« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Rottenburg Kapitel B 2 »
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B.


Ortsbeschreibung.




1. Rottenburg.
Literatur.
a. Schriften.

1) Chronik der K. W. Stadt Rottenburg und Ehingen am Neckar durch die letzten sechs Jahrhunderte, von 1200 bis 1819 etc. Von Dr. Ludwig Anton Haßler etc. Rottenburg. 1819.

Dieses Werkchen ist oberflächlich und ohne Auswahl zusammengetragen, enthält jedoch eine Menge geschichtlicher Notizen.

2) Topographische, diplomatische, statistische, historische und geographische Beschreibung der obern und niedern Grafschaft Hohenberg, deren Städte, Flecken und Dörfer etc. aus Archivalnachrichten. Mscr.

Diese Beschreibung ist vom Registrator Gärth Anfangs des letzten Viertels des vorigen Jahrhunderts gefertigt worden.

3) Chronikh und Geschlechterbuch der löbl. östreichischen Stadt Rottenburg am Neckar, darin alles zusammen colligirt und beschrieben durch Christoph Lutzen von Lutzenhardt, 1609. Mscr.

Diese Chronik besteht aus 5 Bänden, wovon aber nur der erste, dritte und fünfte Band im Original, der vierte nur in einer schlechten Abschrift vorhanden, der zweyte Band aber verloren gegangen ist. Erstere gehören jetzt in die Cameralamtsregistratur, der vierte dem Lehrer Bierlinger zu Wurmlingen.

4) Neue Ordnung der Herrschaft Hohenberg 1541. Mscr.

5) Privilegien der Stadt Rottenburg, ausgestellt von der Kaiserin M. Theresia 1751. Im Stadtarchiv.

| 6) Analecta Academiae Friburg collegit et edidit Jos. Ant. Rieggerus, eq. Ulmae, 1774. Abschnitt V. de Parochia Rottenburgensi.

7) Weitenauer, Chor- und Pfarrherren (nachmaligen Probsts), Traditionsbuch von dem Anfang, Uhrsprung und Wachsthumb des löbl. alten Stifts St. Mauritii in Ehingen, nächst Rottenburg am Neckar 1674 bis 1678. Mscr.

8) Römische Alterthümer, aufgefunden zu Rottenburg am Neckar, beschrieben von Gen. Vic. Rath Jaumann 1821, im Stadtpfarrarchiv. Mscr.

9) Liber Traditionum, bonorum ad Eccles. Veteris Urbis prope Rottenburg II. Vol. In der Registratur des Cameralamts. Mscr.[1]


Lage und Verhältnisse der Stadt.

Die Oberamtsstadt Rottenburg liegt unter 26° 36’ 30" Länge, und 48° 28’ 35" nördlicher Breite, 11 Poststunden von Stuttgart, am Neckar, 1048 Fuß über der Meeresfläche, zum Theil eben und flach, zum Theil auf einer vom Neckar sanft emporsteigenden Anhöhe. Die Gegend wetteifert mit den schönsten im Königreiche. Der Neckar tritt oberhalb der Stadt aus einem engen Thale, zwischen Felsenklüften in eine weite Ebene hervor. Hier am Anfange dieser Ebene, zum Theil noch zwischen Hügel eingezwängt, liegt die Stadt und erfreut sich einer herrlichen Aussicht, welche in der Nähe durch viele Ortschaften und fruchtbare Gefilde belebt und im Hintergrunde durch den duftigen Kranz der Alpkette erhöht ist.

Rottenburg wird durch den Neckar in 2 Theile oder Städte getheilt, nämlich auf dem linken Ufer das eigentliche Rottenburg, und auf dem rechten die Stadt Ehingen [2]. | Die Stadt ist zum Sitz des Landes-Bischofs und des Domkapitels bestimmt, einstweilen befindet sich hier das General-Vicariat, das Priester-Seminar und ein Correktionshaus für straffällige kath. Geistliche. Als Oberamtsstadt ist Rottenburg zugleich der Sitz aller oberamtlichen Stellen, es ist ferner der Sitz eines Cameral- und Postamtes und eines Försters, so wie das Polizeyhaus für den Schwarzwaldkreis hier besteht. Auch war früher die Justiz-Retardaten-Kommission dahier, und nachher sollte das Oberjustiz-Kollegium für den Schwarzwaldkreis hieher verlegt werden, was aber nicht zum Vollzug kam. Auch ist hier der Sitz des landwirthschaftlichen Bezirks-Vereins. S. o.

Den Großzehnten beziehen über 2/3 die Landesherrschaft, dann noch Theile die Universität Freyburg wegen der inkorporirten Stadtpfarreyen zum heil. Martin, der Spital, die Kirchenfabrik zum heil. Martin, der Silchenkaplan auf einem kleinen Distrikt. Eben diese beziehen auch den Kleinzehnten, woran auch noch Privaten einen kleinen Antheil haben [3].


Beschaffenheit der Stadt.
Der Theil auf dem linken Ufer, insbesondere Rottenburg genannt, erhebt sich sanft ansteigend von dem Neckar; der andere Theil auf dem rechten Ufer, eigentlich Ehingen genannt, liegt ziemlich eben. Beyde Theile sind durch eine hölzerne Brücke und durch einen Steeg über den Neckar verbunden. Die Figur der Stadt stellt der Plan auf der Karte dar. Rottenburg und Ehingen sind mit einem Graben, nun größtentheils zu Gärten benutzt, und mit Mauern, die jedoch nieder, von geringem Material, und jetzt meist mit Häusern überbaut sind, umgeben. Die Thürme der Stadtthore, so wie die meisten auf den Mauern, sind in neuern Zeiten abgetragen worden, wodurch die Stadt sehr an Ansehen verloren | hat. Rottenburg hat 5 Thore, nämlich das Tübinger, das Sülcher, das Kalchweiler und Neckarthor; bey dem Sülcherthor ist ein kleines Nebenthor in die Gärten gegen Mittag. Ehingen hat 3 Thore, nämlich das Tübinger, das Obere und das Kapuzinerthor. Vor einigen Thoren sind mehrere in neuerer Zeit erbaute einzelne Häuser.

Rottenburg stellt sich auch in seinem Innern ziemlich freundlich dar, weniger Ehingen. Beyde haben mehrere ordentliche, von Stein erbaute Häuser, im Allgemeinen ist jedoch der größte Theil der Häuser in Rottenburg und Ehingen im zweyten Stocke von Holz, viele, besonders in Ehingen, sind klein, hüttenartig und nicht übertüncht, und in beyden Theilen sind Gassen, die sich wegen ihrer Gebäude, noch mehr wegen der Dunglegen vor den Häusern, eher für ein Dorf eignen dürften. In den bessern Häusern findet man eine beträchtliche Anzahl guter und freundlicher Wohnungen.

Die Straßen sind, bis auf wenige Strecken, gepflastert. Die Hauptstraße ist die Königsstraße, welche sich ziemlich gerade von der Brücke bis zum Silcherthor hinzieht. Der Marktplatz ist ziemlich ansehnlich. Es sind mehrere öffentliche Brunnen, und zwar 4 mit laufendem Wasser, die übrigen wurden in neuerer Zeit aus Zieh- in Pumpbrunnen zweckmäßig umgestaltet. Unter den Brunnen mit Röhren zeichnet sich der auf dem Marktplatze vor der Stadtkirche sehr aus: er ist im schönsten gothischen Style erbaut, durchbrochen, mit vielen Statuen und Säulen geziert. Die Chronik sagt, er habe 3 Pfenninge mehr gekostet, als der Kirchthurm. Auf dem Brunnen am Silcherthor steht noch das Standbild Rudolphs d. ä. von Hohenberg.

Es sind hier 2 Hauptkirchen, die Stadtpfarrkirche zum h. Martin, und die (Ehinger) zum h. Moriz; 2 Privatkapellen, eine im Spital, und die andere in dem von Wagnerschen Hause, jetzt Gasthause zum Kaiser, und 7 Kapellen außer der Stadt, nämlich die zu Sülchen, die auf der obern Klause, auf der Altstadt, Weggenthal, die zum h. Theoderich, | zum h. Georg zu Kalchweil, und eine nächst dem Siechenhause.

l) Die Stadtpfarrkirche zum heiligen Martin, zur künftigen Cathedral- (Dom-) Kirche bestimmt, liegt auf dem Markte, zwischen zwey Gäßchen eingeengt: sie zeichnet sich weder im Innern noch Äußern aus. Sie ist mit dem Chor 160 Schuh lang, mit den beyden Nebengängen 64 Schuh breit, und im Schiffe und Chor 50 Schuh hoch, und mag mit den Emporbühnen gegen 1500 Menschen fassen. Der Grund zu ihrer Erbauung wurde 1424 durch die Erzherzogin Mechtild, die Stifterin so vieler kirchlichen und wissenschaftlichen Institute, gelegt. An der nordöstlichen Seite des Chors ist ein Stein mit folgender Inschrift eingemauert:

„ + Als man zalt von gepurt Xsti 1424 jar, da wart dieser kor angefangen zu machen, + "

Die Kirche ist in dem großen Brand 1644 größtentheils abgebrannt, und nur der Chor und der Thurm steht noch aus alter Zeit. Dieser letztere, in welchem 6 harmonisch- gestimmte und feyerlich tönende Glocken hängen, ist halbgothisch in seiner Bauart; einfach steigt er mit Quadern ins Gevierte bis zum ersten Kranze (Umgang) empor, wo er sich zu einer Pyramide gestaltet und durchbrochen bis zur Spitze mit Figuren und mancherley Bildhauerwerk, auch einem zweyten Kranz geziert ist. Derselbe wurde 1486 mit Meister Hanns Schwarzacher, Bürger und Steinmetz dahier, um 700 fl. und 10 Mltr. Korn, 10 Mltr. Roggen, 5 Ohm Wein (wohl nur das Werklohn für den Meister selbst) innerhalb 5 Jahren zu fertigen und zu bezahlen verdingt. Die nach dem Brande von 1644 wiederhergestellte Kirche wurde 1655 durch Georg Sigmund Müller, Bischof zu Heliopolis und Weihbischof zu Konstanz, aus einem hiesigen Geschlechte entsprossen, und hier geboren, mit ihren Altären eingeweiht. Im Innern ist übrigens die Kirche seit 1817, der Zeit ihrer Bestimmung zur Domkirche, sehr ordentlich hergestellt. Ein, zwar einfacher, aber in schönem, reinem Style erbauter, | Hochaltar, nach einer Zeichnung von Prof. von Thouret, und mit einem schönen Altargemälde aus der venezianischen Schule von Bambini, die Geburt Mariä vorstellend, und mehrere einfache Nebenaltäre mit guten Gemälden, so wie eine vortreffliche Orgel aus dem Kloster Schönthal, geschmackvoll gefaßt, zieren sie sehr.

2) Stadtpfarrkirche zum h. Moriz zu Ehingen. Sie steht auf einem weiten Platze, dem ehemaligen Kirchhofe am Neckar; ihre Bauart ist einfach, 145 Schuh lang, und mit den Nebengängen 60 Schuh breit, und im Chor und Schiff gegen 40 Schuh hoch. Von ihren ersten Mauern scheint außer dem Chor wenig mehr übrig zu seyn, und sie wurde nach und nach in der Art, wie sie jetzt besteht, erbauet und erweitert. So wurde etwa vor 100 Jahren ein Gewölbe eingesetzt, während sie früher Hochlichter hatte. Durch dieses eingesetzte Gewölbe erscheint diese Kirche im Innern etwas gedrückt und nieder; sie würde übrigens eine ordentliche Stadtkirche seyn, wenn die alten hölzernen, mit Zierathen überladenen Altäre durch neue, einfache, ersetzt würden. Der Grund zur alten Kirche wurde schon 1209 durch Graf Burkhard von Hohenberg gelegt; der 200 Schuh hohe mit einem spitzauslaufenden Pyramidendache versehene Thurm wurde 1433 vollendet, und 1490 die zur Sakristey verwendete, in reinem Style erbaute, Ulrichskapelle.

Zwischen den Jahren 1320 – 30 wurde die Kirche von Graf Rudolph von Hohenberg d. ä. erweitert, und zugleich in ein Chorstift mit 11 Chorherren, einem Probste und 8 Kaplänen umgewandelt. Als Mitstifterin wird dessen zweyte Gemahlin Irmengard, Tochter des Grafen Eberhards von Würtemberg, angegeben. Der Stiftungsbrief selbst ist nicht mehr aufzufinden. Im Jahr 1339 wurde durch eine Urkunde des Grafen Hugo von Hohenberg die Pfarrey St. Remigii (auf der Klause) zu Ehingen mit dem Stift „das vnser Vater selig grave Rudolph gestiftet hat," vereint und diesem einverleibt. Die Bestätigung des Stiftes, so wie diese Inkorporation wurde von dem Bischof erst 1362 ertheilt. | Das Stift hatte viele Rechte und Freyheiten. Es mehrte sich auch ansehnlich durch weitere Stiftungen der Grafen von Hohenberg und ihrer Gemahlinnen, so wie mehrerer adelicher Familien, die hier ansäßig waren, auch durch Seelenstiftungen hiesiger Bürger, durch Ankauf und sonstige Vermächtnisse.

Durch viele Drangsale, besonders im dreyßigjährigen Kriege, Erhöhung (?) des Geldwerthes, Feuersbrünste etc. kam das Stift auf 6 Chorherren und 5 Kapläne herab. Diese versahen den Chor, ein Chorherr war Pfarrer, und 2 der Kapläne besorgten die 2 Filiale Weiler und Niedernau. Als im Jahr 1806 die Grafschaft Hohenberg an Würtemberg kam, wurde das Stift aufgehoben, und seine Güter wurden incamerirt. Von der ersten Zeit der Stiftung bis zur Aufhebung zählt man 34 Pröbste, worunter, so wie unter den Chorherren, manche gelehrte Männer waren. Der erste Probst, oder wie es in Urkunden heißt, Procurator, war der Meister Bilgerin (Pilger, Peregrinus), zugleich Kilchherr zu Sülchen und Leibarzt des Grafen Rudolph. Probst Murrer 1423 – 40, war zugleich der Herrschaft in Hohenberg Land- und Gegenschreiber; 1545 – 61 war Probst Ambrosius Widmann; früher war er Kanzler der hohen Schule zu Tübingen, begab sich zur Zeit der Einführung der Reformation in Tübingen hieher, wo er fortwährend die Funktionen eines Kanzlers versah, und mehreren die Diplome als Magistris und Doctoribus ausfertigte. Probst Weittenauer 1687 – 1703 ist der Verfasser des Traditionsbuchs, welches belehrende Notizen enthält. Der letzte Probst war Ferdinand Stein.

Nach Aufhebung des Stiftes wurde die Stiftskirche zur zweyten Stadtpfarrkirche, nach ihrer schon früheren Bestimmung, erhoben; auch wird in derselben der Gottesdienst für die hiesige kleine evangelische Gemeinde alle Monate und an hohen Festen gehalten. Merkwürdig sind in dieser Kirche noch einige Grabmäler, als Rudolphs Grafen von Hohenberg | des ältern, des Stifters, † 1336, 3. Id. Jan.; dann dessen zweyter Gemahlin; mit der Inschrift:

Hic jacet, ecce, Rosa, quondam nimium specios,
Irmengard grata, de Wirtemberg generata Uxor R.

Ferner der Gräfin Agnes von Hohenberg, Gemahlin Herzogs Conrad von Teck, † 1366; des Grafen Albrechts von Hohenberg, Bischofs von Freysingen, † 1359; Graf Rudolphs von Hohenberg, † 1389; Margaretha von Nassau, † 1370; Graf Rudolphs d. j., † 1386; dessen Gemahlin, Idda von Toggenburg, † 1394; Hugos, Graf von Hohenberg, † 1354; Heinrichs, Graf von Hohenberg, † 1352 u. a.

Unter den Kapellen mögen näher beschrieben werden: 1) die zu Sülchen, zum h. Johannes dem Täufer, 1118 erbaut, und 1513 erneuert. Sie war früher die Pfarrkirche der Stadt und eines großen Theils der Umgegend, nun wird sie nur noch als Gottesacker-Kapelle benutzt, indem der Friedhof der Pfarrey zum heil. Martin (d. h. der Stadt) rings um sie her errichtet ist. Der Chor ist wohl noch wenigst aus dem 12. Jahrhundert. 2) Die Kapelle auf der oberen Klause, zum h. Remigius, 1024 erbauet. Auch sie war die alte Pfarr- und Mutterkirche mehrerer Orte der Umgegend (darunter auch der Vorstadt Ehingen). Das jetzige Gebäude ist größentheils aus neuerer Zeit, dasselbe steht nun auch auf dem schon früher dahin verlegten Gottesacker für die Pfarrey Ehingen. 3) Die Kapelle auf der Altstadt, worin im J. 1268 Altäre von einem Albert Bischof von Regensburg eingeweiht worden. Sie hatte früher ihre eigene Pflege, welche nun mit der zum h. Moriz vereinigt ist. 4) Die Kapelle, oder vielmehr Kirche, in dem Weggenthal (Weg im Thal?). Sie ist eine Wallfahrtskirche, welche jedoch in frühern Zeiten häufiger und zahlreicher, als in neuern, besucht ward. Das sogenannte Gnadenbild ist ein Bild Mariens, aus Holz geschnitzt, das früher blos in einem Bildstocke stund, worüber 1517 eine kleinere Kapelle, und 1682 erst die jetzige ziemlich große Kirche in gutem Style erbaut und eingeweiht wurde. Die | vielen darin angebrachten Votivtafeln entstellen dieselbe. In der frühern Zeit besorgten die Jesuiten den Gottesdienst; nach ihrer Aufhebung ward ein eigener Geistlicher aufgestellt, dessen Stelle in neuerer Zeit einging. 5) Die Kapelle zum St. Georg zu Kalchweil, wo früher ein Weiler stund, dessen Bewohner sich nachher in die Stadt übersiedelten. Nach Urkunden hatten 1323 die Amman und Herter diesen Weiler gemeinschaftlich besessen.

Es befanden sich auch mehrere Klöster dahier, die ansehnliche Gebäude hatten:

1) das Jesuiterkloster, später das Landvogteygebäude, dann den herrschaftlichen Ämtern eingeräumt, endlich zur Wohnung für den Landesbischof, den Weihbischof und den Dom-Dekan, und für die bischöflichen Kanzleyen kürzlich eingerichtet. Es ist durchaus von Stein aufgebaut, in zwey ansehnlichen Flügeln, enthält schöne Reihen von Zimmern und gewährt auf der östlichen Seite eine weite, reizende Aussicht auf das Neckarthal bis zur Alp. Im Jahr 1647 wurden die Jesuiten hier (in Rottenburg) aufgenommen, und bestanden fort bis zur Aufhebung des Ordens 1773. Während des Zeitraums von etwa 125 Jahren hatten sie nicht nur den größten Theil des beträchtlichen Klostergebäudes (ein Theil stand schon früher) und eine schöne Kirche, welche 1789 unter dem Vorwand der Baufälligkeit abgebrochen wurde, erbaut, sondern auch die beträchtlichen Güter Bühl, Dotternhausen etc., an sich gebracht, und bey ihrer Aufhebung ein Vermögen an Gütern, Gefällen und Kapitalien von 500.000 fl. hinterlassen, welches von Östreich zu dem sogenannten Studienfond geschlagen, von Würtemberg aber im J. 1807 incamerirt wurde.

2) Das Karmeliterkloster mit der Kirche, nun zum Priesterseminar und zur Wohnung von künftigen Domkapitularen und Domkaplänen eingerichtet. Auch dieses Gebäude ist massiv von Steinen aufgeführt, in 3 Flügeln, wozu die ehemalige, nun zu Wohnungen eingerichtete Kirche den Schluß des Vierecks macht. Die Aussicht in dem mittäglichen | Flügel, ganz von dem Neckar bespült, ist sehr freundlich in das ländliche Gemälde gegen die Weilerburg und gegen Abend in das felsige Neckarthal. Das Kloster stiftete 1276 Graf Albrecht von Hohenberg. Durch mehrere Stiftungen seiner Nachkommen, und der besonders hier und in der Gegend sich aufhaltenden Adelichen mehrte sich das Kloster, und es lebten in demselben immer gegen 12 Mönche und mehrere Layenbrüder unter einem Prior ganz gemächlich. Unter Würtemberg wurden die Einkünfte auch den Domainen einverleibt.

3) Ein Kapuzinerkloster auf dem rechten Ufer des Neckars in Ehingen. Es wurde 1620 – 24 durch milde Gaben aus den Trümmern der alten Burg Rottenburg (Weilerburg) erbaut, und so wurde dieses ehrwürdige Denkmal, „um ein Kloster für Bettelmönche zu erbauen," zerstört. Bey der Besitznahme durch Würtemberg ward es aufgehoben, verkauft, und in eine Bierbrauerey verwandelt.

4) Die obere Klause, außer der Stadt Ehingen auf einer Anhöhe. Als im F. 1339 die Pfarrkirche zum heil. Remigius dem Stifte einverleibt wurde, ließen sich einige ledige Weibspersonen in dem verlassenen Pfarr- und Meßner-Hause nieder, und bildeten eine Beguinengesellschaft, aus der nachher das Kloster von Franziskaner Nonnen hervorging. Das Kloster wurde unter dem Kaiser Joseph 1782 aufgehoben, und dessen Einkünfte dem Religionsfond einverleibt. Das Gebäude wurde verkauft und von dem jetzigen Besitzer sammt dem beträchtlichen, einzig schön gelegenen, Garten in guten Stand hergestellt, und ist nun in einen Belustigungsort mit Bierbrauerey umgewandelt. Die Aussicht in den Zimmern ist ungemein reizend auf die Stadt, hinüber ins Gäu, ins Ammerthal, und hinab ins Neckarthal.

5) Bis auf das Jahr 1643 bestand auch ein Klösterlein zu Sülchen. Durch die unruhigen Zeitläufe, Fehden und Kriege, und bey seiner offenen Lage im Thale war es vielen Drangsalen, Erpressungen und Plünderungen ausgesetzt; die Nonnen, vom Orden des heil. Dominikus, zogen öfters | bey solchen Anlässen in die Stadt und vereinigten sich endlich mit denen auf der Klause. Auch bestanden früher, nach dem Geiste der Zeit, noch einige andere sogenannte Versammlungen, Beguinenhäuser.

Auswärtige Klöster hatten auch Höfe und Häuser hier, so hatte das Stift Kreuzlingen, welches beträchtliche Güter, Gefälle und Einkünfte zu Wurmlingen, Hirschau, hier und in der Umgegend besaß, ein ansehnliches, massiv von Stein erbautes Haus nicht fern vom Sülcherthor, in welchem nun das königl. Oberamt seinen Sitz hat. Das Kloster Rohrhalden hatte nicht fern vom Jesuiterkollegium gleichfalls ein sehr großes, ganz von Stein erbautes Haus, welches nun Privaten besitzen.

Außer diesen ansehnlichen Gebäuden verdienen noch bemerkt zu werden:

Das alte Schloß, nördlich auf einem Hügel, in der obern Gasse, gelegen. Der Aufenthalt auf der alten Burg Rottenburg mochte den mächtigen, von Ministerialen umgebenen Grafen von Hohenberg bald zu beengt geworden seyn, und so bauete Graf Burkhard 1216 dieses Schloß, von dem sich die schönste Aussicht auf das Neckarthal darbot; er umgab es, sammt einem großen Vorplatz bis an den Neckar, mit Gräben, Mauern und Thürmen, und es ward, wie die alte Burg außer der Stadt Rottenburg, die Burg in der Stadt genannt. Hier stand die Wiege der hohen Stammmutter des östreichischen Kaiserhauses; hier warb Rudolph um die schöne, prächtige Jungfrau, kaum 16 Jahre alt; hier ward, wie die Chronik sagt, gar freundlich die Hochzeit 1240 begangen; hier war der nachmalige König oft bey seinem Schwager auf Besuch, und manche wichtige Verfügung wurde nach Urkunden hier getroffen; hier ward auch das Beylager Ulrichs II. Grafen von Würtemberg, und der Irmengard, Grafen Albrechts Tochter, im December 1291 mit großer Pracht gefeyert [4], hier wurden die herrlichen | Ritterspiele zu Ehren Kaisers Karl IV. 1447 begangen. Dieses alte Schloß, vielfach erweitert, verändert, später zum Theil abgetragen, ist nun in das Polizeyhaus für den Schwarzwaldkreis verwandelt, während die noch ältere Burg ein Kapuzinerkloster, und das Herrenhaus der Grafen von Hohenberg zu Ehingen ein Spital ward.

Das Rathhaus. Im J. 1644 brannte das alte Rathhaus bis auf den Grund nieder; es mag ein sehr großes Haus von Holz, mit besondern Schatzwerken geziert, gewesen seyn, indem es das hölzerne Wunderhaus in alten Chroniken genannt wird. Zu dem jetzigen in seiner Bauart einfachen, sehr ansehnlichen Gebäude wurde 1672 d. 29. März der erste Stein gelegt. Es ist eine Zierde des Marktplatzes.

Das Spitalgebäude, sehr groß und seit Kurzem im Äußern sehr anständig und gefällig hergestellt. Es wurde 1563 erbaut.

Unter die besseren Gebäude gehören noch die Gasthöfe zur Krone, zum Waldhorn, früher der freyherrl. von Hohenbergische, nachher von Raßlerische Hof; zum römischen Kaiser, früher der von Owsche, nachher Wagnersche Hof, und endlich mehrere vom Stadtrath Pfeiffer erbaute, neue Häuser.

Der Häuserwerth steht nach dem Steuerkataster sehr hoch [5].


Bevölkerung und Nahrungsstand.
Von der im J. 1825 bestandenen Zahl der Ortsangehörigen zu 5716 (einschließlich der aus der Markung gelegenen Parzellen) waren 172 abwesend, dagegen 196 Fremde hier anwesend, die Zahl der wirklich im Orte lebenden Personen war daher 5740, die Zahl der Ehen war 892, folglich kommen auf 1 Ehe etwa 61/2 Menschen. Die Bevölkerung ist sehr gewachsen, und wächst immer fort. Bey der | Besitznahme durch Würtemberg wurde die Bevölkerung im März 1807 zu 3955 Menschen angegeben, sie würde daher in nicht ganz 19 Jahren um 1861 zugenommen haben, was auf das Jahr 98 Personen trifft, 1794 sollen jedoch 4135, 1795 aber 4181 gezählt worden seyn. Vergl. S. 64 u. f.

Der Hauptnahrungszweig der hiesigen Stadt besteht in Feldbau [6], der durch Lage, Klima und Boden begünstigt, auch im Ganzen gut umgetrieben wird. Die Stadt erzeugt viel Getreide, besonders sehr guten, feinmehligen Dinkel, und hauptsächlich eine von den Bierbrauern weit und breit gesuchte Gerste. S. S. 76. Der beyden Städte Bau ist in drey Felder und jedes wieder in 3 Ösche abgetheilt, wozu noch das abgesonderte Schadenweiler Feld kommt. Eine etwas auffallende Erscheinung ist, daß hier ungeachtet des großen Vorraths aller Fruchtgattungen und ihrer besten Arten, dennoch kein Fruchtmarkt gedeihen will. Schon öfters wurde von der Berechtigung dazu Gebrauch gemacht. Die 3 Wochenmärkte, so wie 3 Jahrmärkte, und zwar Vieh-, Krämer- und Flachsmärkte am 26. März, 11. Juny, 5. Nov. haben einen beträchtlichen Absatz. Handel im höhern Sinne findet hier wenig statt. S. S. 95.

Gewerbe finden sich aller Art hier. Der Gerber, Zeugmacher, Stricker, Säckler, so wie der Instrumentenmacher, welche auch Verschluß nach Außen haben, ist oben S. 91. schon gedacht, ebenso der Brauereyen; die musikalischen Blasinstrumente und feineren Drechslerarbeiten werden hauptsächlich von den Gebrüdern Steiner und Schüle verfertigt [7].

| Noch muß einer eigenen Klasse der hiesigen Einwohner, der Weingärtner, Meldung gethan werden. Es ist, wenn auch ein derber, doch biederer Schlag Menschen, kräftig, thätig, ja unermüdet, zugleich rasch und offen in Rede und That, und meist mit 6 – 12 Kindern gesegnet. Bey dem geringen Ertrag der Weinberge seit vielen Jahren drückt die Noth der Zeit besonders auf diese Klasse. Indeß bringen sie sich durch Fleiß und Entbehrung durch.


Kirchen und Schulwesen.

Die Geistlichkeit war ehemals sehr zahlreich dahier. Bey St. Martin bestanden Benefizien auf 14 Altären; doch waren sie nie alle besetzt. St. Moriz hatte 12 Chorherren mit einem Probst, und mehrere Kapläne. Die Jesuiter-, Carmeliter-, Kapuzinerklöster waren immer gut bevölkert; dazu kamen die Nonnenklöster; so daß die Zahl der Geistlichen immer beträchtlich war. Jetzt, wo der Sitz des Bisthums hieher bestimmt ist, ist die Zahl der Geistlichen für die allgemeine Landesanstalt auf 1 Bischof, 1 Domdekan und 6 Domkapitularen, ferner 6 Domkapläne, wovon 1 zum Musik-Direktor, l zum Direktor des Correktionshauses, l zum Ceremoniar und Sekretär des Bischofs und die 3 übrigen zu Lehrern an dem zu errichtenden niedern Gymnasium zu verwenden sind, festgestellt. Ferner für das Priesterseminar, in welches in der Regel jährlich 30 Candidaten aufzunehmen und praktisch für die Seelsorge auszubilden sind, 1 Regens, 1 Subregens und 1 Repetent.

| Für die Ortsseelsorge bestehen 3 Pfarreyen, 2 katholische und 1 evangelische. An der ersten Stadtpfarrey zum heil. Martin, ist ein Stadt- zugleich Dompfarrer mit 4 Kaplänen, an der zweyten Stadtpfarrey, zum h. Moriz zu Ehingen und einem Theile Rottenburgs diesseits des Neckars, sind ein Stadtpfarrer, ein beständiger Kaplan und ein zeitlicher Vikar angestellt. Die kleine evangelische Pfarrgemeinde wird von dem evangelischen Pfarrer von Remmingsheim besorgt: so wie dieser den Religionsunterricht im Polizeyhause für die Evangelischen und ein Kaplan für die Katholiken gibt.

Sämmtliche (Kirchen-) Stellen werden von dem König vergeben; nur soll das frühere Patronatrecht auf die Stadtpfarrey zum h. Martin der Universität Freyburg, welches sie nach der Einverleibung dieser Pfründe mit ihren Fonds durch Mechtild, Gemahlin des Erzherzogs Albrecht, 1470 erhielt, unter besonderer Bedingung wieder zurückgegeben werden [8]. Der Stadtpfarrer zum h. Martin bezieht als solcher von der Universität eine Competenz von 700 fl. Die Kapläne an dieser Kirche beziehen ihr Einkommen aus den Pfründen zu Sülchen, zum h. Martin, zur h. Brigitta, zum h. Lorenz und aus der sogenannten Priesterpräsenz. Die Geistlichen der Pfarrey zum h. Moriz werden aus den Einkünften der Cameralverwaltung bestritten.

Die Schulanstalten bestehen für jetzt nur in einer Vorbereitungsklasse zur lateinischen Sprache, wozu täglich 1 Stunde verwendet wird, dann in einem provisorischen Präzeptorate, welches einer der Stadtkapläne zum h. Martin bisher versehen hat. Die deutsche Schulanstalt, Elementarschule, besteht in 8 Klassen, nämlich in 2 vereinten Knaben- und Mädchenklassen erster und zweyter Abtheilung, dann in abgesonderten 3 Knaben- und 3 Mädchenklassen, für welche | 6 Lehrer und 2 Provisoren angestellt sind. Die Zahl der Schüler und Schülerinnen beläuft sich über 800, welche sämmtlich in einem nicht sehr geräumigen Schulhause untergebracht werden mußten; daher längst auf Erbauung eines neuen Schulhauses der Antrag besteht. Die Sonntagsschule hat 7 Klassen, und es besuchen dieselbe gegen 500 Schüler und Schülerinnen. Diese Lehranstalt, mit der zugleich ein Schulinzipienten-Institut vereinigt ist, hat sich in neuerer Zeit sehr gehoben.

Eine Zeichnungs- und eine Mädchen-Industrieschule sind auch seit einigen Jahren eingerichtet worden. In ersterer werden an Sonntagen unentgeldlich, an mehreren Tagen in der Woche gegen Bezahlung, mit Ausnahme der Armen, in letzterer täglich 2 Stunden durch eine Lehrerin und eine Gehülfin unentgeldlich Unterricht ertheilt. Auch besteht ein Musikunterricht, der durch den eigens aufgestellten Chorregenten zum h. Martin ertheilt wird, für die Armen wird auch dieser Unterricht unentgeldlich ertheilt.

Einen Theil der Lehrerbesoldungen tragen die verschiedenen Stiftungen, den größern die Stadtkasse. Daß die Lehrerbesoldungen, obschon sie noch nicht reichlich im Ertrag sind, in neuerer Zeit aufgebessert worden, und fast der ganze öffentliche Unterricht unentgeldlich für alle Klassen der Einwohner ertheilt, und eine beträchtliche Summe für Bücher, Schreibmaterialien der Armen und für Schulapparate u. s. w. theils aus Stiftungen, theils aus der Stadtkasse abgereicht wird, auch in neuerer Zeit ein förderndes Schülerfest eingeführt ward, verdient gerechte Anerkennung und Lob, wenn schon noch eine thätigere Theilnahme der Einwohnerschaft an den Schulanstalten zu wünschen übrig bleibt.


Wohlthätigkeits-Anstalten und Stiftungen.

Es bestehen hier Stiftungen: a) für die Armuth, d) für den Unterricht, und c) für den Gottesdienst.

a) Unter den Armenstiftungen ist die des Spitals zum heil. Geist die erste und vorzüglichste. Der Spital | nahm 1361 seinen Anfang, indem Cunrad Unger, auch zuweilen in älteren Documenten Hunger, auch Ungern genannt, Kaplan zur heil. Dreyfaltigkeit, die auf der Stelle stand, wo jetzt noch das Spitalgebäude steht, eine beträchtliche Stiftung dazu, so wie zur Pfründe selbst machte, und das erste Gebäude erbauen ließ. Idda von Toggenburg, Gemahlin des Grafen Rudolph von Hohenberg, machte zu gleicher Zeit beträchtliche Stiftungen, so wie auch mehrere Adeliche und Bürgersleute aus der hiesigen Stadt und Nachbarschaft dazu beytrugen. Besonders war die Erzherzogin Mechtild eine Wohlthäterin auch dieser Stiftung, und das Gut derselben mehrte sich nach und nach durch Vermächtnisse und Kauf so sehr, daß der Spital nun als eine der vorzüglichsten wohlthätigen Anstalten der hiesigen Stadt angesehen werden kann. Seine Besitzungen und Fonds bestehen in einem großen Wohngebäude, in einem abgesonderten Krankenhause, gesund nahe am Neckar gelegen, in Ökonomiegebäuden, sowohl hier bey dem Wohnhaus, als auch auf dem Hofe Schadenweiler. Die Kapitalien betragen 38.138 fl. Der Ertrag der Hellerzinse ist: 79 fl. 54 kr. Der Besitz der Äcker belauft sich bey dem hiesigen Gut auf 2091/2 M. Äcker, und 70 M. Wiesen, im Schadenweiler auf 90 M. Äcker, 36 M. 21/2 V. Wiesen, 11/2 M. Weinberg, 1/4 M. Garten. An Waldung besitzt derselbe gegen 188 Morgen. Ferner stehen dem Spital beträchtliche Zehnten aller Art hier in Rottenburg und in Kiebingen, Weinzehnten auch zu Hirschau, Weiler und Wendelsheim zu. An Geld betragen dieselben 168 fl. 29 kr., an Naturalien im Durchschnitt, Roggen 1 Sch. 5 Sri., Waizen 1 Sch. 3 Sri., Gerste 281 Sch. 4 Sri., Erbsen 4 Sri., Dinkel 677 Sch. 5 Sri., Haber 56 Sch. 4 Sri., an Heu und Öhmd 10 Wannen. An Gülten werden bezogen: Mühlkernen 8 Sch. 6 Sri., 3 Sch. 31/4 Roggen, jährlich oder nach Zellgen 55 Sch. 2 Sri., an Erbsen 1 Sri. 2 V. 6 E. 4 V., Dinkel 126 Sch. 5 Sri., Haber 27 Sch. 3 V. 1 E. 6 V. Dann hat der Spital noch mehrere Gerechtigkeiten, als mehrere Fischwasser dahier, | zu Niedernau, Obernau; ferner das Recht in dem Stadtwald 42 St. gehörntes Vieh, 12 junge und alte Schweine und 1 Schweinsmutter, so wie das kranke Vieh zu weiden, welches Recht bis auf die neueste Zeit ausgeübt worden. Die Brutto-Einnahme belauft sich wohl über 12.000 fl. jährlich.

Die ältere Verwaltungsart war immer die Selbstadministration sowohl der Güter, als der Verpflegung der Hospitäler. Sie ist es auch jetzt noch, nachdem man sie nach mancherley Versuchen für die beste erkannt hat. Die Verwaltung, insbesondere der Feldbau, die Viehzucht etc. sind übrigens sehr gut, und dienen zugleich in vielfachen Versuchen als Musterschule für den Landmann. Auf dem Bezug der Einkünfte ruhen die Lasten der Verwaltung, ferner Gülten, Steuern, von welchen früher der Spital nach einem besondern Befreyungsbriefe v. J. 1388 in Beziehung auf den Staat befreyt war, jetzt nur noch von Corporationslasten frey ist, für Gottesdienste etc.

Jährlich werden 110 – 120 Personen, welche alt, gebrechlich, krank oder sonst arm sind, im Spital gänzlich verpflegt, für Ärzte und Arzneyen, für Kranke im Spital und in der Stadt werden jährlich 5 – 600 fl. verwendet, auf Kost-, Lehr-, Schul-Miethgelder kommen gleichfalls einige Hundert Gulden; während noch 20.000 Pfd. Brod an die Stadtarmen ausgetheilt werden; woraus sich von selbst die Wohlthätigkeit dieser Anstalt für die Einwohner der hiesigen Stadt ergibt. Besonders verdienstlich ist seit neuerer Zeit die Erziehung von 18 – 24 armen Kindern beyderley Geschlechts, theils Waisen, theils sonst unbesorgt; sie werden nicht nur gänzlich verpflegt, sondern leben unter strenger Aufsicht, nehmen an allen öffentlichen Unterrichts-Anstalten Theil, und herangewachsen, werden sie entweder zur Feldarbeit, u. s. w. angehalten, oder werden in die Lehre für irgend ein Gewerbe gethan, worauf sie für die Wanderjahre Handwerkszeug und Wandergeld erhalten. Übrigens wird sich bestrebt, dieses Gemeingut nicht nur zu erhalten, sondern durch gute Verwaltung und Sparsamkeit, auch | durch Zuflüsse von neu aufzunehmenden Hospitaliten zu mehren [9].

Mit dem Spital ist zugleich die Stiftung des Gutleuthauses, Siechenhauses, vereint. Schon 1358 stiftet Mechtild, die Schneiderin von Ow, 5 Mltr. Roggen u. s. w. zum Gutleuthaus dahier. Diese Stiftung ist nicht sehr gemehrt worden, und sie besitzt nun an Hellerzinsen jährlich 25 fl. 5 kr. 11/2 Heller, an Kapitalien 2956 fl., an Gülten 6 Mltr. 11 Vrtl. Roggen. 20 – 24 Personen finden in dem 1/4 St. unter der Stadt am Neckar gelegenen sogenannten Gutleuthause freye Wohnung, und sogenannte Gutleuthauskinder erhalten jedes jährlich eine Unterstützung von 4 - 5 fl.

Bedeutender ist die sogenannte Roggenalmosenpflege, mit welcher die Wetterspende und der Armenfond vereinigt sind, so daß sie nur Einen Pfleger haben, und Eine Rechnung bilden. Die erste Veranlassung zu dieser Stiftung gab Cunrad Rogg, der heil. Schrift und der freyen Künste Meister, und der Arzney Doktor, gebürtig von Hürningen (Hirrlingen) und wohnhaft zu Rottenburg, der ums Jahr 1450 all sein Gut, welches an Korn 35 Mltr. gilt, und 39 Pfd. Heller an Geld jährlich betrug, nebst einem Jahrtag an den 4 Frohnfesten, in dem Stift zu Ehingen zu halten, vergabte, um damit verschämte Hausarme zu unterstützen.

Mit dieser Stiftung wurde zugleich, mit Verwilligung Kaisers Maximilians und des Bischofs von Konstanz, 1493 eine sogenannte Sammlung im Beguinenklösterlein, nahe dem Sülcherthor, mit seiner Stiftung einverleibt, und diese Stiftung hat sich so sehr gemehrt, daß sie jetzt an Kapitalien 9880 fl., an Hellerzinsen jährlich 11 fl. 14 kr. und mehrere Fruchtgülten, so wie fast den Drittheil Großzehnten in Seebrunn zu beziehen hat. Es wird sein ganzer Ertrag von mehr als 900 fl. nach Abzug der Verwaltungskosten, Steuern etc. | für die Hausarmen in wöchentlichen Unterstützungen an Geld, Hausmiethe, Lehrgeld, Kranke u. s. w. verwendet. Mit dieser Pflege ist die Wetterspende, welche nach und nach durch mehrjährige Zuschüsse der hiesigen Bürgerschaft zur Unterstützung für solche, die durch Hagel an ihren Feldern Schaden gelitten haben, zusammengebracht worden seyn soll, und jetzt ein Kapital von 1425 fl. 44 kr. besitzt, vereinigt; so wie, der Armenfond, welcher durch neuere Stiftungen für Arme entstanden, und nun ein Kapital von 555 fl. besitzt. Beyde Stiftungen werden zu gleichem Zweck, wie das Roggenalmosen verwendet, wovon der Überschuß jährlich dem Spital anheim fällt. Hieher ist auch noch zu rechnen, der halbe Ertrag der sogenannten Siebenschmerzensbrüderschaft mit jährlich etwa 50 fl. b) Die Stiftungen für die Schulen und überhaupt für den Unterricht bestehen 1) in dem Fond der aufgelösten Bürger-Congregation, welche ein Kapital von 843 fl., dann 2) in dem Fond der Siebenschmerzensbrüderschaft, welche ein Kapital von 1619 fl. hat, wovon aber der halbe Theil des Ertrags für Armenzwecke zu verwenden ist. Diese beyden Stiftungen werden für allgemeine Schulzwecke verwendet. 3) Stiftung zur Unterstützung von Studirenden, welche 1615 von Johann Georg Sigismund Müller, Bischof von Heliopolis, Weihbischof und Domdekan zu Konstanz, einem gebornen Rottenburger begründet worden. Ihr Grundkapital war 2450 fl. Durch Fahrlosigkeit in älteren Zeiten kam es auf 1675 fl. zurück, deren Ertrag dem Zweck gemäß verwendet wird. 4) Die Stiftung von Paul Mirr, Stadtpfarrer dahier, für die Nachkommen aus dieser und der Spitzischen Freundschaft, oder sonstige Rottenburger. Diese Stiftung genoß zuerst der Pfarrer Spitz, welcher zur Dankbarkeit 1000 fl. unter der Bestimmung dem Stadtrath zu Mößkirch übergab, daß mit der Vergabung der beyden Stipendien zwischen Rottenburg und Mößkirch abgewechselt werde, was bis auf neuere Zeit geschah. Jetzt wird das Stipendium dahier nur Rottenburgern, | das zu Mößkirch aber dort verliehen, und zwar hier durch einen jeweiligen Oberamtmann und den Stadtpfarrer zu Ehingen. Der Ertrag eines Theils beträgt etwa jährlich 75 fl.

c) Stiftungen für den Gottesdienst sind: 1) Die Kirchenpflege zum heil. Martin; sie reicht eben zu, die jährlichen kirchlichen Bedürfnisse zu bestreiten. Ihr Fond besteht in Zins aus Gebäuden 10 fl. 30 kr., Zehentsurrogat 18 fl. 8 kr., Hellerzinsen 13 fl. 21 kr., aus den Zinsen von 8794 fl. Kapital, aus gestifteten Jahrtägen 44 fl. 28 kr. Der Zehentertrag war 1825/26 14 Sch. 4 Sri. Gersten, 95 Sch. 4 Sri. Dinkel, 14 Sch. 4 Sri. Haber. Aus dieser Pflege werden die Cultbedürfnisse für die Pfarrey zum h. Martin, so wie der beyden Nebenkapellen zu Sülchen und St. Theoderich bestritten. Für diese Verwaltung, so wie für die Kirchenpflege von Weggenthal ist ein Pfleger, der jedoch in abgesonderten Rechnungen die Verwaltung führt, aufgestellt.

2) Der Fond der letztern Pflege besteht im Ertrag von Gütern, jährlich 25 fl., aus 1952 fl. 20 kr. Kapital der Zins; woraus die Bedürfnisse des Cults für diese Wallfahrts-Kirche bestritten werden.

3) Die Kirchenpflege zum h. Moriz hat Heu-, Obst-, und Blutzehnten dahier, und etwas Weniges in Weiler zu beziehen, deren Ertrag sich jährlich auf 49 fl. 18 kr. belaufen mag: beträchtlicher ist der sogenannte Meßnerzehnte, den früher der Meßner bezog, der aber später 1808 mit der Kirchenpflege vereint wurde. Derselbe ertrug 1825/26 21 Sch. Gerste, 50 Sch. Dinkel. An Gülten bezieht die Pflege etwa 5 Sch. Roggen, 5 Sri. Dinkel, 5 Sri. Haber zelglich; Weingefälle 3 Imi 5 Maaß. An Hellerzinsen jährlich 10 fl. 46 kr. 31/2 Heller, aus 10.689 fl. 13 kr. Kapitalien den Zins. Aus dieser Pflege sind sämmtliche Cultkosten für die Pfarrey zum h. Moriz zu bestreiten, doch ist der Staat wegen des incamerirten Stiftes das Defizit zu decken schuldig. Der Pfleger hat zugleich den Fond der Kapelle zum h. Georg | zu Kalchweil zu verwalten; dieser besteht in etwas Heu-, Blutzehnten; Großzehnten im Ertrag 1 Sch. Dinkel; Gülten, Roggen und Haber 5 Sri. zelglich, Hellerzinse jährlich 5 fl. 31 kr. 13/4 Heller, aus Kapitalien von 1284 fl. den Zins 64 fl. 12 kr. Diesem Fond liegt die Bestreitung der Bedürfnisse für diese Kapelle ob.


Merkwürdigkeiten.

Unter die Merkwürdigkeiten gehören die reiche Privat-Bibliothek des Herrn Bischofs von Evara, die römischen Alterthümer, von G.V.Rath Jaumann gesammelt und beschrieben; dann ein Stück einer alten Mauer auf der alten Stadt, mit einer eingemauerten Denkschrift, welche also lautet:

Anno christi 1112, den triten des Jenners, bey Lebzeiten Bapsts Benedicti des achten, und Kaiser Heinrichs des fünften, ist die Stadt Landort, oder LandsCron genannt, durch Erdbidem und Gewässer untergangen, und A. 1271 von Grafen Albrecht von Hohenberg wieder auferbauet, und Rottenburg genannt, und diese Mauer also zum Gedächtniß 1602 wieder erneuert worden."

Wir werden auf diese Inschrift bey der Geschichte Rottenburgs zurückkommen.

Der Wartthurm auf dem Heuberg wurde in dem Städtekrieg gegen den Grafen von Hohenzollern 1422 erbaut. Er drohte den Einsturz, wurde aber als ein altes Denkmal und schöner Fernsichtspunkt durch Beyträge von Privaten erhalten, und von dem Stadtrath neuerlich ausgebessert und oben mit einer Gallerie versehen.


Umgebungen.

Dazu gehören die meisten der oben genannten Mühlen und Werke, ferner der Schadenweilerhof und der Glückhershof.

Der Schadenweilerhof, mit 5 Einw., liegt äußerst angenehm am nordöstlichen Abhange der südlichen Berge gegen Rottenburg, eine starke Viertelstunde von da entfernt. | Auf einer Altane ist eine reizende Aussicht auf das Neckarthal bis Tübingen, die Alp, auf das Ammerthal, und gegen Herrenberg ins Gäu und hinauf in den Schwarzwald. Ein Spaziergang hieher ist sehr angenehm, und die herrliche Lage zwischen Feldern, Wiesenthälchen und Baumgütern, der nicht ferne Wald und die herrlichen Fernsichten werden Jeden befriedigen. Schadenweiler, Stadenweiler, war in ältesten Zeiten, wo nicht ein Dorf, doch ein beträchtlicher Weiler, ein adeliches Gut, mit Vogtey, Zwing und Bann und Niedergericht [10]. Um das Jahr 1000 vermacht Sighard von Wolfesleder 2 Huben zu Scadenweiler an das Kloster Hirschau. Ebenso 1 Hube zu Schadenweiler um die Jahre 1200 Richmund von Sülchen, welche er mit einer zu Wurmlingen vertauscht hatte. Auch gab es Edle von Schadenweiler; so wird im Seelbuch zu Ehingen Burccarde de Schadenweiler) und 1437 Volkart Hirnbog zum Schadenweiler gefunden. 1354 verkauft Wernher von Oberrieden all sein Gut zu Schadenweiler gelegen, und die Vogtey halb, dem Probst zu Ehingen um 160 Pfd. Heller, 1368 verkauft Hainz Lieb sein Gut zu Schadenweiler an Hainz, Cunz und Andres, die Vogel; 1374 verkauft Wernher Hurnbog, Burger und Richter zu Reutlingen, dem Probst und Stift zu Ehingen, seinen Zehnten und all sein Gut alldort. Durch verschiedene Hände kam auch ein Theil an die Schertlin: Hans Heinrich Schertlin verkauft seinen Antheil mit der halben Vogtey und Niedergericht, 1554, um 5908 fl. 12 kr. 3 Heller an Dr. Adam Wernherr von Themar. Die Themar hatten das Gut lang in Besitz, umgaben es mit Mauern und Thürmen; 1674 starb der letzte dieses Geschlechts, Ferdinand von Themar, und das Gut ward zuerst 1675 um 5500 fl. an einen gewissen Renner verkauft, von der Stadt Rottenburg selbst aber eingelöst. Diese hat es 1677 dann an den Spital in Rottenburg, der es noch im Besitz hat, | überlassen. Der Hof ist in die Pfarrey zum h. Moriz zu Ehingen eingepfarrt. Der Glückhershof (mit 20 Einw.) wurde erst vor einigen Jahren von dem hiesigen Burgermeister Glükher erbaut, und von erkauften Gütern hinter dem Heuberg in einer angenehmen Ebene eingerichtet. Diese Einrichtung war nicht zum Frommen des Erbauers, er mußte flüchtig werden, und der Besitz ist nun unter mehrere vertheilt. Der Hof selbst liegt auf Rottenburger Markung, eine Stunde entfernt und gehört in die Pfarrey zum h. Martin [11]. |
Städtischer Haushalt.
Für diesen besteht eine Stadtpflege, und unter derselben ein Waldmeisteramt und ein Bauamt; zugleich ist eine eigene Schuldentilgungskasse gebildet, welcher die alten Steuerausstände, der Ertrag von außerordentlichen Holzschlägen, von der Schafweide und vom etwaigen Überschuß des Zehentpachtes zur Tilgung der Schuld und Abtragung der Kapitalzinse zugeschieden ist. Die Schulden beliefen sich bey Übergang der Stadt an Würtemberg auf 124.259 fl. 57 kr., welche nur noch 97.951 fl. betragen [12]. Die Einkünfte der | Stadt zur Bestreitung ihrer nothwendigen Ausgaben sind außer den schon benannten sehr gering, und der Bedarf dafür muß größtentheils auf die Steuer umgelegt werden. An Gefällen und Zinsen bezieht sie nur 60 fl. 21 kr., dann wenig an Pflaster-, Thor- und Brückengeld. Frühere Einnahmen, als der Ertrag vom Salzverschleiß, welcher jährlich über 800 fl. ertrug; das Chausseegeld, im Ertrag zu 215 fl.; Rauchfanggeld 89 fl. und die Abstichs-, Tanz- und Hausirgebühren zu 70-80 fl. haben unter den neuen Verhältnissen aufgehört. Auch mußte die Stadtkasse beym Übergang an Würtemberg noch beträchtliche Pensionen zu 1420 fl. übernehmen (für entbehrlich gewordene Stadtdiener). Vorzüglichen Ertrag gewähren die Waldungen, welche nach der neuern Vermessung 5258 Morgen enthalten. Aus diesen werden jährlich der Bürgerschaft die Holzgaben, welche früher in 1 Klafter Holz und 200 Büscheln Reißig bestanden, nun aber seit dem neuen Schuldentilgungsplan nur noch in 1/2 Klft. Holz und 100 Büscheln Reißig abgereicht. Dann ist der Ertrag aus der Schafweide und des Pferchs bedeutend. S. S. 88. Der Gebäude der Stadt sind nur wenige, darunter ist die jetzige Oberamtey zu rechnen, welche früher für das Dom bestimmt, später aber zur Oberamtswohnung abgetreten worden, jedoch unter Vorbehalt des Eigenthums für den Fall, daß das Bisthum von hier wegverlegt würde. Die jährlichen nothwendigen Ausgaben der Stadt belaufen sich auf 15.127 fl.


Geschichte der Stadt.
Die jetzige Stadt Rottenburg hat ungezweifelt ihren Namen von der alten Burg Rottenburg, jetzt Weilerburg genannt, sie wurde im J. 1216 von Graf Burkard von Hohenberg durch Erbauung einer neuen Burg, gleichfalls Rottenburg genannt, begründet, nachher aber um die Jahre 1270-80 durch Graf Albrecht von Hohenberg erweitert und zur Stadt erhoben; sie war von dieser Zeit an bis zum Erlöschen dieses erlauchten Geschlechtes der Aufenthalt derselben, | die Hauptstadt der obern und niedern Grafschaft Hohenberg, auch nach dem Erwerb durch das Erzhaus Östreich, der Sitz und die Residenz mehrerer Erzherzoge und ihrer Gemahlinnen, eines Landeshauptmanns, eines freyen Landgerichts, und später eines östreichischen Landvogtes und Oberamtes. Schon im allg. Theile ist bemerkt worden, daß an der Stelle, wo Rottenburg liegt, und weiter hinaus im Thale, die Römer, und zwar um die Jahre 150-300 v. Chr. gehaust, und selbst eine beträchtliche Niederlassung begründet hatten. Wie diese Niederlassung geheißen habe, dürfte bis auf nähere Entdeckungen unentschieden bleiben. Daß sie weder das Grinario noch das Samolucenae der Peutingerschen Tafel war, ist anderswo nachgewiesen worden. (Würt. Jahrb. 1824. S. 301 etc.) [13] Ob sie Summa Julia oder Sumlocenae geheißen habe, wie aus der Aufschrift des der Diana gewidmeten Weihaltars geschlossen werden will, ist vorläufig wenigst ungewiß. Daß sie beträchtlich war zeigen die Denkmäler und besonders die in dieselbe gerichtete, großartige Wasserleitung. Wohl läßt sich auch nicht mehr nachweisen, wann diese Niederlassung der Römer zerstört worden, ob schon durch die Allemannen? oder durch den spätern Einfall der Hunnen unter Attila? Die Chroniken setzen jedoch schon unter Pharamund eine Stadt der Franken, unter den verschiedenen Namen Landsfurt, Landskron, Landsort hieher. Einstimmig sagen sie, daß diese spätere Stadt durch eine heftige Erderschütterung und große Überschwemmung untergegangen sey; über die Zeit selbst stimmen sie nicht überein, einige geben 1012, andere 1112, endlich einige 1212 an. Die letztere Angabe widerlegt sich von selbst, indem eine Menge Urkunden dagegen sprechen; aber auch die zweyte Angabe dürfte, obschon die oben gegebene Inschrift nach den Zahlen dafür spricht, unrichtig seyn, indem schon der Beysatz vom Papst Benedikt VIII. und Kaiser Heinrich V. einen Widerspruch enthält, und auf die Jahre | 1012 zurückweist. Der Abschreiber der erneuerten Inschrift möchte wohl das alte übliche Nullzeichen für einen 1, und Heinrich II. für einen V. nach dem alten Zeichen angesehen haben. In den Jahren 1012 regierten Benedikt VIII. und Heinrich II. Wenn also die Zerstörung eines Ortes mit Namen Landsfurt etc. je in unserer Gegend vorgefallen ist, was durch so viele Chronikschreiber bestimmt angegeben wird, und in der Lage der Stadt am Ausflusse des Stromes aus einem engen Thale in eine weite Ebene, wo erst in den Jahren 1778 die Anschwellungen zu einer furchtbaren Höhe stiegen, und in den zerrissenen, gesprengten Felsenwänden (eine Porta Sueviae, wenn auch kleiner als jene Porta Westphaliae) und in den Stromkieslagern, offenbar neuern Ursprungs, bis selbst an die ansteigenden Hügel hin, gegründete Wahrscheinlichkeit hat; so mußte dieselbe im J. 1012 erfolgt seyn [14]. Merkwürdig ist, daß in einer Urkunde von 1293 schon der Ausdruck alte Stadt vorkommt, indem in derselben über den Bezug des Zehnten aus einigen Ländern, Äckern und Gründen, die in loco, quodam „antiqua civitas“ dicto gelegen waren, wo nun die Stadt Rottenburch liegt, aus welchen Kreuzlingen seit undenklichen Zeiten den Zehnten bezogen hat, worauf „nun aber neue Häuser gebaut werden“ ein Vertrag zwischen dem Pfarrer von Sülchen und dem Kloster Kreuzlingen abgeschlossen wurde. Allerdings | mag schon in den ältesten Zeiten bey dem Austritt des Flusses aus einer engen Schlucht in eine weite Ebene hier eine Furth (ein Übergang) über den Neckar bestanden haben und schon unter den Franken ein Ort dabey angesiedelt worden seyn: indeß finden wir nach den Angaben alter Urkunden, wie wir oben gesehen haben, in unserer Gegend schon früher, als die Überschwemmung und der Untergang der alten Stadt geschehen seyn soll, den Sülchgau, und wenige Jahre darnach, nämlich 1057, den Ort Sülchen wieder erbaut, die Umgegend in blühendem Zustande und unter den Zeugen der Urkunde Heinrichs IV. vom Jahr 1075, worin derselbe dem Kloster Hirschau seine Freyheiten bestätigt, auch einen Ezzo de Sulchen aufgeführt. Auch auf dem rechten Ufer des Neckars ward schon 1023 die Kirche zum heil. Remigius, so wie die zu Sülchen 1118 wieder erbaut. Eine alte Chronik, von einem Stadtschreiber Walch, Zeitgenosse des Crusius, sagt über diese ersten Ansiedelungen: „daß nach dem Untergang der alten Stadt Landsort, oder Landscron, wieder Einige am Neckar angefangen zu bauen, und weilen dies geschehen mit gnädiger Gunst, Hilff, rath und That der Edlen aller Welt bekannten Königligen von Ehingen, ist das newe angefangene Dörffle genannt worden Ehingen am Neggher.“

Und Lutz von Lutzenhardt sagt in seiner Chronik: „die Amman haben 8 Jahr nach der Statt Landsohrt Vndergang eine Behausung erbawen, welche noch heutiges Tags in der oberen Gassen neben dem Pfarrhof gesehen, und jetzt der Ehinger oder Wernaverhof genannt wird.“

So finden wir also Sülchen und Ehingen zuerst wieder als Dörfer; letzteres umgab Graf Burkard von Hohenberg 1209 zuerst mit Gräben und Mauern, und zwar auf dem rechten und linken Ufer des Neckars, wie beyläuflg jetzt noch die Gränzen der beyden Stadtpfarreyen, an der herrschaftlichen Kelter herab bis an den Neckar sich scheiden. Nach alten Urkunden und Inschriften wurde jedoch 1212 auch schon das Kiebinger Thor, 1214 das Sülcher Thor, 1216 | die Burg, 1219 das Wörththor und der Thurm, 1221 das erste Kiebinger Thor, oder der innere Thurm erbaut. Als Graf Albrecht von Hohenberg, Schwager des Kaisers Rudolph, seines Hauses Glanz hellleuchtend erhob, sich eine Menge Dienstmannen um ihn versammelten, und diese nothwendig auch viele Gewerbs- und Handelsleute herbeyzogen, da mehrten sich auch die Gebäude um des mächtigen Grafen Burg, und so wird Albrecht als Erbauer der Stadt Rottenburg, wovon er sich auch öfters in Urkunden schreibt, unter den Jahren 1271 angegeben [15].

Die Stadt mag für die damaligen Zeiten beträchtlich gewesen seyn. Auch hielten sich öfters Kaiser bey den Grafen von Hohenberg hier auf, und manche Urkunden sind hier von ihnen gefertigt worden. So Kaiser Rudolph zweymal im J. 1274. Unter dem 3. April bestätigt er hier die Freyheiten des Klosters Lorch, und unterm 29. Dec. die Freyheiten des Klosters Herrenalb. Noch den 14. Jan. 1275 weilte Rudolph bey seinem Schwager.

Als Kaiser Carl IV. 1347 nach Schwaben kam, um sich den gesammten Ständen in der königl. Würde zu zeigen, gewann er vorzüglich die Herzen der Grafen, Ritter und Herren durch seinen Aufenthalt und sein leutseliges Benehmen zu Rottenburg. Die Grafen von Hohenberg hatten ihm zu Ehren ein stattliches Turnier dahier veranstaltet, und auch der Kaiser mischte sich unter die zahlreichen Kämpfer. Er hatte die Rüstung des berühmten Albrecht Schiller von Rechberg angelegt, und forderte mit geschlossenem Helm den bisherigen Sieger und tapfern Ritter von Stain zum Kampfe auf, ward aber von diesem auf eine unsanfte Weise aus dem Sattel gehoben, auf den Sand gesetzt, und mußte sein Streitroß um 60 Mark Silbers lösen. Des anderen | Tages drängte sich der Kaiser wiederholt unter die Kämpfer, hing seinen Schild unter die übrigen auf, und meldete sich zum Kampfe; die Ritter verbaten sich aber die Ehre, um, wie sie sagten, nicht die Schuld zu tragen, wenn K. Majestät etwas zu Leide geschehen möchte. Kaiser Carl IV. bestätigte nicht nur die alten Freyheiten der Grafen und der Stadt, sondern ertheilte denselben 1349 auch noch neue. Die Kaiser Friedrich, Maximilian, Ferdinand hielten sich öfters hier auf. Mehrere Erzherzoge hielten hier ihr Hoflager, oft auf längere Zeit; besonders lebhaft war es hier zur Zeit der Erzherzogin Mechtild, welche ihren Wittwensitz hier hatte. Charakteristisch für diese Zeit ist die Errichtung einer eigenen Herren Trunck- und Zechstube, die ihre Herren und Gesellen aus dem Adel, Geistlichen und Bürgerstande zählte [16]. Diese Gesellschaft hatte ihr eigenes Gebäude, ihr eigenes Geräthe und ihre Knechte. Dagegen mußte täglich ein anderer aus der Gesellschaft Wirth seyn, und durfte sich dessen keiner weigern. Vier Stubenmeister, und dann ein größerer Ausschuß von 12 Mitgliedern hatten das Recht, die Ordnung zu handhaben, Späne zu schlichten, zu strafen und aus der Gesellschaft auszuschließen. Die ersten vom Adel waren Mitglieder, und ihre Namen waren auf einer besondern Tafel verzeichnet, so wie ihre Wappen in den Fenstern der Stube prangten. Erzherzogin Mechtild, Kaiser Maximilian bestätigten nicht nur deren Ordnung, sondern waren selbst Mitglieder der Gesellschaft. Noch findet sich in der königl. Bibliothek zu Stuttgart ein Theil der Wirthstafeln in Holz und mit Wachsguß, worin die Namen mehrerer noch lebender Geschlechter als Gäste mit ihrer Zeche verzeichnet sind. Dieser seltsame Codex wurde schon Anfangs des 16. Jahrhunderts durch einen Rottenburger Bürgermeister, Sigismund Wendelstein, dem Kloster Weingarten geschenkt, von wo er in die königl. Bibliothek kam, und vom Verfasser kürzlich erst als Wirthstafel der Rottenburger Herrenstube erkannt wurde. | Graf Rudolph von Hohenberg verkaufte die Stadt Rottenburg mit seinem Antheil an den Grafschaften Hohenberg 1381 an den Erzherzog Leopold von Östreich. S. S. 17. Die Herzoge Ernst und Friedrich von Östreich verpfändeten die Grafschaft Hohenberg, namentlich: „Rottenburg, die Vestin ob der Stadt Rottenburg, Rottenburg die Burg in der Stadt, und Rottenburg die Stadt am Neckar, und die Stadt Ehingen dabey gelegen u. s. w.“ in einer Urkunde, gegeben Hall im Innthale d. 15. Aug. 1410, an Ulm, Reutlingen und 17 weitere schwäbische Reichsstädte um 38.343 fl. Wie die Losung von der Pfandschaft geschehen, ist nicht bekannt. Im Jahr 1454 kam Albrecht von Östreich von der Krönung Königs Ladislaus von Böhmen nach Rottenburg mit einem großen Hofhalt zurück, und verweilte lange da. Nach seinem Tode ward die Grafschaft Hohenberg seiner Wittwe Mechtild, gebornen Pfalzgräfin bey Rhein, zum Witthum überlassen. Sie war früher mit Graf Ludwig I. von Würtemberg vermählt, und Mutter Graf Eberhards im Bart. Nach dem Tode Ludwigs ehelichte sie 1452 den Erzherzog Albrecht, hielt sich mit ihm öfters, und nach dessen Tode 1463 als Wittwe mit einem großen Hofhalt hier auf. Sie verwaltete und regierte das Land, bis sie 1482 zu Heidelberg auf einem Besuche starb. Als eine sehr verständige Frau in der Geschichte bekannt, beschützte sie die Wissenschaften, that vielfach Gutes, machte mehrere Stiftungen, erbaute die hiesige Pfarrkirche und schenkte der hiesigen Gemeinde den beträchtlichen Wald, den sie noch besitzt. Als Eitelfriz V. Graf von Zollen, des Kaiser Maximilians Hofmeister die ererbte Herrschaft Räzuns in Graubündten an Östreich gegen Haigerloch vertauschte, scheint derselbe nicht nur die Hauptmannschaft der Grafschaft Hohenberg für sich und seine Nachkommen, sondern auch die Pfandschaft derselben erworben zu haben. Über hundert Jahre, etwa von 1500-1600, hatten die Grafen von Zollern die Hauptmannschaft inne; die Pfandschaft wurde jedoch schon 1509 von den Unterthanen der obern und niedern | Grafschaft Hohenberg mit 40.000 fl. gelöst, unter der Versicherung, von Östreich nimmer verkauft und verpfändet zu werden. Die Reformation fand hier wenig, oder gar keinen Eingang, und es lassen sich wenige Spuren der hieher sich verbreitenden neuen Lehre finden. Der Stadtpfarrer zum heil. Martin, Abraham Sattler (1562), hing der neuen Lehre an, und ward deswegen abgesetzt. Bereits vor 1523 hatten jedoch schon die neue Lehre Lic. Niklas Schedlin und M. Eyrich hier verkündet. 1524 hielt Andreas Keller hier drey Predigten, welche auch gedruckt sind, im Geiste der Reformation. Mehrere Geistliche und Weltliche, die an dem alten Glauben festhielten, flüchteten sich aus den benachbarten Städten und Örtern hieher, wo sie unter Östreich willige Aufnahme und Unterstützung fanden. Der dreyßigjährige Krieg brachte, wie so vielen Ländern und Städten, auch unserer Stadt schwere Drangsale. Den 11. Hornung 1633 verbrannte der schwedische Oberst Brinkh, indem er gegen Rottenburg anrückte, wo eine Besatzung von 400 Östreichern lag, zu Niedernau 30 Häuser, und ließ 10 Bürger von Rottenburg jämmerlich niederhauen. Mit würtembergischem Landvolk bis auf 10.000 Mann verstärkt, verbrannte er Kiebingen und das Kloster Rohrhalden, schloß die Stadt mit 16 Stücken ein, und diese ergibt sich endlich. Nun gingen Brandsteuern, Einquartirungen, Erpressungen und Mißhandlungen aller Art an. Den 19. May wurde die Bürgerschaft gezwungen, dem Herzog von Würtemberg zu huldigen, als ihrem gnädigen natürlichen Erbherrn und Landesfürsten. Die Geistlichkeit weigerte sich, den Eid abzulegen, und wurde zum Theil ihres Einkommens durch eigene würtembergische Kommissarien beraubt. Nur der Pfarrer Corvinus (Raab) zu Ehingen leistete den Eid, ward deswegen suspendirt und später erst absolvirt. Die Schweden zogen nach der Schlacht bey Nördlingen den 6. Sept. 1634 unter Peter von Imhof von hier ab. 1635 kam zu dem Kriegselende noch die Pest, die eine Menge Leute hier wegraffte. | 1638 rückten die schwedischen Obersten von Nassau und von Collenbach wieder vor die Stadt, die Bürgerschaft wollte sich anfangs widersetzen, weilen aber kein Kommandant „vielweniger Kraut und Loth“ vorhanden gewesen, also ist accordirt worden. Den 6. April zogen die Schweden Abends zwischen 6 und 7 Uhr in die Stadt; die alten Drangsalen! Als jedoch die Kaiserlichen von Tübingen am 27. April anrückten, wurde die Stadt der Plünderung Preis gegeben, auch wurden Geiseln ausgehoben, die nachher um 8000 Thl. losgekauft werden mußten. Die Kaiserlichen haben das, was die Schwedischen hinterlassen, vollends mit sich hinweg genommen. Das schrecklichste Jahr war für Rottenburg 1644, der bayrische General Johann von der Werdt lag im Sommer hier und in der Gegend mit seiner Mannschaft. Als er eben den 19. August Morgens zwischen 2 und 3 Uhr abzog, entstund in einem Bäckerhause in der Marktgasse Feuer, und bis Abends 8 Uhr lagen die Pfarrkirche, das Karmeliterkloster, das Rathhaus und 556 Gebäude in der Asche.

Doch genug der Jammerbilder aus diesem schauerlichen Kriege, in dem die obere und niedere Grafschaft Hohenberg nach vorliegendem Verzeichnisse allein an Contribution 1.370.196 fl. und darunter die Stadt Rottenburg 201.410 fl. zahlen mußte.

Unter die Ereignisse der hiesigen Stadt sind auch die traurigen Opfer zu rechnen, welche dem Aberglauben dahier so reichlich durch Criminal-Untersuchungen gegen Hexen und Hexenmeister und durch Justizmorde derselben gebracht worden. Nur zu oft rauchten dahier die Scheiterhaufen, und Crusius hat so oft treulich angemerkt, in diesem Jahre wurden zu Rottenburg wieder so und so viele Hexen verbrannt. Die Zahl der Unglücklichen belief sich in wenigen Jahren gegen 40-50. Noch im Jahr 1655 ward ein angesehener hiesiger Bürger aus Haß und Fanatismus der Hexerey angeklagt, mehrmals jämmerlich gefoltert, und endlich enthauptet | und verbrannt [17]. Bis in diese Zeit (1645) bestund auch dahier die seltsame religiöse Gewohnheit, daß bey der Fronleichnams-Prozession 3 Monstranzen, eine von dem Probste zu Ehingen, eine von dem Prior der Karmeliter, und eine von dem Stadtpfarrer zum h. Martin umhergetragen wurde; welcher Übelstand erst im besagten Jahre abgestellt wurde. Im J. 1735, den 4. März, kam in des Bürgermeisters Kittele Scheuer am Sülcherthor Feuer aus, es brannten wieder 464 Gebäude ab. Das Feuer konnte mit Mühe erst den 5. März Mittags gelöscht werden. In den Jahren 1744-48 litt die hiesige Stadt viel durch Hin- und Hermärsche, Einquartirungen, Lieferungen und Erpressungen. 1744 und 1745 lagen vom Oktober bis April 700 Franzosen hier in Besatzung, erpreßten über 72.000 fl. | und schleppten bey ihrem Abmarsche noch Geiseln mit sich. Den 9. Sept. 1786 brannten in Ehingen 125 Häuser ab. Zur Zeit der letzten französischen Kriege waren die Einquartirungen wieder sehr häufig. 1792-93 lag die Legion von Mirabeau hier und in der Umgegend im Winterquartier, und Condé feyerte mit seinem Sohn Duc de Bourbon und seinem Enkel, dem unglücklichen Duc d’Enghien hier das Osterfest; auch ward hier, nach Ludwigs XVI. Hinrichtung, 1793, die Todtenfeyer für denselben durch das Condésche Corps gehalten, und dessen Sohn Ludwig XVII. zum König ausgerufen. Auch 1795, den 13. Febr., kam Condé mit dem Duc de Berry wieder hieher. In den Jahren 1796, 1800-1805 hatten sich die Franzosen, wie überall, auch hier häufig eingefunden, und Lieferungen und Contributionen kamen an die Tagesordnung. Durch den Presburger Frieden (26. Dec. 1805) kam Rottenburg mit der Grafschaft Ober- und Nieder-Hohenberg an Würtemberg, und den 6. Jan. 1806 wurde Besitz ergriffen. Es traten damit die vielfachsten Veränderungen in der Verwaltung der Stadt und des Landes ein. Den 17. Dec. 1817 wurde Rottenburg zum Sitz des Bisthums und des Priesterseminars bestimmt, und dieses, so wie das General-Vikariat einstweilen von Ellwangen hieher verlegt. Zum Beschluß fügen wir nur noch Einiges über die ältere Verfassung und Verwaltung der Stadt bey. (Vergl. damit S. 15 u. f.) Für Ausübung der Gerichtsbarkeit waren die Stadtschultheißen bestellt, welche zwar von der Landesherrschaft erwählt wurden, aber stets freye, niemanden eigene Männer, und stets Bürger von Rottenburg seyn mußten. Diese Schultheiße richteten in den wichtigsten Fällen, jedoch nur mit Zustimmung des Burgermeisters und des Rathes, letzteres namentlich in allen hochpeinlichen Fällen. Für diese Gerichtsbarkeit, insbesondere aber für die innere städtische Verwaltung waren in ältesten Zeiten 4, in späteren 2 Burgermeister und 24 Gerichts- und Raths-Personen, aus welchen jene gewählt wurden, aufgestellt, und diesem | innern Rath war immer ein ansehnliches Collegium aus der Bürgerschaft, als sogenannter äußerer Rath, gegenüber gestellt. Später wurde die Verwaltung sehr vereinfacht, indem nur 1 Bürgermeister, 1 Syndikus und 4 Räthe oder Deputirte bestunden, welche zusammen als innerer Rath, die freywillige und strittige Gerichtsbarkeit und die Ökonomie der Stadt verwalteten; jedoch hatten für letztere Gegenstände 4 weitere Mitglieder (der äußere Rath) Sitz und Stimme. Diesen gegenüber stand ein Ausschuß von 60-70 Bürgern, welche am höchsten besteuert waren. Diese wählten den Syndikus; der Burgermeister, der innere und äußere Rath, so wie der Ausschuß, wurden jedoch von der ganzen Bürgerschaft gewählt. Für die Stiftungen und ihre Verwaltung waren Marschalke, für die Landeseinkünfte Landschreiber bestellt.

Unter den Freyheitsbriefen sind vorzüglich bemerkenswerth: 1) die vom Kaiser Carl IV. gegeben Frankfurt 1349 und Nürnberg 1362 – Befreyung von fremden Gerichten, 2) wieder von Carl, Nürnberg 1378, Erlaubniß, das Landgericht in dem Dorf zu Wendelzheimb in die Stadt Rottenburg zu legen; 3) Kaiser Friedrich ertheilt der Stadt Rottenburg 1414, gegeb. Schaffhausen, das Recht, Bürger aufzunehmen, sie zu schatzen, und die Freyheit, Wein oder Korn bey sich ohne Schatzung einzulegen. 4) Kaiser Maximilian ertheilte 1490 der Stadt das Recht, „unter Tach in ihrer gewöhnlichen Gerichtsstube doch mit offener Thür sitzen, und umb alle Malefizhandel, Urtheil und Recht sprechen zu können.“ Eine merkwürdige Urkunde für öffentliche Verhandlung in Kriminalfällen. 5) K. Ferdinand ertheilt der Stadt 1525 den Freyheitsbrief, daß kein Jude mehr leihen, noch Schuldklagen von Juden bey den Gerichten angenommen werden dürfen.

Ob noch zu dieser Zeit Juden in der Stadt gelebt haben, ist nicht näher angegeben: daß solche aber früher hier ansäßig waren, bezeugt die Chronik von Lutz von Lutzenhardt, indem er sagt: „In diser Statt hatt es auch vor Jahren | vil Juden gehabt. Ir Synagog oder Schuel haben sy gehabt bey der Teutschen Schuel, und Iren Kürchhof haben sy gehabt vor dem Küebinger Thor, hinten an des Nachrichters Haus, so jezund ein Garten.“ Wahrscheinlich wurden sie bey der allgemeinen Judenverfolgung auch hier vertrieben. 6) 1544 ertheilt auch Kaiser Ferdinand der Stadt das Losungsrecht in Erbschaften, Käufen und Verkäufen innerhalb zwey Jahren.

Alle diese Rechte und Freyheiten wurden von den nachfolgenden Kaisern und Besitzern der Grafschaften Ober- und Nieder-Hohenberg, und bis auf die neuesten Zeiten herab bestätigt, und die Stadt blieb auch in mehrerer derer Genuß bis auf die Besitznahme durch Württemberg, wo eine ganz neue Verfassung und Verwaltung eintrat [18].


  1. Hieher kann auch noch gerechnet werden: Schwaben unter den Römern. Von J. Leichtlen, Grh. Bad. Archivrath. Freyburg. 1825. Eine vorzügliche Schrift, worin Rottenburg und seine Gegend eine Hauptrolle spielt. A. d. H.
  2. Nach dieser Abtheilung zerfällt die Stadt auch in 2 Pfarreyen, beyde Theile aber bilden nur Eine bürgerl. Gemeinde. A. d. H.
  3. Die Gefälle sind schon in der 1. Abtheil. von sämmtlichen Orten zusammengestellt. A. d. H.
  4. Die Zweifel gegen dieses Datum s. S. 16. Memmingers Beschr. v. Würt. 58 Heft. Rottenburg.
  5. Doch nicht außer Verhältniß. Er beträgt auf 1 Gebäude bey Rottenburg 992 fl., bey Reutlingen 1137 fl., bey Riedlingen 935 fl., dagegen bey Ehingen nur 633 fl. A. d. H.
  6. Nach dem Cameralamtsgrundbuch und nach den Ergebnissen der Vermessung hat Rottenburg 2 Markungen: 1) Das Städter Feld, 2) das Ehinger Feld, wovon jedes in 3 Zellgen oder Ösche abgetheilt ist. Zu dem Städter Feld gehört auch die besondere Kalchweiler Markung, und zu dem Ehinger Feld die Schadenweiler Markung, von welchen beyden jede wieder in 3 Zellgen abgetheilt ist. A. d. H.
  7. Gasthöfe, Brauereyen, Mühlen und andere Werke und Ziegelhütten sind aus der Tabelle und S. 93. zu ersehen. Die Stadt hat 2 Apotheken und eine Buchdruckerey, worin ein Intelligenzblatt erscheint. Mit dem Gasthofe zu den drey Königen ist eine Badeeinrichtung verbunden, wozu die Spitalquelle benutzt wird. Unter den Mühlen und Werken befinden sich 1 Papiermühle, 1 Eisenhammer, 3 Mahlmühlen, 1 Ölmühle, 1 Gypsmühle, 1 Öl-, Säg- und Tabakmühle, 1 Öl-, Gyps- und Hanfreibmühle, 1 Gyps, Schleif- und Hanfreibmühle, 1 Säge- und Hanfreibmühle, 1 Lohmühle und 1 Walkmühle, mit Ausnahme der Papiermühle (s. S. 43.) sämmtlich am Neckar. A. d. H.
  8. Nach einer ganz neuerlich zu Stande gekommenen Übereinkunft legt die Universität die Competenten den würt. Behörden vor, diese bezeichnen dann den ihnen anständigen Candidaten und die Universität präsentirt hierauf denselben. Diese Übereinkunft gilt auch für die Stadtpfarrey Ehingen a. d. Donau. A. d. H.
  9. Die Pfründer sind jedoch selten. A. d. H.
  10. Noch jetzt besteht die eigene Markung. S. S. 131. A. d. H.
  11. Abgesonderte Theile der Stadtgemeinde sind ferner: Altstadt, ein kleines Hofgut mit einer Kapelle, 1/4 Stunde von Rottenburg, hoch über dem Neckar, mit 6 E. Mehr s. u. u. S. 126. Die Klause, unmittelbar bey der Stadt, mit 3 E. S. 126. 128. Kalchweil, 3/8 St. seitwärts von Rottenburg, hoch über dem linken Neckarufer, jetzt eine Kapelle mit Meßnerhause und 7 Einw., ehemals ein Weiler, dessen eigene Markung sich bis auf unsere Zeit erhalten hat. S. 127. Theoderich, eine Kapelle mit einer angebauten Meßnerwohnung, 1/4 Stunde nördlich von der Stadt mit 2 Einw. S. 8. Weggenthal, ebenfalls eine Kapelle mit einem Meßnerhause, 1/4 n. w., mit 4 Einw. S. 126. Das Gutleuthaus, 1/4 St. abwärts vom Neckar, mit 31 Einw. S. 137. Sülchen, eine Kirche mit einem Meßnerhause und 4 Einw. 3/8 St. n. ö. Diese Kirche ist mit dem Meßnerhause nur noch der Rest eines in alten Zeiten bedeutenden Ortes. Daß der Ort dem alten Sülichgau, der schon im J. 888 genannt wird, sehr wahrscheinlich den Namen gegeben hat, ist schon oben S. 2 bemerkt. „Ob der Name Sülchen,“ sagt Herr Jaumann, „von Kirche – Chilch, Zülch, Sülch, oder von Sul – Säule – römischen Säulen, die da gestanden haben dürften, herkomme, lassen wir dahin gestellt seyn.“ Nach einer von Herrn Archivrath Leichtlen in der oben angeführten Schrift mitgetheilten Urkunde vergabt König Heinrich IV. im J. 1057 „ein gewisses Gut, Sulicha genannt, in dem Gau Sulichgowe, in der Grafschaft Hesso’s“ an die Kirche zu Speyer. Zur Kaiserwürde gelangt, bestätigte Heinrich (nun III.) 1101 seine der dortigen Kirche gemachten Stiftungen und darunter auch die Besitzung Sulicho. Nachher gab der Bischof (von 1127-1147) Siegfried II. von Speyer das Gut an das Kloster Hirschau. Diese Nachricht, welche Herr Leichtlen aus Crusius genommen hat, wird auch, wie in den würt. Jahrbüchern 1826 S. 439 u. f. gezeigt ist, durch den Hirschauer Codex vollkommen bestätigt. Nicht lange hernach kommt in diesem Codex auch ein Richmund de Sulchen vor, der dem Kloster eine Hube im Schadwiler für eine andere in Wurmlingen gibt, und schon 1075 erscheint ein Ezzo de Sulichen als Zeuge in der Urkunde der neuen Stiftung des Klosters Hirschau. Daß Herr Leichtlen aus Sülchen das römische Samolucenae macht, ist früher schon bemerkt worden. Wie dem sey, so muß Sülchen ein sehr bedeutender Ort gewesen seyn, der, wie aus den oben angezeigten Denkmälern erhellt, seinen Ursprung immerhin von den Römern erhalten haben mag. In den Lagerbüchern ist noch von Gassen, dem alten Markte, dem Fleischmarkte die Rede, die Kirche war die Mutterkirche mehrerer Orte in der Umgegend und selbst von der Stadt Rottenburg, und noch jetzt hat die Stadt, oder die Gemeinde zum h. Martin, ihren Gottesacker dabey. Mit Anfang des 15. Jahrhunderts wankte der Name, 1403 heißt die Kirche ecclesia Sulichen seu Rotenburg, und 1424 wurde die Pfarrey in die Stadt verlegt, wohin auch, in Folge ewiger Fehden und Kriege, die Einwohner schon vorher größtentheils sich gezogen hatten. Einsam, bemerkt Herr Jaumann, steht jetzt die Kirche mit dem Meßnerhause in der weiten Ebene da, und der Pflug zieht seine Furchen, wo ehemals des Lebens und Handels lautes Getümmel herrschte. Mehr s. o. S. 24 u. ff. 126. 128. u. unten, Geschichte. A. d. H.
  12. Eine der größten Summen bey Städten von gleichem Umfang und gleichen Mitteln. A. d. H.
  13. Vergl. die Anmerkung S. 28.
  14. Die Sage von einem außerordentlichen Naturereignisse gewinnt allerdings auch durch die Felsenschlucht, durch welche der Neckar bey Rottenburg geht, an Wahrscheinlichkeit. Der Neckar war hier offenbar durch die Felsen gespannt, und das Thal aufwärts stand bis über Obernau hinauf tief unter Wasser, ehe ein Durchbruch erfolgte. Nun ist es merkwürdig, daß die römische Wasserleitung gerade in der Schlucht verschwunden ist, und erst später wieder, jedoch immer noch in einer Höhe von 60-70 Fuß, zum Vorschein kommt. Es läßt sich daraus schließen, daß der Durchbruch erst nach den Zeiten der Römer erfolgte, und es erklärt sich daraus auch, warum die Römer die entfernten Quellen im Rommelsthale und nicht die viel näher gelegenen, die aber damals noch unter Wasser standen, gefaßt haben. A. d. H.
  15. In dem Hirschauer Codex, Fol. 33 b. kommt schon im J. 1103 ein Comes Heinricus de Rotenburg als Zeuge vor. Wahrscheinlich schrieb er sich von der alten Burg Rottenburg, der Weilerburg. A. d. H.
  16. Solche Herrenstuben gab es auch in andern Städten, zur Zeit, wo sich alles in Zünfte theilte. A. d. H.
  17. Gräßlich ist die Geschichte der Hinrichtung des Wiedertäufers Michael Sattler: er wurde hier mit seinem Weibe, und mehreren andern Männern und Weibern, vor Gericht gestellt. Dieses Blutgericht bestund aus zwey jungen Doktoren, Juristen zu Tübingen, 2 Räthen von Überlingen, 2 von Freyburg, 2 von Ensheim, 2 von Villingen, 2 von Stockach, 2 von Ehingen, 2 von Rottenburg, unter dem Vorsitz des Statthalters, Grafen von Zollern. Das Urtheil war dahin gefällt, daß Michael Sattler dem Henker übergeben, auf einen Wagen geschmiedet, auf den Richtplatz geführt, ihm bey der Abführung zweymal mit einer glühenden Zange ein Stück aus dem Leib gerissen, und vorher die Zunge abgeschnitten werde, wenn er auf der Mahlstatt angekommen, ihm noch fünf Griffe mit der glühenden Zange gegeben, und er dann lebendig zu Asche verbrannt werden soll. Am 20. May 1527 wurden an ihm, und an 12 andern Männern und 10 Weibern die Urtheile vollzogen. Zwey Greisen, die die Wiedertaufe widerrufen hatten, sollte die Zunge gespalten werden, und sie hernach ein Jahr lang alle Sonntage während des Zusammenläutens unter der Kirchthüre stehen, und ein hölzernes Bild eines Taufsteins in der Hand halten. Veit Feringer wurde enthauptet und verbrannt; ein junger Mensch von 15-16 Jahren zu ewiger Gefangenschaft, und alle übrigen zum Feuer verdammt; die Weiber aber sollten alle ertränkt werden, und nur bey einer Schwangern wurde die Exekution bis nach ihrer Niederkunft verschoben. S. Kirchenhist. Archiv von Stäudlin 1826. IV. Heft.
  18. Im Ganzen hatte Rottenburg dieselben Freyheiten und Verfassung, wie andere vorderöstreichische Städte, namentlich wie Ehingen und die Donaustädte. Es war eine freye Municipalstadt unter eigener, selbst gewählter Obrigkeit, mit eigener Gerichtsbarkeit und Polizeyverwaltung. Wie sie die Landtage zu Ehingen beschickte, ist schon in der Beschr. des Oberamts Ehingen gezeigt worden. S. 94 u. f. A. d. H.
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