« Gospoldshofen Beschreibung des Oberamts Leutkirch Mooshausen »
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d. Gemeinde 10. Hauerz,

bestehend aus 19 (25) Parzellen auf 14 Markungen, mit 932 Einwohnern. Dieser Gemeindebezirk bildet ein geschlossenes Ganzes mit Ausnahme der Markung von Thalacker, welche von dem Übrigen abgetrennt, von den Gemeinden Mooshausen und Seibranz umschlossen ist. Der ganze Bezirk liegt auf dem, von der Roth (Pfaffenrieder Bach), dem Sendener Bach und dem Bach von Hellers durchfurchten, waldigen und rauhen Hochgelände, und wird von der Staatsstraße von Wurzach nach Memmingen und der Vizinalstraße von Wurzach nach Roth durchzogen. Die Bodenbeschaffenheit und Fruchtbarkeit muß im Ganzen sehr mittelmäßig genannt werden. Die Vereinödung begann 1787 und ist größtentheils erst in diesem Jahrhundert vollzogen worden.

Der ökonomische Zustand der Einwohner gehört zu den| mittelmäßigen; die Ärmeren sind übrigens fleißig und wissen sich durch Spinnen, Stricken und Musselinsticken gegen Mangel zu schützen. Der Kleiderluxus ist hier ziemlich auffallend. Die Gewerbthätigkeit ist etwas lebhafter als in den benachbarten Gemeinden. Es bestehen unter Anderem: eine Papiermühle (die zu Ende des Jahrs 1842 abbrannte), 3 Mahl-, 2 Sägmühlen, 1 Öl- und eine Gerstenmühle, 1 Eisenhammer, 1 Fürstl. Wurz. Ziegelei, 2 Schildwirthschaften. Besondere Erwähnung verdient das Geschäft eines Sattlers in Hauerz, der die Fabrikation von Blasebälgen ins Große betreibt, und dieselben nach Frankreich und in die Schweiz absetzt. Auch Huf- und Nagelschmiedarbeiten und Hafnerwaaren werden in größerer Anzahl gefertigt. – Grundherr ist der Fürst von Waldburg zu Zeil-Wurzach, dem fast alle Güter falllehenbar sind. Für den Gemeindebezirk besteht Kirche und Schule in Hauerz, jedoch mit den Ausnahmen, daß die Parzellen 2, 9, 14, 19 Filialien von Threerz, 3 und 4 von Wurzach, 9, 15, 17 von Seibranz sind, und 7 nach Dietmanns, Oberamts Waldsee, eingepfarrt ist, nach welchem Pfarrverband sich jedesmal auch die Schulpflichtigkeit richtet. Zehentberechtigt sind, und zwar zum großen und kleinen Zehenten: die Pfarrstelle Hauerz in Hauerz und in den Parzellen 5, 6 (hälftig), 10, 11 (zu 2/3), 12, 16, 18; die Pfarrstelle Threerz in 2 (einen Antheil hat die Pfarrei Mooshausen), 8, 14 (theilweise). Die Pfarrstelle Wurzach erhebt in 3 den großen Zehenten theilweise, den kleinen allein, ebenso in 4, beide in 13. Die Pfarrei Dietmanns hat ein theilweises Großzehentrecht in 4, und bezieht beide Zehenten in 7. Die Pfarrstelle Altmannshofen ebenfalls beide in 15. Das ehemalige Stift Zeil beide Zehenten in 6 (theilweise), 9, 11 (theilweise), 17. Das Fürstl. Rentamt Wurzach in 6 (theilweise) 15, (ebenso); das Königl. Kameralamt Waldsee theilweise den großen Zehenten in 3 und 4[1]. Im | Pfarrsprengel Hauerz besteht seit alten Zeiten kein Naturalbezug der Zehenten mehr. – Dieser Bezirk ist ein alter Bestandtheil der Grafschaft Zeil, der 1604 mit Wurzach auf den Antheil des Truchseß Froben, und bei der letzten Theilung vom Jahr 1675 an die Wurzacher Linie fiel. Er bildete das Gericht Hauerz und kam mit dem Fürstenthum Wurzach 1806 unter Württemb. Landeshoheit.

1) Hauerz, katholisches Pfarrdorf mit 395 Einw. Auf der Markung liegen noch die Neben-Parzellen: a) Buch, 2 Häuser mit 31 Einw. b) Engelsberg, 2 Häuser mit 8 Einw. c) Samgraben, Hof und Haus mit 15 Einw. d) Weidet, Weiler mit 45 Einw. Auch gehört hieher die Parzelle Nr. 16. Unterhalden, Hof mit 29 Einw.

Hauerz, früher häufig Hawartz geschrieben, ein weitläufig gebauter Ort, liegt nicht sehr freundlich und ziemlich beengt im Thälchen des Sendener Baches, an der Vicinalstraße von Wurzach nach Roth, 2¼ geom. Stunden von ersterem Ort und 4½ von Leutkirch entfernt. Die Pfarrkirche zum h. Martin liegt auf einer nicht bedeutenden aber steilen Höhe über dem Dorf; sie ist erneuert, aber an sich sehr alt und an einen noch älteren Thurm angebaut, den man, wiewohl nicht mit überwiegenden Gründen, für einen alten römischen Wartthurm ausgibt. Eine Warte mag er nach seiner Bauart und Lage immerhin gewesen seyn, da sich von seiner Höhe eine sehr weite Aussicht (wie man behaupten will, selbst bis nach Ulm) darbietet. Man versucht selbst den Namen des Orts von dieser „Hohen Warte" (Hohwart, Hauwarts) herzuleiten, was wir dahingestellt seyn lassen. Die Pfarrei gilt für sehr alt und soll schon im 12. Jahrh. bestanden haben. Sie war bis zur Auflösung des Landkapitels Wurzach diesem zugetheilt. Der Kirchenfond besitzt 8000 fl. Kapitalien, 112 Morgen Waldung und 5 Lehenhöfe. Das ansehnliche Pfarrhaus ist im J. 1793 neu gebaut worden. Die Baulast hat die Kirchenpflege. Patron der Pfarrei ist der Fürst von Wurzach. – Über den hiesigen Gewerbsbetrieb s. oben. In früheren Zeiten war Hauerz durch eine Bad-Anstalt bekannt, die sich eines bedeutenden Zuspruchs erfreute, in neuern Zeiten aber in Abgang kam.[2] Noch ist der| Glaube an die Wirksamkeit dieses Brunnens nicht erloschen, es fehlt aber bis jetzt an einer zuverläßigen chemischen Analyse. Früher unterhielten hier die Grafen von Wurzach für ihre Familie ein eigenes Badhaus, das erst im Jahre 1830 zum Theil abgebrochen, zum Theil in Pacht gegeben wurde. Auch jetzt noch hat sich die fürstliche Standesherrschaft die Benützung dieser Quelle vorbehalten. Überhaupt ist Hauerz ein wasserreicher Ort; eine sehr starke Quelle, die gleich bei ihrem Erscheinen Mühlwerke treibt, ist schon oben erwähnt. Das Trinkwasser ist vortrefflich. – Wo das jetzige Fürstliche Jägerhaus steht, stand früher ein Schloß, von dessen Besitzern und Schicksalen übrigens keine Kunde vorhanden ist, wie denn überhaupt von der ältern Geschichte dieses Ortes keine nähere Nachricht gegeben werden kann, ausser daß Ochsenhausen hier Güter besaß, die es schon 1272 gegen andere in Reinstetten an einen Conrad, genannt Lueger (bona in Hauwarts Conrado Militi dicto Lueger) vertauschte.[3] – Rühmenswerth sind die Bemühungen des hiesigen Bauern Philipp Forthuber, der mit vielem Fleiß und Geschick die Baumzucht kultivirt und ungeachtet der ungünstigen Lage seiner Pflanzungen auf dem Samgraben, dem rauhen Rücken zwischen dem Sendener Bach und Boschenthal, gleichwohl einen sehr aufmunternden Beweis liefert, welche Erfolge durch Eifer und Beharrlichkeit gewonnen werden können. Auch verschiedene Gartengewächse pflegt und kultivirt Forthuber mit einer in diesen Gegenden ungewöhnlichen Liebhaberei.[4]

2) Anhorn (richtiger Ahorn), Weiler mit 7 Einw., auf der Markung von Steinenthal, gehörte nach den Urbarien von 1583 bis 1676 zu der Herrschaft Marstetten. 32 Jchrt. 5 Vrtl. 4 Rth. gehören noch jetzt zu Marstetten und sind von der Krone lehenbar.

| 3) Baierz, Weiler mit 25 Einw., an der Staatsstraße von Wurzach nach Memmingen, wo sich die Vicinalstraße nach Roth von derselben scheidet, auf einer ziemlich steilen Höhe über dem Pfaffenrieder Bach oder der eigentlichen Roth, die hier ihren Ursprung aus zwei kleinen Seen hat, mit einer von der Parzellar-Gemeinde unterhaltenen Kapelle zur Privat-Andacht. Die Gegend umher ist sehr waldig, der Boden meist kalt und undankbar. Ganz in der Nähe der Landstraße findet man noch die Spuren einer aus dem Bauernkriege herrührenden Verschanzung.

4) Floders, Hof mit 9 Einw., westwärts unterhalb des oben genannten Weilers. Im Verzeichniß der Stiftungsgüter des Klosters Roth (in der Bulle Eugens III. vom Jahr 1152) ist neben Steinenthal ein „Flornen" erwähnt, das man hieher ziehen will. Gewisser ist, daß dieser Hof früher der in Wurzach ausgestorbenen adeligen Familie von Tannenberg gehörte, von welcher er auch als Lehen verliehen wurde.

5) Frauenlob, Weiler mit 15 Einw., unweit der Memminger Landstraße.

6) Gurben, Hof mit 10 Einw., die Umgegend hat schlechten Moos- und Waldgrund und wird meist nur als Viehwaide benützt.

7) Harma, Hof mit 5 Einwohnern.

8) Hellers, Hof mit 11 Einw., ein ehemals zum Kloster Weingarten, nun zum K. Kameralamt Waldsee lehenbares Gut, dessen jeweilige Inhaber laut Vertrag vom Jahr 1668 vom Jagen, mit Ausnahme der „Wolfsjagden," frei waren. Der Hof gehört zu der Markung von Steinenthal.

9) Kästlinswald, Hof mit 6 Einwohnern.

10) Krattenberg, Weiler 37 Einw., zerstreut, links und rechts an der Straße nach Memmingen.

11) Linden, Hof mit 7 Einw., fürstl. Wurzachsche Tafern-Wirthschaft, an der Memminger Straße. Das im Bauernkrieg zerstörte Schloß Linden, das von Einigen hieher versetzt werden will, lag im jetzigen Oberamt Waldsee, Gemeinde Unteressendorf, s. Oberamtsbeschr. von Waldsee S. 174.

12) Ober-Pfauzenwald, Hof mit 13 Einwohnern.

13) Rotheck, Weiler mit 11 Einw., brannte 1829 ab.

14) Steinenthal, Weiler mit 168 Einw., nebst a) Stählisbronn, 2 Höfe mit 8 Einw. b) Zisel, Haus mit 6 Einw. Steinenthal hat eine der Parzellar-Gemeinde angehörige, 1714 erbaute Kapelle zum h. Michael und der h. Anna, mit regelmäßigem Meßgottesdienst. Hier war nach der oben Nr. 4 angeführten Urkunde das Kloster Roth gleich anfänglich begütert; übrigens scheint| dieser Besitz nur in einem Hofe bestanden zu haben, den das Kloster 1720 an den Grafen von Wurzach gegen Waldungen vertauschte.

15) Thalacker, Weiler mit 29 Einw., vom übrigen Gemeinde-Bezirk abgeschieden, s. oben.

16) Unter-Halden, Hof mit 29 Einw., auf der Markung von Hauerz.

17) Unterhueb, Hof mit 8 Einw., hatte ganz dieselben Verhältnisse wie Hellers Nr. 8.

18) Unter-Pfauzenwald, Weiler mit 18 Einw., mit Ober-Pfauzenwald auf Einer Markung.

19) Wolfwinkel, 3 Häuser mit 16 Einw., auf der Markung von Steinenthal.


  1. Dieses Zehentrecht des Staats rührt von dem ehemaligen Chorherrnstift Wolfegg her, s. oben bei Ellwangen.
  2. Man hat ein kleines Schriftchen, unter dem Titel: Vermerkung der neuen Prob-Curen des vortrefflichen Gesund- und Badwassers zum (sic) Hawartz, in der Grafschaft Zeyhl-Wurtzach gelegen, welche Anno 1703 und 1705 neben andern unzahlbaren gemeinen Curen nach gründlicher Examination wahrhafft erfunden und annotiret worden. Getruckt zu Altdorff genannt Weingarten im Jahr 1705. 8. – in welchem Besucher aus verschiedenen, auch entlegeneren Gegenden Oberschwabens aufgeführt sind, die fast sämmtlich an Gliederkrankheiten, Leberleiden und äußern Schäden litten und hier ihre Heilung gefunden haben wollten. Nach einer Mittheilung der Fürstl. Domänencanzlei in Wurzach ist ein im Jahr 1748 von drei Ärzten gemeinschaftlich gestelltes Arbitrium vorhanden, in welchem sich dieselben dahin aussprechen: „daß gedachtes Hauerzer Wasser vermöge seiner Leichtigkeit und Reinigkeit, auch seines übrigen Gehaltes wegen dem Wild-, Töplitzer- und Schlangenbad meistentheils gleichkomme, mit dem einzigen (?) Unterschied, daß das Wildbad von der Quelle warm komme, dieses aber erst warm gemacht werden müsse.“
  3. Ums Jahr 1796 sind die letzten Trümmer der Burg weggeschafft, die Gräben ausgefüllt und der Platz geebnet worden. Noch jetzt heißen die Felder daselbst „im Ösch hinter der Burg.“
  4. Nach der gefälligen Mittheilung des Herrn Pfarrers Hofer in Hauerz.