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Wurmberg,
Gemeinde II. Kl. mit 1078 Einw., wor. 6 Kath. a) Wurmberg, Pfarrdorf, 842 Einw., b) (Neu-) Bärenthal, Weiler, 236 Einw. – Ev. Pfarrei; die Katholiken sind nach Weil der Stadt, O.-A. Leonberg eingepfarrt. 4 Stunden südlich von Maulbronn gelegen.


Der nahe an dem Hagenschieß und der Landesgrenze hoch gelegene Ort ist an die beiden Abhänge eines hier beginnenden Thals hinangebaut, so daß die reinlich gehaltenen Ortsstraßen abschüssig sind, und an ihnen lagern sich ziemlich gedrängt die meist gut unterhaltenen, zum Theil ansehnlichen Bauernhäuser. Im Jahr 1699 siedelte sich in einer besondern Straße, Lucerne genannt, eine Waldenser Colonie an.

Auf der höchsten Stelle des Dorfes, am nördlichen Ende desselben erhebt sich die 1865 eingeweihte, nach dem Entwurfe des Oberbauraths Leins in Stuttgart in gothischem Geschmack erbaute Kirche, und ragt als eine schöne und großartige Zierde über den Ort empor. Sie steht auf dem großen noch ummauerten Friedhofe, von dem aus man eine weite Aussicht genießt über die breitgedehnten dunklen Nadelwaldflächen bis an die fernen lichtblauen feingezackten Linien der Vogesen und an die ruhigen langgestreckten Streifen des Schwarzwaldes. Noch bedeutender ist die Aussicht auf der Höhe des Berges, auf dem sog. Schänzle. Der Thurm, im Osten der Kirche stehend, ist unten herauf noch alt und mit Buckelsteinen versehen, an ihm laufen jetzt die Emporentreppchen hinauf und gegen oben setzte der Baumeister in geistreicher Weise auf die Ecken achteckige Thürmchen, welche den Fortgang in den hohen Spitzhelm schön vermitteln; zwischen den Thürmchen heben sich die vier Seiten des Thurmes als hohe schlanke mit gedreiten Fenstern gezierte Giebel aus dem Dach empor, so daß die Entwicklung des Thurms eine reiche und doch | wieder schön zusammenhängende ist. Die Kirche selbst hat ein kaum vortretendes Querschiff, dessen Fronten von einem prächtigen Doppelfenster mit einer Rose darüber durchbrochen werden; hübsche Portale öffnen sich an den Querschiff-Fronten und eines an der Westseite. Am Langschiffe laufen zwei Reihen von Spitzbogenfenstern übereinander her, die oberen größeren mit geschmackvollen Maßwerken erfüllt; die Ecken sind mit Spitzsäulen, die Giebel mit schönen Steinblumen geschmückt. Das Innere überrascht durch die hübsche und gefällige Art, womit der ganze Raum belebt und gegliedert ist: schlanke Holzpfeiler theilen die Kirche in drei Schiffe und tragen auf Spitzbögen, welche lang- und querhin von Pfeilern ausgehen, die drei flachgeneigten Dachstühle; die großen Zwickel zwischen den Bögen und den Decken sind mit zierlichem gothischem Maßwerk erfüllt. Auch die passend angebrachten Emporen haben schön durchbrochene Geländer. Gestühl, Orgel, Kanzel, Taufstein und Altar wurden stilgemäß behandelt. Das untere Geschoß des Thurms, welches den Chor vertritt, wird von einem Rippenkreuzgewölbe überspannt. Das Balkenwerk der Kirche ist braun gehalten und dazwischen ziehen sich in altgothischer Weise bunt gemalte Blumenranken hin. Im großen östlichen Maßwerksfenster des Thurmes prangt ein schönes Glasgemälde, Christus mit der Rechten segnend, das Evangelium in der andern Hand, gemalt von C. Wilhelm 1865. Die drei hübsch verzierten Glocken, gegossen von Carl Knittel in Canstatt 1864, haben folgende Umschriften:
Eusebia.
Ehrfurcht vor dem Unsichtbaren

Zittre durch der Hörer Schaaren
Stets mit deinem Klang, dem vollen,
Mächtig wie des Donners Rollen.

Urania.
Singend ob dem Staub der Grüfte,

Hoch im Reich der Himmelslüfte,
Weck’ in Thränen unter Trauer
Neuen Lebens Wonne-Schauer.

Concordia.
So zusammen herrlich halle

Euer Laut, ihr Glocken alle,
Nachhall jener Harmonieen,
Die durchs Weltall ewig ziehen.

Die Kirche ist von der Gemeinde zu unterhalten; sie wurde auch von derselben mit einem Kostenaufwand von 30–32.000 fl. erbaut, wobei jedoch der reformirte Kirchen-Baufonds 14.000 fl. beisteuerte. Der zu verschiedenen Malen vergrößerte Friedhof liegt, wie schon bemerkt, um die Kirche; das Filial Bärenthal hat seit 1852 | einen eigenen Begräbnißplatz. Das zweistockige vom Staat zu unterhaltende Pfarrhaus wurde 1772 erbaut. Das stattliche mit einem Thürmchen bekrönte Rathhaus stammt aus dem Jahre 1812. Das ansehnliche, im Jahr 1600 erbaute, 1826 erweiterte Schulhaus enthält zwei Schulzimmer und die Wohnung des Schulmeisters. Im Filial Bärenthal wurde 1860 ein Schulhaus neu erbaut mit einem Schulzimmer und der Lehrerwohnung. In Wurmberg unterrichten ein ständiger und ein unständiger, in Bärenthal ein ständiger Lehrer. Nordöstlich von der Kirche steht ein sehr altes Haus, an dem sich eine aus späterer Zeit stammende, unleserlich gewordene Inschrift mit der Jahrzahl 1603 befindet. Die ehemalige Kirche der eingewanderten Waldenser und eine ursprünglich gothische Kapelle sind jetzt zu Wohnhäusern verbaut.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend ein laufender und 9 Pumpbrunnen. An Wasser zum Tränken des Viehes tritt zuweilen Mangel ein, dasselbe wird dann aus dem eine Viertelstunde entfernten Bruchthalbrunnen geholt. Eine Wette besteht im Ort. Die Markung ist nicht reich an Quellen und die im untersten Theile des Ortes sind nur periodisch fließende Brunnen, die bei eintretender Trockenheit fast ganz ausbleiben. Ganz in der Nähe der Landesgrenze, unweit Bärenthal, fließt der bei Niefern in die Enz gehende Kirnbach hin.

Vicinalstraßen gehen von hier nach Pforzheim, Öschelbronn, Wiernsheim, Mönsheim und Wimsheim. Auf der Straße nach Pforzheim führt eine steinerne, von der Gemeinde zu unterhaltende Brücke über den Kirnbach.

Die Einwohner sind im allgemeinen fleißig und betriebsam, jedoch äußert die Nähe der Stadt Pforzheim einigen Einfluß auf die gewerbetreibende und in Fabriken arbeitende Klasse. Die Erwerbsquellen der Einwohner sind nämlich beinahe zur Hälfte Ackerbau und Viehzucht, zum übrigen Theil Bauhandwerke, Bijouterie-, Holzhauer- und Taglohnarbeiten. Die Bauhandwerker (Maurer, Steinhauer und Zimmerleute), sowie die Bijouteriearbeiter sind am stärksten vertreten und arbeiten fast sämtlich auswärts, insbesondere in Pforzheim. Eine Ziegelei, die mit Erfolg betrieben wird, 4 Schildwirthschaften, eine Bierbrauerei mit Wirthschaft und 4 Kramläden bestehen.

Vermöge des geringeren Bodenertrags hat der eigentliche Bauernstand nur mäßige Auskommensmittel, der Handwerkerstand dagegen durch die Nähe der Fabrikstadt Pforzheim günstige Verdienstgelegenheit; der Grundbesitz des vermöglichsten Bürgers beträgt etwa 50, der des Mittelmanns 16, und der ärmeren Klasse einen Morgen. Gemeindeunterstützung erhalten 8 Erwachsene und 5 Kinder.

Auf den Großherz. Badischen Markungen Würm und Öschelbronn | besitzen hiesige und Bürger der Parzelle Bärenthal etwa 50 Morgen Wiesen.

Die nicht große Markung, von der überdies etwa 1/5 mit Wald bestockt ist, bildet eine hügelige Hochebene, welche von einem mäßig eingefurchten Seitenthälchen des Kirnbachthales durchzogen wird, während die rechten Gehänge des Kirnbachthals selbst theilweise noch in die Markung eingreifen.

Der im allgemeinen mittelfruchtbare Boden besteht theils aus naßkaltem Lehm, theils aus den hitzigen, kalkreichen Zersetzungen des Hauptmuschelkalks und aus den wenig ergiebigen des Wellenmergels und Wellendolomits.

Aus etwa 4 Steinbrüchen wird Hauptmuschelkalk zu Straßenmaterial gewonnen, und in der Nähe von Bärenthal baut man den Buntsandstein ab, der gute Bau- und Werksteine liefert; einige Lehmgruben sind vorhanden.

Wegen der hohen Lage ist die Gegend den Winden sehr ausgesetzt und das Klima ziemlich rauh, daher auch Frühlingsfröste nicht selten schaden; Hagelschlag kommt zuweilen vor.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben und verbesserte Ackergeräthe wie der Suppingerpflug, der amerikanische Wendepflug, die eiserne Egge und die Walze haben Eingang gefunden; auch eine Repssäemaschine ist vorhanden und die Düngerstätten sind meist gut angelegt.

Zum Anbau kommen die gewöhnlichen Cerealien, besonders Dinkel, Haber und Gerste, ferner ziemlich Futterkräuter (dreiblättriger Klee und Luzerne), Kartoffeln, Ackerbohnen, Angersen, Hanf, Reps und Mohn. Haber gedeiht besonders gut. Von den Felderzeugnissen können jährlich etwa 400 Scheffel Dinkel, 300 Scheffel Haber, 25 Scheffel Gerste, etwas Reps und Mohn nach außen verkauft werden, dagegen wird von der ärmeren Klasse der Einwohner Mehl von außen bezogen.

Der ziemlich ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes Futter; etwa 20 Morgen können bewässert werden.

Weinbau wurde früher betrieben und erst 1858 ist das Areal, auf dem früher die Kelter stand, verkauft worden.

Die Obstzucht ist in gutem Zustande und erlaubt in günstigen Jahren einen erklecklichen Verkauf nach außen; man pflanzt hauptsächlich Luiken, Winterreinetten, Knausbirnen, Palmischbirnen und von Steinobst Zwetschgen und sog. Ziparten. Das Obst geräth gerne, namentlich die Zwetschgen.

Die Gemeinde besitzt 400 Morgen Nadelwaldungen, deren in 200 Klaftern bestehender Ertrag verkauft wird, was der Gemeindekasse eine jährliche Rente von etwa 2500 fl. sichert; überdies hat die Gemeinde zwei Güterstücke, die ihr jährlich etwa 30 fl. eintragen.

| Die Weide wird gegenwärtig nicht verpachtet; bei der letzten Verpachtung trug sie 500 fl. Pachtgeld und 300 fl. aus der Pferchnutzung der Gemeinde ein.

Die Rindviehzucht ist in ziemlich gutem Zustande; man züchtet den Neckarschlag und hat 3 Farren theils vom Neckarschlag, theils von der Simmenthaler Race aufgestellt. Der Handel mit Vieh ist ganz unbedeutend, dagegen findet Milchverkauf nach Pforzheim statt, der dem Ort etwa 800 fl. jährlich einbringt.

Das Stiftungsvermögen beträgt in Wurmberg 4129 fl., in Bärenthal 500 fl., zusammen 4629 fl., hierunter sind 1822 fl. 6 kr. Ablösungskapital für das frühere vom Kloster Maulbronn gespendete Almosenbrod; ferner sind für Armenbrod von verschiedenen Ortsangehörigen gestiftet 258 fl., von deren Zinse jährlich Brod für Arme vertheilt wird; im übrigen werden die Stiftungserträge für Kirchen-, Schul- und Armenzwecke verwendet.

Von Überresten aus der Vorzeit haben wir anzuführen einen von Mönsheim herkommenden, quer durch Wurmberg und das Thal nach Niefern führenden Weg, der den Namen „Römerweg“ führt, von dem übrigens sein römischer Ursprung nicht nachgewiesen werden kann. In der Nähe des Orts auf der Flur „Hub“ soll nach der Sage eine Stadt gestanden sein; man hat daselbst schon Grundreste von Gebäuden gefunden, die vermuthen lassen, daß hier ein römischer Wohnplatz stand. Südlich von Bärenthal kommen die Benennungen „Käpellesäcker“ und „Kapellesbrunnen“ vor, hier stand ohne Zweifel eine Kapelle. Auf der Spitze zwischen dem Kirnbachthal und einem Seitenthälchen desselben wird ein Wäldchen Birkhof genannt, was auf einen abgegangenen Hof hinweist.

Der von Wiernsheim herkommende Landgraben zieht über den östlichen Theil der Markung in der Richtung gegen Wimsheim.

Rechts an der Straße nach Pforzheim steht ein steinernes Kreuz, es sollen dort zwei Kriegsmänner mit einander gefochten haben; eine ähnliche Sage geht von dem steinernen Kreuz auf den Kreuzäckern.

Zu der Gemeinde gehört:

b) Bärenthal, auch Neu-Bärenthal genannt; der freundliche, reinliche, nur aus kleinen Häusern bestehende Ort hat 1/2 Stunde nordwestlich vom Mutterort am Saum des Hagenschießes eine stille abgeschiedene Lage.

Die natürlichen Verhältnisse sind denen im Mutterort ziemlich gleich, nur ist der Boden, welcher aus den Zersetzungen des Wellenmergels und theilweise des Buntsandsteins besteht, weniger ergiebig, daher auch die Vermögensverhältnisse der Einwohner geringer sind als in Wurmberg.

Wurmberg (Wurenberg), früher vermuthlich Reichsgut, ist unter der Schenkung Ulrichs von Iptingen an das Kloster Maulbronn | 1194 (s. Wiernsheim). Maulbronner Klosterbauern von Wiernsheim legten hier im Wald einen Neubruch an, dessen Kapelle mit Zehnten 1221 Bischof Conrad von Speier dem Kloster übergab, was 12. Dec. 1222 Papst Honorius III. bestätigte. Aus dieser Kapelle wurde später eine plebania. 1366 kauft das Kloster von Elisabeth von Wunnenstein hier Leibeigene, 14. Januar 1372 von der Heiligenpflege zu Heimerdingen einige Zinse, 21. Jan. 1379 von Elsbeth von Ravensberg Einkommen. Auch die Dominikanerinnen zu Pforzheim und die Stiftskirche zu St. Michael daselbst waren hier begütert (Pflüger 113; 150). 1565, unmittelbar nach Aufhebung des Dominikanerinnenklosters, verkaufte Baden den ihm zugefallenen Besitz an Maulbronn.

In Wurmberg fanden sich 1687 18 öde Hofstätten, 30 Morgen wüste Weinberge und 373 Morgen wüste Äcker, daher hier 1699 ein Theil der Waldenser untergebracht werden konnte, welche die Gemeinde Lucerne (von dem Thale Lucerne am Fluß Pelice so genannt) gründeten, die mit den Waldensern in Neubärenthal bis 1823 eine eigene Pfarrei bildete, wo verfügt wurde, daß nach dem Abgang des lutherischen Pfarrers dieselbe mit Wiernsheim vereinigt werde. Hier wohnte 1701 Anton Seignoret, dem Württemberg die Einführung der Kartoffel und ohne Zweifel auch der Luzerne (des ewigen Klees) verdankt (vgl. bei Schönenberg).

Neubärenthal wurde 1717 von 12–13 Familien mit etlichen und 60 Köpfen gegründet, die aus dem unter österreichischer oberster Jurisdiction stehenden hohenzollern-sigmaringischen Dorfe Bärenthal auswandern mußten, weil sie unter Führung des ehemaligen katholischen Theologen Jakob Beck von da sich dem reformirten Glauben zugewendet hatten. (S. Relation von der wunderbaren Erleuchtung etlicher ehrlicher Leute in Bärenthal und den harten wegen Annehmung der reformirt-evangelischen Religion ihnen zugefügten Drangsalen, von J. H. U. (Ulrich) P. A. Zürich, Bodmer 1720; Katholische Antwort auf die unlängst von einem zürchischen Herrn Prädicanten hervorgegebene Relation. Augsburg, Strötter 1723; Gelzer Protest. Monatsblätter, 1858 September). Später ließen sich dann auch noch Waldenser hier nieder.

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