesondere alle Monate eine Messe in der Kapelle, wie dies noch heutzutage geschieht. – Im J. 1750 erhielt der Franziskaner Thaddeus Koch aus Rottweil die Erlaubniß, neben der Kapelle eine Eremitenwohnung zu erbauen, welche jedoch 1774 einging, übrigens lebte im J. 1791 wieder ein Eremit hier.

l. Rottenmünster mit der K. Saline Wilhelmshall.

Eine halbe Stunde südöstlich von Rottweil, in schöner fruchtbarer Weitung des Neckarthals, liegt auf der linken Seite des Flusses das ehemalige Reichsstift Rottenmünster. Unfern oberhalb des Klosters, bei Bühlingen, drängt sich der jugendliche Neckar durch eine Thalenge, an deren östlicher Seite sich der bewaldete, freistehende Stallberg erhebt, und der Blick aus den Fenstern des im Süden der ganzen Anlage stehenden Klostergebäudes ging gerade dorthin und fand einen friedevollen lieblichen Abschluß.

Von Rottweil, also von der entgegengesetzten Seite, herkommend trifft man zuerst links an der Landstraße nach Bühlingen die hohe den ganzen Klosterkomplex umschließende Mauer, und durch das Thor in den sich lang von Norden nach Süden streckenden Hof eingetreten, hat man sofort zur Rechten ein Gasthaus mit Bierbrauerei, links das frühere Kameralamt, jetzt Wohnung des Salinenkontroleurs, weiter unten die hübsche Wohnung des Revierförsters und dann die weitläufigen steinernen, z. Th. noch mit spitzbogigen Eingängen versehenen Ökonomiegebäude; am ehemaligen Fruchtkasten steht die Jahreszahl 1686.

Die rechte Seite des Hofes nimmt die große Kirche ein, erbaut in den kahlen Formen einer sehr späten Renaissance und mit dem Chor gegen Osten gerichtet. Vor der einst bemalten Kirche steht auf dem verwahrlosten, öden, vergrasten Platze, versiegt und verwittert, der früher aus vier Röhren sein lauteres Wasser spendende Klosterbrunnen, er trägt eine schöne Rococosäule mit jonischem Kapitell und der Jahreszahl 1706. Diese Seite (die Schauseite) der Kirche wird von einigen Portalen belebt, das Hauptportal, mit zwei Säulen und dem Wappen von Rottenmünster geschmückt, trägt die Jahreszahl 1662, das andere die Jahreszahl 1731. Die Kirche wurde in den Jahren 1662–1664 wieder aufgebaut, und am 27. Juli 1664 vom Bischof von Constanz eingeweiht. An ihre Südseite stößt das den Kreuzgarten im Rechteck umschließende 3stockige Klostergebäude, errichtet in den Jahren 1665–1669 (s. auch unten| S. 334). Das Gebäude ist sehr einfach, hat schlichte gegen den Kreuzgarten offene Korridore (Kreuzgang), die nichts enthalten als den mit dem Standbild der Verstorbenen gezierten Gedenkstein der ersten Äbtissin, eine ziemlich unkünstlerische Arbeit aus dem 17. Jahrhundert.

Mehr des Beachtungswürdigen bietet uns das Innere der Kirche und des Klosters: Die sehr geräumige, der h. Maria und den 12 Aposteln geweihte einschiffige Kirche gewährt innen das Bild einer überaus prächtigen Renaissancedekoration; Wände und Decken sind auf das Reichste stuckirt, dazwischen prangen Freskogemälde, laut Inschrift gemalt von Johann Achert 1699, (s. a. bei Rottweil, Dominikanerkirche, S. 191), das umfangreiche Ölbild auf dem Hochaltar, Mariä Himmelfahrt, zeigt die Jahreszahl 1790. Die Kanzel ist wieder in sehr reicher Renaissance gehalten. Auf der tiefen im westlichen Theil der Kirche sich erhebenden Empore, dem Nonnenchor, stehen trefflich aus Tannenholz geschnitzte Chorstühle, auch im Spätrenaissancegeschmack, und auf dem Altare daselbst sieht man eine edel behandelte altgothische Pieta (Maria mit dem Leichnam des Herrn), leider jetzt puppenhaft angekleidet. Noch ist zu erwähnen das in die Wand der Kirche eingelassene Epitaphium der Wiederherstellerin der Kirche und des Klosters, der hochverdienten Äbtissin Ursula, Tochter des Hofgerichts-Assessors Dr. Scherler, † 14. April 1687, und seit Okt. 1658 Äbtissin von Rottenmünster.

Das Klostergebäude selbst enthält unten eine noch in gothischen Formen gehaltene gewölbte Kapelle, im oberen Stockwerke das Winterrefektorium mit einem kolossalen graufarbigen Kachelofen, und in einem andern Saal eine prächtig geschnitzte Kassettendecke, wie obengenannte Chorstühle aus unbemaltem Tannenholz, in spätem antikisirendem Renaissancestil, und wohl von demselben Meister; der Eingang in dieses Gemach ist ebenfalls reich umrahmt und geschnitzt. Auch erhielt sich noch die hölzerne an den Wänden mit Fresken geschmückte Bußsteige, auf der die Nonnen zur Strafe knieend auf- und abrutschen mußten. – Eine hohe Mauer umfaßt die ganze Klosteranlage und auch den sich südwärts ausdehnenden mit Obstbäumen besetzten Klostergarten. Kirche und Klostergebäude sind leer, ihre Unterhaltung ruht auf dem Staate. Am Chor der Kirche liegt ein kleiner Friedhof, woselbst auch die letzte Äbtissin begraben liegt, und in der Nähe des Eingangs zum Klosterhof steht unter einem Lindenbaum ein altes gothisches Bildstöckchen mit der Jahreszahl 1472.

Von dem Klostergebäudekomplex führt eine hölzerne Brücke über den Neckar zu der auf dem rechten Ufer des Flusses liegenden K. Saline Wilhelmshall; oben an dem Thalabhang läuft mit diesem| beinahe parallel eine gerade Straße, auf der einen Seite mit Pappeln, auf der entgegengesetzten mit Gradir- und anderen Häusern besetzt, die in gleichen Abständen von etwa 30′ von einander entfernt erbaut sind. Hinter dieser Straße dehnt sich ein großer Wiesenplatz, in dessen Mitte zwei runde, je mit einem Hag umgebene Bassins angebracht sind; hier steht auch die modern erbaute, zweistockige, mit Balkon versehene Amtswohnung des Salinenverwalters, in dessen Rücken sich ein schön angelegter Garten ausbreitet. Auf der höchsten Stelle des Salinencomplexes genießt man eine sehr freundliche Aussicht, namentlich in das Prim-Thal.
Geschichte des Reichsstifts Rottenmünster.[46]
Die zu Hochmauern (s. ob. S. 319) befindlichen Clausnerinnen kauften ums Jahr 1220 von den Kanonikern zum h. Stephan in Constanz das Gut Holbainesbach mit allen Rechten und Zugehörden um 200 Mark Silbers, allein weil sie noch schwankend waren, ob sie sich hier definitiv niederlassen sollten, gaben sie dieses Gut, bis sie einen festen Wohnsitz gewonnen, im J. 1221 dem Abte von Salem ein. Das 14 Solidi betragende Vogteirecht über das Gut stand dem Bischof von Constanz zu, von diesem hatten es damals Heinrich und Berthold von Lupfen zu Lehen, von den Lupfen hinwiederum Dietrich von Bodenwag als Afterlehen. Deßhalb fanden die Nonnen im J. 1222 genannten Dietrich mit 14 Pfd. Hllr. ab, worauf dieser das Lehen den Herren von Lupfen, die letzteren ihrerseits dem Bischof Konrad von Constanz aufgaben. Konrad aber übertrug das Vogteirecht, wie überhaupt seine Rechte an den Ort, dem mit der Erbauung des Klosters hierselbst beschäftigten Abte von Salem. Die neue Gründung entzog jedoch der alten Clause nicht alle ihre Mitglieder, so daß dieselbe noch einige Jahrhunderte fortbestehen konnte (s. ob.), und schloß sich der Regel des Cistercienser-Ordens an. Den 9. Mai 1225 nahm sie Pabst Honorius III. mit ihren Besitzungen in seinen Schutz und verlieh ihr, in derselben Weise, wie anderen Cistercienserinnenklöstern, eine Reihe von Begünstigungen, z. B. die Äbtissin sollte stets unter der Leitung des Abts von Salem oder seines Stellvertreters gewählt, bestätigt und benedicirt, wie auch jeder Klosterbeamte nur mit Wissen und Willen desselben angestellt und beeidigt werden, das Kloster sollte zehentfrei sein, das Recht haben, neue Mitglieder aufzunehmen, Exemtion von| geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit, von eventuellen Exkommunikationen und Interdikten in der Nachbarschaft genießen, Ablässe auf bestimmte kirchliche Zeiten und für außerordentliche Besuche der Klosterkirche, für Schenkungen und Wohlthaten verleihen dürfen u. s. w., Rechte, welche dem Kloster von den päbstlichen Nachfolgern noch wiederholt, meistens in ganz gleichlautender Form, bestätigt wurden, so z. B. von Sixtus IV. im J. 1482, Julius II. im J. 1506. Auch die weltliche Unterstützung entstund dem Kloster nicht, denn K. Friedrich II. nahm dasselbe im Juli 1237 mit allem, was dazu gehörte, in seinen und des Reichs unmittelbaren Schutz, behielt sich und dem Reiche das Vogteirecht als unveräußerlich bevor und beauftragte die Stadt Rottweil, den Schutz in seinem Namen auszuüben, ein Gebot, welches den 28. Nov. desselben Jahres der erwählte röm. König Konrad IV. dem Schultheißen von Rottweil nochmals einschärfte. Als Konradin in den ersten Tagen des August 1262 zu Rottweil Hof hielt, bestätigte er dem Kloster alle von seinen Vorfahren ihm verliehenen Rechte (Böhmer, Acta imp. sel. nro. 976). Auch die folgenden Kaiser und Könige erneuerten die Privilegien des Klosters, so insbesondere K. Rudolf I. den 7. und 18. Mai 1274 mit ernstlichen Befehlen an die Stadt Rottweil, K. Albrecht I. den 6. Mai 1299, indem er des Klosters Besitzverhältnisse zu Lauffen bekräftigte, K. Heinrich VII. den 2. Juni 1309, indem er gebot, daß Äbtissin und Konvent in ihrem Orte Lauffen an dem Rechte, gen. Birßen und in allen anderen Verhältnissen, insbesondere in Bezug auf Besteuerung von Personen und Sachen, fernerhin derselben Freiheit genießen sollten wie bisher, und indem er den Rottweiler Bürgern insbesondere einschärfte, das Kloster ungekränkt zu lassen (Lünig 18, 298 mit Auslassungen), und den 6. Nov. d. J. namentlich unter Wiederholung des früheren Gebots an die Stadt Rottweil, K. Ludwig der Bayer den 31. März 1330, K. Ruprecht den 14. und 15. März 1408 unter Strafandrohung von 50 Mark Goldes, hälftig dem kgl. Fiskus, hälftig dem Kloster verfallen, wenn Jemand es wage, das Kloster in seinen Rechten und Freiheiten anzutasten, K. Sigmund den 21. Jan. 1415, den 12. März 1418, den 13. Apr. 1434, wobei er der Stadt Rottweil den Schutz und Schirm desselben auftrug und ihr einschärfte, so oft das Kloster sie um Hilfe anrufe, an seiner Statt kräftig für desselben Rechte, Freiheiten, Privilegien, Besitzungen einzutreten, K. Friedrich IV. den 26. Nov. 1442, den 22. Nov. 1473, den 21. März 1483; K. Maximilian I. den 15. Apr. 1496, K. Ferdinand I. den 1. Juni 1559, K. Maximilian II. den 15. März 1566, K. Rudolf II. den 1. Sept. 1582, K. Matthias, welcher den 12. Febr. 1619 erklärte,| daß das Kloster samt seinen Untergebenen und Gütern unmittelbar unter seinem und des Reiches Schutz und Schirm stehen solle, und zugleich den Erzherzog Leopold zum ordentlichen Conservator bestellte, auch allen Fürsten, Grafen, Städten und Gemeinden untersagte, dasselbe in irgend etwas zu beeinträchtigen, K. Ferdinand II. den 20. Sept. 1624 u. s. f., zuletzt K. Franz II. im Jahr 1794.

Der Name des Klosters ist alsbald nach der Niederlassung an dem neuen Orte: Rottenmünster, in Übersetzung monasterium rubeum; es führte den Titel: Reichsgotteshaus, die Äbtissin aber: „gefürstete Äbtissin des h. röm. Reichs“. Im Siegel erscheint eine Nonne (z. B. Urk. v. 1258), bezw. eine Äbtissin mit ihrem Stabe (z. B. Urk. v. 1500).

Auf den Reichstagen hatte die Äbtissin den 20. Platz in der schwäbischen Prälatenbank (s. z. B. Geneal. Reichs- und Staatshandbuch v. 1775. I, 337), sie beschickte dieselben regelmäßig. Die Reichsmatrikel bestimmte für das Stift einen Beitrag von 20–30 fl., zum Kammergericht zahlte es 30–50 R.-Thaler. Als Mitglied des schwäbischen Kreises lieferte es zum Kreiscontingent regelmäßig 1 Pferd und 4 Mann zu Fuß, welche in Friedenszeiten mit 28–30 fl. abgefunden wurden, während in Kriegszeiten sich das Contingent erhöhte, wie solches denn im Türkenkriege von 1532 auf 18, im 30jährigen Kriege auf 30 und im Reichskriege von 1688/90 auf 26 Mann gesteigert wurde.

Den Bestand des Klosters bildeten gemeiniglich die Äbtissin, 24 Nonnen und 12 Schwestern. Geistliche Beamte waren: ein Beichtvater und ein Vikar aus dem Kloster Salem, weltliche: ein erster Rath und Oberamtmann, ein Ökonomierath und ein Sekretär (Staats- und Adreßbuch des schwäb. Reichskreises v. 1793 S. 293). – Die leitende Seele der Neu-Gründung des Klosters soll die Äbtissin Willburg gewesen sein; vollständig sichere Verzeichnisse ihrer Nachfolgerinnen liegen nicht vor. In älteren Urkunden werden folgende genannt: im J. 1237 Ida; im J. 1290 Adelhaid (Glatz Regg. Nr. 2); 1321 Adelhaid von Grüningen; 1328, 1335 Katharina von Triberg (Schmid Mon. Hohenb. 260); 1343 Adelhaid Diepoltin (Neugart 2, 440); 1362 Ungut; 1382 Margarethe Hällin; 1388 Katharina Gieringer; 1430 Elisabeth; 1436 Anna Bäsgin u. s. w. Spätere Äbtissinnen gehörten den Familien Enzberg, Wehingen, Rothenstein, Spretter, Khuon, Pflummern an; die letzte war Julianne Maier aus Barren (in Bayern). Eine Beatrix von Teck wird im J. 1313 als hiesige Klosterfrau genannt (Stälin 3, 698).

Zwar war die Stadt Rottweil, deren Schultheiß und| Bürgermeister im J. 1265 in Kraft der längst bestehenden königlichen Verordnung ihren Mitbürgern verboten, bewegliches oder unbewegliches dem Kloster zu getreuen Handen anvertrautes Gut in irgend einer Weise mit Beschlag zu belegen, von Kaiser und Reich mit dem Schutz und Schirm des Klosters betraut, allein die Ansprüche der beiderseitigen Territorialherrschaften in Pürsch- und Steuersachen, sowie Jurisdiktionsfragen auf beiderseitigem Gebiete veranlaßten Jahrhunderte lange Streitigkeiten, bei welchen Gewaltthätigkeiten der Stadt und Unklugheit der Klosterbeamten mit in’s Spiel kamen, welche aber um so weniger hier ausführlich dargestellt werden können, als dies von Ruckgaber (2a, 186 ff. und Glatz a. a. O.) bereits geschehen ist. Schon K. Karl IV. sah sich im J. 1366 veranlaßt, den Gr. Eberhard von Württemberg mit Untersuchung der Streitigkeiten zu beauftragen (Glatz Regg. 33). Von K. Sigmund, welchen das Kloster um Schutz anrief, mit der Sache betraut, entschied Markgraf Friedrich von Brandenburg zu Constanz den 15. Mai 1417, daß dasselbe an Rottweil im Allgemeinen keine Steuern, desgleichen für eigene, sowie für Zins- und Gültfrüchte keinen Zoll zu bezahlen, auch die Bußen und Besserungen in dem Kloster allein zu beziehen habe, sowie daß die Frohndienste der Klosterleute in der Stadt aufgehoben sein sollen, ein Urtheil, welches der Kaiser den 13. April 1434 bestätigte; auch schlossen das Kloster und die Stadt den 11. Sept. 1420 und den 6. Jan. 1431 Verträge mit einander zur Regelung der beiderseitigen Verhältnisse. Wiederholte Bedrückungen des ersteren durch die letztere führten später zu einem Einschreiten des Kaisers Maximilian I., des Speirer Reichskammergerichts, des Pabsts Alexander VI., doch bahnten für das 16. Jahrhundert die Vergleiche vom 23. Febr. 1502 (der sog. Hugonische Vergleich: das Kloster hatte für alle Leibgedinge, Steuern, Dienste von Gütern, so es unter denen von Rottweil habe, 15 fl. jährlich zu bezahlen, gemeine und den niederen Gerichten zugehörige, in dem Klosterhof begangene Frevel sollte es bestrafen u. s. w.), und vom 14. Sept. 1515 eine längere Unterbrechung der Streitigkeiten an. Mit Beginn des 17. Jahrhunderts begannen die Übergriffe Rottweils von Neuem, daher Kaiser Matthias auf Beschwerde des Klosters im J. 1619 in der oben angegebenen Weise zu helfen suchte, darüber erbittert, drangen die Rottweiler am Gründonnerstag 1620 mit bewaffneter Macht ins Kloster, wo sie stark hausten. Da verhängte der Constanzer Bischof den Bann über die Stadt, der Kaiser drohte ihr mit schwerer Strafe, erklärte sie des Reichslehens der freien Pürsch für verlustig und verlangte die seit 148 Jahren bezogenen Pürschstrafgefälle zurück. In Folge der Bemühung des,| von Rottweil um Verwendung angegangenen schwäbischen Kreises nahm jedoch der Kaiser die Stadt wieder zu Gnaden an, und belehnte sie für ihr Gebiet wieder mit der freien Pürsch, das Kloster aber erhielt den 5. Aug. 1623 den Bescheid, „daß Äbtissin, Konvent und Gotteshaus von Rottenmünster, soweit sich dessen Land und Leute zu Dorf, Holz und Feld erstrecken, mit der freien Pürsch und hoher malefizischer Obrigkeit, Stock und Galgen samt dem Blutbann und was demselben von Rechts oder Gewohnheit wegen anhängig, belehnt und der Stadt R. solches insinuirt werden solle“, und den 20. Sept. 1624 wurde dieser Bescheid erneuert und insbesondere auf die Orte bezw. Höfe Lauffen, Aixheim, Neukirch, Zepfenhan, Vaihingen, Locherhof, Frittlingen und Sontheim angewandt, soweit in beiden letzten Orten die hohe Malefizobrigkeit nicht dem Haus Österreich zustehe, sowie bestimmt, daß das Blutgericht mit 10 oder 12 achtbaren Männern besetzt werden solle. – Über diese Entscheidungen aufgebracht machte die Stadt allerlei Versuche, die hohe Obrigkeit über das Kloster wieder zu erhalten, und benützte endlich die Noth desselben seit dem 30jährigen Kriege, um es durch den Vertrag vom 15. Jan. 1651 (bestätigt durch K. Ferdinand III. den 6. Mai 1653) zum Verzicht auf die Ausübung der hohen malefizischen Obrigkeit (unbeschadet des Lehenrechtes) zu bewegen. Allein auch jetzt noch dauerten die Gewaltthätigkeiten Rottweils gegen das Kloster fort, und erst der Vergleich vom 17. Dec. 1771 brachte vollends für die Zeit der Unabhängigkeit von Stadt und Kloster Ruhe. Ihm gemäß trat Rottweil den Blutbann über das Kloster und dessen Gebiet wieder an dasselbe ab und beschränkte sich auf seinen eigenen Pürschbezirk, erbot sich das Kloster, die Rottweiler Professionisten in seinem Gebiet zuzulassen, keine Märkte oder Zünfte in demselben zu errichten, hatte 30 fl. jährliche Steuer für seine Güter auf der städtischen Markung zu entrichten, wogegen die Stadt auf den Zoll verzichtete u. s. w.

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Das Kloster hatte sich der Gunst mancher hoher Gönner zu erfreuen, so der Grafen und Herrn von Lupfen, Fürstenberg, Sulz, Triberg, Hohenberg, Sontheim, und wurde durch derartige Schenkungen schon am Ende des 13. Jahrhunderts in den Stand gesetzt, bedeutenderen Grunderwerb zu machen. Sein eigentliches Territorium bestand aus zwei ziemlich auseinander gelegenen Gemarkungsgruppen. Die eine zog sich vom Kloster zunächst westwärts nach dem zur Hälfte hieher gehörigen Hausen (das Kloster erscheint hier schon 1358 begütert), dann südlich hinauf über Rothenstein (seit 1768) und mit der Gemarkung von Lauffen (schon um 1236), über den Neckar, dann über den Aichhof (1281) nach Aixheim (seit 1291) und| nordwärts nach Frittlingen (seit 1306). Die kleinere Gruppe umfaßte Neukirch (um 1450) mit Vaihingen (1262) und Zepfenhan (1294) mit Sonthof (1262). Nordwestlich von der ersten Gruppe lag der Locherhof (1326). Außerdem erwarb nun aber das Kloster zu verschiedenen Zeiten noch viele Rechte, Güter, Höfe, Hofstätten, Häuser, Baumgärten, Zinsen, Gülten in mehr als 40 Städten, Dörfern, Weilern und Hofgemarkungen unseres und der benachbarten Oberämter Balingen, Oberndorf, Spaichingen, Sulz und Tuttlingen, sowie in mehreren Orten des jetzigen Großherzogthums Baden und in Hohenzollern-Hechingen, nemlich:

1) im Oberamt Rottweil: in der Stadt Rottweil selbst (schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts, in der Mittelstadt 1305, Altstadt 1225), Böhringen 1270, Bösingen 1462, Bühlingen 1331, Dautmergen 1293, Deißlingen 1344, Dietingen 1315, Dormettingen 1270, Dotternhausen 1343, Dunningen 1295, Feckenhausen 1461, Flötzlingen 1405, Göllsdorf 1302, Gößlingen im Anfang des 14. Jahrhunderts, Oberhausen 18. Jahrhundert, Herrenzimmern 1402, Horgen 1306, Irslingen 1315, Lackendorf 1346, Neufra 1343, Schömberg 1376, Schwenningen 1280, Stetten 1732, Täbingen 1292, Villingen 14. Jahrhundert, Wellendingen 1293, Zimmern ob R. 1283, Zimmern u. d. B. 1314; 2) im Oberamt Balingen: Geißlingen 14. Jahrhundert; 3) im Oberamt Oberndorf: Epfendorf in der Mitte des 14. Jahrhunderts, Harthausen 1297, Seedorf um 1420, Thalhausen 1326; 4) im Oberamt Spaichingen: in der Stadt selbst 1305, Aldingen 1293, Balgheim 1254 (hier ziemlich bedeutender Besitz), Deilingen 1324, Denkingen 1288, Dürbheim 1217 (hier überhaupt mannigfacher Besitz), Gosheim 1344, Schörzingen 16. Jahrhundert; 5) im Oberamt Sulz: Leidringen 1537, Rothenzimmern 1289, Schura 1325; 6) im Oberamt Tuttlingen: Durchhausen 1295, Hausen ob Verena 1352, Mühlhausen 14. Jahrhundert, Tunningen 1297, Trossingen 1360, Weigheim 1371, Weiler bei Wurmlingen 1290, Wurmlingen 1337; 7) im Großherzogthum Baden: namentlich in Dauchingen 1326, Langenberg 1554, Mönchhof und Mühllehen 1440, Obergieß bei Triberg 1369, Pforen 17. Jahrhundert, Sundhausen 1456, Villingen (1362 ein Haus verkauft), Weiler auf dem Wald 1410, Weilersbach 1357; 8) in Hohenzollern-Hechingen: Wilflingen 1364.

Allein das Einkommen scheint doch wenigstens in der letzten Zeit gering gewesen zu sein. – Im J. 1790 trat R. mit 5 Dorfschaften: Aixheim, Frittlingen, Zepfenhan, Neukirch, Lauffen, im Ganzen 355 Gebäuden, im Anschlag zu 170.400 fl. der fürstenbergischen Brandversicherungsgesellschaft bei (Schwäbische Chronik v. 1791 S. 31), und nach dem Schwäb. Adreßkalender von 1799 zählte sein Gebiet 2700 Einwohner.

Aus der Geschichte des Klosters verdient noch folgendes hervorgehoben zu werden: Am 1. Febr. 1500 und 11. Okt. 1512 erscheint es bei den Erstreckungen des Schwäbischen Bundes (Datt, de pace publ. 350, 382). – Auf seiner Flucht in die Schweiz| übernachtete Herzog Ulrich hierselbst den 14. März 1525 (s. ob. S. 248). – Der 30jährige Krieg brachte viel Elend über das Kloster: die Äbtissin floh in die Stadt Rottweil und den 12. Okt. 1632 plünderten württembergische Truppen das Kloster völlig aus; im. J. 1638 wurde bei dem kläglichen Zustande des Klosters ein großer Theil der Angehörigen entlassen und zog in die Schweiz, die Äbtissin und der zurückgebliebene Theil des Convents suchte in Rottweil Schutz, kehrte aber 1639 wieder ins Kloster zurück; am 24. Juli 1643 schlug der französische General Guebriant bei der Belagerung Rottweils hier sein Hauptquartier auf; als seine Armee vor den nachrückenden Bayern abziehen mußte, zündete sie am 25. Nov. das Kloster an allen Ecken an und machte es zu einem Schutthaufen, im Okt. 1646 scheint nur der Neubau der nothwendigsten Gebäulichkeiten vollendet gewesen zu sein, da damals ziemlich viele Frauen aus der Schweiz zurückkehrten. Allein zu dem Kriegsungemach kam noch das weitere, daß die Äbtissin Margarethe eine verschwenderische, ungeordnete und leichtsinnige Person war, so daß sie am 11. Jan. 1650 ex delicto infamiae abgesetzt wurde. Ihre 3. Nachfolgerin Ursula Scherler (s. oben) wurde während ihrer 29jährigen Regierung die Wiederherstellerin des Klosters. Die in drei Jahren vollendete Kirche weihte der Constanzer Bischof am 27. Juli 1664 feierlich zu Ehren der Himmelfahrt Mariä und der Apostelfürsten ein; am 13. April 1665 wurde der Grundstein zum neuen Kloster gelegt, das nach vierjähriger Bauzeit am 20. Jan. 1669 bezogen wurde. Nicht nur der ökonomische Wohlstand hob sich wieder unter dieser klugen Äbtissin, sondern auch der klösterliche Geist, die Disciplin und Frömmigkeit kehrte wieder. Im J. 1688 bezog am 26. Nov. ein französisches Corps hier Nachtquartier; in den Jahren 1688, 1704, 1707 und 1713 mußte die Äbtissin wegen Feindesgefahr fliehen; am 18. Okt. 1796 schlug sich der Marschall Vandamme in der Nähe des Klosters mit den Österreichern und warf sie siegreich zurück. Nach den an den Lüneviller Frieden sich anschließenden Verhandlungen sollten der Graf von Löwenhaupt und die Erben des Barons von Dietrich für die verlorenen linksrheinischen Besitzungen durch Rottenmünster entschädigt werden (vergl. Allg. Zeitung von 1802 Nro. 240), allein an ihre Stelle trat Württemberg, das im R.-Dep.-Hauptschluß vom 25. Febr. 1803 die Ausbezahlung gewisser Renten dafür übernahm und zu gleicher Zeit, wie zu Rottweil, wurde den 17. Okt. 1802 durch den württ. Commissär Weckherlin auch hier Besitz ergriffen und die Huldigung eingenommen. Der Convent durfte zwar beisammen bleiben, die Einzelnen erhielten jedoch die Freiheit, in ihre Heimath abzuziehen,| ein Recht, von dem keine einzige Conventfrau Gebrauch machte. Für die eingezogenen Besitzungen erhielt die Äbtissin 1500 fl., jede Conventsfrau, Laienschwester und Novizin 275 fl. jährlichen Leibgedings. Die letzte Äbtissin (s. o.) starb am 16. Mai 1826, nachdem sie am 12. Sept. 1819 mit besonderer Genehmigung bei verschlossenen Kirchenthüren feierlich ihr Jubiläum als Conventsfrau gefeiert hatte; nach dem Tode ihrer Mitschwestern verließ die letzte Klosterfrau, Franziska Gaupp von Grunsheim bei Ehingen, am 24. März 1850 das Kloster mit einem jährlichen Leibgeding von 800 fl. Sie starb erst am 11. Juni 1859. Der in den 50er Jahren von etlichen Geistlichen der Stadt und des Landkapitels Rottweil gemachte Versuch, das Kloster für die Schwestern des Ordens „vom guten Hirten“ anzukaufen und dergestalt wieder zu beleben, scheiterte an der Erklärung der Regierung, die Gebäude und anstoßenden Güter vorerst nicht veräußern zu können.
Geschichte der Saline Wilhelmshall.[47]
Als durch die Erbohrung von Steinsalz bei Schwenningen im Jahre 1823 und durch die ohne Verzug mit mehreren Schweizer Cantonen angeknüpften Unterhandlungen die Bedingungen zur Gründung einer Saline gegeben waren, entstand alsbald auch die Frage über den für eine Salinen-Anlage tauglichen Platz. Hiebei wurde besonders auf die Gegend von Rottweil aufmerksam gemacht und indem man sich zunächst für die Erbauung von Siedhütten bei Schwenningen entschied, wurden gleichzeitig auch 2 Bohrversuche, der eine bei dem Kloster Rottenmünster, der andere bei einem Gipspochwerk im Primthale, etwa 3/4 Stunden von Rottweil und ebensoweit von Neufra entfernt, angeordnet. Das Bohrloch am Kloster, zu Anfang des März 1824 angesetzt, traf am 13. Septbr. dess. Jahres auf Steinsalz, gerade zu der Zeit, als Finanz-Minister v. Weckherlin, der sich so sehr für die Salinen am oberen Neckar interessirte, in Rottweil anwesend war. Am 14. September verkündete Kanonendonner der Umgegend das ihr so wichtige Ereigniß und an Ort und Stelle traf der Minister die zum Bau einer großen Saline nöthigen Anstalten. Eine allgemeine Bestürzung erregte jedoch nach wenigen Tagen der Umstand, daß das Steinsalz nur 5′ mächtig und vorauszusetzen war, daß diese geringe Masse keine nachhaltige Soole geben werde, was sich später auch bestätigte. Dies hielt aber die Anstalten zum Bauwesen keineswegs zurück; denn man hatte von der günstigen Lage| Rottenmünsters so sehr sich überzeugt, daß man nach Umständen zu dem Mittel der Herstellung einer Soolenleitung von Schwenningen nach Rottenmünster gegriffen hätte. Jeder Zweifel am Gelingen wurde aber gehoben, als man am 2. Dezbr. desselben Jahres an der Prim einen mächtigen und sehr reinen Salzstock erbohrte. Nach Vollendung des ersten Bohrlochs im Primthale wurde, 30′ von diesem entfernt, ein zweites und bald darauf thalaufwärts 1500′ von Nr. 2 ein drittes und 80′ weiter hinauf ein viertes Bohrloch angesetzt. Bei Nr. 3 u. 4 zeigten sich im Dach des Steinsalzes weiße Thonschichten, welche nachstürzten, so daß bald keine nachhaltig gute Soole sich ergab. Zur Sicherung des Soolenbedarfs der Saline wurden daher in den Jahren 1830–35 zwei weitere Bohrlöcher an der Prim Nr. 5 u. 6 ca. 2000′ unter Nr. 1 niedergestoßen, wobei man versuchsweise das Sailbohren in Anwendung brachte. Im Jahre 1837 stürzten die Bohrlöcher Nr. 1 u. 2, welche von der Gründung der Saline an beinahe ununterbrochen im Betriebe waren, zusammen, der Soolengehalt fiel von 261/2° auf 25° und da alle Versuche, brauchbare Soole wieder herzustellen, mißlangen, so setzte man, 70 Fuß von Nr. 6 entfernt, im Jahre 1838 ein Bohrloch Nr. 7 an. Endlich wurden noch in den Jahren 1849 und 1851 mittelst des Kind’schen Bohrapparats die Bohrlöcher Nr. 8 neben Nr. 7 und Nr. 9, 24′ von Nr. 2, niedergebracht.

Die Ergebnisse aller dieser Bohrungen sind in folgender Übersicht S. 337 zusammengestellt:

Das Wasser der Prim, welches die Bohrlöcher erfüllt, ist sehr rein und bringt deshalb auch eine reine, volllöthige Soole hervor. Auch der hohe Stand der Horizontalwasser in den Bohrlöchern befördert die Auflösung im Steinsalze und erleichtert den Gang der durch Wasserkraft getriebenen Pumpwerke, welche die Soole heben und den Reservoirs auf der Saline zuführen.

Durch allerhöchste Resolution vom 5. Oktbr. 1824 wurden die Plane der neuen Salinen-Anlage bei Rottenmünster genehmigt und es entstanden auf der Anhöhe an der rechten Seite des Neckars, dem Kloster Rottenmünster gegenüber, 6 zum Theil durch Querbaue mit einander verbundene Siedhäuser nebst Zugehör an Soolenleitungen, Reservoirs etc. Die beiden unter einer Verwaltung vereinigten Salinen erhielten den Namen Wilhelmshall. Auch wurde im Thale auf der Area einer abgebrannten Mühle, welche treffliche Wasserkraft darbot, die Schmidwerkstätte errichtet, und daselbst im Jahre 1827 eine Rundsäge zur Herstellung der Faßböden angefügt. Zu den Wohnungen für die Beamten und Offizianten dienten die beim Kloster Rottenmünster befindlichen Nebengebäude.

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Mächtigkeit in württemb. Fußen.
Gebirgsart. Bohrloch
am
Kloster.
Bohrlöcher im Primthal.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Lettenkohle und Dolomit 53 88 88 138 138 132 135,4 141,2 119,5 91,2
Hauptmuschelkalk 224 250 246 235 237 176,3 207,1 219,5 192,3 248,5
Anhydritgebirge 116 130 134 107 108 169,5 134,3 119,2 161,6 125,8
Steinsalz 5 35 40 27 18 29,4 25,6 30,6 44,7 20,4
Gips, Zwischenmittel 1,2 vor Ort
Steinsalz
17,9
Steinsalz 10,1
Gips und Thon 78 3 9 5 91 12,3 2,0 63,7 37,4
Wellenkalk vor Ort 10,1
476 506 517 512 592 520,7 502,4 512,5 591,9 551,3
| Um den Bedarf der Saline an Brennmaterial sicher zu stellen, ging man bald auf die theilweise Verwendung von Torf über, wovon ansehnliche Lager durch Bohrversuche in der Umgegend – bei Schura, Winzeln, Röthenberg, Dürkheim und Gosheim – aufgefunden wurden. Zur Unterbringung des von Gemeinden und Privaten gelieferten Torfes auf der Saline errichtete man in den Jahren 1829 und 1830 drei Torfmagazine. Zur selbigen Zeit wurde das Beamtenhaus in Schwenningen abgebrochen und nach Rottenmünster versetzt, nachdem eben dahin der Sitz des gemeinschaftlichen Salinen-Amts verlegt worden war. Am 14. Juni 1829 brannte in Rottenmünster das Siedhaus Nr. 3 ab und in dem neuen dafür gebauten Siedhause richtete man das Gesied mit Dampfbenützung ein, indem schon vorher eine Reihe höchst interessanter Versuche die Nützlichkeit dieser Einrichtung bewiesen hatte. Überhaupt war das Bestreben des Salinenverwalters, nachmaligen Bergraths von Alberti, welcher von der Gründung der Saline an 30 Jahre lang den Betrieb leitete, fortwährend auf Verbesserungen gerichtet und es wurden dieselben mit solchem Erfolge gekrönt, daß Wilhelmshall als Muster-Saline gelten konnte. Auf diese Weise konnte das Salzausbringen aus 1 Klftr. Tannen-Holz von durchschnittlich 29 bis 30 Ctr. allmälig bis auf 47 Ctr. gesteigert und zugleich in Beziehung auf die Schönheit des Salzes den strengen Anforderungen der Schweizer Abnehmer entsprochen werden.

Vom Jahre 1862–63 an wurde bei den Siedpfannen zu Rottenmünster die Feuerung mit Steinkohlen statt des immer theurer gewordenen Holzes eingeführt und hiebei mit 1 Ctr. Steinkohlen 300 Pfd. Salz und darüber ersotten. Das Klafter Brennholz, welches zur Zeit der Entstehung der Saline 6 fl. kostete, war bis zum Jahre 1864 auf 101/2 fl. im Preis gestiegen.

Die Anlagekosten der Saline bei Rottenmünster betrugen 258.161 fl. 45 kr.; werden hiezu noch die Kosten der Saline bei Schwenningen mit 334.538 fl. 25 kr. gerechnet, so ergibt sich ein Gesamtaufwand von 592.700 fl. 10 kr. So bedeutend derselbe erscheint, so war er doch schon im Jahre 1831–32 vollständig durch die Ertragsüberschüsse getilgt. Immer mehr stieg namentlich der Absatz von Salz in Rottenmünster und dem entsprechend auch die Fabrikation daselbst. Im Jahre 1829–30 bestand das Personal in Rottenmünster in 63 Mann und der Verkauf betrug 21.298,57 Ctr. nach Württemberg und Hohenzollern, 74.227,36 Ctr. in die Schweiz. Am höchsten war der Absatz im Jahre 1846–47 mit 53.761,27 Ctr. Landsalz und 135.834,56 Ctr. Schweizersalz; von da an machte sich die Concurrenz der Schweizer Salinen immer mehr| fühlbar. Im Jahre 1856–57 betrug der Verkauf in Rottenmünster nur noch 29.138,75 Ctr. Landsalz und 86.133,88 Ctr. Schweizersalz, und da in den beiden folgenden Jahren die Salzlieferungsverträge mit Bern und Luzern aufhörten, auch die Besalzung der Hohenzoller’schen Lande wegfiel, indem diese ihr Salz von der neuen preußischen Saline Stetten bei Haigerloch bezogen, so mußte der Betrieb der Siedhäuser in Rottenmünster im Sommer auf 3 und im Winter auf 2 reducirt werden. Im Jahre 1866–67 bestand noch ein Accord mit dem Kanton St. Gallen und es wurden neben 32.212,77 Ctr. Landsalz, 6607,88 Ctr. Schweizersalz abgesetzt. Mit dem Beginn des Kalenderjahres 1868 trat die Aufhebung des Salzhandelmonopols ins Leben und es gingen damit sämtliche oberschwäbische Factorien, weil sie ihr Salz billiger von Friedrichshall beziehen konnten, für Wilhelmshall verloren; dazu kam die Concurrenz mit den für den Absatz nach Württemberg günstig gelegenen Salinen Dürrheim und Stetten. Um die Saline vor dem Verfall zu bewahren, wurden alle Mittel aufgeboten, und es gelang auch in neuerer Zeit den Betrieb wieder zu heben, so daß mehrere kalt gelegene und ausgeplünderte Siedhäuser wieder in Betrieb gesetzt werden konnten, nachdem sie mit zweckmäßigen neuen Einrichtungen versehen worden waren. Besonders günstig war ein Vertrag mit den vier vereinigten Schweizersalinen über größere Salzlieferungen für eine längere Zeitdauer. Im Jahre 1872–73 betrug der Verkauf an Koch-, Vieh-, Gewerbe- und Dungsalz 82.215,20 Ctr., worunter 20.615,20 Ctr. in die Schweiz. Unter 3 Beamten waren 49 Offizianten und Arbeiter auf der Saline beschäftigt.

Von der Gründung der Saline an bis zum Schlusse des Etatsjahres 1872–73, also in einem Zeitraum von 48 Jahren, sind in Wilhelmshall bei Rottenmünster dargestellt worden 5.344.723 Ctr. Kochsalz und 230.417 Ctr. Viehsalz (Bordsalz), im Ganzen 5.575.140 Ctr.; davon gingen 3.349.332 Ctr. in die Schweiz.

Zu erwähnen ist noch der mißlungenen Versuche in der Nähe der Saline zur Vorrichtung eines Abbaus auf Steinsalz, wodurch man den Zweck erreichen wollte, neue Absatzwege für den Verkauf von Steinsalz zu eröffnen und die Transportkosten zu verringern, welche damals für den Bezug des Salzes von Wilhelmsglück aufgewendet werden mußten. Außerdem hätte die Gewinnung von Steinsalz Mittel geboten, die Saline mit ihrem Bedarf an Siedsoole sicherer zu stellen, als dies bei Bohrlöchern der Fall ist.

Um die Gesteinsschichten und die Mächtigkeit des Steinsalzes an dem für den Schacht gewählten Punkte am Stallberge kennen| zu lernen, wurde vor Allem im Septbr. 1837 ein Bohrloch daselbst angesetzt, mit welchem man im 497,8′ Tiefe ein 42′ mächtiges Steinsalzlager antraf. Am 21. Dezbr. 1842 begann man sodann mit dem Abteufen des Schachtes. Die Wasserkraft zum Betrieb der Arbeiten mit ca. 60 Pferdekräften lieferte ein neu hergestellter Kanal von 3577′ Länge. Schon von Anfang an hatte man viel mit Wasserzudrang im Schachte zu kämpfen und fortwährende Brüche an den hölzernen Pumpen hinderten die Arbeit, so daß am 6. März 1843 erst die Tiefe von 40′ erreicht war. Man sah sich genöthigt, die Wasserkunst umzubauen, eiserne Pumpen einzusetzen und bei 51′ Tiefe unter der Hängebank eine Schachtmauer aufzuführen. Die Tiefe von 100 Fuß war erst am 16. Juni 1845 erreicht, wobei die Wasserzugänge pr. Minute 30 Cubikfuß betrugen; durch Verdämmung einzelner Klüfte, und Einsetzen von gemauerten und eisernen Schachtfuttern suchte man die Wasser möglichst zurückzuhalten, da oben die Zuflüsse immer mehr zunahmen und der Betrieb der Pumpen durch Brüche aller Art Störungen erlitt, auch zeitweise Mangel an Aufschlagwasser sich zeigte, so kam der Schacht wiederholt zum Ersaufen, so namentlich am 10. Januar 1846 bei 138′ Tiefe und 73 Cubikfuß Wasserzugang pr. Minute. Nachdem die Wasser zum größten Theile abgedämmt waren, nahmen sie von 160′ an in einem aschgrauen, zerklüfteten Kalkstein wieder so zu (gegen 100 Cubikfuß in der Minute), daß sie mit der vorhandenen Wasserkraft lange Zeit nicht mehr vollständig gesümpft werden konnten. Am 25. Novbr. 1847 entschloß man sich, die Pumpen heraus zu nehmen und die Maschinen umzubauen. Den 15. Mai 1848 konnte die Wasserhaltung wieder in Gang gesetzt werden. Fortwährende Brüche und Mangel an Aufschlagwasser wegen niederen Standes im Neckar und Undichtheit des Zuflußkanals verzögerten die Gewältigung der Wasser, so daß erst am 1. Juni 1849 das Abteufen fortgesetzt werden konnte. Dasselbe kam aber öfter wieder zum Stillstand; man mußte oft auf Regen warten, welcher die Aufschlagwasser vermehren sollte, gleichzeitig aber auch die Zuflüsse in der Grube steigerte. Es wurde endlich offenbar, daß bei der unzureichenden Wasserkraft alle Anstrengungen nutzlos waren. Nachdem der Schacht ausgeplündert worden war, wurden deßhalb gegen Ende des Jahres 1850 die Arbeiten sistirt und sind seither nicht wieder aufgenommen worden. Die Tiefe des Schachtes beträgt 193′ und die zusitzende Wassermenge war im Maximum 145 Cubikfuß pr. Minute.



  1. Die Zahlen der Einwohner beziehen sich auf die ortsanwesende Bevölkerung nach der Zollvereinszählung vom 1. Dec. 1871.
  2. Viele und sehr eingehende Notizen verdanken wir hiebei Herrn Stadtrath B. Herderer in Rottweil.
  3. Graf Max Lamberg, welcher die Sache selbst mit angesehen haben will, erzählt in seinen lettres critiques morales et politiques 1786, tom. 2 p. 76, auf dem hiesigen Rathhause habe sich eine den Röm. Kaiser vorstellende Statue befunden; um nun beim Ableben eines Kaisers sich nicht unnöthige Kosten zu machen, werde nur der Kopf dieser Statue mit einem Gesichte überklebt und übermalt, das dem neuen Kaiser ungefähr gleicht; diesen Dienst habe die Statue der Stadt schon fast 300 Jahre geleistet (Moser Patriot. Archiv II, 449).
  4. Vergl. Ruckgaber 2b, 494–528.
  5. Der Altar ist 3′ hoch, 1′ 1″ breit und wird in der Sammlung des Rottweiler Alterthumsvereins aufbewahrt.
  6. Rotuvilla curtis regalis“ in Form. Alsat. nro. 10 (vergl. Stälin 1, 287) ist wohl einer fingirten Urkunde entlehnt. S. Dümmler, das Formelbuch des Bischofs Salomo III. von Constanz S. 90.
  7. Die Orig.-Urk. mit anhängender goldener Bulle befindet sich noch auf dem Rottweiler Rathhause; sie ist gedruckt und beschrieben in „Neue Mittheilungen des archäol. Vereins zu Rottweil“ 1870 S. 32 ff.
  8. Den 31. Oktbr. 1428 erhielt Rottweil wie andere schwäbische Städte von Pabst Martin V. die Befreiung von den westphälischen oder heimlichen Gerichten verbrieft.
  9. Vergl. die Reichsmatrikeln von 1422. 1431. 1471. 1480. 1481. 1486. 1487. 1489. 1491. 1507. 1521.
  10. Zum Folgenden vergl. Stälin Wirt. Gesch. 3. Band – Besondere kleinere Freundschafts- und Schutzbündnisse, in der Regel je auf ein Jahr und dann wieder erneuert, schloß Rottweil im 5. Jahrzehent des 14. Jahrhunderts mit einigen benachbarten Städten, namentlich mit Villingen und Freiburg im Breisgau, zuerst den 21. Juli 1341, zuletzt den 5. Nov 1345; mit Villingen und Schaffhausen zuerst den 9. Aug. 1346, zuletzt den 16. Dec. 1350; mit Villingen auch allein schon früher (Erneuerung vom 27. Juli 1341) und während dieser Zeit, sodann wieder im Beginn des 15. Jahrhunderts: im Mai 1400, den 8. April 1401, den 10. August 1403, den 29. März 1415 (vergl. hierüber Ruckgaber 2b, 210–219, woselbst Seite 211 statt „in dem Wunderjahre in dem nünden Jahre“ zu lesen, und bei dem Bündnisse vom 21. Juli statt 1340 die Jahreszahl 1341 stehen sollte).
  11. Den 21. Jan. d. J. begab sich die Stadt in das westphälische Gericht, um weiteren Verwicklungen mit demselben zu entgehen (Stälin 3, 736).
  12. Wegen ihrer Abtrünnigkeit vom Reiche werden die Rottweiler im Jahre 1503 von einem Volksdichter „Mamelucken“ genannt. Im Bayerischen Erbfolgekriege des J. 1504 stellten übrigens die Eidgenossen das von K. Maximilian nicht angenommene Anerbieten, durch Rottweil zu vermitteln, und im J. 1513 betheiligte sich die Stadt für den Kaiser zugleich mit Herz. Ulrich von Württemberg „selbst mit 200 Mann, darunter 50 Büchsenschützen“ an dem Kriegszug gegen Dijon (Stälin 4, 30. 65. 91).
  13. In den Jahren 1595–1618 betrugen die Unkosten, welche Rottweil aus der jährlichen Beschickung der eidgenössischen Tagsatzungen erwuchsen, 2674 fl. Ein noch vorhandenes Verzeichniß enthält die Namen der Rottweiler Deputirten zu den genannten Tagsatzungen von den J. 1499, 1507, 1542, 1547, 1557, 1587, 1589, 1595, 1597, 1599, 1600–1604, 1606, 1607, 1609, 1612, 1614, 1615, 1618–1620, 1632, 1645.
  14. Zugewandte Orte der Eidgenossenschaft im Allgemeinen waren solche Städte, Herren und Länder, welche sich an die Macht der letzteren anlehnten und großentheils auch das Schicksal derselben theilten, ohne als gleichberechtigte Glieder des eidgenössischen Bundes aufgenommen zu werden. Das Verhältniß dieser zugewandten Orte war übrigens nicht in allen Fällen dasselbe, sondern es gab in der Art der Verbindung sowohl, als in ihrer Ausdehnung mancherlei Abstufungen. Vergl. Bluntschli, a. a. O. 1, 188 ff., woselbst übrigens die Verbindung Rottweils mit der Eidgenossenschaft doch schon zu frühe als faktisch erloschen betrachtet wird.
  15. Nach der Fortsetzung des Königshofen (Mone, Quellensamml. 1, 285) hätten die Rottweiler damit den Anfang gemacht, daß sie dem Oettinger „wol acht Mann die reisig warent“, gefangen nahmen und ihnen die Köpfe abschlugen, was dann der Oettinger durch Gefangennehmung und harte Behandlung mehrerer Rottweiler Bürger entgolten habe.
  16. Stälin 3, 498; Ruckgaber 2b, 154 hat die Jahresangabe falsch.
  17. Vgl. N. Schleicher, Beitrag zur Geschichte der Stadt Villingen mit besonderer Beziehung auf die Wasserbelagerung im J. 1634 (woselbst auch sonst einige Ausführungen über die Schicksale der Orte des Oberamts während des 30jährigen Krieges gegeben werden) S. 59 ff.
  18. Außer durch Kriege hatte übrigens Rottweil im Laufe der Jahrhunderte nicht selten durch Brandunglück zu leiden. Solches wird berichtet vom J. 1289 (Martinus Minorita in Eccard, Corp. Hist. med. aev. 1, 1632; Annal. Colmar. in Böhmer Fontes 2, 26); vom J. 1338: durch Unvorsichtigkeit bei einem Mechaniker brach die Flamme aus, die sich bei starkem Wind sehr rasch über die ganze Stadt verbreitete und 60 Menschen das Leben gekostet haben soll; (Joh. Vitodur. in Eccard a. a. O. 1851. Oberrh. Chronik hg. v. Grieshaber 33, vrgl. Crusius Annal. Suev. 2, 236); den 21. Mai 1343: das durch einen Blitzstrahl entzündete Feuer zerstörte die Stadt bis auf 6 Häuser (Stälin 3, 211); den 29. Aug. 1696: dieser Brand verzehrte einen bedeutenden, den besseren und vornehmeren Theil der Stadt, legte gegen 125 Haushaltungen in Asche, beschädigte insbesondere auch die Heiligkreuzkirche schwer, so daß statt der geschmolzenen 5 neue Glocken gegossen werden mußten (Ruckgaber 1, 36. 2a, 302 ff.); ferner in den JJ. 1696, 1702, 1758, 1769 (Ruckgaber 1, 180. 181) sowie im laufenden Jahrhunderte den 11. Sept. 1827, 11. Jan. 1832, 28. Sept. 1845, 18. Juli 1848 (Würt. Jhrb. v. 1827 S. 22. 1832 S. 25, 1845 S. 28. 85, 1848 S. 106); den 29. Apr. 1839 explodirte die 1/4 Stunde von der Stadt entfernte Burkhard’sche Pulvermühle, wodurch 2 Menschen das Leben verloren (eb. 1839 S. 51). Im J. 1799 betrug der Rottweiler Gebäudeanschlag zur fürstenbergischen Brandversicherungsanstalt 666.550 fl.
  19. Vrgl. hiezu Hofer, Kurzer Unterricht u. s. w. und Ruckgaber 2b, 1–100.
  20. Früher war die Hauptquelle des Rottweiler Rechts das (nach seinem Einbande sog.) Rothe Buch der Stadt, welches im 14. Jahrhunderte angelegt in chronologischer Ordnung die zu verschiedenen Zeiten beschlossenen einzelnen Statute enthält und mit einem Statute von 1535 schließt (das Original – pergament. Handschr. 245 SS. Fol. – und eine seitengleiche Abschrift ist noch in dem Rottweiler Stadtarchiv vorhanden; Auszüge daraus bei v. Langen 147–168). Allein man fühlte nunmehr das Bedürfniß einer Revision dieses Buches, und so beschlossen der große Rath und die Achtzehner eine Reformtion desselben, welche im J. 1546 in XI Theilen oder Tractaten zu Stande kam; später wurden auch noch einige Statute aus der Zeit nach 1546 hinzugefügt. Dieses Rechtsbuch ist besonders für die städtische Verfassung, Bürgerrechtsverhältnisse, Polizei- und Strafrecht wichtig, berührt aber auch einzelnes Privatrechtliche (Zwei Origg. – pergament. Handschr. 446 SS. 4° – sind noch in dem Rottweiler Stadtarchive). Vrgl. Wächter, Handbuch des im Kgr. Württemb. geltenden Privatrechts 1, 783 ff. Ruckgaber H., Die privatrechtlichen Bestimmungen des Rechtsbuchs der ehemaligen freien Reichsstadt Rottweil. Rottw. 1849. (Gymnasialprogramm).
  21. Vergl. Neue Mittheilungen des Rottw. archäol. Vereins 1871 S. 38 ff.
  22. Übrigens ist es bei manchen der im Texte – im Anschluß meistens an von Langen – genannten Familien nicht ganz sicher, zu welcher der beiden oben genannten Kategorien sie gehörten.
  23. Vrgl. auch: „Verfassung wie und wie weith, deß H. R Reichs-Statt Rottweil bis anhero abgekommen“ u. s. w. Ohne Jahr, woselbst insbesondere die Kriegschäden der Stadt vom 30jährigen Kriege bis zum J. 1696 berechnet werden.
  24. Vrgl. Ruckgaber, das Münzwesen der Reichsstadt Rottweil, in: Mittheilungen des archäologischen Vereins zu Rottweil. Tübingen 1845, S. 46–69. Binder; Chr., Württembergische Münz- und Medaillen-Kunde. Stuttg. 1846, S. 491–496, in welch’ beiden Werken Rottweiler Münzen beschrieben sind.
  25. Den 25. Juli 1441 bestellten Bürgermeister und Rath der Stadt den Hans Appenzeller auf 5 Jahre gegen jährlich 10 Pfd. Hllr. als Büchsenmeister (Glatz Regg. 90).
  26. Den 4. März 1420 mußte P. Martin V. auf Bitte des Pfarr-Rektors Jakob Alber die Zurückgabe unrechtmäßig entfremdeten Besitzes der Kirche anordnen.
  27. Der in den J. 1376–1418 vielgenannte Pfaff Albrecht Frut, genannt von Bütelspach, Kirchherr zu Rottweil und Dekan des obersten Stifts zu Constanz, dürfte doch wohl nicht, wie die Schorndorfer Oberamtsbeschr. S. 128 annimmt, dem Beutelsbacher Ortsadel angehören.
  28. Dieses Versiegen war wohl in Wirklichkeit die Folge von größeren Grabarbeiten in der Umgegend.
  29. Auf dem Rosenkranzaltar der Klosterkirche stand ein sehr berühmtes Marienbild, welches durch angebliche Heilung von schweren Krankheiten großes Aufsehen erregte und dem Kloster viele Opferspenden eintrug; es befindet sich jetzt in der Stadtpfarrkirche. Bei der Belagerung der Stadt durch das französisch-weimaranische Heer entfärbte sich die h. Jungfrau nach der Sage auf einmal in der Nacht vom 10.–11. Nov. 1643, während viele Leute in der Kirche waren, Gott um Rettung für die Stadt anzuflehen, und wandte die Augen schmerzlich bald zum Himmel, bald auf das Jesuskind auf ihrem Arme und behielt dieses betrübte Antlitz, bis sie am 25. Nov., an welchem Tage der Feind bei Tuttlingen geschlagen wurde, plötzlich ein freundliches Antlitz zeigte. Im März 1644 schickte der Constanzer Bischof eine Commission zur Untersuchung der Sache nach Rottweil, und nachdem 42 Zeugen geistlichen und weltlichen Standes betheuert hatten, das Wunder gesehen zu haben, ward vom Magistrate der Beschluß gefaßt, allemal nach Verfluß eines Jahrhunderts ein Jubel- und Dankfest zum Andenken an das Wunder zu veranstalten. Aus Anlaß der Feier des J. 1743 wurde von Pabst Benedikt XIV. den 20. Sept. 1743 für die achttägige Marianische Feier vom 10. Nov. an ein vollkommener Ablaß bewilligt (Ruckgaber 2a, 232. 2b, 284–286, vrgl. Gumpenberger, Atlas Marianus Monachi 1672 p. 451).
  30. Die Kirche des Ordens, welcher im 14. Jahrhunderte den Spital besorgte, wurde später Spitalkirche, Anfangs der 40er Jahre unseres Jahrhunderts jedoch abgerissen. An ihrer Stelle steht das heutige neue Krankenhaus.
  31. Dieses Haus, hinter der H. Kreuzkirche gelegen, brannte bei der Feuersbrunst des J. 1696 ab, und der an demselben zum Andenken an die Herren von Zimmern angebrachte steinerne geharnischte Ritter ist noch jetzt an dem Nebenhause, dem sog. Neuen Baue, zu sehen.
  32. Vrgl. zum Folgenden Villinger Chronik in Mone Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte 2, 107; Joh. Keßlers Sabbata in Mittheilungen zur vaterländischen Geschichte hgg. v. d. histor. Verein in St. Gallen VII-X, S. 234–237; Grüneisen, Carl, Nicolaus Manuel 140; Ruckgaber a. a. O. 2b, 235–247, namentlich aber Keim, Schwäbische Reformationsgeschichte bis zum Augsburger Reichstag. Tübingen 1855 S. 57, 71, 105 ff.
  33. Vrgl. Kistler, Jos., Materialien zu einer Geschichte der Rotweilischen Studien-Anstalt. Rottw. 1818, und Glatz, Regg. Nr. 239, 259, 275.
  34. Die ältere Literatur, unter welcher einige Monographieen über dieses Gericht sich finden, ist sehr zahlreich; s. namentlich I. F. Pfeffinger Vitriarius illustratus ed. V. (Frkfrt. a. M. 1754) 4, 688 ff.; Henr. Christian Frhr. v. Senkenberg Abhandlung … von der Kayserl. Gerichtsbarkeit in Deutschland (Frkfrt. a. M. 1760) 33 ff.; Joh. Jak. Moser von der Teutschen Justiz-Verfassung Th. 2 (1774), 914–937, und die dort angegebenen Schriftsteller; aus neuerer Zeit sind zu nennen: Ruckgaber a. a. O. 2a, 3–119; H. Zöpfl Grundsätze des allgem. und deutsch. Staatsrechts 4. Aufl. (1855) 1, 219 ff.; Wilh. Vogel, des Ritters Ludwig von Eyb des Älteren Aufzeichnung über das kaiserliche Landgericht des Burggrafthums Nürnberg I. Abth. (Erlangen 1867) S. 1 ff.; O. Stobbe Geschichte der deutschen Rechtsquellen 2, 264 ff.; Neue Mittheilungen des archäol. Vereins zu Rottweil 1871 S. 6 ff.
  35. Auch die Zimmerische Chronik (vergl. unten; an mehreren Stellen, z. B. 3, 522) schreibt die Gründung des Gerichtes dem K. Konrad III. zu, allein ihre Erzählung von der Weigerung der Stadt, die noch vorhandene Stiftungsurkunde dem K. Maximilian I. zu zeigen u. s. w., bietet manchem Zweifel Raum, ihre Behauptung, schon Konrad III. habe das Hofrichteramt den Grafen von Sulz erblich verliehen, ist jedenfalls unrichtig, ihre Darstellung der Phillenbachischen Geschichte (s. u.) ist ungenau, von der Verlegung des Hofgerichts hat sie keine Kenntniß, und für Begebenheiten, welche mehrere Jahrhunderte zurückliegen, verliert sie an Bedeutung. – Noch ein anderes Recht Rottweils wurde mit den Verdiensten der Stadt um K. Konrad III. in Verbindung gebracht: daß nämlich der Bischof von Chur dem hiesigen Stadtschultheißen jährlich einen Habicht zu senden hatte, was noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts geschah (im J. 1580 wurde der geschickte Habicht als untauglich zurückgeschlagen, auch im J. 1599 noch ein solcher gefordert; s. von Langen 69. Herz. Friedrich V. von Schwaben, K. Friedrichs I. Sohn, welcher im J. 1170 die Kastvogtei obigen Bisthums erhielt (Herrgott Geneal. 2, 188), habe nach dem alten Brauche desselben als Kastvogt diesen Habicht bezogen, wegen jener Verdienste aber die Stadt R. besonders geschätzt, sich den Habicht dahin schicken lassen, und als er im J. 1191 mit seinem Vater in den Kreuzzug gezogen, der ihm das Leben kostete, das Recht auf den Bezug des Habichts dem Rottweiler Schultheißen vermacht.
  36. Die Anordnung K. Friedrichs II. auf dem Mainzer Reichstage von 1235 über die Verfassung des Hofgerichts bezieht sich nicht auf das Rottweiler Hofgericht; auch möchte es doch zweifelhaft sein, ob der Bertholdus de Dirichburch imp. curiae judex in einer kl. Steingadener Urkunde von 1228 (Mon. Boic. 6, 519) zu Rottweil als Richter fungirte. Vrgl. übrigens Franklin, das Reichshofgericht im Mittelalter (Weimar 1867) 66 ff.
  37. Daß die von Herrgott Geneal. 2, 583 – vergl. auch Sattler, Gr. 1. Forts. S. 56 – ums Jahr 1300 aufgeführten Hofrichter Gr. Hermann von Sulz und Nicolaus von Wartenfels unserem Hofgerichte angehört haben, mag immerhin zweifelhaft bleiben, zumal die vollständigen Urkunden nicht bekannt sind, vergl. Franklin a. a. O. 150; in dem damals verhandelten Proceß saß übrigens auch Herz. Friedrich der Schöne von Österreich an seines Vaters, des Kaisers Albrecht I., Statt zu Gericht.
  38. Einiges Licht auf die Entstehung dieser Hofgerichtsordnung, wie dieselbe im J. 1523 zu Straßburg gedruckt erschien, verbreitet ein Schreiben der Stadt Straßburg an die Stadt Rottweil d. d. Montag nach Jubilate (18. Apr.) 1524. Diesem Schreiben zufolge hatte der Straßburger Advokat Dr. Kaspar Baldung in Verbindung mit dem Straßburger Redner Meister Peter Phillenbach diese Ordnung drucken lassen. Er hatte sie aus einem Buche entnommen, welches er vor vielen Jahren von seinem Vetter Meister Hans Baldung ererbt, dieser aber aus dem hinterlassenen Hausrath des Rottweiler Hofgerichtsprokurators Meister Jörg Hut erkauft. Rottweil war wegen dieses Druckes sehr erbittert und Straßburg entschuldigte deßhalb seine Mitbürger wiederholt schriftlich und mündlich durch Botschafter, so auch in dem obigen Schreiben. Mit demselben schickte es zugleich das Hut’sche Buch zur Recognoscirung und führte aus, daß die Veranstaltung des Druckes der Stadt Rottweil ja durchaus nicht zur Unehre gereiche, sondern „zu Ere und löblicher Erinnerung der erlichen und mannlichen Thaten, damit Euer Vordern soliche keyserl. Gnade und Hofgericht bekommen und erlangt haben“, sowie daß der Begriff des Druckes dem geschilderten Hergange gemäß der Stadt durchaus nicht in unrechtmäßiger Weise entwährt worden sei.
  39. So z. B. mit dem Landgerichte im Oberelsaß, welches das Rottweiler Hofgericht sogar in die Acht sprach und erst nach wiederholten Befehlen K. Sigmunds, die übrigens diese Ächtung für ungültig erklärten, den 29. Okt. 1436 in seinem Achtbuche strich.
  40. Neue und vollständige Sammlung der Reichstagsabschiede (1747) 1, 161.
  41. Bei den verschiedenen Anfechtungen und Kämpfen, die das Gericht somit zu bestehen hatte, ließ es den 19. Dec. 1551 durch einen von K. Karl V. den 25. Sept. d. J. eingesetzten Commissär den Rottenburger Stadtschreiber Joh. Peter Zeir in Rottweil eine Reihe von Zeugen zum Zweck des ewigen Beweises über seinen Rechtsbestand, seinen Bezirk u. s. w. vernehmen.
  42. Die Abschrift ist übrigens keineswegs durchaus correkt, so z. B. hinsichtlich des Datums, von welchem nur das Wort millesimo als letztes der Urkunde überhaupt noch aufgenommen ist. Röder Lexicon von Schwaben 2, 541, dem wohl auch nur diese Urkunde als Quelle diente, verwechselt die Person des Käufers und Verkäufers. – Nach der Zimmerischen Chronik (3, 352) hätte Rottweil die freie Pürsch von einem Herzog von Urslingen gekauft. – Die Bedeutung und gerichtliche Entwicklung der freien Pürsch überhaupt, die namentlich in einigen Gegenden Schwabens und Frankens statthatte, kann hier natürlich nicht erörtert werden.
  43. In dem Abdrucke dieser Urkunde bei Ruckgaber 2b, 479 ff. ist übrigens statt „Pürß“ „Pueß“ (Buße) zu lesen.
  44. Kiburgischer Besitz in der näheren Umgegend ist sonst allerdings nicht bekannt, sollten die Urkunden vielleicht Hohenberg und Kiburg verwechselt haben?
  45. Unbedeutender oder nur vorübergehender hiesiger Besitz wird auch von dieser Familie, sowie von den Familien Bubenhofen und Rosenau aufgeführt.
  46. Siehe K. J. Glatz, das ehemalige Reichsstift Rottenmünster in Schwaben, im Freiburger Diöcesanarchiv Bd. 6 (1871) S. 27 ff., ferner die in Lünigs Reichsarchiv 18, von Äbtissinen S. 297 ff. und im 3. Bd. des Wirt. Urkdb. abgedruckten Urkunden.
  47. Von Bergrath Xeller.
Anmerkungen Wikisource
  1. Das ist der heute als Gegenpapst angesehene Johannes XXIII. (1370–1419)


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